„Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen…“

Mit „Liquid“ hat Herbert Genzmer eine Dystopie vorgelegt, die zwar in verschiedenen Teilen der Welt spielt, sich aber schließlich auf Deutschland konzentriert, wo man im Jahr 2029 eine Naturkatastrophe instrumentalisiert, um das Bargeld abzuschaffen.

Kann man einen Roman schreiben, der all dies vereint: die Abschaffung von Bargeld, die Begegnung einer Heldin mit dem weltweit mächtigsten Drogenboss, ein Jahrtausendhochwasser am Main, eine zarte, telekommunikativ angebahnte Romanze zwischen einer Heldin und einem Kämpfer für das Bargeld, eine mehr oder weniger unfreiwillige Impfung, mit der allen Bürgern ein liquider Chip injiziert wird und mit dem sie zu total gläsernen Menschen werden? Ja, man kann.

Dem Autor Herbert Genzmer ist das gelungen. Topaktuell bringt er real existierende Bestrebungen, das Bargeld abzuschaffen, eine Hochwasserkatastrophe, den gläsernen Bürger und Impfpflicht (Corona lässt grüßen) unter einen Hut. Es ist daraus eine gar nicht so ferne, im Jahr 2029 spielende, düstere, 427 Seiten starke Dystopie geworden.

Viel auf einmal? Auf den ersten Blick ja, nach der Lektüre kann man freilich sagen: All diese Ingredienzien sind wie Perlen aufgereiht, wenngleich alles dann doch wieder mit allem zu tun hat.

Und das geht so: Die Biochemikerin Dr. Madeleine Alberti, Ende 30, arbeitet ab 2026 auf einer Versuchsfarm im Kaff Esperanza in New Mexiko, USA, biotechnisch an Pflanzen, die besonders wenig Wasser brauchen. Was sie nicht weiß: Ihre Forschung wird dazu benutzt, um einen liquiden Chip zu entwickeln, der Menschen, zunächst versuchsweise den mexikanischen Farmarbeitern, injiziert wird, um über diesen Chip zum Beispiel an einer Supermarktkasse alles ablesen zu können, was dieser Mensch tut, nicht tut, wie es um seine Leberwerte steht, welche Kaufwünsche er hat und vieles mehr.

„Who controls the past, controls the future.“
Eine Vision, die immer realer wird: »1984« von George Orwell
Apropos Supermarktkasse: Dort erfährt der potenzielle Käufer zum Beispiel, nachdem seine Hand zum bargeldlosen Bezahlvorgang eingescannt wurde, dass er keinen Alkohol mehr erwerben darf. Aber nicht nur er erfährt das, sondern auch eine Zentrale, eine Art Orwell‘scher „big brother“. Das Individuum wird zum Algorithmus. Der Chip ist auch nicht mehr entfernbar.

Als der Heldin Alberti dämmert, wofür sie missbraucht wird, flieht sie nach Mexiko und findet vorübergehend Unterschlupf beim weltweit mächtigsten Drogenboss El Olmeca, alias Don Gustavo. Dessen Sympathie gewinnt sie, weil sie seiner toten Tochter ähnelt, aber vor allem diejenige ist, die dem Kartellchef die Bargeld-Dollarbündel, die sich bei ihm bis unter die Decke stapeln, retten und erhalten kann. Mit der Abschaffung des Bargeldes hätten all die Dollarstapel ja nur noch Brennwert.

Der Drogenboss verhilft der Heldin, der er mittlerweile eine neue Identität verschafft hat, über Umwege durch die Karibik nach Rotterdam. Jetzt heißt sie Josefine (Jo) Kettner. In Holland angekommen, reist Jo sofort nach Frankfurt, wo sie endlich den von ihr angehimmelten Juristen Richard Weigelt, den Initiator der Pro-Bargeld-Organisation „Gedruckte Freiheit“, findet.

Doch Frankfurt ist von einer Jahrtausendflut überschwemmt und die Heldin hat, ein Schlauchboot steuernd, schließlich alle Hände voll zu tun, ihren neuen Kampfgefährten Richard vor einer Zwangsimpfung zu bewahren und vor mit Bundeswehruniform verkleideten Blackwater-Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Hier endet der Roman. Nur die Pläne der beiden werden noch angedeutet. Sollen aber an dieser Stelle nicht verraten werden …

Das sind die Ingredienzen, mit denen der Autor recht spannend zu jonglieren weiß. Zu einem Thriller gehört natürlich auch Reißerisches und das eine oder andere Klischee. Etwa dass die Heldin fit ist wie ein James-Bond-Girl oder Lara Croft. Sodann kommen – alle recht realistisch charakterisiert – vor: ein skrupelloser Chef der Deutschen Bank, ein korrupter Staatssekretär, sowie Maybritt Illner, Stefan Raab, ein wiedergewählter Donald Trump und Beatrix von Storch als Innenministerin …

Ja, es ist ernst, es geht um Bargeld als ein Stück Freiheit!

Dennoch ist dieser Thriller teilweise so informativ wie ein Sachbuch, weil in ihm dargestellt wird, mit welchen Tricks, ja Lügen, ein Staat eine Impfung durchziehen könnte, die vorgeblich vor Infektionen schützt, aber völlig andere Zwecke hat. Und der Roman ist gerade in Sachen Bargeld beziehungsweise dessen Abschaffung nah an der Wirklichkeit.

Denn, wohin man hört: in die Europäische Zentralbank EZB, in die Politik der EU, in die deutsche Politik hinein. Stets hört man das Versprechen: „Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen.“ Und dennoch gibt es so manchen „Niemand“, der an der Abschaffung des Bargeldes bastelt. Die EZB lässt die 500-Euro-Note auslaufen. In wahrlich kleinerer Münze gibt es seit 2013 Pläne der EZB, die zwei kleinsten Kupfermünzen, also die Ein- und Zwei-Cent-Münzen, abzuschaffen. Die Deutschen wären übrigens laut Umfrage von YouGov vom Januar 2020 mit dieser Lösung einverstanden.

Zweijährige Untersuchungsphase
Digitaler Euro: Kritiker erwarten, dass Bargeld weitestgehend verschwinden wird
Aber die Abschaffung der beiden kleinsten Kupfermünzen ist nur ein kleiner Schritt in Richtung Bargeld-Abschaffung. Die Vision heißt Digitalisierung. Und die Begründung lautet: Wenn es kein Bargeld mehr gibt, dann tut sich der Staat leichter, gegen Terrorfinanzierung, Schwarzgeld, Steuerkriminalität und Geldwäsche vorzugehen.

Corona hat den Trend zum bargeldlosen Zahlungsverkehr obendrein noch beschleunigt. Immer mehr Firmen fordern die Kunden an der Kasse auf, bargeldlos zu zahlen. Die Münzen und Geldscheine könnten ja, so die Sorge, das Virus übertragen.

Nun ja, dunkle Geldströme trockenzulegen ist das eine. Allerdings gibt es keinerlei wissenschaftlich fundierten Beweis, dass etwa mit Bargeldobergrenzen oder gar mit einer Abschaffung des Bargeldes Geldwäsche wirksam bekämpft werden könnte.

Aber was sind die Folgen einer Abschaffung des Bargeldes? Nun, vor allem geht damit ein Stück Menschheits- und Kulturgeschichte, ja Anthropologie, verloren. Denn Bargeld im weitesten Sinn hat urzeitliche Wurzeln: beginnend mit Muscheln über Vieh, Getreide bis hin zu Edelmetallen als greifbarem „Geld“.

Sodann hat Bargeld viel mit Bürgerrechten zu tun. Bargeld ist Schutz der Persönlichkeit und Schutz des Rechts auf Anonymität. Man stelle sich vor, der Datenschutz versagt oder er wird aus politischen Gründen für staatliche Schnüffeleien (etwa via Biochip) liberalisiert. Dann ist nicht nur überall ortbar, wo sich ein Bürger aufgehalten hat. Er wird „gläsern“. Dann ist auch überprüfbar, was er erworben hat, etwa (zu) viel Alkohol, viel Fleisch, viele Süßigkeiten, viel Benzin, zu viele politisch inkorrekte Magazine oder Bücher …

Mit Bargeld kann sich der selbstbewusste Bürger vor solchen Durchleuchtungen schützen. Ohne Bargeld ist man auch weniger flexibel und mobil. Gewiss schreiten digitale Bezahlsysteme voran. Aber sie sind eben nicht überall nutzbar, etwa in einem Funkloch. Bargeld garantiert insofern überall und jederzeit Liquidität.

Bargeld ist Freiheit. Zudem kommt der bargeldlose Trend einer Entpersönlichung gleich, wenn Kollekten, Trinkgelder oder Opfergelder nur noch virtuell, digital stattfinden. Und erst die Kinder! Wie sollen sie die Bedeutung von Geld und Sparen erfassen, wenn sie Geld nur als etwas Abstraktes, als Kontoauszug erfahren?

Also Finger weg vom Bargeld! Ihr Langfinger in Brüssel und in der EZB in Frankfurt!
Welche Begehrlichkeiten – und Kollateralbegehrlichkeiten – damit zusammenhängen können, hat Herbert Genzmer in „Liquid“ lebhaft geschildet.

Herbert Genzmer, Liquid. Thriller. Solibro Verlag, Klappenbroschur, 432 Seiten, 20,00 €.


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Kommentare ( 15 )

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Dieter
1 Jahr her

was mit Bankkonten so spontan machbar ist, hat Herr Trudeau in Kanada ja gerade demonstriert: Du hast vor 4 Wochen jemanden eine Spende überwiesen? Ich habe dessen Ziele gerade für misliebig befunden, also werden Deine Konten jetzt erstmal gesperrt. Also : ohne Gerichtsbarkeit, einfach als Aufforderung an die Banken mit der Order das sie auch weitere Konten die eine Kontaktschuld tragen sperren sollen. gesagt, getan… Herr Biden geht noch einen Schritt weiter: er will nicht nur sperren, sondern dierekt à la Robin Hood das Eigentum (..ex-Eigentum) von den Bösen an die (von ihm definierten) Guten verteilen. Auch dort wird der… Mehr

Iso
2 Jahre her

Ich wüsste gar nicht, was der Staat durch digitales Geld über mich noch in Erfahrung bringen kann, was er nicht längst schon von mir weiß. Kreditkartennummern, Handynummer, IP-Adresse, Internetaccounts, Name, Anschrift, Kfz-Kennzeichen, Steuernummer, Impfstatus, Flugreisen, Hotelaufenthalte, das liegt heute alles in vielleicht 100 oder 1000 Clouds und es gibt Software, die das alles recherchiert, abgleicht und zusammenfügt. Vom Staat wird man systematisch enteignet, und das beginnt bereits mit der Steuerprogression und setzt sich mit jeder staatlichen Preistreiberei und Umverteilung fort. Allerdings ist das alles sinnlos, denn das Geld reicht nie und wird auch durch noch mehr Kontrolle niemals reichen. Was… Mehr

puke_on_IM-ERIKA
2 Jahre her
Antworten an  Iso

Wenn Sie ehrlich sind, ist die „starke Gerichtsbarkeit“ bereits Vergangenheit , bzw. nur noch stark gegen rechtstreue Bürger und nachsichtig bei Kriminellen und linken Staatszerstörern – da wird auch gerne mal weggeschaut und bestehende Gesetze ignoriert !

Thorsten
2 Jahre her

Dann wird es zu Plünderungen kommen.

JamesBond
2 Jahre her

Unsere Realität (Corona) könnte so entstanden sein: Versuche eine Biowaffe zu entwickeln, gegen die nur Menschen mit einer bestimmten Blutgruppe immun sind. Diese werden gezielt bei einem Angriff eingesetzt, nachdem der Gegner mit dem Virus infiziert und außer Gefecht gesetzt wurde.
Fiktion? Realität? Theorie?
Hier fangen wir an zu glauben und ich glaube weder den USA, noch den Chinesen. Was man von den Russen zu erwarten hat, sehen wir in der Ukraine. Es gibt keine Guten Politiker, höchstens noch Naive wie Trump und der musste deshalb weg.

Thorsten
2 Jahre her
Antworten an  JamesBond

Es ging wohl eher um zivile Forschung: „was passiert wenn ein Corona-Virus mutiert“
PS: die USA unterhielt ähnliche Labore in der Ukraine.

StefanB
2 Jahre her

Von der fiktiven zur realen Dystopie:

„Wirtschaftswissenschaftlerin auf Weltregierungsgipfel: Neue Finanzweltordnung steht vor dramatischem Richtungswechsel“

https://uncutnews.ch/knallervideo-wirtschaftswissenschaftlerin-auf-weltregierungsgipfel-neue-finanzweltordnung-steht-vor-dramatischem-richtungswechsel/

Helmut Inzinger
2 Jahre her

Schutz der Persönlichkeit? Anonymität? Kleinigkeiten! Ohne Bargeld wird es möglich sein, einen bestimmten, unliebsamen Menschen schlicht und einfach „abzuschalten“. Schon heute haben die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit, zu Fahndungszwecken oder zur Reichweitenbeschränkung Geldauszahlungen an Tatverdächtige oder Gesuchte zu reglementieren oder ganz zu unterbinden.

Candida Albicans
2 Jahre her

Es ist gar nicht nötig, den Menschen irgendwelche fiktiven Chips zu injizieren oder Bargeld abzuschaffen. Um Totalüberwachung und Kontrolle auszuüben, benötigt man lediglich bereits vorhandene Technik. Der Schlüssel ist das Smartphone. Wer von den kritischen Lesern hier hat eines? Vermutlich fast alle. Allein schon die Tatsache, dass jedes dieser Geräte über einen GPS-Empfänger verfügt und permanent online ist, reicht aus. Solange das Smartphone eingeschaltet ist, also fast immer, weiß man, wo sich sein Besitzer aufhält. Man erfährt, wann er wo zur Arbeit fährt, wie lange er dort bleibt, ob er regelmäßig ins Sportstudio oder ins Bordell geht, welchen Arzt er… Mehr

Dirk Bender
2 Jahre her

Der Staat möchte die vollkommene Kontrolle über das Eigentum der Bürger – Immobilienbesitz, Konten, Bargeld (am besten zukünftig nur noch elektronisch und nicht mehr in Papierform) und Edelmetallbesitz. Nur so lässt sich sicherstellen, dass bei sinkenden Steuereinnahmen in einer (Wirtschafts)-Krise und stetig steigenden Soziallasten von denen „genommen“ werden kann, die noch etwas haben. Giralgeld ist Geld das nur im Computer entsteht durch einen Buchungssatz und es hat nicht die Qualität als rechtliches Sichtgeld zu sein. Rechtlich ist nur Münze und Banknote. Und das beschert den Banken das Problem des möglichen Bankenrun. Denn wenn alle Sparer ihr Geld abheben wollen in… Mehr

thinkSelf
2 Jahre her

Um das Bargeld abzuschaffen braucht meine keine Katastrophe zu inszenieren. Die jungen Leute zahlen heute selbst Centbeträge elektronisch und wer keine elektronische Abwicklung annimmt ist für die praktisch nicht mehr existent. Und wenn man dann irgendwann einfach die Konten von den Einzelbanken auf die EZB rüber zieht und da noch mit Gebührfreiheit wirbt ist in wenigen Monaten das Thema durch. Und schwupp, hat man die volle Kontrolle. Es glaubt doch nicht jemand ernsthaft das dieses totatlitaritätskompatible Volk da auch nur den geringsten Widerstand leisten wird? Die freuen sich doch alle auf die Staatsbepamperung rund um die Uhr, damit sie endlich… Mehr

Dirk Bender
2 Jahre her

Plötzlich findet Bargeld keiner mehr gut, außer ein paar blöde Verbraucher, wer kümmern die schon, die machen wir Mundtot, weil Ewiggestrig. Bargeldabschaffung hat viele Vorteile: Ein Bankenrun wäre so unmöglich. Wenn es kein echtes Geld mehr gibt, kann ich auch kein echtes Geld mehr von der Bank abholen. Man hat dann auch keine Chance den Niedrig oder Negativzinsen zu entgehen oder der Haftung, wenn Banken Pleite gehen. Wer kein Bargeld horten kann, der muss ja sein Geld investieren oder es den Banken leihen, also auf das Konto legen. Wenn es kein Bargeld mehr gibt, wäre der nächste logische Schritt des Staates… Mehr