Bei maybrit illner: Jamaika, die Xste – wer guckt am Ende in die Röhre?

Robert Habeck ist „Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung“. So lauten unsere Prioritäten: Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und dann noch ein bisschen Digitales. Das sagt doch schon alles.

Screenshot ZDF

Würden wir bei der Beantwortung der Frage „Wird’s was mit Jamaika?“ die Arbeiten des amerikanischen Psychologen John Mordechai Gottman über Ehestabilität und Beziehungsanalyse zu Rate ziehen – müssten wir wohl davon ausgehen, dass da kein dauerhaftes Glück entstehen kann. Zu unterschiedlich sind die Wunschvorstellungen, zu gering die Gemeinsamkeiten.

Der sanfte Robert Habeck ließ anklingen, bei der „Finanzrunde“ sei man sich für Jamaika noch nicht einig geworden. Wolfgang Kubicki klagte, man sei insgesamt „keinen Schritt weiter gekommen“. Und Jens Spahn will sich lieber jetzt als später „heftig und lange streiten“. Ein raffinierter Journalist hätte den drei Jamaikanern durchaus ein paar neue Erkenntnisse oder wenigstens etwas Gossip von den diversen Stuhlkreisen aus der Nase ziehen können. Hat Merkel noch die Hosen an? Benimmt sich Trittin halbwegs anständig? Wer ist ordentlich vorbereitet, wer hat nur Geschwätz im Verhandlungsgepäck? Wer drängt in welches Amt? Und wo ist die Grenze? Bei Trittin oder Cem als Außenminister? Gibt’s drei Vizekanzler bei Jamaika?

Aber dafür benötigte man ein wenig Zeit, um die Eitelkeiten zu kitzeln und den Mut und die Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen. Letzteres fehlt Maybrit Illner, und die Zeit reicht nicht, wenn man zwei weitere, dem Erkenntnisgewinn wenig hilfreiche Gäste dazu lädt. Nehmen wir nur Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes aus dem Homeland NRW. Der sitzt seit Jahren als Dauer-Anklagevertreter der „Armen“ in den Talkshows und fordert vor allem Mehr. Inzwischen gibt die BRD ein Drittel des Gesamthaushalts für Soziales aus. Schneider will Mehr. Dass die SPD gerade für ihr penetrantes Mehr-Fordern auf das niedrigste Wahlergebnis seit Gründung der Republik gesaust ist, hat Schneider wahrscheinlich gar nicht richtig verstanden. Nun gut, er ist Parteimann der Linken, was das ZDF völlig vergessen hat einzublenden. Aber Schneider als wandelnder Vorwurf führt dann dazu, dass Habeck sich genötigt sah, seine Grünen als „Schutzmacht der kleinen Leute“ verkaufen zu wollen.

Auch Handelsblatts Oberster Gabor Steingart lenkt mit seinem simplen Digitalisierungsvortrag vom Thema ab. Natürlich verdient Facebook mit 5% des Personals deutlich mehr Geld als Daimler – von Google oder Amazon ganz zu schweigen –, aber was hat das mit unserer möglichen neuen Regierung zu tun? Bekanntlich scheitert der Staat schon an den einfachsten digitalen Nummern, oder konnten Sie ihr Einwohnermeldeamt schon mal digital besuchen? Soll die Milliarden in Digitales investieren? Und wenn, dann in wen bitteschön? Kahanes Löschkommandos? Wie sollen bei uns Garagen-Unternehmen entstehen bei diesen bürokratischen und steuerlichen Belästigungen für Kleinunternehmer, inkl. IHK-Zwangsbeitrag? Und ja, Robert Habeck ist in Kiel „Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung“, ist Schleswig-Holstein deswegen unser Silicon Valley? Führen Sie sich den Titel noch einmal zu Gemüte: So lauten unsere Prioritäten: Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur, und dann noch ein bisschen Digitales. Das sagt doch schon alles.

Spahn und Kubicki müssen wir nicht weiter beschreiben. Lassen Sie uns über Geld reden. Unser Geld. 30 Milliarden angeblicher Überschuss stehen für 100 Milliarden Wünsche gegenüber. Der Soli, dessen Streichung sich die FDP auf die Fahne geschrieben hatte, soll jetzt „schrittweise“ und später, viel später zurückgefahren werden, murmelte Kubicki, der dann noch dekretierte: keine Neuverschuldung. Punkt. Aus. Ende. Spahn sah aber doch Spielraum für drei bis fünf Milliarden.

Illners Redaktion spielte ein Filmchen ein, in dem „die Ärmsten der Armen“ mit Putzeimer durch die Gegend liefen und „nichts von Jamaika zu erwarten haben“. Nach der Logik müssten die Ärmsten der Armen von der amtierenden Regierung doch bestens bedient worden sein (Nahles, etc.!). Aber ZDF-Bediensteten fehlt die nötige Seriosität für das Thema. Für sie ist eine neue Regierung so etwas wie Weihnachten. Jeder kriegt was.

So schön ist es nirgendwo!
maybrit illner: Neue Heimat Jamaika
Derzeit werden hauptsächlich die beschenkt, die nicht einmal wissen (wollen), was Weihnachten ist. Denen wir aber, „gerne helfen aus humanitärer Verpflichtung“, so Spahn, ganz die Merkel, die er ist. Wieder das Merkel-„Wir“. Allen am Tisch ist mittlerweile klar, dass die Armut in Deutschland bald deutlich steigen wird. Statistisch. Weil die Millionen, die da kamen und kommen sich doch als Katzengold erwiesen haben, um mal in direktem 100%-Schulz-Sprech zu sagen. Würde der Paritätische Wohlfahrtsverband seine Aufgaben nur halbwegs ernst nehmen, hätte er längst gegen die Zuwanderung von Nicht-Kriegsflüchtlingen und gegen die illegale Masseneinwanderung in unsere Sozialsysteme Stellung beziehen müssen. Kein Wort. Nur das Übliche: „Migranten kommen aus Elend.“ Wohin gehen dann aber die Elenden, für die die paritätischen Wohltäter eigentlich zuständig sind? Handelsblatt-Steingart setzt (ironisch?) auf die Verdoppelung der Berufsschulen, eine tolle Idee, weil die 70% Abiturienten dafür zu fein und die Analphabeten ungeeignet sind. Illner sieht eine „Jahrhundertaufgabe“, das nennen wir mal zynisch.

Steingart hat noch ein Sprüchlein oder zwei drauf: „Digitalisierung findet an Schulen nur auf dem Pausenhof statt.“ Stimmt. Oder: Digitalisierung ist nichts für Internetbeauftragte, wie Frauenbeauftragte nichts für Frauen sind; die politisch korrekte Form des Herrenwitzes über die nicht einmal der Leser seines staubigen Wirtschaftsblatts noch lachen kann. Selbst Spahn nimmt das Land inzwischen mit Humor: „China baut 60 neue Flughäfen, während wir nicht mal einen hinbekommen.“

Kleine Frotzeleien zwischen Spahn und Kubicki sind nicht der Rede wert, also beschließen wir unseren Fernsehabend mit der Bemerkung Steingarts, der zu Folge die „Regierungsmesse für die SPD noch nicht gelesen“ ist. Wer rausgeht, kann auch wieder an den Tisch zurückkehren. Spruchweisheiten müssen Einsichten ersetzen.

Im Anschluss bei Lanz: Lindner. Wie finden FDP-Chef 1 und Chef 2 die Zeit, ständig in alle Talkshows zu rennen? Müssen die nicht eine Regierung bilden? Geht das so ganz nebenbei?

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Kommentare ( 89 )

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Leitwolf
6 Jahre her

Das stimmt. Nur leider hat man als Bürger auf die zwei mit Abstand ertragreichsten Steuern: Lohnsteuer und Umsatzsteuer, überhaupt keinen Einfluss.

bitbuerster
6 Jahre her

Der Elefant im Raum, den keiner sehen will: Er heisst „Migration“. Ignorieren, verleugnen, lügen: Das war Merkelsche Politik -und es wird offensichtlich auch „Jamaikanische“ Politik.
Dieses miese Spiel wird anscheinend solange weitergehen, bis dann irgendwann mal die Rechten in ein paar Jahren stärkste Fraktion werden.

Max Biber
6 Jahre her

Zwischen dem Bürgerdialog der Bundeskanzlerin (auch mit dem Flüchtlingsmädchen Reem (15.7.2015)) und Frau Merkels Grenzöffnung liegen sieben Wochen. In dieser Zeit hat die Bundeskanzlerin ihre Meinung zur Flüchtlingsfrage um 180 Grad geändert.
Weil ich im Ausland gearbeitet habe, sind mir leider die öffentliche Diskussion und die Diskussion im Bundestag entgangen, die zu dieser demokratischen Entscheidung geführt haben. Für mich ist es schade, dass ich mich an diesem Prozess nicht beteiligen konnte.

Stefan Hundhammer
6 Jahre her

Dann verraten Sie uns bitte noch, wie wir das machen sollen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber der Großteil der Steuern, die ich zahle, erscheint nur auf der Gehaltsabrechnung; ich bekomme das Geld nie zu Gesicht, bevor es der Staat raubt. Den anderen Teil behält der Einzelhandel ein, wogegen ich mich genausowenig wehren kann. Unser Staat hat die Abzocke zur Perfektion gebracht, aber er liefert seinen Teil (innere und äußere Sicherheit) nicht mehr; er hat also seinen Teil des Deals faktisch aufgekündigt. Nur der kleine Bürger, der kann das nicht so einfach; der muß zahlen, solange er noch… Mehr

Peter Gramm
6 Jahre her

nein, nein. Nicht die kleinen Beamten. Sehen Sie sich aber mal den völlig aus dem Ruder gelaufenen Ministerialbeamtenbürokratenstadel an. Ineffizient und völlig überteuert. Erinnere nur mal anden völlig korrupten Ministerial bei der Waffenschiberaffäre um Schreiber Holger Pf….Solche Typen richten die richtigen Schäden an. Ich kenn da einen anderen Fall aus Hessen. Auchso ein richtig ehrlicher Ministerialrat. Den Schaden trägt natürlich die Allgemeinheit als Steuerzahler, den Nutzen haben immer nur einige wenige, die den Zugang zu diesen Leuten haben. Da nehme ich die Justiz und die Staatsanwaltschaften (natürlich nicht alle) nicht aus. Die Opfer haben meistens keine Chance. Das heißt aber… Mehr

Luisa
6 Jahre her

Bravo.

Davy Crocket
6 Jahre her

Aber mal im Ernst. Diese Kabarettveranstaltungen täuschen doch nur darüber hinweg, dass es längst die grösste Koalition gibt – die ‚WIR gegen die AfD‘. Oder sollte ich sagen „WIR gegen die Schmuddelkinder“. Die offenen Fragen beschränken sich lediglich auf die Postenverteilung – unter besonderer Berücksichtigung zukünftiger Pensionsansprüche.
Erich Kuby hätte sie analog zu seiner Aussage zur FU-Berlin (1966) die Koalition mit der antithetischen Bindung genannt – „wir bestimmen uns als Gegensatz zur AfD“.

„Kommt doch in die Oberstadt, macht’s wie Eure Brüder, …“

Michel Rieke
6 Jahre her

Das bilden Sie sich doch alles nur ein, die Digitalisierung kommt erst! Ich habe schon den Prototyp eines merkwürdigen Gerätes gesehen, an dem eine Schreibmaschinentastatur und eine Art Fernseher angeschlossen waren. Da war aber nur so etwas wie ein Koordinatensystem drauf zu sehen. Das hatte sich schon so in den Fernseher eingebrannt, dass man es sogar sehen konnte, wenn das Ding ausgeschaltet war. Ich glaube nicht, dass davon weltweit mehr als 5 Stück benötigt werden. Da müssen wohl erst einmal Ideen entwickelt werden, was man mit so einem Ding überhaupt machen kann. Vielleicht kann man ja Windräder damit steuern, dann… Mehr

Davy Crocket
6 Jahre her
Antworten an  Michel Rieke

Dann kann ich ja die zwecks Lochung mit dem Spezialstift zu beschriftenden Lochkarten endlich wegschmeissen. Oder sollte ich mich damit bei ‚Neuland-Mutti‘ bewerben‘?

treu
6 Jahre her

Sie haben völlig recht. Das ist den machtgeilen Protagonisten aber im derzeitigen Stadium völlig egal. Es verwundert daher aber nicht, daß ausgerechnet die Grünen den Soli mit der Begründung behalten wollen „Es reicht sonst finanziell nicht“. Zur Not wird eben bei denen, die schon länger hier leben und den Wahnsinn finanzieren, sicher einfach wieder an der Steuerschraube gedreht. Wie auch immer die Finanzlage jetzt oder in ein paar Jahren auch sein wird, eines dürfte feststehen, für die weiter forcierte Einwanderung werden die Milliarden vorhanden sein. Genauso wie sie schon jetzt praktisch aus dem Boden gestampft wurden oder aus dem Nichts… Mehr

PeterOchemie
6 Jahre her

Schon seltsam, wir bekommen Mitte-Öko-Wannabeeliberal. Also eine „Weiter so“ „Das darfst du nicht“ „Alle Macht den Konzernen“ Regierung. Kann ja heiter werden, denn ob das der Wählerwille war? Es wollten mehr Deutsche die CDU als SPD, Linke, Grüne, FDP, AfD. Es wollten weniger Deutsche die SPD als die CDU aber immer noch mehr als sie Linke, Grüne, FDP, AfD wollten. Es wollten weniger Deutsche die AfD als die CDU und die SPD aber mehr als sie Linke, Grüne und FDP wollten. Die SPD verabschiedet sich aus purem Egoismus aus der GroKo weil sie hofft irgendwann mal wieder aus der Opposition… Mehr