Welche Koalition im grünen Zeitgeist regiert, macht doch keinen Unterschied

Den Grünen wäre es lieber, sie müssten nicht selbst entscheiden zwischen mit oder ohne CDSU, sondern der Wahlwürfel nähme ihnen das ab. Ihr Wunsch kann durchaus in Erfüllung gehen, und zwar durch einen Rückgang der grünen Umfrageergebnisse.

imago Images/Action Pictures

Im Titelbild wirft Habeck im Hintergrund eine Art Merkel-Schatten. Das demoskopische Bild verfestigt sich: SPD an die 15 plus FDP um 10 reichten rechnerisch, um CDSU mit 24 zu ersetzen für eine Bundesregierung, die nicht nur im grünen Zeitgeist regiert, sondern auch von einer Person der Grünen gekanzlert wird.

Den Grünen wäre es lieber, sie müssten nicht selbst entscheiden zwischen mit oder ohne CDSU, sondern der Wahlwürfel nähme ihnen das ab. Ihr Wunsch kann durchaus in Erfüllung gehen, und zwar durch einen Rückgang der grünen Umfrageergebnisse. Sobald sie unter 20 Prozent liegen, steigen ihre Chancen auf ihr Wunschergebnis einer schwarzgrünen Koalition.

Als protokollarisch Zweiter mit einem Vizekanzler der Grünen hinter einer schwarzen Person vorne als Kanzler brächte die Grünen in jene Position, welche die FDP in ihrer besten Zeit Mitte der 1970er Jahre einnahm: Zweiter, aber im Bild der damals noch in der Minderheit befindlichen progressiven Medien zeitgeistig führend.

Dass eine zahlenmäßig schwarzgrüne Koalitionsregierung sich in ihrer tatsächlichen Politik von einer grünschwarzen oder Ampel oder Schwampel nicht unterscheiden würde, liegt schon darin begründet, dass keiner Variante eine Opposition gegenüber stünde – mit Ausnahme der AfD, die in der Rolle, die ihr das Parteienkartell zugewiesen hat, systemstabilisierend für dieses Parteienkartell wirkt. In Wahrheit stehen sich zwei Parteien gegenüber, die Zeitgeistpartei des Parteienkartells und die mehrheitlich Antizeitgeistpartei AfD. Dass die Freien Wähler mit momentan drei Demoskopieprozenten in den Bundestag kommen könnten, ändert nichts an meiner Betrachtung; denn sie sind auch Teil des Parteienkartells. Wer immer noch auf so etwas wie das „bürgerliche Lager“ hofft und glaubt, CDSU, FDP und Freie Wähler könnten das sein, übersieht, dass die zeitgeistgrünen Teile dieser drei Parteien viel größer sind als ihre „bürgerlichen“ Reste.

In dem Drittel der Wahlberechtigten, das nicht wählt oder bewusst ungültig, steckt die Reserve, die eine politische Kraft großteils mobilisieren müsste, soll die Richtung der Politik in Deutschland parlamentarisch geändert werden. Dass es diese Kraft nicht gibt, ist eine Tatsache, die jeder dem täglichen veröffentlichten Leben entnehmen kann. Der Zeitgeist ändert sich also in Deutschland erst, wenn er es um Deutschland herum getan hat. Die verspätete Nation ist offensichtlich ein tief sitzendes Schicksal.

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