Droht in Deutschland ruinöser Preiskampf bei E-Autos?

In China tobt seit über einem Jahr ein ruinöser Preiswettbewerb am Markt für Elektroautos, NEV (New Electric Vehicles), angezettelt von Tesla. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass sich ein ähnlicher Vorgang auch in Deutschland bzw. Europa abspielen könnte.

Imago/ Xinhua

Unter NEV registriert die chinesische Statistik nicht nur reinen Batterie-Elektroautos, sondern auch Hybride in jeglicher Form (HEV, Plug-In-Hybrid, Range Extender REX). In China kam im Frühjahr 2024 das rasante Wachstum des Absatzes von NEV zum Stillstand, riesige Produktionskapazitäten der in der Spitze fast 500 Elektroauto-Hersteller – alle fachfremd aus der Elektronik- und Handy-Sparte kommend, die meisten schwach finanziert – waren unterausgelastet.

Als Folge davon setzte ein mörderischer Verdrängungswettbewerb ein. Kapitalismus pur. Die Zahl der E-Auto-Produzenten schrumpfte auf inzwischen deutlich unter 100.

Rettung in dieser Bedrängnis sahen die großen Autohersteller BYD, GWM, SAIC (mit MG), Geely, Chery etc. im Export. Von der Staatsregierung kam dabei volle Unterstützung. Binnen kurzem wurde Chery größter Auto-Exporteur nach Russland, und füllte dort die Sanktionslücke der westlichen Anbieter.

Da der Zugang zum amerikanischen Markt durch administrative Barrieren versperrt war, der Rest der Welt mangels Infrastruktur mit Elektroautos wenig anzufangen wusste, blieb als letzter Rettungsanker der Automarkt in Europa übrig. Hier hatte die EU-Politik mit dem Verbrenner-Aus heftige Anreize für den ausländischen Elektroauto-Hersteller gesetzt. Nach dem Motto: „Kommt alle her, ihr Verbrennerlosen, hier haben E-Autos keine Konkurrenz!“

Die großen chinesischen Marken begannen, den europäischen Automarkt zu erobern. Zoll-Eintrittsbarrieren für Batterie-E-Autos BEV umging man mit geschickter Preispolitik und Ausweitung der Antriebspalette über BEV hinaus auf hybride Modelle, die bis dato von EU-Zöllen frei sind. Hinzu kam der Bau eigener Werke in Europa, so BYD in Ungarn, Chery in Spanien, die ab 2026 in Betrieb gehen und zollfrei in Europa ausliefern können.

Dieser Prozess der Markteroberung und Verdrängung durch chinesische Autohersteller ist in vollem Gange. Eine gewisse Ahnung des Eroberungspotenzials, das die chinesische Autoindustrie inzwischen mit Innovationen und imposanter Technologie erreicht hat, liefert zum einen die IAA 2025 in München. Zum anderen setzte Weltmarktführer bei Elektroautos BYD bereits vor Beginn der IAA mit zwei Modellneuvorstellungen neue Maßstäbe. Einem Kombi mit großer Reichweite und günstigem Preis, dem Seal 6 DM-i Touring, sowie mit einem Elektroauto-Weltrekord auf deutscher Strecke, der BYD-Luxusmarke Yangwang U9.

Der BYD Yangwang U9 ist ein fancy car, weniger für die Straße als für die Berichterstattung von Automagazinen geeignet. Er dient ausschließlich als Droh-Potential für den Wettbewerb. Zum Luxusauto Yabngwang an dieser Stelle nur so viel für Auto-Freaks.

Mit dem Yangwang U9 als extrem schneller E-Bolide hat BYD auf der Teststrecke in Papenburg einen neuen Weltrekord für Elektrofahrzeuge aufgestellt. Im August erreichte der flache Stromer auf dem Kurs in Niedersachsen eine Geschwindigkeit von 472,41 km/h. Ein höheres Tempo wurde noch bei keinem E-Auto gemessen.

Wichtiger für die Wettbewerbslage der deutschen Autohersteller, vor allem von VW, ist die Neuvorstellung des BYD Mittelklasseautos Seal 6 DM-i TOURING, direkter Konkurrent zum VW Passat und Co. BYD nimmt mit diesem Plug-In-Hybrid Europas Kombi-Vielfahrer ins Visier. Und das potentiell zu Preisen, die zum kaufentscheidenden Faktor werden. Zumal BYD dabei ist, mit Hochdruck in Deutschland und Europa ein Händler- und Servicenetz auszurollen.

Die Autopresse bezeichnet den BYD Seal 6 DM-i TOURING als „Kombi mit XXL-Reichweite“ (China-Hersteller BYD beeindruckt vor der IAA doppelt: Tempo-Rekord und Kombi-Neuheit). Das Hybridmodell markiert in Europa BYDs Einstieg in das Kombi-Segment und setzt dabei auf Reichweite und Effizienz. Bis zu 1350 Kilometer sind laut Herstellerangabe mit einer Tankfüllung und vollgeladenem Akku möglich.

Der Seal 6 DM-i TOURING ist damit ein neuer Konkurrent für Passat, Octavia, 3er und Co. Mit dem Seal 6 DM-i bringen die Chinesen ihren ersten Kombi nach Europa. Er ist das zweite Modell, das mit dem Super-Hybrid ausgestattet ist, bei dem der Autobauer eine „revolutionäre“ Antriebstechnologie für sich reklamiert. Herausragendes Merkmal ist dabei die vom Hersteller beworbene DM-Technologie (Dual Mode), die technische anspruchsvolle Kombination von Voll-Hybrid und Range Extendern darstellt.

Dass lässt den Schluss zu, dass BYD in Europa sowohl auf Elektroautos wie auch auf Plug-in-Hybride setzt. Auch das Design des Seal 6 wird von Autoexperten für wenig auffallend beurteilt, dafür die kommenden Preise umso mehr: Die Einstiegsvariante Boost startet bei 42.990 Euro, die Comfort-Variante liegt bei 49.900 Euro.

Damit bietet BYD das Plug-in-Modell zu einem Preis an, den die Konkurrenten für den Verbrenner aufrufen. Vor allem liegt dieser Preis deutlich unter den Preisen vergleichbarer Plug-in-Hybriden aus dem Volkswagen-Konzern. Die Preise für den VW Passat eHybrid starten bei 53.000 Euro, für den Skoda Superb iV bei 51.000 Euro. Bedenklich ist, dass BYD für vergleichbare Modelle in China Preise von 14.000 bis 19.000 Euro verlangt.

Da ist also viel Wettbewerbspotential drin, trotz aller höheren Kosten wie Zölle und Transport etc. So könnte der Seal ein wichtiger Indikator werden, was auf die deutsche Autoindustrie in den nächsten Jahren zukommt. Geiz ist bekanntlich geil und bei Kombis überwiegt der gewerbliche Nutzen, da wird gerechnet. In jedem Fall ist der Preis ein ziemlich starkes Argument.

Ob oder ob nicht, wird man bald wissen, denn mit der Premiere des Seal6 in München startet auch gleichzeitig der Verkauf auf den europäischen Märkten (Angriff auf VW Passat und Co.: BYD nimmt Europas Kombi-Markt ins Visier | Automobilwoche.de)

Die Preise für den neuen BYD-Kombi sind noch nicht offiziell, doch das Schwestermodell, das SUV Seal U DM-i, startet in Deutschland ab 39.990 Euro. Wir rechnen damit, dass der chinesische Kombi hierzulande etwa ab 36.000 Euro kostet. Mit dem Seal 6 DM-i TOURING wächst das Modellprogramm von BYD in Deutschland auf neun Modelle an – obwohl der Marktstart vor weniger als drei Jahren erfolgte. Neben reinen Elektroautos bietet BYD in Europa auch Plug-in-Hybride an, die potenziell den idealen Mittelweg zwischen Reichweite und lokal emissionsfreiem Fahren darstellen. Darüber hinaus gibt es für chinesische Hersteller einen weiteren Vorteil: Es handelt sich um einen geschickten Hebel gegen EU-Strafzölle. (PF)

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Kommentare ( 36 )

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Nibelung
2 Monate her

Der Bessere im Preis-Leistungsverhältnis wird im Markt den Sieg davon tragen und zwar bei den Leuten die denken können und das ist einfach eine Frage jeder Gesamtüberlegung, die man im allgemeinen Marketing nennt und jede disfunktionale Arbeit wird den Absatz im Markt schmälern, weil das Produkt vom Kunden in der Regel genau analysiert wird und die Vorteile müssen überwiegen und nicht der eigene Wunsch darf der Berater sein, weil das wie immer im Leben daneben liegen kann und dem Konkurrenten damit Marktanteile überläßt, die man eigentlich selbst haben will. Deshalb fahren wir doch schon seit Jahren auf der falschen Spur… Mehr

HansKarl70
2 Monate her

472,41 km/h macht natürlich Sinn, wenn man nur 130 km/h fahren darf, ohne mit einem Bein im Knast zu sein. Auch wenn es sich lediglich um ein Prestigeobjekt handelt, welches für den normalen Verkehr wenig bis gar keine Bedeutung hat.

Last edited 2 Monate her by HansKarl70
Greif
2 Monate her

Neugierig auf die „günstigen“ Preise des Seal 6 habe ich mir im Internetauftritt des Herstellers spontan diesen Traumwagen konfiguriert; allerdings mit der Feststellung, dass der hierzulande verlangte Preisunterschied keinen Betrag ergibt der mich veranlasste, eine Werksvertretung in Kauf zu nehmen, die gut 150 Km von meinem Wohnort entfernt liegt. Dem, der sich einen günstigen PHEV wünscht, kann ich als Geheimtipp den Mitsubishi Eclipse Cross empfehlen, der über eine 13,8 kWh starken Fahrbatterie verfügt, die einen rein elektrischen Fahrbetrieb von gut 40 km ermöglicht und in zwei Moden, „Save“ während der Fahrt von einem 2,4 l Vierzylinder Benzinmotor auf einem gewünschten… Mehr

WandererX
2 Monate her

So leicht kann man Europa nicht erobern, das zeigte sich schon bei den Japanern und Koreanern und letztlich davor auch den Amerikanern, bei welchen es seit 50 Jahren bergab geht. Das wird sich nicht ändern. Allerdings vernachlässigte VW inkl. Seat und Skoda lange Zeit sehr arrogant die Kleinwagen! Das ändert sich jetzt.

joly
2 Monate her
Antworten an  WandererX

Es gab so tolle Autos für ganz wenig Geld in den 70er und 80er Jahre. Da fällt mir spontan der Fiat X1/9 ein oder der VW Porsche. So was an das heutige DARF – KANN angepasst; natürlich mit Verbrenner mit Gasoption… Bingo! Ich wäre sofort dabei.

Greif
2 Monate her

BYD verlangt in China für vergleichbare Modelle keine Bezahlung in Euros sondern in chinesischer „Volkswährung“. So erklärt sich der Preisunterschied zu Europa nicht zuletzt aus einem manipulativ selbstbestimmt Wechselkurs der den wirklichen Wert der chinesischen Währung zum Euro repräsentiert. Aus dieser fortlaufenden Abstimmung des eigenen Wechselkurses zu denen der Kurkurrenten schafft es China seit Jahren jeden Mitwettbewerber preislich zu unterbieten. Das die heimischen Marken dabei so ruhig bleiben dürfte sicher mit an dem Umstand liegen, dass ihr Angebot ganz oder in wertigen Komponenten chinesische Erzeugnisse sind, die von diesem Wettbewerbsvorteil profitieren.

Andreas Stueve
2 Monate her

Schon interessant, sehr geehrter Herr Dr. Becker, wie Sie durch die Hintertür für E- Fahrzeuge werben. Das sei Ihnen unbenommen. In einem Land, in dem die sichere, grundlastfaehige Stromversorgung durch gewissenlose Politiker zerstört worden ist und bereits Blackouts in Planung sind, zeugt Ihr Beitrag von sehr großem Optimismus, um es höflich zu formulieren. Deutschland wird in naher Zukunft andere Sorgen als die Etablierung von E- Flitzern haben, nämlich die Folgen zu lindern, die umfassende Stromausfaelle verursachen werden. Berlin zeigt gerade, was dann alles NICHT mehr funktioniert. Ein einziger großer Ausfall kann das gesamte europäische Netz in den Abgrund reißen. Dann… Mehr

Egge940
2 Monate her
Antworten an  Andreas Stueve

Noch dramatischer wäre es auch nicht gegangen, oder? Selbst, wenn Stromausfälle kommen würden, wäre diese nur temporär (das zeigen Beispiele aus anderen Ländern). Zusätzlich können E-Autos dank ihres großen Speicher sowohl V2H als auch V2L eingesetzt werden und damit das Haus versorgen (geht jetzt schon) oder in Zukunft auch das Stromnetz stabilisieren.

Michael M.
2 Monate her
Antworten an  Egge940

Und wieder Weisheiten die offensichtlich 1:1 von der Homepage der gänzlich unausgebildeten Grünen stammen oder?!
Von Elektrotechnik scheint ihrereiner wenig bis keine Ahnung zu haben und jetzt noch einmal zum Mitschreiben, es geht nicht um die Stromversorgung der privaten Haushalte (die sind in der Gesamtschau gänzlich irrelevant), sondern einzig und allein um die Stromversorgung eines Industrielandes. Mit Autobatterien ist da nichts zu holen und zu glauben man könne damit das Stromnetz stabilisieren zeugt nur von einem, nämlich von Unwissenheit gepaart grenzenloser Ideologie.

Egge940
2 Monate her
Antworten an  Michael M.

Man könnte es. Rechnen Sie einfach mal die auf der Straße befindlichen Akkus und eine mögliche Einspeiseleistung von wenigen kW, da kommen Sie schnell auf hohe Summen. Es geht hier auch nicht um die Versorgung des ganzen Landes von mehreren Tagen, sondern lediglich um die Stabilisierung z.B. in den Abendstunden.

Peter Pascht
2 Monate her

Den Kampf ums E-Auto kann die deutsche Autoindustrie nicht gewinnen, sondern nur verlieren, weil es dabei auf hohes Können und Wissen nicht ankommt, sondern nur auf den billigsten Lohn, der sich im biiligsten Preis widerfindet. Dass es nur um einen ruinösen Preiskampf gehen kann, nicht um Können und Wissen ist offensichtlich. Das E-Auto ist im Vergleich zum Verbenner ein technisch und technologisch primitives Podukt, das kein hoch fortgeschrittenes Wissen und Können erfordert, wie der Verbrenner, daher auch in China, Indien, Südamerrika entwickelt und produziert werden kann, aber zu wesentlich niedrigeren Lohnkosten und Preisen. E-Autos ist als Lösung ein Hoax, ein… Mehr

Dr.KoVo
2 Monate her

Es ist ungeheuer wichtig, Autos zu bauen, die 450 km/h fahren. Besonders auf deutschen Autobahnen mit dem Schild „Straßenschäden“.

Stuttgarterin
2 Monate her

Die extrem niedrigen Leasing-Preise für ordentliche Stromer zwischen 99 und 120 Euro monatlich ohne Ein- und Ausstiegskosten (für zwei Jahre) zeigen, dass die Chinesen den deutschen Markt umkrempeln werden. Natürlich können auch Chinesen zu so einem Preis nicht nachhaltig wirtschaften. Sie werden auf den Verdrängungswettbewerb setzen und bis dahin diese Leasingraten subventionieren. So ähnlich lief es bei PV.

alter weisser Mann
2 Monate her

Die deutschen Automotives haben die Kunden am Heimatmarkt lange genug ausgenommen …. jetzt kommt der „Kapitalismus pur“ zu ihnen.

Lucius de Geer
2 Monate her
Antworten an  alter weisser Mann

Wirklich „ausgenommen“ wurden nur die Firmen, die sich bevorzugt deutsche Autos auf den Hof stellen. Privatleute kaufen schon seit 25 Jahren nur selten deutsche Neuwagen mit dem eigenen Geld – es gab und gibt ja jede Menge Alternativen aus Japan, Korea, Frankreich usw. Chinesische Verbrenner dürften sich demnächst dazugesellen – warum auch nicht? Ist ja kein singuläres High-Tech, auch wenn sich die Deutschen das immer wieder gern einreden (lassen).

Last edited 2 Monate her by Lucius de Geer
HansKarl70
2 Monate her
Antworten an  Lucius de Geer

Muss jeder selber wissen wieviel er für ein Fahrzeug bereit ist zu zahlen, nur um von A nach B zu kommen. Jeder hat halt andere finanzielle Möglichkeiten und auch Vorstellungen.