Wintershall – einst wichtigster Gaskonzern wird abgewickelt

Der Ludwigshafener Chemieriese BASF verkauft seine Anteile an Wintershall an einen britischen Ölkonzern. Laut Wintershall-Zentrale werden die Hauptverwaltungen in Kassel und Hamburg geschlossen. Damit wird die 125-jährige Geschichte des einst wichtigsten Öl- und Gasförderunternehmens in Deutschland beendet.

IMAGO / Hanno Bode

Die BASF trennt sich von seinen Öl- und Gasgeschäften und verkauft ihre Anteile an Wintershall an den britischen Ölkonzern Harbour Energy. Der Ludwigshafener Chemieriese und die Investmentgruppe Letter One unterzeichneten eine Vereinbarung, um die Geschäfte des gemeinsam gehaltenen Unternehmens Wintershall Dea mit dem britischen Ölkonzern Harbour Energy zusammenzulegen.

Wie die Unternehmen am gestrigen Donnerstag weiter mitteilten, sollen die Förderaktivitäten von Wintershall an Harbour übertragen werden. Dieses Exploration- & Production-Geschäft umfasst Produktions- und Entwicklungsaktivitäten sowie Explorationsrechte in acht Ländern, zudem Lizenzen zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid mit jener CCS-Technologie.

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Damit dürften laut Wintershall-Zentrale die Hauptverwaltungen von Wintershall in Kassel und Hamburg geschlossen werden; denn die zählen nicht zu diesem Deal. Dort arbeiten derzeit 850 Beschäftigte. Weltweit dürften 1000 Mitarbeiter betroffen sein. Heute sollen die Beschäftigten vom Wintershall-Chef Mario Mehren bei einer Versammlung über die Folgen informiert werden.

Damit wird die 125-jährige Geschichte des einst wichtigsten Öl- und Gasförderunternehmens in Deutschland beendet. Wintershall war stark in die Erdgasförderung in Sibirien gemeinsam mit Gasprom eingebunden; der Gesellschaft gehörten außerdem Anteile an den Nord-Stream-Gaspipelines. Das gewährleistete preisgünstige Importe von russischem Erdgas – wohlgefällig unterstützt von der Politik, die mit billigem Erdgas die kostspieligen Verwerfungen der sogenannten Energiewende lange Zeit übertünchen konnte.

Wintershall musste zuletzt mehr als eine Milliarde Euro abschreiben. Am Mittwoch schließlich hatte der russische Präsident Putin die Beteiligungen beschlagnahmt. Die 1894 ursprünglich als Bohrgesellschaft für Kalisalz gegründete Wintershall ist zuletzt Deutschlands größter Öl- und Gasförderer gewesen.

Wintershall Dea fördert seit vielen Jahrzehnten Erdgas und Erdöl auch in Deutschland. Die Förderung in Niedersachsen deckt derzeit 5 Prozent des deutschen Erdgas-Bedarfs. Seit mehr als 35 Jahren fördert Wintershall Dea aus dem mit Abstand bedeutendsten Erdölfeld in Deutschland Mittelplate im Wattenmeer – sicher und störungsfrei, wie das Unternehmen betont. Unter Deutschland liegen noch ungeheure Vorräte an Erdgas. Daraus könnte sich Deutschland noch über viele Jahre vollständig mit Energie versorgen.

Mit Wintershall bricht ein weiterer massiver Stein aus der Energieinfrastruktur.

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Kommentare ( 25 )

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friedrich - wilhelm
4 Monate her

….klar, was in deutschland in den letzten 100 jahren aufgebaut wurde, wird in wenigen jahren zugrunde gerichtet! niemand hat mehr in dhimmistan investitionssicherheit und erst recht keine planungssicherheit!

Nibelung
4 Monate her

Nun weinen die Betroffenen alle, als wäre es vom Himmel gefallen und wer die Roten oder gar Grünen gewählt hat, hätte doch dieses Elend kommen sehen müssen. wobei die Politik und die Gewerschaften diesen Unternehmenszweig als Staatsbetrieb übernehmen können um zu beweisen, daß sie wirklich was taugen. Unsere Wirtschaft geht nach dem gleichen Kriegs-Muster wie die Ukraine zu Boden, denn wer die Unfähigkeit und Selbstüberschätzung zum Anführer macht, geht zwangsläufig mit ihnen unter und das wird erst noch so richtig los gehen und zum Schluß ist die Gelderwerbsquelle nahezu verschwunden, was man sich selbst zuschreiben kann, wenn man die falschen… Mehr

Jan des Bisschop
4 Monate her

Die Sanktionen gegen Russland haben Wintershall 4 Mrd€ gekostet. In anderen Ländern war man wesentlich Industriefreundlicher. In Deutschland hersscht eine dumme Ideologie, die über alle Industrieleichen geht. Es ist nur klar, dass die Industrie flüchtet. Früher hätten Gewerkschaften und Verbände die Regierung davon abgehalten so dumm zu agieren, nur sind die inzwischen fest in der Hand der Dummen, Arbeiter und Industrie haben es in devoter Grundhaltung einfach geschehen lassen. Jetzt zu jammern ist vermutlich zu spät.

Georg J
4 Monate her

Gute Nacht Deutschland, vielen Dank Herr Habeck, Herr Lindner, Herr Scholz. Ich hoffe es reicht auch für Ihre Pension nicht mehr.

Paul Brusselmans
4 Monate her

Kann weg. Ein weiterer Flügel am Windrad gleicht das aus. Kein Land ist so extremistisch wie Deutschland. Unbeirrbar – ob Verdun, Stalingrad oder Energiewende. Gut, dass alle anderen Staaten falsch liegen. Da gehören sind einige PArteien gesichert extremistisch

Plastic Joe
4 Monate her

Aber nach Meinung des Hauptgeschäftsführers des Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, ist die größte Gefahr für den Standort Deutschland nicht etwa hohe Energiepreise, die Bürokratie, die Politik der Bundesregierung und dergleichen, sondern die AfD. Deshalb liebe Wintershaller: bei der nächsten Wahl nicht AfD wählen, dann bleiben auch eure Arbeitsplätze erhalten. ;))

Talleyrand
4 Monate her

Apropos „Abwickeln“. Das dringendste, was abgewickelt werden müsste, ist dieser bunte Bundestag, nebst kindischem Parteienkartell. Vermutlich will das aber mangels fehlender Rendite niemand übernehmen. Und so beibt es wohl noch eine Weile bei unserem Klotz am Bein, bis wir dran ersaufen.

Flik Flak
4 Monate her

Und aus Gründen des „Umweltschutzes“ beuten wir eigene Gasfelder nicht aus. Es ist wirklich nicht zu fassen, was in diesem Land vor sich geht.

Rolfie
4 Monate her

Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Die bezahlten Manager , wo war ihr Protest gegen die Abwicklung ihrer Firmen, als man sie in den Ruin trieb? VW nicht wettbewerbsfähig, zig Massnahmen hindernd in ihrer Entwicklung den Mittelstand erschöpften? Ein lieber Freund, der lachend erzählte, wie gut er daran verdiene mit seinen Konzepten, deutsche, gutflorierende Unternehmen ins Ausland zu verlagern. Warum? Weil sie keine Chance sehen mehr , zu prosperieren? Mittelständler, sehr oft persönlich!! haftend. Ein Gutes, DE wird hoffentlich bald zum EU Nehmerland. dann fliegt dieser Laden endlich in die Luft. Dann hoffentlich wieder eine Wirtschaftsunion, Freihandel, worin jedes Land… Mehr

Axel Fachtan
4 Monate her

BASF verkauft. Die brauchen kein Gas mehr in Deutschland ,sondern in China. Wer sich als Großverbraucher von seiner Energiebeteiligung trennt, gibt zu erkennen, dass er für sich in Deutschland keinerlei Zukunft mehr sieht. 850 Arbeitsplätze weniger sind nur der Anfang. BASF selbst hat derzeit etwa 25.000 Arbeitsplätze in Ludwigshafen, von denen auf jeden Fall 2.500 abgebaut werden sollen. Auch die restlichen 22.500 Arbeitsplätze stehen auf tönernen Füßen. BASF ist in 91 Ländern der Erde aktiv. Wenn die in Deutschland zusperren sind es noch 90. Angesichts der Energiepolitik hier ist das betriebswirtschaftlich die richtige Entscheidung. Die wissen, wer Nordstream nicht wollte.… Mehr

cernunnos
4 Monate her
Antworten an  Axel Fachtan

Wenn die zerstört wird, dann brennen auch Washington und New York. Wenn Deutschland zerstört wird, dann gibt es keinerlei Gegenwehr.“

Sehr wahre Worte. Es ist fast unerträglich diesem Irrsinn und Verrat ohnmächtig zusehen zu müssen.

THX1984
4 Monate her
Antworten an  Axel Fachtan

Die wissen, dass die Amerikaner Deutschland industriepolitisch nie wieder eine Chance geben werden.

Die können sich alles erlauben gut wissend, dass viele Leute in Deutschland keine Alternative zu Unterwürfigkeit gegenüber den USA sehen wollen.

Frank1
4 Monate her
Antworten an  Axel Fachtan

Kleine Korrektur: die BASF hat in Ludwigshafen noch 39.000 Mitarbeiter, 1990 waren es übrigens 55.000. Aber ja, die Zukunft sieht nicht rosig aus (für die Stadt ebenfalls nicht, die ist ja jetzt schon pleite). Ich habe jedenfalls meine Aktien verkauft.