Robuste Kurse werden für Börsengänge genutzt

So viele Unternehmen wie schon lange nicht mehr sind 2021 bislang an die Börse gegangen. Im ersten Halbjahr wagten bereits 14 Unternehmen den Sprung auf das Frankfurter Parkett, wie die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) vergangene Woche mitteilte. Gesamtvolumen aller IPOs (Initial Public Offering): mehr als 8,8 Milliarden Euro.

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Zahlen, Zahlen und nochmals Zahlen — an frischem Futter für Numbercruncher mangelt es gerade wirklich nicht. Futter gibt es dabei auch für Bären, aber deutlich mehr für die Bullen: Die Inflation in den USA ist im Juni deutlich höher ausgefallen, als die meisten Beobachter erwartet hatten. Das erhöht prinzipiell den Druck auf die Fed, womöglich doch früher an der Zinsschraube zu drehen, als vielen Börsianern lieb sein dürfte. Notenbankpräsident Jerome Powell bestätigte aber vor dem US-Repräsentantenhaus seine ultralockere Geldpolitik, die Bullen atmeten auf. Der Auftakt zur aktuellen Bilanzsaison verlief ebenfalls vielversprechend. Die Ergebnisse des US-Getränkekonzerns Pepsi und mancher US-Banken lassen weitere gute Nachrichten erwarten. „Am Ende des Tages sind es Gewinne, Gewinne, Gewinne, die die Kurse treiben“, fasste es ein Wall-Street-Händler treffend zusammen: Die großen US-Indizes Dow, S & P 500 und Nasdaq markierten soeben allesamt neue Rekorde, auch der DAX marschierte auf ein neues Allzeithoch. Und trotz der Saisonalität deuten technische Signale keinesfalls auf eine bald bevorstehende Korrektur.

Am Freitag gaben die US-Börsen aber erst einmal nach. Ein Grund dafür dürfte wohl gewesen sein, dass sich das Konsumklima im Juli überraschend eintrübte. Das Rekordhoch des Dow Jones Industrial aus dem Monat Mai bei knapp 35.092 Punkten bleibt dennoch in Reichweite. Bis Handelsschluss sank der Dow Jones um 0,9 Prozent auf 34.688 Punkte, womit im Wochenverlauf aktuell ein Minus von 0,5 Prozent zu Buche steht. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 0,7 Prozent auf 4.327 Punkte abwärts. Der technologielastige NASDAQ 100 gab 0,8 Prozent ab auf 14.681 Zähler. Beide hatten zuletzt in dieser Woche Bestmarken erklommen.
Analysten beurteilen den generellen Aufwärtstrend an den Märkten trotz der aktuellen Verluste immer noch als intakt. Denn die Furcht vor einer schärferen Geldpolitik in den USA angesichts der dort zuletzt deutlich gestiegenen Inflation habe spürbar nachgelassen. Dafür sorgte einmal mehr der US-Notenbankvorsitzende Jerome Powell, der am Mittwoch betontec, dass der starke Anstieg der Verbraucherpreise aus Sicht der Fed nur vorübergehender Natur sei.

Mit etwas Sorge wurden indes die Daten der Universität Michigan von den Anlegern aufgenommen. Die Verbraucherstimmung fiel im Monatsvergleich, während Analysten im Mittel mit einem Anstieg gerechnet hatten.

Unter den Einzelwerten rückte am Freitag der Chipriese Intel in den Fokus, denn er steht womöglich vor der größten Übernahme seiner Geschichte: Laut dem „Wall Street Journal“ wird derzeit den Kauf des Halbleiterherstellers Global Foundries ausgelotet. Die Aktie gab nach anfänglichen Gewinnen um 1,5 Prozent nach.

Die Papiere des Corona-Impfstoffproduzenten Moderna schnellten um 10,3 Prozent nach oben und waren damit Spitzenwert im Nasdaq 100. Sie ersetzen ab dem 21. Juli im S&P 500 die Anteilsscheine des Biotechunternehmens Alexion Pharmaceuticals, das vor der Übernahme durch den Konzern AstraZeneca steht.

Biontech gewannen 4,7 Prozent und Pfizer 0,7 Prozent. Das Mainzer Unternehmen und sein US-Partner könnten Anfang 2022 in den USA eine reguläre Genehmigung für ihren bislang nur per Notfallzulassung genehmigten Corona-Impfstoff erhalten. Dem Vakzin wurde durch die Gesundheitsbehörde FDA ein beschleunigtes Verfahren (Priority Review) für eine reguläre Zulassung erteilt.

Der Dax hatte zuvor mehr oder weniger auf der Stelle getreten. Er bewegte sich im engen Rahmen um das gedrückte Niveau vom Donnerstag, allerdings zuletzt mit einem hauchdünnen Minus. Am Nachmittag gab der deutsche Leitindex um 0,04 Prozent auf 15.624 Punkte nach. Er blieb damit etwas auf Abstand zu seinem jüngsten Rekordniveau über 15.800 Zählern. Sein Wochenminus beträgt 0,4 Prozent.

Besonders stark bewegt waren Aktien von Jenoptik. Der Kurs zog um 11,2 Prozent an und erreichte ein Hoch seit Ende April. Nach einem starken zweiten Quartal wurden die Ziele für den Umsatz und die operative Marge angehoben. Dies hellte laut Analyst Malte Schaumann von Warburg Research die zuletzt gedämpfte Anlegerstimmung wieder auf. Händler sahen auch ein deutlich verbessertes Chartbild.

Ansonsten waren es vor allem Analystenkommentare, die größere Kursbewegungen verursachten. Die Aktien von Evotec rutschten am MDAX-Ende um 5,8 Prozent ab, nachdem das Analysehaus Stifel seine Kaufempfehlung aufgab. Besser schlugen sich unter den Nebenwerten die Aktien von Dürr und Deutsche Euroshop nach Hochstufungen auf „Buy“ durch die Baader Bank beziehungsweise die britische Bank HSBC. Sie zogen um 2,6 und 3,4 Prozent an und waren so im MDAX und SDAX vorne dabei.

Dass der Marlboro-Hersteller Philip Morris für gut eine Milliarde Pfund das britische Pharmaunternehmen Vectura kaufen will, ist nur eine von einer ganzen Reihe von Fusionsmeldungen in diesem Jahr. Der M & A-Markt boomt. Dies zeigt auch die Zahl der Deals im zweiten Quartal 2021, die einen historischen Höchststand im weltweiten Fusions- und Übernahmemarkt bezeugt: Mit insgesamt 278 Abschlüssen wurde der bisherige Rekord für ein zweites Quartal aus dem Jahr 2015 laut Willis Towers Watson Quarterly Performance Deal Monitor um mehr als 30 übertroffen. „Dieser beispiellose Anstieg der Transaktionen folgt einer robusten Erholung des wirtschaftlichen Vertrauens: Unternehmen fokussieren sich nun wieder darauf, sich angesichts einer Post-Covid-Welt und eines umfassenden technologischen Wandels neu auszurichten“, sagt Martin Theo Carbon, Koordinator der M & A-Aktivitäten bei Willis Towers Watson Deutschland. Auch in Deutschland nehmen die Übernahme-Aktivitäten stark zu. „Angetrieben von hohen Cash-Beständen stehen viele Unternehmen unter dem Druck, sich als Reaktion auf die Pandemie neu zu organisieren“, erläutert Carbon.

So viele Unternehmen wie schon lange nicht mehr sind 2021 bislang an die Börse gegangen. Im ersten Halbjahr wagten bereits 14 Unternehmen den Sprung auf das Frankfurter Parkett, wie die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) vergangene Woche mitteilte. Gesamtvolumen aller IPOs (Initial Public Offering): mehr als 8,8 Milliarden Euro. „Seit dem Boomjahr 2000 wurde in keinem Halbjahr ein solch hohes Emissionsvolumen erreicht wie in der ersten Jahreshälfte 2021“, bilanzierte PwC. Ein wichtiger Grund für den Aufschwung: „Wegen der Corona-Pandemie hatten zahlreiche Börsen-aspiranten ihre IPO-Pläne im vergangenen Jahr auf Eis gelegt“, erklärt PwC-Partnerin Nadja Picard. Weitere Börsenaspiranten wie der Online–Optiker Mister Spex sowie der Wind- und Solarparkbetreiber Blue Elephant Energy stehen bereits in den Startlöchern. Mindestens zehn weitere Unternehmen arbeiten nach PwC-Angaben daran, ein Listing noch in diesem Jahr umzusetzen. Somit sei zu erwarten, dass im Gesamtjahr die Werte des Rekordjahrs 2018 noch übertroffen werden. Seinerzeit hatte es in Frankfurt 18 Börsengänge mit einem Gesamtvolumen von 11,35 Milliarden Euro gegeben.

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Kommentare ( 2 )

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Felicitas21
2 Jahre her

Heute, Montag, schmierte der Dax aber erst mal kräftig ab und fuhr den grössten Tagesverlust ein.
Dito die Wallstreet ging abwärts. Leider habe ich meine Aktien von Moderna, günstig im März 2020 gekauft, dieses Jahr zu früh wieder hergegeben. Denn die steigen immer noch weiter.

Iso
2 Jahre her
Antworten an  Felicitas21

Das ist alles nur Sommertheater. Es geht weiter rauf. Und ob Delta oder Omega gespielt werden, die großen Konjunkturprogramme kommen erst noch. Da ist noch sehr viel Geld in der Pipeline. Mit dem Thema ist man hier aber relativ unter sich.