Alexander Schweitzer bei Markus Lanz: porentief nichtssagend

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer gibt bei Markus Lanz den Profi-Wegducker: aalglatt, ungreifbar, unangreifbar. Zwei Sätze aus seinem Mund, und der Zuschauer schläft. Wenn da nicht Ahmad Mansour wäre. Der nennt die Dinge beim Namen. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Wäre Meister Proper in der Politik, hieße er Alexander Schweitzer. Der rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsident scharwenzelt sich durch eine Stunde Lanz wie der kahlköpfige Bakterienkiller durch 30 Sekunden Werbeblock. Meisterklasse ohne jedwede intellektuelle Rückstände. Schweitzer zeigt volles Verständnis für jede schmutzige Situation, er verspricht umfangreiche Abhilfe für alle Notlagen – doch am Ende beschleicht den Zuschauer der Verdacht, dass es womöglich nur hohle Phrasen sein könnten.

Thema Migration. Lanz versucht es an diesem Abend zur Abwechslung mal mit Klartext: „Wir haben jedes Jahr Rekord-Zuwanderung“, sagt er, doch es gebe ein Problem: „Trotzdem überall Mangel an Menschen, die anpacken. Das geht nicht zusammen, weil wir offenbar schlecht sind darin, Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen.“ Schweitzer hat volles Verständnis, beschreibt die Misere, ist offen für Änderungen. Nur mit der Umsetzung – da hapert es natürlich, da bittet er um Verständnis. „Das Bürgergeld darf kein leistungsloses Grundeinkommen werden, ist es aber geworden“, sagt er. Ein Meister des Nichtssagens.

Thema Übergriffe in Freibädern. Stichwort Gelnhausen. Syrer, die junge Mädchen begrapschen. Schweitzer dazu: „Wir haben auch solche Vorkommnisse.“ Ah, ja. Und jetzt? Was tun? Er hat Antworten. Viele Antworten. Es gleicht einer Ansammlung von Werbesprüchen aus der Procter & Gamble-Abfallkiste:

„Sowas darf nicht vorkommen.“
„Muss man klar sagen: Sowas wollen wir nicht.“
„Wir wollen nicht, dass sowas nochmal vorkommt.“
„Solche Vorkommnisse dürfen nicht toleriert werden.“
„Sowas darf nicht folgenlos bleiben.“

Wir beglückwünschen Sie an dieser Stelle, dass Sie bis hierher mitgelesen haben. Denn wir sind bereits beim Schreiben zweimal eingenickt. Schweitzer ist der Inbegriff des Politikers für das 21. Jahrhundert: aerodynamisch, aalglatt, rhetorisch geschult, aber inhaltlich komplett blutentleert. Einer wie Schweitzer könnte in jeder Partei was werden. Er ist für jede Position geeignet, ultimativ flexibel und austauschbar. Was hat er gerade gesagt? Egal. Er hat zumindest etwas gesagt. Hat er doch, oder? Schnarch.

Insofern müssen wir uns sogar bei Meister Proper entschuldigen. Denn der gibt zumindest noch klare Versprechen ab.

Lichtblick des Abends ist Ahmad Mansour. Der deutsch-israelische Autor nennt die Dinge beim Namen und wirft all die Fragen auf, die Schweitzer wegbügeln will. Er kenne Familien, sagt Mansour, wo „die Kinder morgens die einzigen sind, die aufstehen“, wo die Eltern „bis elf, zwölf schlafen“. Bürgergeld macht’s möglich. 51,96 Milliarden Euro an Bürgergeld in diesem Jahr, wie Lanz vorrechnet. Mansour kennt auch den Grund: „Weil die Politik das ermöglicht.“ Die Unterschiede zu Österreich etwa seien „enorm“, sagt er. „Da schafft man, diese Leute in Arbeit zu bringen. Hier aber nicht. Vor allem, weil es Anreize gibt, nicht arbeiten zu gehen.“ Dies gelte vor allem für die einfachen, unqualifizierten Arbeiten. Mansour: „Da lohnt es sich nicht, zu arbeiten. Das ist ein minimaler Unterschied zwischen Bürgergeld, was diese Menschen kriegen, und das, was sie netto in der Tasche haben, wenn sie 40 Stunden arbeiten gehen.“ Das sei „absolut unfair. Das hat mit Sozialstaat nichts mehr zu tun.“

Schweitzer bleibt auf solche Zustandsbeschreibungen klare Antworten schuldig. „Sie haben 1,8 Millionen Wähler an die Union verloren und 700.000 an die AfD“, rechnet ihm Julia Lohr von der FAZ vor. „Sie müssen da was machen. Mit einer linkeren Politik wird die SPD nicht wieder steigen.“ Doch an einem Schweitzer perlt das ab wie das Spülwasser in einer klinisch reinen Kloschüssel. „Das wird zu den ersten Projekten gehören der Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas, auch das Bürgergeld anzugehen“, sagt er. „So ist es vereinbart.“ Schnarch, huch, hat er was gesagt?

Auch zum Thema Freibäder gibt es klare Worte. Nicht von Schweitzer, versteht sich. Im Studio sitzt Kolja Saß, FDP-Fraktionsschef im kleinen Ort Gelnhausen, der jüngst wegen der Übergriffe syrischer Einwanderer gegenüber junger Mädchen Schlagzeilen machte. Seine Fraktion habe schon im vergangenen Winter einen entsprechenden Antrag gestellt, um auf die drohende Gefahrenlage zu reagieren, sagt Saß. „Wir fühlen uns nicht mehr so sicher im Bad“, hätten ihm Menschen berichtet, lange bevor nun die Vorfälle passierten, die bundesweit für Schlagzeilen sorgten. Der Grund? Saß nennt „massives Auftreten gewisser Gruppen“; er scheut sich zunächst, die Dinge beim Namen zu nennen. Doch auf Lanz’ Nachfrage wird er deutlich, nennt „Leute mit Migrationshintergrund“.

Warum er so hadert, wird schnell klar. Er berichtet, dass er bereits wegen den bloßen Antrags habe „Beschimpfungen ertragen“ müssen, vom Gelnhäuser Bürgermeister und von Seiten der gesamten CDU. Mansour hakt hier ein: „Genau solche Reaktionen bekomme ich immer, wenn ich über solche Themen spreche. Dass das populistisch wäre, rassistsich. Das ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Das sind aber reale Probleme. Wir müssen eine Sprache dafür finden. Es geht um eine Gruppe von Menschen, die einfach unseren Rechtsstaat verachten, die in Gesellschaften sozialisiert sind, wo die Sexualität komplett tabuisiert ist, wo sie denken, ein Mädchen, die blond ist oder mit Bikini oder deutsch ist, ist verfügbar, ist ehrenlos. Da kann man sie anfassen. Wir bekommen ägyptische Zustände.“

Schweitzer hat darauf sicher die passende Antwort: Sowas darf nicht vorkommen. Muss man klar sagen: Sowas wollen wir nicht. Solche Vorkommnisse dürfen nicht toleriert werden. Sowas darf nicht folgenlos bleiben.

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Kommentare ( 35 )

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gewitter
4 Monate her

Ausnahmsweise habe ich mir die Sendung angeschaut. Der Typ namens Schweitzer war ein großartiger Weichspüler und hat alle Register gezogen um die Themen nicht nur weichzuspülen sondern auch zu umschiffen. Da kam nichts was irgendeinen Wert gehabt hätte. Der Gipfel einer nicht vorhandenen Aussagekraft. Ich hätte auch meinem Klopapier nach Gebrauch zuhören können, da wäre mehr Konkretes gekommen.

Ein Mensch
4 Monate her

Egal was für einen Schwachsinn Politiker erzählen und machen, der deutsche Blödmichel wählt sie trotzdem wieder. Warum also sollten die was ändern? Es liegt ganz allein am Wähler diese Zustände zu beenden. Jeder bekommt was er gewählt, also Kopf hoch und gegen Rächtz demonstrieren. Dafür gibt es sogar noch Geld und eine Busreise.

Dr. Rehmstack
4 Monate her

Und ganz kurz, für circa 10 Sekunden, blitzte Lanz öffentlich-rechtliches Gewissen auf, als er das Plakat mit der rothaarigen weißen Dame grabschend an den Hintern des farbigen Jünglings mit dem Holzbein brachte; erstaunlicherweise kam darauf aber nicht mehr zurück, schon seltsam, muss er wohl vergessen haben.

gmccar
4 Monate her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Auch Lanz wird aus der Direktion gelenkt. Der Knopf im Ohr hat ihn wieder auf den „Rechten Weg“ gebracht.

Benedictuszweifel
4 Monate her

Klasse den Schweizer beschrieben… ich bin Rheinland-Pfälzer und kenne den „Mann der glasklaren Worte“. Sein wirklich einziger Konkurrent war allerdings Michael Ebling und mit Tonaufnahmen von dessen Reden, wäre jedes Schlafmittel obsolet geworden. Ja, ich wollte die Aifn

Budgie
4 Monate her

Wie gewählt, so geliefert! So ist es meine Herrschaften, ihr wolltet es doch so- und das geht schon 20 Jahre so. Warum zum Teufel sollten die das jetzt anders machen, bei dem Liebreiz wie die Kreuze am Wahltag gesetzt werden?

eifelerjong
4 Monate her
Antworten an  Budgie

Der Schweitzer wurde nicht gewählt, er wurde als Nachfolger Dreyers in das Amt gehievt.
Ein Unding erster Ordnung, dass ganz einfach ein Jemand, siehe auch Lies in NDS, Ministerpräsident wird, wenn der Vorgänger plötzlich keine Lust mehr verspürt..

drnikon
4 Monate her

Für ein paar Journalisten wird es eine unangenehme Arbeit sein, die wohl gemacht werden muss: Aber der Normalsterbliche GEZ Zahler soll doch einfach mal diese blöde Glotze im Off-Modus lassen und diese Brot-Spiele-ablenkungen ebenfalls liegen lassen. Einfach unangekündigt nicht mitmachen. Sich nicht mehr vorsehbar verhalten bezgl- Konsum und „Denkvorschriften.“ Weg mit diesen Leitplanken und Framingversuchen. Medien werden durch die Bank genutzt, um das „tumbe Volk“ die richtigen Denkleitplanken zu verpassen. Und wer diese brav beachtet wird mit einem guten Gefühl belohnt. Na toll.

andreas
4 Monate her

Die Frage bleibt: wer wählt einen solchen Typen, eine solche Partei? Oder ist an dem anschwellenden Gerücht, diese Leute seien gar nicht gewählt, jedenfalls keineswegs in den Größenordnungen wie offiziell genannt, doch was dran? Mein Vertrauen in „unsere Demokratie“ ist erschüttert.

CaTo23
4 Monate her

Herbert Wehner hätte zu A. Schweitzer gesagt. „ Der Herr badet gern lauwarm“
Ein typischer Politiker, der jesuitisch drumherum redet und uns nur „gefühlte“ Politik verkauft. Die Menschen müssen „das Gefühl haben“, dass wir Ihre Probleme verstanden haben“ Wer so redet, wird und will nichts verändern. Aber wenn die Bürger so wählen, haben sie es offensichtlich so gewollt.

pcn
4 Monate her

Schweitzer ist die menschliche Sprechpuppe für Rheinland-Pfalz. Und so sieht auch sein Land aus. Der Mann ist unfähig, kaum einen Satz ohne Zugriff auf vorgestanzte Worte gebacken zu bekommen. Er salbadert Verse, ohne Substanz. Solche Leute in Regierungsverantwortung für ein Land, dass gerade dabei ist, finanziell die Grätsche zu machen. Unfassbar!

Sterling Heights
4 Monate her

Dieser MP signalisierte mit seinen Worthuelsen deutlich , dass sich nichts ändern wird. Die mediale Waehlerverbloedung ist sehr erfolgreich. Ich sehe ein Verbot der AFD immer mehr als realistisch. Dann ist der Viererblock in der Volkskammer unter sich.

pcn
4 Monate her
Antworten an  Sterling Heights

Sie sagen das AfD Verbot sei realistisch. Ja, aber nur deswegen, weil viele, die meisten Deutschen kaum willens sind, die Realität zu ihren Gunsten und zu Gunsten der Verfassung zu steuern. Der Deutsche ist einer wahren Demokratie weder würdig, noch ist er fähig zu begreifen, was wahre Demokratie verlangt: Nämlich im aktuellen Staatszersetzungsprozess eines linksgrün gerichteten Willkürstaates (Regierung, die zum einem autoritären Regime verkommt) die Grenzen auf der Straße aufzuzeigen.

Der Deutsche verharrt in Gewohnheit, in der Bequemlichkeit einer Art der Lethargie (kann man nichts machen Ist der sprachliche Duktus), und Angshase vor der Obrigkeit.

Last edited 4 Monate her by pcn