Die deutsche Autoindustrie kommt allmählich wieder in Fahrt. Die Elektromobilität beflügelt zwar den Markt, aber es zeigen sich auch immer deutlicher die Schwachstellen des Systemwechsels weg vom Verbrenner hin zur Elektromobilität.
Die Phase statistischer Verzerrungen in den relevanten Konjunkturdaten für die Automobilindustrie ist noch nicht vorbei – auch wenn sich die Corona-Lage in Deutschland und anderen großen Industrieländern mit zunehmenden Impffortschritten entspannt.
- Im Lagebericht April wurde an dieser Stelle bereits nachdrücklich darauf hingewiesen, dass das unregelmäßige Auf und Ab der Corona-Lockdowns alle Statistiken temporär verfälscht, je nachdem, ob im Vorjahr oder in 2021 die Autohäuser und Fabriken geöffnet oder geschlossen waren. Auch die April–Daten sind davon noch „infiziert“. Erst ab Mai ff. wird das echte Ausmaß der Konjunkturerholung sichtbar, in der sich die deutsche Autoindustrie nach dem historischen Einbruch im ersten Halbjahr 2020 befindet.
- Das raschen Vordingen der Elektromobilität beflügelt die Erholung, legt aber auch die von Experten seit langem befürchteten Schwachstellen des Systemwechsel weg vom Verbrenner hin zur Elektromobilität offen, als da sind
- erhebliche Engpässe in der Lade-Infrastruktur. Laut VDA Verbandspräsidenten Hildegard Müller müssten wöchentlich 2000 Ladepunkte eingerichtet werden, um mit der Expansion der E-Autos Schritt zu halten;
- hohe Arbeitsplatzverluste allein schon durch die Transformation der deutschen Automobilbranche hin zu E-Mobilität – die Folgen des neuen Klimaschutzgesetzes noch gar nicht eingerechnet. Elektromobilität vernichtet rd. ein Drittel der bisherigen „Verbrenner-Wertschöpfung“ in der Branche. Eine nur wenige Wochen alte Studie des ifo Instituts im Auftrag des Automobilverbandes VDA kommt zu dem Ergebnis, dass bereits bis zum Jahr 2025 sind mindestens 178.000 Beschäftigte verloren gehen, bis 2030 mindestens 215.000 Arbeitsplätze.
- Der Nettoproduktionsindex für die Automobilindustrie lässt erste Anzeichen für das Auseinanderklaffen zwischen produzierten Stückzahlen (zählweise VDA, Pressemitteilung) und (Nettowertschöpfung-) Produktionsindex in der Automobilindustrie (Statistisches Bundesamt) erkennen.
Automobilindustrie im April weiter auf Aufholkurs
Obwohl die deutsche Wirtschaft in großen Teilen auch noch im April 2021 durch die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung empfindlich gestört war, setzte sich der Erholungstrend fort. In der Autoindustrie zeigte sich im einzelnen folgendes Bild:
Markt im Aufwärtstrend
- Im April wurden in Deutschland 229.600 Pkw neu zugelassen. Trotz der bekannten Lockdown Behinderungen wurde das Volumen des Vorjahresmonats, das im Zuge der Corona-Maßnahmen außerordentlich niedrig war, um 90 Prozent übertroffen. Allerdings: Das Vorkrisenniveau ist damit noch nicht wieder erreicht, die aktuellen April-Zulassungen liegen noch um 26 Prozent unter der dem Volumen vom April 2019. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres wurden 886.100 Pkw neu zugelassen. Damit wurde der Vorjahreswert um 8 Prozent überschritten.
- Die aktuelle Markterholung wird zunehmend wieder von der gewerblichen Nachfrage getragen – das lässt hoffen. Die gewerblichen Zulassungen (65,7 vH) stiegen gegenüber dem Vergleichsmonat um +115,0 Prozent, die der Privaten (34,3 vH) um +55,5 Prozent.
- Alle deutschen Marken konnten in der Neuzulassungsstatistik Zuwächse verzeichnen, die – je nach Vorjahresbasis – bei Opel (+174,6 Prozent), Mercedes (+158,5 Prozent) und VW (+108,4 Prozent) sogar dreistellig ausfielen.
- Allein rd. 40 vH (38,7 vH) des gesamten deutschen Marktes entfielen dabei auf den VW-Konzern und seine Marken, darunter auf die Marke VW (19,6 vH). In den vom KBA ausgewiesenen 13 Fahrzeugsegmenten/-klassen stehen allein 8 Marken des Konzerns jeweils an erster Stelle der meistverkauften Fahrzeuge.
- Bei den Importmarken gab es ebenfalls hohe Zuwachsraten zum Vorjahr bis zu + 147,2 Prozent bei Mazda. Eine Ausnahme bildete Tesla mit -23,8 Prozent. Mit einem Neuzulassungsanteil von 5,9 Prozent war Skoda (+88,4 vH) erneut die anteilsstärkste Importmarke.
- Bereits ein Viertel der Neuzulassungen ( 24,4 vH) waren den SUVs zuzuordnen (+128,5 Prozent). Die Kompaktklasse erreichte nach einer Steigerung um +68,2 Prozent einen Anteil von 17,8 vH und war damit das zweitstärkste Segment vor den Kleinwagen (14,2 vH, +93,2 Prozent).
- Der Höhenflug des Marktes für Elektroautos hält weiter an. Mit 23.816 neu zugelassenen Batterie-Elektro-Pkw (BEV) erreichte diese Antriebsart eine deutliche Steigerung von +413,8 Prozent und einen Marktanteil von 10,4 vH. Wiederum wurden mit 26.988 Einheiten (11,8 vH, +380,4 Prozent) mehr Plug-in-Hybride (PHEV) zugelassen als Batterie-E-Autos. Insgesamt wurden 64.094 Hybrid-Pkw (27,9 vH, +286,7 Prozent), zugelassen.
- Die Neuzulassungen von Pkw mit Benzinmotoren (90.072) nahmen um +49,4 Prozent zu, so dass ihr Anteil bei 39,2 vH lag. Der Anteil der Diesel-Pkw war mit 50.195 (+29,2 Prozent) weiter rückläufig und sank auf +29,2 vH
Kräftiger Anstieg der Pkw-Nachfrage
Der erwartete Boom der Autobranche nimmt Formen an. Darauf deuten nicht nur Höchstwerte und positive Firmenmeldungen bei den Quartalsergebnissen aller deutscher Hersteller hin, sehr positiv entwickelten sich auch die neuen Aufträge. Aus dem Inland lagen sie im April um 166 Prozent höher (per April: + 10 Prozent), aus dem Ausland um 94 Prozent (per April: + 34 Prozent) höher als vor einem Jahr.
Produktion und Export durch Chip-Engpässe behindert
Nachdem im April 2020 die Pkw-Produktion in Deutschland zum Erliegen gekommen war (-97 Prozent), wurden im abgelaufenen Monat 316.200 Pkw gefertigt (+2701 Prozent). Damit lag das Produktionsvolumen im April 2021 aber immer noch um rd. 22 Prozent unter dem Niveau vom April 2019. In den ersten vier Monaten liefen Deutschland knapp 1,3 Mio. neue Automobile vom Band (+22 Prozent). Weiterhin bleiben Lieferengpässe bei Halbleitern ein Hindernis für einen stärkeren Hochlauf der Produktion.
Im amtlichen Index der Nettoproduktion für die Autoindustrie kommt selbst der gedämpfte Produktionsanstieg kaum zum Ausdruck, da zunehmend mehr Elektroautos gebaut werden und die Produktion von Verbrenner-Motoren entfällt.
Das gilt aber nur für Deutschland. In China boomt der deutsche Verbrenner. Die Automobilmesse Auto Shanghai zeigte jüngst die Zukunft der New Energy Vehicles. Von den deutschen Fabrikaten wurden in China im ersten Quartal allerdings fast ausschließlich Versionen mit Benzinmotoren gekauft. „Die Autos summen …nicht. Sie brummen. Schätzungsweise 99 Prozent der in China verkauften Neufahrzeuge deutscher Premiummarken und des Volumenherstellers VW werden von einem Acht-, Sechs- oder Vierzylinder angetrieben“ (Helmut Kluger, Automobilwoche).
Auch der Export stieg im April: Es wurden 252.000 Pkw (+1011 Prozent) ins Ausland abgesetzt. Im bisherigen Jahresverlauf wurden 968.500 Pkw (+21 Prozent) an Kunden aus aller Welt ausgeliefert.
Ausblick
Nach dem bisherigen Jahresverlauf und angesichts der aktuellen Lieferengpässe hat der VDA seine Prognose angepasst: Er rechnet für das Gesamtjahr nun mit einem Anstieg der Pkw-Produktion von 13 Prozent auf 4 Mio. Einheiten. Bislang war der Verband von einem Plus von 20 Prozent auf 4,2 Mio. produzierte Pkw für das Gesamtjahr 2021 ausgegangen.
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In normalen Zeiten wurden in Deutschland 4 Millionen Neuwagen zugelassen, und kam es weiterhin zu 8 Millionen Besitzumschreibungen. Wenn man bis April von 886.100 Neuzulassungen, und damit von einer Erholung spricht, dann ist das die Schönfärberei des Niedergangs. Der E-Mobilitätsschwachsinn findet auch nur statt, um imaginäre Emissionswerte von 95 Gramm CO2/km zu erreichen. Statt die Leute mit diesen Fahrzeugen zu nerven, und uns insgesamt noch mehr Einschränkungen aufzuerlegen, sollte man das Pariser Abkommen kündigen.
Der Diesel ist tot. Das war schon seit dem Diesel-Gate Skandal von VW seit Jahren bekannt. Die Amis wollten ihn sowieso eigentlich nur in Nutzfahrzeugen und der Rest der Welt mit Ausnahme von ein paar europäischen Nachbarn interessiert sich auch nicht dafür. Der Absatzmarkt weltweit schrumpft rapide. Und ob man es will oder nicht, auch alle anderen Länder weltweit ziehen die Daumenschrauben an was Emissionswerte angeht. Es ist nur eine Frage der Zeit bis auch der Otto-Motor nur mit Hilfe von Hybrid so sauber bewegt werden kann dass man die Testzyklen damit schafft. Und damit wird das System derart teuer,… Mehr
Die Frage ist doch: wie lange können die Hersteller noch liefern?
Aktuell gibt es Lieferschwierigkeiten bei den Chips. VW, Audi, BMW… alle machen Kurzarbeit, weil die Teile fehlen. Glaubt man, das löst sich alles wieder von heute auf morgen auf? Und dann rennen die Leute bei steigenden Preisen zum Autohaus um sich einen Neuwagen zu kaufen? Jetzt, wo kaum jemand weiß, wie es nächstes Jahr weitergeht?
Also ich glaube da nicht dran und ich gehe davon aus, dass die aufgeführten Zahlen nicht die Realität widerspiegeln.
Interessant wird es betreffs der E-Autos doch erst, wenn das Reisen infolge Öffnung der Gastronomie und des Hotel- und Beherbergungsgewerbes wieder weitestgehend frei erfolgen kann. Dann stehen plötzlich die E- Autofahrer nicht nur vor einer mangelhaften Ladeinfrastruktur, merken plötzlich wie gering die Reichweite tatsächlich ist, wie lange das Laden dauert und nicht zuletzt, ganz entscheidend, vor welchem Dschungel sie an Bezahltarifen – und Methoden ( siehe Artikel hierzu in der aktuellen AutoBild) stehen. Ob die Freude über das neue E-Auto dann noch anhält?
Für ein modernes E-Auto mit etwa 75kwh Akku und ca. 17kwh/100km benötigen sie bei einer Fahrt von Lübeck nach München 3 Ladestops. Dort wird auch nicht vollgeladen, weil das zu zeitintensiv ist, sondern man fährt weiter wenn man bei ca. 65-75% angekommen ist. Die Gesamtladezeit liegt in etwa bei 45Minuten für diese Tour bei ca. 6 Stunden Fahrtzeit. Völlig vertretbar, zumal man keinen Kundentermin hat sondern Urlaub macht. Naja, Tarifdschungel ist relativ. Es reicht bei Tesla aus gar keine Karte zu haben weil deutschlandweit das Supercharger/Destination Charger Netz dicht genug ist, und für alle anderen reicht eigentlich die ENBW Karte.… Mehr
Schlimm wird es, wenn alle deutschen Hersteller jetzt aufhören, den Verbrenner weiter zu entwickeln. Dann sind deutsche Modelle in ein paar Jahren total veraltet. Stört wohl keinen. Mich schon.
Dann frage ich mal konkret, was soll denn dort noch weiterentwickelt werden? Und die anschließende Frage: Welche großen Absatzmärkte sehen sie denn noch?
Aufschlussreich dürfte es sein, sich einfach einmal auf die Webauftritte der einschlägigen Hersteller zu begeben und dann zu versuchen, sich ein Auto zu konfigurieren, dass den eigenen Erwartungen entspricht. Seien wir dabei halbwegs realistisch insofern, dass wir keine völlig extravaganten Wunsch haben, also eine S-Klasse mit Pinkmetallic-Lackierung und Zweitakt-Hybrid. In meinem Fall bedeutete das, dass ein Pkw der Mittelklasse, deutsches Fabrikat (Importwagen fahre ich nicht) ausreichend motorisiert sein muss (200 PS +/-) einen Dieselmotor haben muss angesichts der sich bis 2025 fast verdoppelnden Literpreise und ein Schaltgetriebe, da ich Automatik hasse. 2018/2019 hatte ich damit kein Problem, mein Wunschwagen wäre… Mehr
Sehe ich genauso wie sie! Fahre einen Seat Leon Kombi BJ 2016, 2.0 TDI 184 PS,der Motor ist ein Träumchen. Verbrauch auf dem Arbeitsweg, 30 Km flach, kaum Ampeln, 4,5 Liter, selbst nach Südtirol, mit vollem Skigepäck ist es fast unmöglich den Verbrauch über 6 Liter zu kriegen. Hätte ich jetzt noch einen 70 Liter Tank, anstatt 50, wäre das Auto nahezu perfekt. Die Automatikvariante meines Nachbarn braucht übrigens 1-1,5 Liter mehr.
Wenn man wirklich zwei identische Fahrzeuge nimmt, zum Beispiel den Hyundai Kona Diesel und den vollelektrischen Kona mit dem großem Akku, dann ist der Diesel, trotz aller Kaufprämien, 12.000,-Euro günstiger. Versicherung und Steuer macht den Diesel ca. 400,-Euro teurer im Jahr. Das macht aber nichts, denn das Elektrofahrzeug braucht die Wallbox, die mit 2.500,-EuroAnschaffungskosten zu Buche schlägt. Wartungskosten, hier liegt der Diesel eindeutig vorn, und muss nur alle 2 Jahre zur Wartung, während der E-Kona alle 12 Monate in die Werkstat muss. Pro Jahr macht das einen Vorteil von ca. 80,-Euro für den Diesel aus. Bei Strom- und Dieselkosten schneidet… Mehr