Corona-Update zum 17. August: Eine Studie aus Kupferzell

Die Fallzahlen steigen weiter, getrieben von Reiserückkehrern. Nordrhein-Westfalen ist besonders betroffen, ebenso Berlin und Hessen. Eine Studie des Robert Koch-Instituts bringt neue Erkenntnisse.

imago Images/Lichtgut

Am vergangenen Sonntag meldete das RKI 625 neue Corona-Fälle. Es kommt jedoch immer sonntags zu besonders wenigen neuen Meldungen aufgrund von verringerter Arbeitsleistung und Meldeverzug in Laboren, Ämtern und anderen Institutionen. An den drei Tagen zuvor, also von Donnerstag, dem 13. August, bis Samstag, den 16. August, wurden täglich mehr als 1.400 neue Fälle gemeldet. Die Zahl der mit Corona-Infektion Verstorbenen ist in der vergangenen Woche jedoch nur um 35 Personen auf insgesamt 9.231 Personen gestiegen.

Bisher sind gut 223.500 Corona-Infektionen in Deutschland bekannt, wobei davon schon circa 201.300 Personen genesen sind. Die 4-Tage Reproduktionszahl wird auf 1,21 geschätzt, die 7-Tage Reproduktionszahl auf 1,13. Geht man davon aus, dass der serielle Intervall einer Corona-Infektion vier Tage lang ist, dann verdoppelt sich die Zahl der infizierten Personen bei einer konstanten Reproduktionszahl von 1,21 in ungefähr 16 Tagen, bei einer Reproduktionszahl von 1,13 in 24 Tagen.

Der serielle Intervall beschreibt, wie lange es dauert bis eine Person sich mit einer Krankheit ansteckt und eine andere Person infiziert.

Quellen: Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, Nowcasting des Robert Koch-Instituts, Lageberichte des RKI

Der von Corona an stärksten betroffene Landkreis ist nach wie vor der Landkreis Dingolfing-Landau in Bayern. Dort wurden innerhalb den letzten sieben Tagen 104 Corona-Fälle gemeldet; dass sind 108,1 Fälle pro hunderttausend Einwohner. Die Stadt Herne in Nordrhein-Westfalen belegt den ruhmlosen Platz zwei, mit 50 akuten Fällen oder 32 Fällen pro Hunderttausend.

Trotzdem gehört Bayern nicht zu den am akutesten von Corona betroffenen Bundesländern. Dies sind Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hessen und Hamburg. Zur Zeit sieht es jedoch so aus, als könnte Hamburg seine Corona-Ausbrüche unter Kontrolle bringen.

Quelle: Lagebericht des RKI vom 16. August

Das RKI zählt sieben Land- und Stadtkreise mit einem erhöhten Aufkommen von Fällen: LK Dingolfing-Landau (Bayern), SK Herne (NRW), SK Hagen (NRW), SK Berlin Mitte, SK Offenbach (Hessen), SK Duisburg (NRW) und SK Wuppertal (NRW).

Mit Ausnahme von Dingolfing-Landau spielen hier Corona-Ausbrüche in Familienclustern und bei Reiserückkehrern eine besondere Rolle. Allgemein nennt das RKI auch religiöse Veranstaltungen, Familienfeiern, Ausbrüche in Betrieben und in Gemeinschaftseinrichtungen als treibende Faktoren von Corona-Infektionen.

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In den vergangenen Monaten führte das RKI eine repräsentative Studie in der Gemeinde Kupferzell (Baden-Württemberg) durch. Kupferzell wurde ausgewählt, da die Gemeinde einer der Hotspots der Corona-Pandemie im März und April war. Es wurden 2.023 Personen untersucht – immerhin ein Drittel der 6.000 Einwohner der Gemeinde. Bei ihnen wurden Rachenabstriche genommen, um eine mögliche aktive Infektion nachweisen zu können und Blutproben, um eine überstandene Infektion nachzuweisen. Wurden Corona-Antikörper im Blut der Testpersonen entdeckt, wurden diese wiederum einem Neutralisationstest unterzogen, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um Antikörper gegen das SARS-CoV-2 Virus handelt.

Bei 7,7% der untersuchten Personen ließen sich Antikörper gegen das Coronavirus nachweisen. Unter der Annahme, dass Zweitinfektionen nicht möglich sind, wäre ein Gutteil der Kupferzeller also immun gegen das Virus und hätte eine Infektion weitgehend unbemerkt bereits hinter sich. Doch Kupferzell war eine besonders stark betroffene Gemeinde (relativ zur Einwohnerzahl). Diese Zahl der möglicherweise Immunen lässt sich also nicht ohne weiteres auf den Rest Deutschlands übertragen. Die Dunkelziffer der nicht erkannten Corona-Fälle wird in Kupferzell deutlich niedriger angesetzt als in der Heinsberg-Studie, die schon vor einiger Zeit vorgestellt wurde.

In Heinsberg fanden Wissenschaftler, dass sich fünfmal so viele Personen mit Corona infiziert hatten, als bekannt waren: statt 3 Prozent der Bevölkerung waren 15 Prozent der (untersuchten) Bevölkerung infiziert gewesen. In Kupferzell waren „nur“ viermal so viele Personen infiziert als offiziell bekannt. Das liegt möglicherweise auch daran, dass die Kupferzell-Studie gefundene Corona-Antikörper einem SARS-CoV-2 spezifischen Neutralisationstest unterzog, die Heinsberg-Studie nicht. Daher kam es in Heinsberg möglicherweise zu einer Überschätzung der Zahl der Infizierten.

Trotzdem liegt die Dunkelziffer in beiden Studien mehr oder weniger in einer ähnlichen Größenordnung: der Großteil der tatsächlichen Infektionen bleibt unentdeckt und hat keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen. Ob es nun 80 Prozent sind wie in Heinsberg oder 75 Prozent wie in Kupferzell, ist dann „nur noch“ Statistik.

In Kupferzell hatten 16,8 Prozent der Corona-Infizierten kein einziges der üblichen Symptome (Fieber, Atemnot, Schnupfen, Husten, Schmerzen beim Atmen, Halsschmerzen, Geruchs und/oder Geschmacksstörung). In Heinsberg zeigten 22 Prozent der Infizierten keine Symptome.

Im Rahmen der Kupferzell-Studie wurden auch Personen auf Antikörper untersucht, bei denen schon im Vorfeld ein positiver SARS-CoV-2 Test vorlag. Dabei ließen sich bei 28,2 Prozent der Untersuchten keine Antikörper nachweisen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass keine Immunität besteht, aber es ist kein ermutigendes Signal hinsichtlich der Abwehrkräfte.

Weitere Ergebnisse der Studie sollen in den kommenden Wochen präsentiert werden.

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Kommentare ( 148 )

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butlerparker
3 Jahre her

Hat SCHBAZ (schlimmster Bundespräsident aller Zeiten) denn auch ein Bußgeld bekommen, weil er in AUT die Maskenpflicht ignoriert hat? Ach ich vergaß. Wenn 2 das Gleiche tun ist das noch lange nicht Dasselbe

Sherry
3 Jahre her

Hallo Herr Tichy. Ist der Corona Untersuchungsausschuß an Ihnen vorbeigegangen? Es scheint so. Bitte nehmen Sie sich mal die geschätzten 20 Stunden Zeit und hören Sie, was die Wissenschaftler bei Oval Media erzählen. Und verlassen Sie endlich die Matrix. PS: Und lassen Sie es endlich sein, diese wirklich sehr gute Seite mit Informationen der Lügen/Lückenpresse zu füttern.

Farbauti
3 Jahre her

Fakten benötigen heutzutage viel Flexibilität.

Farbauti
3 Jahre her

In Indien gab es bisher 4 Todesfälle auf 100.000 EW, in GB 70.Kann das RKI uns das auch erklären? Wohl eher nicht. Aber egal, die Inder haben jetzt einen Impfstoff. Alle anderen Länder rechnen wohl noch, was ihr bald gefundenes neues Impfgold kosten soll.

Peter Pascht
3 Jahre her
Antworten an  Farbauti

In Indien gab es bisher 4 Todesfälle auf 100.000 EW, in GB 70.

Weil die Inder halt mehr sind als die Engländer 😉
Meine Erklärung ist zwar genau so unsinnig wie die des RKI, aber Sie wollten ja unbedingt eine Erklärung haben. Wir haben die Erklärungen des RKI, die Toten und den Lockdown und andere lachen sich tot … über das RKI.

Peter Pascht
3 Jahre her

„Der serielle Intervall beschreibt, wie lange es dauert bis eine Person sich mit einer Krankheit ansteckt und eine andere Person infiziert.“ Das ist schlichtweg mathematischer Unfug! Wie stark sich das Virus in einem gegebenen Zeitintervall ausbreitet hängt außer von seinen eigenen Eigenschaften, auch von der zeitlichen Kontaktdichte ab. Es ist daher mathematisch unmöglich die Ausbreitung des Virus nur mit einer Zahl zu beschreiben. Es braucht dazu zwei Zahlen. Immunität bedeutet nicht, dass Antikörper im Körper vorhanden sind, sondern, dass das Immunsystem spezifische Abwehr-Antigene gebildet hat, was zu einer schnelleren Bildung (sofort bei beginn der Infektion) von Antikörpern führt, bei einem… Mehr

Linkskatholik
3 Jahre her
Antworten an  Peter Pascht

Aber natürlich gibt es in der Epidemiologie das serielle Intervall und es beschreibt genau das, was schon im Artikel steht.

CIVIS
3 Jahre her

Sehr geehrter Herr Tichy,
Ihre vielen Zahlen und Statistiken mögen für Virologen, Epidemiologen etc. durchaus interessant sein.
Mir persönlich würden 3 bis 4 „aussagekräftige“ Zahlen, einige Prozentangaben und entsprechende Relationen zu anderen relevanten Zahlen und Parametern durchaus reichen.

Manchmal ist weniger mehr, …zumal wenn nicht alles vom RKI kommt !

S.K.
3 Jahre her

Lieber Herr Tichy, ich wiederhole mich heute mit meiner Kritik an Ihrer Darstellung aktueller Entwicklungen in der Corona-Krise anhand offizieller Quellen (s. mein Kommentar zu Ihrem ebenfalls mit „Corona-Update“ überschriebenen Artikel vom 10. August), und frage mich, was der Grund dafür sein mag, dass Sie nicht wenigstens eine Einleitung schreiben, in der Sie darlegen, warum Sie die Zahlen des RKI nicht nur vortragen, sondern sich auf eine ernsthafte Besprechung dieser Zahlen einlassen – Zahlen, deren Auswahl durch das RKI mittlerweile viele Informierte als unlauteren Zielen dienend identifiziert haben. Mit dieser Art der Berichterstattung unterstützen Sie meines Erachtens faktisch die Verbreitung… Mehr

GerdF
3 Jahre her
Antworten an  S.K.

Für eine Einschätzung des Geschehens, gehören die Zahlen für „negativ getestet, positiv getestet ohne Symptome, positiv getestet und leicht/ernsthaft erkrankt“ stets ins Verhältnis gesetzt zu der Gesamtzahl aller vorgenommenen Tests.

Peter Pascht
3 Jahre her
Antworten an  S.K.

* * * * *

Peter Pascht
3 Jahre her
Antworten an  S.K.

Was das RKI da zeichnet sind einfach nur Nonsens Kurven bei denen Äpfel und Birnen zusammengezählt werden, aber vor allem wird da Obst addiert das es schon gar nicht mehr gibt. Die Summe der Fälle ist keine Kennzahl welche die reale Infektion beschreibt.
Aber man kann damit sehr gut Panik machen.

Peter Pascht
3 Jahre her
Antworten an  S.K.

„Ich sehe so gut wie keine behördlichen Maßnahmen, die sich mit den unbrauchbaren und darüber hinaus irreführenden Daten des RKI rational begründen ließen, dennoch verweist die Regierung bei der Rechtfertigung ihrer Maßnahmen stets ausschließlich auf diese Daten.“ Genau so ist es. Eine mathematisch statistische Analyse zeigt, dass die Fallzahlen der Realität nicht von der theoretischen stochastischen Kurve abweichen. Das heißt in den realen Kurven sind keine deterministischen systematische Abweichung zu sehen, was bedeutet, die Maßnahmen haben keinen Einfluss, der gesamte Prozess ist ein reiner stochastischer Prozess, ohne deterministische Einflüsse. Ein kausaler Zusammenhanf zwischen den Maßnahmen und der Anzahl der Infektionen… Mehr

Talleyrand
3 Jahre her

Ein Virus, welchen namens auch immer, reproduziert sich dann und und nur dann, wenn es sich in einer Wirtszelle gemütlich gemacht hat, nachdem es die Tür aufgebrochen hat. Das macht dann schlußendlich krank. Draußen auf der freien Schleimhaut kann es das grundsätzlich nicht, sondern ist, gerade eingetrofen, damit beschäftigt den Virenjägern des Immunsystems zu entkommen, was in der Regel nicht gelingt, sonst wären wir alle ständig „erkrankt bis tot“, hinterhältige Viren gibts genug und ständig.
**

Berny
3 Jahre her

Prof. Bhakdi ist für mich DIE Informationsquelle flankiert von Dr. Wodarg, Fr. Prof. Kämmerer, Dr. Köhnlein und noch ein paar sehr kompetenten Fachleuten.
Die werden von den ÖR gemieden wie der Teufel das Weihwasser.
Bei Prof. Bhakdi ist es vermutlich Rassismus, weil er Thailändischer Abstammung ist …
Schaut auch mal bei Samuel Eckert auf Telegram und Youtube nach … der bringt Ordnung in den ganzen Zahlensalat.

Udo Ka.
3 Jahre her

…….. wollt Ihr ewig leben!

Antikörper weg, kein Problem, DNA/DNS/ZELLEn haben die Infos gespeichert und reagieren kommt der COV 19 in unmutierter Variante wieder (leider RND/der lernt ja auch). Ist also im ersten Step ok! (Evolution nix anderes).
Der/das Corona Boy/Girl lernt von seinen Wirtstieren!
Folglich: Bitte lasst unser Immunsystem lernen und unterbrecht nicht wegen „Ideologie“ die Evolution!

birgitschlattmann
3 Jahre her
Antworten an  Udo Ka.

Ein sehr guter Aufruf. Danke dafür.

Linkskatholik
3 Jahre her
Antworten an  Udo Ka.

Pardon, aber was wollen Sie uns eigentlich mitteilen?