Elektroauto: Die nächste Pleite droht

Der E-Auto-Hersteller Fisker steht vor dem Aus: Einem Nettoverlust von 463 Millionen Dollar stehen nur 200 Millionen Umsatz gegenüber. Fisker will deswegen 15 Prozent der Arbeitsplätze abbauen. Die Hoffnung auf einen Investor ist illusorisch – außer er kommt aus Asien.

IMAGO / TT
Soeben erscheint eine Eilmeldung der Automobilwoche: „Fisker warnt vor dem Aus“. Firmengründer Henrik Fisker kündigte an, dass dem Unternehmen ohne Finanzierung von außen das Ende drohe.

Diese Meldung des Auto-Start-up Fisker ist einerseits befremdlich, andererseits hätte Mozart, wenn er denn noch lebte und automobilaffin wäre, gesagt: Così fan tutte. Denn das Eingeständnis von CEO Fisker klingt so, als ob die Titanic vor ihrem eigenen Untergang gewarnt hätte, den sie selber verursacht hat.

Start-up Fisker
Und in Anlehnung an Mozart: Fisker ist kein Einzelfall, mit dem zu erwartenden Ausscheiden des US-Elektro-Start-ups Fisker haben Auto-Ökonomen seit langem gerechnet. Jetzt ist es soweit: Dem branchenweit bekannten Elektroautobauer geht das Geld aus, nun soll ein „großer Autobauer“ das Start-up retten, meint Fisker.

Der Reihe nach, zunächst, was ist bei Fisker geschehen?

Fisker Inc. wurde Ende 2016 von CEO Henrik Fisker gegründet als Unternehmen, um Elektroautos zu bauen. Man ist damals mit großen Hoffnungen gestartet. Das erste Modell, das Elektro-SUV Ocean, setzte auf recycelte Materialien und war nach Angaben des Unternehmens das nachhaltigste Auto der Welt. Leider stand es nicht in der Gunst der Kunden. Erweiterungen der Modellpalette um den Sportwagen Ronin, den Pick-up Alaska und den Kleinwagen Pear waren geplant, doch dazu wird es angesichts des Geldmangels wohl kaum kommen.

Auch im vergangenen Jahr hat Fisker seine Ziele weit verfehlt. Von den ursprünglich geplanten rund 36.000 Autos wurden nur gut 10.000 bei Magna in Graz gebaut, von denen wiederum nur 4.700 ausgeliefert wurden. Die Probleme bei der Auslieferung will Fisker mit der Umstellung seines Vertriebsmodells vom Direktvertrieb à la Tesla auf Händlervertrieb lösen. In diesem Jahr sollen 22.000 Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert werden. Indessen: Die Nachfrage nach Elektroautos schwächelt bekanntlich, bei Fisker besonders stark.

Firmengründer Fisker hat nach einem Nettoverlust im vierten Quartal 2023 von 463 Millionen Dollar bei lediglich einem Umsatz von 200 Millionen vorsorglich gewarnt, dass er seinen Geschäftsbetrieb möglicherweise nicht fortführen kann. Die entsprechende Börsenmitteilung führte zu einem Absturz des Aktienkurses um 37 Prozent auf 74 Cent. Es bestünden „erhebliche Zweifel“ an der Fähigkeit zur Fortführung des Unternehmens, schreibt Fisker selber. In den kommenden zwölf Monaten brauche das Unternehmen zusätzliche finanzielle Mittel.

Um die Kosten zu senken, will Fisker 15 Prozent der Arbeitsplätze abbauen. Die Entlassung von 15 Prozent der Belegschaft soll die laufenden Kosten senken. Derzeit läuft die Produktion in einer Art „Notproduktion“ mit einem Einschichtbetrieb, wie es aus inoffiziellen Quellen heißt. Ein Personalabbau (eine Schicht, 450 Mitarbeiter) hat bereits stattgefunden. Henrik Fisker spielt jetzt auf Zeit, spricht von „sechs Monaten, um das zu korrigieren“. Damit ist der Plan, dass im Mai die Fisker-Produktion bei Magna in Graz wieder voll anlaufen werde, hinfällig. Alle Hoffnungen ruhen auf dem Einstieg eines Autoherstellers bzw. Investors.

Aus Sicht eines Branchenkenners ist die Investorenhoffnung eine Illusion. Aktuell verfügt Fisker eigenen Angaben zufolge über 396 Millionen Dollar an liquiden Mitteln und über Fahrzeuge und Komponenten im Wert von weiteren 530 Millionen Dollar. Ob das als Invest-Anreiz reicht, ist fraglich. Wenn, dann kämen nur asiatische Hersteller in Frage. Die wären aber vermutlich lediglich an der Vermeidung von Importzöllen oder am Know-how interessiert, denn produzieren könnten sie in China erheblich billiger.

Dennoch: Als Ultima Ratio wird ein Investor gesucht. Henrik Fisker hat dazu verlauten lassen, er stünde in Verhandlungen mit einem „großen Autobauer“ über eine strategische Partnerschaft. Dabei gehe es sowohl um eine Investition in Fisker selber als auch um Kooperationen in den Bereichen Entwicklung und Produktion in Nordamerika sowie um die gemeinsame Nutzung des Händlernetzes. Ein etablierter Hersteller könnte damit einfach in die Elektromobilität einsteigen (Automobilwoche).

Memo: Fisker hat erst im Januar 2024 vom Direktvertrieb auf Händlervertrieb umgestellt und verfügt eigenen Angaben zufolge über 13 Händler und 250 Interessenten in Nordamerika und Europa.
Nähere Einzelheiten eines möglichen Investments, geschweige denn den Namen des Investors nannte Fisker nicht. Der plötzliche Ausstieg von Apple aus der Elektromobilität ist indessen kein gutes Omen für potenzielle Investoren.

Und letzter Punkt: Sollte Fisker als Elektroauto-Start-up aus dem Markt ausscheiden, wäre das kein Einzelfall. Fisker wäre lediglich das letzte Glied in einer langen Reihe von automobilen Neustart-Versuchen in den letzten zehn Jahren. Die meisten davon wurden mit viel Brimborium – zumeist auf der Las Vegas Consumer Electronic Show (CES) – vorgestellt, und suchten von dort aus als „fahrenden Computer“ den Eintritt in den inzwischen höchst umkämpften Markt für höchstpreisige Batterie-Elektroautos, und nach Möglichkeit autonom fahrende.

Leider wurde der Eintritt fast immer verfehlt, wer kennt die Namen, kennt die Zahl – auch mit prominenter deutscher Beteiligung? Als da wären der Daimler F015 – Ex-CEOs Dieter Zetsches Lieblingssteckenpferd, der bereits 2015 glaubte, die Technik für selbstfahrende Autos sei serienreif – oder Borgward. Die meisten Flops wurden von altgedienten wie hochverdienten deutschen Ex-Automanagern im Ruhestand initiiert. Die sich zum kärglichen Altersruhegeld noch ein Zubrot verdienen wollten und damit gleichzeitig das volkswirtschaftlich ehrenvolle Ziel verfolgten, hohe Bestände ungenutzter Finanzmittel unkundiger, vor allem chinesischer Investoren – allesamt Player auf dem Greenfield der Mobilität – einer sinnvollen Verwendung zuzuführen.

Was in allen Fällen auch gelang. Erinnert sei hier neben Borgward (BX 7-5) und Daimler F015 an E.Go, Byton, Faraday Future, Aiways, Weltmeister (WM Motor), Nio (inzwischen wieder auferstanden). Nur als Beispiel für die „reichen Eltern“: 2015 wurde WM Motor vom chinesischen Geschäftsmann Freeman Shen gegründet. Zu den Geldgebern zählten der chinesische Tech-Riese Baidu und die staatliche Vermögensverwaltung von Shanghai.

Nun hat es also auch Fisker erwischt. Und den Auftragsproduzenten Magna auch. Die Frage, welcher Hersteller als nächster den Markt verlässt, bleibt spannend.

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Kommentare ( 28 )

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28 Comments
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thinkSelf
1 Monat her

Ich habe Herrn Becker ja schon häufiger kritisiert und werde daher auch nicht mit Lob knausern, wo es angebracht ist:
Die sich zum kärglichen Altersruhegeld noch ein Zubrot verdienen wollten und damit gleichzeitig das volkswirtschaftlich ehrenvolle Ziel verfolgten, hohe Bestände ungenutzter Finanzmittel unkundiger, vor allem chinesischer Investoren – allesamt Player auf dem Greenfield der Mobilität – einer sinnvollen Verwendung zuzuführen.“
Das muss man schon dreimal lesen um die ganze philosophische Tiefe dieses Satzes wirklich zu erfassen. Respekt.

A-Tom
1 Monat her

Fisker geht doch in regelmäßigen Abständen immer mal wieder in die Pleite – oder hört eben auf mit der Arbeit.
Hier in meiner Nachbarschaft fährt jemand einen Fisker Karma, ein Auto aus dem ersten Pleitezyklus.Dem armen Besitzer ist das Mißgeschick widerfahren, dass das Auto wohl leichten Feindkontakt hatte oder das Parkhaus zu klein war. Jedenfalls bekommt er keine Ersatzteile mehr, um den Wagen optisch wieder in den Bestzustand zu versetzen. Der Wagen ist 12 Jahre alt und war seinerzeit sehr teuer.

WandererX
1 Monat her

Das Ausscheiden vieler der neuen Autohersteller wundert mich gar nicht:denn Autos lassen sich nicht wie Handys oder Möbel herstellen und verkaufen: das Ganze ist derart viel komplexer, dass es in den letzten 50 Jahren im Westen ja auch nur einer und nur mit ach und krach (Mercedes rettete sie vor ca 14 J. ) schaffte: Tesla. Aber selbst da ist das Fahrzeug technisch mangelhaft und beim TÜH deshalb teils an letzter Stelle. Ein Auto baut auch nicht EINE Firma, sondern ist ein Organismus aus 10.000 Teilen von Zulieferen, die koordiniert werden müssen! Dazu das Werkstattnetz, Ersatzteile just in time usw.… Mehr

Waldorf
1 Monat her

Unsere Automobil-Manager (und nicht nur die) waren jahrelang die Grünsten der Grünen, die größten Merkelfans unter der Sonne, die auch alle Schwab/WEF-Weisheiten intravenös übernommen haben – und jetzt? Vor gigantischen Scherbenhaufen stehen. Der ganze, gigantische „GreenDeal“ muß wohl als Flop ohne historisches Vorbild bewertet werden, der nur unter Kategorien wie Wahn, kollektiven Rausch oder Selbstbetrug verständlich werden könnte – jedenfalls nicht unter klassischer Wirtschaftführung, Planung oder Organisation, die sich an Angebote und Nachfrage, den Realitäten in den jeweiligen Absatzmärkten etc orientierten. So wie zb Habeck aktuell noch sein Transformations-Experiment als total klasse fühlt und meint, egal wie nah die zahllosen… Mehr

Edwin
1 Monat her
Antworten an  Waldorf

Eigentum belastet (frei nach Klausi aus Davos).

Memphrite
1 Monat her

Der Klima- und Elektro-Hype scheint in den letzten Monaten etwas an Fahrt zu verlieren.
Zurzeit ist KI und Weltkrieg III im Trend. Vielleicht sollten sich die neuen Start-Ups, welche „ungenutzter Finanzmittel unkundiger Investoren“ einer besseren Verwendung zuführen wollen 🙂 auf Drohnen, Munition und Elektropanzer fokussieren?
Wobei das mit dem „Bio-recycelt“ beim Kriegsgerät nicht ganz ankommt wie man beim Le Figaro lesen konnte. Da werden die mit Bio-Plastik ummantelten Kabel in westlicher Kriegstechnik von Nager „zerstört“:)

Military equipment supplied to Ukraine by the West are being damaged by rodents, Le Figaro revealed in a report released on February 22.

Guzzi_Cali_2
1 Monat her

Es lohnt sich eigentlich nur noch aus Chronistenpflicht, den Tod der E-Auto-Modellreihen und -firmen zu dokumentieren. Das Thema ist meiner Ansicht nach durch. Interessant wird es noch, wenn die EU tatächlich das Reparaturverbot für mehr als 15 Jahre alte Verbrenner durchsetzen will. Bekanntermaßen wird der Fahrzeugbestand in DE immer älter, vor allem, weil sich kein Mensch mehr ein neues Auto leisten will oder kann. Selbst ein mir bekannter Gutverdiener fährt einen topgepflegten Mercedes E200 D, der 17 Jahre alt ist. Also dürfte er schon diesen nicht mehr reparieren lassen. Die Frage ist, was das wieder für ein bürokratisches Monster werden… Mehr

bkkopp
1 Monat her

Es rumort auch bei den Umweltschützern. Im Wald bei Grünheide, der zur Erweiterung der Tesla-Fabrik abgeholzt werden soll, haben sich Umweltschützer mit Baumzelten eingenistet. Sie sagen, dass das e-Auto zwar einen grünen Anstrich habe, tatsächlich aber nichts zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen könnte.

Peterson82
1 Monat her
Antworten an  bkkopp

diese Menschen wollen nichts als Aufmerksamkeit. Hier soll in Deutschland ein Hightech Standort in einer strukturschwachen Region ausgebaut werden und man klebt sich an Mono-Kulturen die einzig und allein damals aufgeforstet wurden um Brachland noch irgendwie etwas nutzbar zu halten. Tesla würde jeden km² der dort abgeholzt wird durch gesunden Mischwald ersetzen. Aber diese Spinner stehen stellvertretend für die Lage im Land. Wir werden bald zum Museumsland.

Berlindiesel
1 Monat her

Es ist eine Unsitte geworden, Marktbereinigungen in einem durch staatliche Eingriffe und Subventionen künstlich anheizten Segment der Technologie zuzuordnen, dort also von einem richtig-falsch-Ansatz zu einem gut-böse-Ansatz zu wechseln. Am Ende ist der Elektromotor auch nur eine Art, einen Pkw anzutreiben. Niemand würde den Niedergang zum Beispiel der Firma Fiat oder generell der ganzen italienischen Automobilindustrie auf den Benzinmotor zurückführen. Der Niedergang von Fiat und Alfa Romeo oder das Verschwinden von Lancia war eine Mischung aus Managementversagen und Kapitalfehlallokation. Genau wie jetzt bei Fisker. Man kann problemlos E-Autos bauen und damit Geld verdienen – wenn man es richtig macht.  … Mehr

Peterson82
1 Monat her
Antworten an  Berlindiesel

Völlig richtig. Man muss seine Nische finden. Entweder man baut so gute Autos dass man es sich leisten kann eine Manufaktur zu bleiben oder man muss so effizient und wettbewerbsfähig werden dass man auch mit Masse Gewinn macht. Dazwischen wird es oftmals schwierig.

Michaelis
1 Monat her

Ich hoffe bei den „großen Autobauern“ handelt es sich nicht um Daimler, der ja laut anderen Meldungen sich aus diesem idiotischen Elektromarkt zurückziehen will.

MachiavelliNiccolo
1 Monat her

Wenn ich ein neues Auto kaufen würde wären zwei Bedingungen nicht verhandelbar.

  1. reiner Verbrenner, nur wenn Diesel im Angebot, kein Hybrid oder Ähnliches
  2. keine Überwachungselektronik, kein autonomes Fahren
Guzzi_Cali_2
1 Monat her
Antworten an  MachiavelliNiccolo

Aus diesem Grund fahre ich echte Oldtimer: Im Winter einen verzinkten Peugeot 205 GT (mittlerweile 33 Jahre alt) und im Sommer, je nach Distanz, Fiat 500 (Bj.1970) oder Mercedes Strich-8 (Bj.1973). KEIN Fahrzeug hat irgend eine Piepsfunktionen, der 205er hat eine sehr überschaubare Elektronik und ansonsten haben alle vor allem ELEKTRIK mit Kabeln mit veritablen Durchmessern.

Michael M.
1 Monat her
Antworten an  MachiavelliNiccolo

Die Bedingung „keine Überwachungselektronik“ dürfte eher schwierig werden, da bestimmte Systeme (eCall, einfache Blackbox etc.) inzwischen vorgeschrieben sind.
Beim autonomen Fahren (im Sinne von „das Auto fährt vollumfänglich selbstständig, kein Mitfahrer braucht einen Führerschein und muss auch nicht entsprechend zeitnah fahrtüchtig sein“, alles andere ist nämlich eh nicht autonom 😉) kann ich Sie beruhigen (ich bin als Automatisierungs-Ingenieur vom Fach), das wird in den nächsten Jahrzehnten sicher nichts werden (und vermutlich sogar aus rein rechtlichen Gründen niemals wirklich autonom, siehe oben, kommen).

Last edited 1 Monat her by Michael M.