Widersprüchliche Signale vom US-Arbeitsmarktbericht

Die US-Wirtschaft hat im Juli deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Die Arbeitslosigkeit ist damit wieder auf das Niveau von vor der Corona-Pandemie gefallen. Viele Unternehmen klagen derweil über Arbeitskräftemangel.

Außerhalb der Landwirtschaft seien 528.000 Stellen hinzugekommen, teilte das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mit. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit 250.000 neuen Stellen gerechnet. Die Arbeitslosigkeit ist im Juli damit wieder auf das Niveau gefallen, das vor der Corona-Pandemie bestand. Die Arbeitslosenquote ging von 3,6 auf 3,5 Prozent zurück. Nach Angaben des Ministeriums hatten etwa 5,7 Millionen Menschen keinen Job. Beide Werte entsprächen dem Vor-Corona-Niveau vom Februar 2020. Viele Unternehmen klagen derweil über den Arbeitskräftemangel.

Der überraschend starke US-Arbeitsmarktbericht belastete die Wall Street allerdings nur kurzzeitig. Nach anfänglich deutlicheren Verlusten erholten sich die wichtigsten Indizes rasch. Der Dow Jones Industrial drehte sogar in die Gewinnzone und schloss 0,2 Prozent höher bei 32.803 Punkten. Nach dem stärksten Juli seit zwölf Jahren, in dem der bekannteste Wall-Street-Index um fast sieben Prozent gestiegen war, zeigte er sich in der ersten Augustwoche damit stabil.

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Die Anleger fürchteten zunächst angesichts der überraschend guten Arbeitsmarktdaten weitere aggressive Zinsschritte der Notenbank Fed, zumal sich der Lohnanstieg im Monat Juli nicht wie erhofft verlangsamt hat. Andererseits nährten die Daten die Hoffnung, dass die weltgrößte Volkswirtschaft auch in den kommenden Monaten nicht in eine Rezession abgleitet.

Der marktbreite S&P 500 gab am Freitag um 0,2 Prozent auf 4.145 Zähler nach. Der NASDAQ 100 sank um 0,8 Prozent auf 13.208 Zähler. Er hatte im Juli allerdings um 13 Prozent zugelegt und baute seine Gewinne in der ersten Augustwoche per Saldo um zwei Prozent aus.
Bankaktien waren nach dem Arbeitsmarktbericht und den damit einhergehenden Erwartungen weiterer deutlicher Zinsschritte durch die Fed besonders gefragt. JPMorgan gewannen drei und Bank of America gut eineinhalb Prozent. Die Anteile von Goldman Sachs und Morgan Stanley legten jeweils um knapp ein Prozent zu.

Die Anteile von Lyft schossen um mehr als 16 Prozent nach oben. Der Fahrdienstvermittler übertraf mit einem rekordhohen bereinigten operativen Quartalsergebnis die Erwartungen. In den Blick rückte zudem ein Übernahmevorhaben: Der weltgrößte Onlinehändler Amazon will den Saug- und Waschroboter-Hersteller iRobot für insgesamt rund 1,7 Milliarden US-Dollar in bar inklusive Schulden schlucken. Damit wird iRobot mit 61 Dollar je Aktie bewertet. Die iRobot-Aktien sprangen daraufhin um 19 Prozent an, während die von Amazon um gut ein Prozent nachgaben.

Der robuste US-Arbeitsmarktbericht hatte zuvor auch an der deutschen Börse die Zinssorgen wieder aufleben lassen und die Kurse belastet. Der Leitindex Dax gab um 0,7 Prozent auf 13.574 Punkte nach. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen fiel um 1,4 Prozent auf 27.773 Punkte.

Für die erste Augustwoche steht für den Dax aber dennoch ein Plus von 0,7 Prozent zu Buche. Am Vortag war der Index auf den höchsten Stand seit fast zwei Monaten geklettert. Vom jüngsten Tief von Anfang Juli bei knapp 12.400 Zählern hat sich das Kursbarometer deutlich erholt.

Überaus gut kamen die Quartalszahlen der Deutschen Post an. Der Logistikkonzern hatte im zweiten Quartal Umsatz und Ergebnis prozentual zweistellig gesteigert. Die Aktie setzte sich mit plus 4,6 Prozent klar an die Dax-Spitze. Zu den größten Verlierern im Dax gesellten sich die Papiere der Allianz mit minus 1,6 Prozent. Hier lag der Überschuss mit 1,7 Milliarden Euro fast ein Viertel niedriger als ein Jahr zuvor. Analysten monierten eine schwache Schaden-Kosten-Quote des Versicherers. Die Aktien des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Bayer weiteten nach den schwachen Quartalszahlen vom Vortag die Verluste aus, sie sackten um rund sieben Prozent ab und waren damit das Schlusslicht im Leitindex.

Größter Verlierer im MDAX waren die Anteilsscheine von Rheinmetall mit einem Minus von knapp zwölf Prozent. Hier belastete ein vorsichtigerer Ausblick auf den Auftragseingang der Rüstungssparte.

Der Euro geriet nach den Arbeitsmarktdaten unter Druck und wurde zum Börsenschluss an der Wall Street mit 1,0178 Dollar gehandelt.

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Kommentare ( 3 )

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alter weisser Mann
1 Jahr her

Etwaigen Arbeitskräftemangel können die USA deutlich besser als wir durch Einwanderung abstellen, dort wollen Unqualifizierte und Qualifizierte hin, der Aufnahmestaat wählt aus wen er will und arbeiten müssen/wollen die dort für ihren Lebensunterhalt auch. Weil es sich lohnt und mangels dichtem sozialen Netz.

Last edited 1 Jahr her by alter weisser Mann
Exilant99
1 Jahr her

Die USA befinden sich in Wahrheit in einer Rezession. Die Definition von Rezession wurde von der Biden Administration geändert. Der Wikipedia Artikel zu „Recession“ wurde übrigens über 30 Mal geändert in der vergangenen Woche.
Na ja, man will eben nicht das böse Wort in den Mund nehmen, auch wenn es der US Wirtschaft nicht so gut geht.

Ticinese
1 Jahr her

Zu den Aufgaben des FED gehört Geldwertstabilität und niedrige Arbeitslosigkeit (die EZB ist lediglich der Geldwertstabilität verpflichtet). Da zurzeit die Inflation hoch und die Arbeitslosigkeit nieder ist, kann mit weiteren Zinsanhebungen gerechnet werden.
FED-Chairman Paul Volcker hob Anfang der 1980er-Jahre den Leitzins bis auf 20 Prozent an. Damit wäre allerding bei der heutigen globalen Schuldenpolitik die halbe Welt pleite.