Bindekraft von ARD und ZDF lässt nach

Das Vertrauen der Zuschauer in ARD und ZDF schwindet. Das hat eine Insa-Umfrage ergeben, die TE in Auftrag gegeben hat. Dieses schwindende Vertrauen zeigt sich auch in den Quoten – vor allem bei den Jüngeren.

imago images / Agentur 54 Grad
Das ZDF ist Marktführer. In keiner Pressemitteilung über das eigene Haus lässt das Zweite diesen Hinweis weg. Er ist richtig. Nur welchen Markt dominiert denn das ZDF da noch? Es ist einer, der kleiner wird und älter. Auch warnen Forscher vor einem Konsumverhalten, in dem das Fernsehen zum „Nebenbeimedium“ verkommt, wie die Fachseite DWDL erörtert. Ausufernde Shows würden dazu beitragen, dass Fernsehen nur noch als Hintergrundgeräusch läuft – so wie Radio.

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INSA-Umfrage für TE: Vertrauen in ARD und ZDF eingebrochen
Insgesamt wird der TV-Markt kleiner: 5,76 Millionen Zuschauer sahen an diesem Samstag die Tagesschau im Ersten, den Krimi im Zweiten „Lost in Fuseta“ schauten noch 4,33 Millionen Zuschauer. Das sind die Topwerte des Tages. Die gehen nahezu ausschließlich immer an die großen öffentlich-rechtlichen Sender. Also alles gut für die? Marktführer, Meinungsführer – die nächste Gebührenerhöhung kann kommen. Nun: nein.

Denn insgesamt wird das Publikum kleiner. Dass eine Sendung über 5 Millionen Zuschauer kommt, ist mittlerweile die Ausnahme. Unter der Woche schafft das eigentlich nur Sport. Und selbst Fußball ist keine Garantie mehr, wie das Pokalspiel des Titelverteidigers RB Leipzig zeigte. Nur wenige Erfolgsformate schaffen diese Fünf-Millionen-Grenze noch: Allen voran die Tagesschau, die zeitgleich auch in den Dritten Programmen und auf Phoenix gezeigt wird. Dazu kommen Wetten dass..?, der Tatort, Aktenzeichen XY ungelöst und eben Sport. Die 15-Millionen-Grenze ist aber selbst für Topereignisse kaum erreichbar. An diese heran kamen zuletzt nur das Comeback von Wetten dass..? und das Finale der Frauen-Europameisterschaft mit deutscher Beteiligung.

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Zudem haben sich die „Jungen“ vom Fernsehen verabschiedet. Wobei „jung“ in diesem Sinn bei unter 50 Jahren beginnt. Selten noch schafft es eine Sendung in dieser Altersgruppe über eine Million Zuschauer, so wie die Tagesschau am Samstag mit 1,03 Millionen „jungen“ Zuschauern. Dahinter kommt dann schon die ARD-Sportschau. Mit 560.000 Zuschauern ist sie an dem Tag die Sendung mit den zweitmeisten Zuschauern unter 50 Jahren. Auf Platz vier folgt Sky mit der Bundesliga-Konferenz mit 480.000 Zuschauern. Mittlerweile zahlen fast genauso viele Menschen unter 50 Jahren lieber für Fußball, als ihn in der Sportschau umsonst zu bekommen. Unter der Woche ist Sky nicht so erfolgreich, aber die frei empfangbaren Sender sind genauso unerfolgreich.

ARD und ZDF trösten sich derweil mit Marktanteilen. Bei allen Zuschauern sind sie eh vorne. Und bei den Jungen hübschen sie ihre Bilanz mit Sportereignissen auf: zwei Fußball-Länderturniere, gebündelte Europameisterschaften und Dauerübertragungen vom Wintersport sorgen für annehmbare Zahlen bei den Unter-50-Jährigen. Im Vergleich zur privaten Konkurrenz.

Wohlgemerkt. 320.000 Menschen unter 50 Jahren sahen am Samstag den Film Ant-Man and the Wasp. Das war der beste Wert für Sat1 an dem Tag. 160.000 „Junge“ weniger als die Zahl derer, die gegen Geld Fußball schauen wollten.

Bei allen Zuschauern zeigte VOX mit „Der Hundeprofi“ die 25. erfolgreichste Sendung dieses Tages. Die kam gerade mal auf 1,1 Millionen Zuschauer. In allen Altersgruppen. Nicht eine Sendung von Sat1 konnte diesen Wert toppen. Auch Pro Sieben kam mit keiner Sendung über 1,1 Millionen Zuschauer. RTL hatte mit seinen Nachrichten immerhin 1,9 Millionen Zuschauer. Insgesamt. Die private Konkurrenz ist keine Konkurrenz mehr. Die Marktführerschaft von ZDF und ARD beruht auf der Schwäche der anderen.

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Nun sagen Kritiker solcher Analysen, dass es für die Öffentlich-Rechtlichen nicht darauf ankäme. Ihnen könne egal sein, welche Quote sie haben. Ihnen könne egal sein, welches Ansehen sie in der Bevölkerung haben. Sie bekommen ihr Geld aus den Zwangsgebühren – so oder so. Das stimmt. Aber nur bedingt. Dass eine Reform den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückbaut, ist Stand jetzt, eher unwahrscheinlich. Aber die Sender kommen mit ihrem Geld nicht aus. Auch wegen der feudalen Strukturen, die sie aufgebaut haben: in der Bezahlung von Führungskräften oder in den Pensionsansprüchen von allen Mitarbeitern. Sie werden also mehr Geld brauchen.

Und da ist die AfD jetzt nicht mehr alleine, die dazu nein sagt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in einem Interview gesagt, er könne sich derzeit keine Gebührenerhöhung vorstellen. Die CDU will ARD, ZDF und Co sogar genauer untersuchen. Eine parteiinterne Kommission soll Vorschläge für Reformen erarbeiten. Kosten zu senken, Erhöhungen zu vermeiden, steht dabei ausdrücklich auf der Agenda. Das hat der Parteitag an diesem Wochenende beschlossen.

Denn es ist klar. Von der Politik gibt es nichts umsonst. Da gilt: quid pro quo. Wenn die öffentlich-rechtlichen Medien ihre Bindekraft verlieren, warum soll da der Staat ein Einzugssystem für 8,5 Milliarden Euro aufrechterhalten – eines, das Gebühren-Verweigerer in den Knast bringt. Wofür der Steuerzahler dann nochmal über 100 Euro pro Tag ausgibt. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der an Vertrauen verliert, wie es die von TE in Auftrag gegebene Umfrage zeigt. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, dem die Menschen unter 50 Jahre davonlaufen, wie es die Quoten nachweisen. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der gemeinsam mit den Privaten zum „Nebenbeimedium“ verkommt, wie es DWDL schreibt. Da werden sich manche Politiker immer häufiger und immer ernsthafter die Frage stellen, wie viel Engagement der ihnen noch wert ist.

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Kommentare ( 20 )

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schwarzseher
1 Jahr her

Ihre Überlegungen sind für freie Märkte richtig, gelten aber nicht autoritäre, von der Politik durch Zwangsfinanzierung verhätschelte Medien.

RandolfderZweite
1 Jahr her

Deutschland tut sich schwer mit Institutionen und deren Strukturen! Ob nun ÖRR oder ein Beamtentum aus wilhelminischen Zeiten, wobei die „Berufspolitiker“ eine Gattung besonderer Art sind! Bei Beiden (eigentlich Allen) ist klar, es geht nur um eine üppige Versorgung – Inhalte dem jeweiligen Zeitgeist unterworfen! Mangelnde Qualität bei guter Bezahlung stößt dann eben dort auf, wo Menschen für ihren Lebensunterhalt noch richtig arbeiten müssen, sic man leistet sich Bezahlfernsehen! Besonders heikel wird die Sache dann, wenn ein Parlament, abhängig von den Einzahlern, ebenso auf den Hund gekommen ist: Das Parlament aus Rechtsanwälten und Beamten, mittlerweile ein Parlament aus Minderleistern und… Mehr

ben12
1 Jahr her

Wie werden Einschaltquoten ermittelt: Es handelt sich um eine Referenzgruppe von Zuschauern, die spezielle Gerätschaften zuhause installiert hat, damit deren Fernsehgewohnheiten überwacht werden können. Zitat von MDR.de „Wenn eine Person aus dem Mess-Panel an einem Abend zufällig einen dieser Sender einschalte, repräsentiere sie so gleich mehr als 7.000 Menschen, sagt der Potsdamer Medienwissenschaftler Christian Richter der taz.“ Wenn eine Person repräsentativ für 7000 Zuschauer steht, möchte ich die Genauigkeit der Angaben doch sehr bezweifeln. Bei einer Einschaltquote von 5Mio. hat man demzufolge eine repräsentative Gruppe von etwa 700 Menschen, von denen das hochgerechnet wird. Es könnte genau so gut bei… Mehr

H. Priess
1 Jahr her

ÖRR- Pensionskasse mit angeschlossenem Sendebetrieb. Ich halte schon die Art der Messungen der konsumierten TV Kost für fragwürdig. Da haben 5000 representativ ausgewählte Haushalte eine Box zu hause die aufzeichnet wer, wann, was, wie lange an einem TV Gerät eingeschaltet wird und senden das an ein Rechenzentrum welches die Daten auswertet. Das setzt vorraus, daß die Leute die die Box haben, diese auch Ordnungs und Wahrheitsgemäß bedienen. Das alles wird dann Hochgerechnet und schwupps haben wir die Prozente. Ob das alles Kamaraüberwacht ist läßt sich nicht eruieren. Die Zeiten, wo Mutter, Vater, Kinder Samstagabend zusammen „Wetten daß“ schauen sind lange… Mehr

Hummi
1 Jahr her

Es bleibt zu hoffen , das man vor allem diese Zwangsgebühren , wie in Frankreich und bald in GB abschafft, sie sind nichtmehr zeitgemäß und der Bürger braucht sein Geld für den wichtigeren Lebensunterhalt , der immer schwerer zu finanzieren ist

Last edited 1 Jahr her by Hummi
Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Auf einem Markt herrscht Kontraktionsfreiheit, das heisst, ich kann etwas kaufen oder abbestellen. Ard und zdf gehören nicht zu einem Markt, so wenig wie der Regierungssprecher.

MaximilianMueller
1 Jahr her

Der einzige Grund, weshalb der ÖRR noch existiert ist, weil er die Ideologie der links-grünen Sekte unters Volk bringt und gleichzeitig den politischen Gegner, die AfD, klein hält.

Würde der ÖRR die AfD so hofieren wie die Grünen, wäre er schon weg.

littlepaullittle
1 Jahr her

ÖRR als Zwangsbezahlfernsehen kann es sich leisten seine eigene Traumwelt einzubilden.
Private Sender, die sich immerhin in der freien Wirtschaft bemuehen, verlieren allerdings massiv an Werbekunden/Umsatz, siehe Aktienkurs ProSiebenSat1 seit 2016.
Immer mehr fahren am Zuschauer vorbei.

mediainfo
1 Jahr her

Bei Laune halten muss der ÖRR nur die maßgebliche Politik. Denn die kann eine Diskussion über Veränderungen anstoßen und diese letztendlich auch realisieren, oder eben nicht.

Dieses gegenseitige Profitieren der Art „Regierungsfreundlicher Tenor“ gegen „Komfortable Finanzierung“ und umgekehrt, ist der Kern des Dilemmas. Das Resultat ist das Gegenteil von „Staatsferne“.

Last edited 1 Jahr her by mediainfo
Dr. Rehmstack
1 Jahr her

Bei den nichtpolitischen Sendungen sind ARDZDF meilenweit vor den Privaten; das sagt einer, der wegen Verweigerung des Zwangsbeitrages von Zwangsmaßnahmen bedroht wird. Das Problem des jetzigen ÖRR liegt in seiner grundsätzlichen und systematischen Verletzung des Rundvertrages zur Neutralität. Diese ist so offensichtlich, daß die Verweigerung der Justiz dieses strafrechtlich zu verfolgen, diese in eine bisher nicht gekannte Glaubwürdigkeitskrise bringt. Verantwortlich hierfür ist die Unterwanderung der Strukturen, die schon von den Grundgesetzvätern so gestaltet wurden, daß dem finanziellen Träger, dem Bürger, eine echte Kontrolle verweigert wurde und den Parteien alle Möglichkeiten der Manipulation eröffnete. Damit wurde ein Vertrag zu Lasten Dritter… Mehr