Keine Ministerpräsidentenkonferenz: Bund und Länder haben es doch nicht mehr so eilig

Die Regierungen in Bund und Ländern beschwören seit Monaten Pandemie-Gefahren herauf, doch mit aus ihrer Sicht nötigen Entscheidungen haben sie es offensichtlich überhaupt nicht eilig. Womöglich geht es dabei weniger um Sach- als um Machtpolitik.

imago Images/Reiner Zensen

Nach Presse-Informationen aus Regierungskreisen wird es in der kommenden Woche keine Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) geben – obwohl doch angeblich die Corona-Lage so bedrohlich sei.

Den Bürgern stellen sich Fragen: Warum können sich – wenn die Lage so dramatisch sei, wie behauptet – 16 Ministerpräsidenten und eine Bundeskanzlerin übers Wochenende (mit Freitag drei Tage) nicht auf eine Verhandlungsgrundlage einigen? Was steckt dahinter? Will die Kanzlerin eine Entscheidung hinauszögern, um durch erst spät getroffene Entschlüsse – den Zeitraum für einen neuen, verschärften Lockdown hinaus zu schieben bis weit in den Mai?

Warum zeigen sich die sonst so rigoros Regierenden jetzt handlungsunfähig? Weil die Kanzlerin ihre harte Linie durchsetzen will?

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Ja, offenbar geht es Merkel darum, eine Art Bundesallmacht durchzusetzen, denn es wird noch verrückter: Merkels Regierungssprecherin behauptet in der Regierungspressekonferenz sogar, Bund und Länder seien sich im Grunde einig über Änderungen am Infektionsschutzgesetz. Deswegen wolle das Bundeskabinett am Dienstag einen Beschluss für eine Gesetzesänderung fassen. Dafür hatten drei Unionsabgeordnete im Bundestag gestern schon Stimmung gemacht. Das bedeutet im Prinzip eine Entmachtung der Ministerpräsidenten. Aber vielleicht sind die Regierungschefs in den Ländern auch froh darüber, die Verantwortung für Verschärfungen an den Bund abzuschieben. Dann stehen das Kanzleramt und nicht die Staatskanzleien in der Kritik, wenn der Bürgerprotest wächst.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), gleichzeitig Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, rollt vorzeitig die Fahnen ein. Für die eigentlich für Montag geplante Corona-Konferenz von Bund und Ländern, wird es „bestenfalls eine kurze Rücksprache geben zwischen den Ministerpräsidenten und dem Kanzleramt.“ Grund sei angeblich, dass der Bundestag am Donnerstag deutlich gemacht habe, dass er vor einer möglichen Beschlussfassung einbezogen werden wolle.

Der Bundestag? Dessen Präsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat im Fernsehen schon deutlich gemacht, dass auch er gerne die Axt an den föderalen Staat anlegen und einen allmächtigen Bund möchte. In den beiden nächsten Sitzungswochen des Bundestags könne man entweder den Bund ermächtigen, bundeseinheitliche Regelungen für Corona-Maßnahmen zu erlassen, verkündet Schäuble im „heute-journal“. Dazu brauche man dann eine Zustimmung des Bundesrats. Oder man könne „bestimmte Regeln für die Länder verbindlich vorgeben durch Bundesgesetz“. Dem müsse der Bundesrat nicht zustimmen. Die Länder sollen sich fügen.

Obendrein hat der Bundestag bislang alle Entscheidungen der verfassungsgemäß nicht vorgesehenen Runde von Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin brav abgenickt. Die Parlamentarier haben damit bewiesen, dass es auf sie eigentlich gar nicht mehr ankommt.

Allerdings räumt Schäuble selbst ein, einen Grund für Verzögerungen gebe es im Grunde nicht: „Es kann schnell gehen, wenn die Beteiligten alle wollen.“ 

Und warum wollen dann die Regierenden nächste Woche nichts entscheiden? Vermutlich weil Merkel ihr Gesetz durchdrücken will.

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Aus der Umgebung Merkels im Kanzleramt zitiert Reuters laut Presseberichten. jemanden mit den Worten: „Die Bundesregierung beabsichtigt schon nächste Woche im engen Einvernehmen mit den Ländern und dem Bundestag einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, der eine direkt verbindliche und umfassende Notbremse für Kreise ab einer Inzidenz von 100 vorsieht.“

Unterhalb einer Inzidenz von 100 sollten die bestehenden Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz weiter gelten und die Länder damit ihre Zuständigkeit behalten.

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Kommentare ( 38 )

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Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat: „Das bedeutet im Prinzip eine Entmachtung der Ministerpräsidenten. “ > Nun ja, wie im Artikel auch schon halbwegs angedeutet wurde: WELCH einen Unterschied macht es noch ob diese aus rückgradlosen Stiefelleckern, Abnickern und Nullen bestehenden Ministerpräsidenten entmachtet werden/sind oder nicht?? Wenn ein politisches NIX entmachtet wird, dann bleibt auch nach der Entmachtung ein politisches NIX! Man kann nur hoffen, dass mit Blick auf die kommende BTW bei den vor allem Nichtwählern im Stillen eine nicht spürbare Denkveränderung einsetzt und das sehr viele von denen dann die AfD wählen werden um die dann auf mindestens 16-20% zu katapultieren. Wobei ich… Mehr

Franck Royale
3 Jahre her

Die Inzidenz bei ARE (Akute Atemwegserkrankungen) lag in KW 13/2021 übrigens bei 600, und damit deutlich unter den Werten von 2020 (> 2000). Die gesamte ARE-Kurve liegt auch weit unter den Werten von 2019.
COVID-19 spielt im Infektionsgeschehen bei ARE kaum eine Rolle.
https://grippeweb.rki.de
https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2020_2021/2021-13.pdf

Last edited 3 Jahre her by Franck Royale
Petra Horn
3 Jahre her

Die von Machtgier getriebene Kreativität das Volk zu unterjochen ist bei Merkel grenzenlos und zusammen mit dem fest eingepflanzten DDR-Credo, daß man niemals nie zurückweichen, zurückrudern oder einen Fehler eingestehen darf – sie hat sich ja nicht für einen selbst gemachten Fehler entschuldigt, sondern für irgendwas, was andere angeblich getan haben großmundig um Verzeihung gebeten – ist sie erbarmungs- und gefühllos und zwingt die anderen immer wieder in die Knie. Es ist ein erbärmliches Schauspiel.

Weiss
3 Jahre her

Sehr gut durchschaut bzw. analysiert.

Dass viele BRD-Richter, Spitzenjuristen und Staatsrechtler den PCR-Test als Entscheidungsgrundlage für umfassende und schwerwiegende Grundrechtseinschränkungen weiterhin als ausreichend ansehen, ist nur noch skandalös.

Georg J
3 Jahre her

So deutlich muss man das bei der Politik endlich ansprechen und einklagen. Das drum herum reden um einzelne Prozesse macht keinen Sinn wenn die Basis für diese Prozesse schlicht fehlerhaft ist. Und exakt das ist der Fall, nicht „Test-Fälle“, sondern tatsächlich Erkrankte müssen betrachtet werden.

Dorothe
3 Jahre her

Verpflichtend sollte eine Obduktion aller an/mit „Corona“-Verstorbenen sein. Wir brauchen belastbare Fakten, keine Massentests, die uns auf ewig einschliessen. Noch dringlicher werden allerdings nicht betreut Denkende gesucht. Und zwar dringend, die Wahl im September naht! Oder fällt sie aus, da die herbei getestete Pandemie die Dame im Blazer im Amt verharren lässt?

Rob Roy
3 Jahre her

Ich wünsche mir, dass Länder wie das Saarland oder Schleswig-Holstein nicht klein beigeben. Ich hoffe, dass die Diskrepanzen der einzelnen Ministerpräsidenten über die Absichten Regierung der Grund waren, warum die Konferenz nicht stattfindet. Ich hätte als Ministerpräsident, der endlich aus dem Lockdown rauskommen will, auch keinen Bock, mir das Geseiere der Kanzlerin anzuhören.

Birgit
3 Jahre her

„Die Bundesregierung beabsichtigt schon nächste Woche im engen Einvernehmen mit den Ländern und dem Bundestag einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, der eine direkt verbindliche und umfassende Notbremse für Kreise ab einer Inzidenz von 100 vorsieht.“ … und diese Ü100-Inzidenz wird locker geschafft bzw. selber erschaffen, indem demnächst – zentral von ‚oben‘ – eine ständige Test-PFLICHT via per se ungeeignetem Diagnose-Vehikel – für alle und alles gesetzlich verordnet wird. Selbstverständlich passiert das alles nur ‚aus Sorge der Kanzlerin um unser Bürgerwohl‘ … – einer systematisch gehypten MÄR, was (ich wette) ALLE ihre noch mitregierenden Klotopf-Träger auch sehr genau wissen.… Mehr

Kontra
3 Jahre her

Wenn Frau Demmer eben auf der PK für jedes „äh“ 5 € bekommen hätte, könnte sie sich privat einen Laster mit Sputnik V ordern. Was für ein komplett hilflos, peinliches Bild lieferte die bloß ab. Nebenbei: Wenn jetzt keine neuen Beschlüsse gefasst werden, endet dann automatisch der bis zum 18.04. verfügte Lockdown? ich frage für einen befreundeten Hotelier.

imapact
3 Jahre her

Der nächste Schritt nach Entmachtung der Länder wird dann wohl die Verschiebung der Bundestagswahlen sein. Wegen der vierten, fünften, sechsten Welle oder wegen Auftreten eines neuen Mutanten, oder oder oder.
Gerade die Unionsabgeordneten würden einer solchen Verschiebung sicherlich freudig zustimmen, müßten sie sich im Falle von Wahlen danach vermutlich einen neuen Job suchen… .