Die Botschaft der Slogans

Im sogenannten „Kampf gegen Rechts“ fanden in den letzten Wochen deutschlandweit Hunderte von Demonstrationen statt. Die Botschaft dieser Anti-Rechts-Demos verdichtet sich sprachlich in den Slogans der Protestplakate und Sprechchöre. Eine linguistische Analyse.

IMAGO

Ein Slogan ist ein kurzer, einprägsamer Spruch, der in die Breite wirken soll; für Diskutieren und Argumentieren bietet er keinen Platz. Die meisten Slogans auf den Anti-Rechts-Demos entsprechen drei einfachen Aussagemustern, nämlich:

1) Für X
2) Gegen Y
3) X statt Y

Wobei X positiv bewertete Begriffe bezeichnet und Y negative: „Für Demokratie“, „Gegen Rechts“, „bunt statt braun“. Die Grundaussage wird gerne verstärkt durch einen Appell an das Gemeinschaftsgefühl: „Wir sind Vielfalt“, „Einigkeit gegen Rechts“, „Gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte“.

Die häufigsten positiven Begriffe sind (in alphabetischer Folge): Demokratie/Demokraten, Menschenrechte, Vielfalt (Diversität) und Weltoffenheit.

Die Negativliste ist umfangreicher: Sie wird angeführt (nicht nur alphabetisch) von der AfD: „EkelhAfD“, „Stoppt die AfD“, „AfD Nee“ „Ganz München hasst die AfD“. Es folgen: antimuslimisch, Antisemitismus/antisemitisch, Ausgrenzung, Demokratiefeinde, Diskriminierung, Faschismus/Faschisten, Fremdenfeindlichkeit, Hass, Hetze, Nazi(s), Populismus/Populisten, Rassismus/Rassisten, Rechts(extreme/extremismus/extremisten).

Die positiven bzw. negativen Begriffe treten auch kumuliert auf: „Für Demokratie und Vielfalt“ (X + X), „Nazis und Populisten sind keine Alternative“ (Y + Y), „Gegen Rassismus, Antisemitismus und Hetze“ (Y + Y + Y): mehr als drei Begriffe sind aber auf den Plakaten unüblich.

Inhaltlich bieten die Slogans nichts Neues: Die verwendeten Schlüsselbegriffe dienen seit langem als „Fahnenwörter“ im politischen Sprachgebrauch und werden kontrovers diskutiert: Was konkret unter „Demokratie“, „Rechts“, „Faschismus“ usw. zu verstehen ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Für den Slogan zählt allerdings nur das Wortimage, sozusagen sein Markenwert: Dass ein Wort wie „Demokratie“ positiv bewertet wird, hingegen „Rassismus“ negativ, ist unstrittig und genügt, Anhänger bzw. Gegner zu mobilisieren. Es fällt allerdings auf, dass auf den Demos ein urdemokratisches Fahnenwort fehlt: „Freiheit“. Zumindest die Meinungsfreiheit scheint für die Anti-Rechts-Bewegung kein hohes Gut zu sein, sonst würde sie Slogans wie „AfD verbieten“, also rund einem Fünftel der Wählerschaft das Wahlrecht zu beschneiden, nicht verwenden.

Bei den Demos geht es in erster Linie gegen eine politische Richtung, nicht für eine: Es geht gegen Rechts, gegen die AfD, aber nicht ausdrücklich für Links oder die Regierungspolitik. Das mag taktische Gründe haben (man will ein möglichst „breites Bündnis“), macht aber diese Anti-Rechts- bzw. Anti-AfD-Kampagne auf längere Sicht kraft- und fruchtlos. Wenn der Feind – wie die Demos verkünden – „rechts“ steht und in „Geheimtreffen“ die Grundlagen der Republik in Frage stellt, dann muss dem Volk eine Alternative genannt werden. Offensichtlich sind für die Demonstranten die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP keine Alternative, ebenso wenig die Oppositionsparteien CDU/CSU, Linke und – neuerdings – BSW. Aber was sonst?

„Der Feind steht rechts“, war bei den Reichstagswahlen 1924 der (in deutscher Schrift geschriebene) Slogan eines SPD-Wahlplakates, auf dem ein Spielzeugsoldat in brauner Uniform mit Hakenkreuzbinde abgebildet ist, der „Hurrah“ schreit und in der linken Hand einen Schlagstock hält. Unter dem Slogan stand auch die politische Folgerung: „Wählt Sozialdemokraten“. Die SPD wurde bei den Wahlen (7. Dezember 1924) mit 26 Prozent stärkste Partei.

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Kommentare ( 22 )

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Diogenes
2 Monate her

Es ist komplentär sehr genau zu den Verhältnissen vor 100 Jahren. Die Weimarer Republik kann in drei Phasen unterteilt werden: die Krisenjahre, die Jahre der Gehirnwäsche und Gleichschaltung und die Jahres des Niedergangs und der Auflösung. Damals wurde die aufgekeimte junge Demokratie mit Füßen getreten und durch eine Oligarchie, darauf folgend Autokratie, ersetzt. Die Menschen waren einfach noch nicht reif für eine echte Demokratie (heute wissen sie nicht einmal mehr, was das war oder sein sollte). Die jetzt erlebte Machtübernahme („Transformation“), geschieht nicht durch einen Autokraten und einen provozierten Weltenbrand, auch nicht mit physischen Waffen, sondern subtil durch kollektive Auslöschung… Mehr

Berlindiesel
2 Monate her

Eine der größten Schismen in Deutschland existiert rund um Begriff „Demokratie“. Er ist auf den linken Demos der letzten Wochen ja das (positivistische) Schlüsselwort, so wie sich das Kartell aus CDU/CSU, Grünen, SPD, FDP, Linkspartei (und vermutlich auch BSW) als die „demokratischen“ Parteien bezeichnen – ohne, wie der Autor richtig bemerkt, klar wäre, was denn genau mit Demokratie gemeint ist. Und warum, so die politisch korrekte Meinung, AfD und Werteunion „Feinde der Demokratie“ seien. Der Grund dafür ist, dass Rechte und Nationalkonservative Demokratie in erster Linie als ein kodifiziertes Verfahren zur Ermittlung einer Regierung auf Zeit, bei gleichzeitigem Schutz der… Mehr

eschenbach
2 Monate her

Es kann sein, dass 1 Million Einwohner dieses Landes gegen die AfD demonstrieren. 82 Millionen allerdings nicht. These: Wer da randaliert, gehört wahrscheinlich zum staatlich gepäppelten Teil der „Zivilgesellschaft“.

Haba Orwell
2 Monate her

> Aber was sonst?

Möglicherweise wird aus dem System nie mehr was – gerade wird viel über das Buch „Die Niederlage des Westens“ von Emmanuel Todd diskutiert, laut dem aus der ganzen Zivilisation nichts mehr wird. Was für Glück, dass Deutschland mit einem Bein in Osteuropa (ab der Elbe) steht.

BK
2 Monate her

Wie sagte schon ein kanadischer Philosoph und Medienwissenschaftler: „Moralische Empörung ist die Strategie von Idioten, sich selbst Würde zu verleihen.“
Das Zitat stammt von Herbert Marshall McLuhan
Außerdem ist nicht jeder automatisch rechts, der nicht links ist.

Haeretiker
2 Monate her

Die inszenierten und hysterischen Aufmärsche repräsentieren eine Gesellschaft der man zurufen kann:
Ihr flieht die Stille? Ihr fürchtet das Alleinsein?
Ihr habt Angst vor der Freiheit!

Reimund Gretz
2 Monate her

„Auf ins Zusammenland!“
Deutsche Medien vereinen sich gegen die @AFD und andere Parteineugründungen!
Die deutschen Bekenntnismedien trommeln das Volk zusammen und entfernen sich von ihrem journalistischen Auftrag!
Der „Kampf gegen rechts“ wird wie ein riesengroßer Teppich ausgebreitet, unter den man alle realen Probleme kehren kann!

rainer erich
2 Monate her

Das Bild genuegt. Da stehen ein paar, nicht zufaellig überwiegend weibliche, formal erwachsene Kinder zusammen und pflegen ihre naive Pippi – Homoeostase. Mit kognitiven Prozessen hat das wenig bis nichts zu tun. Eher schon mit einem Event. Und natuerlich auch mit der Alimentation. Schopenhauer, ich muss ihn nennen, auch weil ich ihn schaetze, haette seine helle Freude am Beweis seiner Beschreibung des weiblichen Geschlechtes. Die „Sprache“ passt perfekt. Sie ist nicht nur einfach, sondern begrifflich triggern. „Bunt“ ist was fuer Pippi. Komplexitaeten, eine Sache fuer den praefrontalen Cortex, sind nichts fuer die Bunten, Realitaet auch nicht. Die Korrelation von Sprache… Mehr

Wuehlmaus
2 Monate her

Mit Rechts oder Links habe ich so meine Themen. Links ist da wo der Daumen rechts ist. Oder umgekehrt?
Wir sollten über Sachthemen streiten!

Brauer
2 Monate her

Solange die linksrotgrünen Medien noch so stark sind und Lügen verbreiten können, solange wird sich nichts ändern.