Von der Leyen setzt durch: Heizen, Autofahren und Fliegen sollen teurer werden

Angeblich gab es fünf Stunden Diskussion unter den Kommissaren, ein volles Drittel hat gefordert, das Klimapaket nicht zu verabschieden. Von der Leyen hat sich durchgesetzt: CO2-Ablässe sollen weiter ausgedehnt und teurer werden – aber Verbrenner dürfen bleiben, sofern sie mit synthetischen Kraftstoffen fahren.

IMAGO / Xinhua
Pressekonferenz der EU-Komission am 14. Juli 2021

Lange angekündigt konnten sie kaum größer sein, die Sprüche, mit denen die EU-Kommission ihre Klimarettungsvorschläge der Öffentlichkeit vorstellten. Eine »industrielle Revolution« sollten sie laut EU-Kommissar Timmermans sein, denn die Welt sei aus den Fugen geraten, und wir seien geboren, alles wieder in Einklang zu bringen. Klingt aus dem Mund des fürstlich dotierten Sozialisten ziemlich schräg – ebenso wie die Forderung, doch deshalb Benziner und Dieselfahrzeuge abzuschaffen und das Leben viel, sehr viel teurer werden zu lassen – unter anderem die warme Wohnung, den Flug in den Urlaub und den Hausbau.

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Während Frankreich an seinem Nationalfeiertag das Hinwegfegen eines verachteten Regimes feierte, verschärfte die EU-Kommission in Brüssel ihre Gangart vor allem gegenüber der deutschen Autoindustrie und den Bürgern. Die EU will noch mehr regulieren, noch tiefer in die Geldbeutel greifen; CO2-Ablässe sollen weiter ausgedehnt und teurer werden und noch mehr Geld in Brüsseler Kassen spülen – garniert mit Doktrinen, die EU »klimaneutral« machen zu wollen.

Laut Le Point gab es fünf Stunden Diskussion unter den Kommissaren, ein volles Drittel hat gefordert, das Klimapaket NICHT zu verabschieden. Von der Leyen hat sich durchgesetzt.

Die Vorschläge der Kommission sehen vor:
• Ab 2035 auf Fahrzeuge mit Verbrennermotor zu verzichten oder wie man aus dem Wischiwaschi heraushören konnte: Sie sollen kein CO2 mehr ausstoßen dürfen. Das bedeutet vermutlich auch, Verbrennerautos mit synthetischen Kraftstoffen soll es nicht explizit an den Kragen gehen. Denn die gelten als »klimaneutral«.
• In jedem Fall sollen Fahrzeuge bis 2030 ihren CO2-Ausstoß noch um weitere 55 Prozent senken. Noch 2019 hatte sich die EU mal auf 37,5 Prozent CO2-Reduktion festgelegt. Wers vergessen hat: Wir leben schließlich im Klimanotstand. Den hatte die EU im selben Jahr ausgerufen.
• Innereuropäische Flüge sollen ebenso teurer werden, weil künftig eine Kerosinsteuer erhoben werden soll. Die kostenlosen »Verschmutzungsrechte« der Luftfahrt sollen wegfallen. Plätze frei also für EU-Bürokraten und andere grüne Vielflieger, denen höhere Flugpreise nichts ausmachen. Flüge mit Privatjets sollen übrigens von der Kerosinsteuer ausgenommen werden. Weg also mit billigen Ferienfliegern, Mosel statt Malle für den Plebs.
• Teurer werden sollen auch Gas und Heizöl. Die müssen am Emissionshandelssystem teilnehmen und sogenannte »Verschmutzungsrechte« kaufen. Die aber sollen von Jahr zu Jahr weniger werden, sodass die Preise steigen. Frieren gegen den Klimawandel für diejenigen, die sich eine warme Wohnung nicht mehr leisten können.

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Die Kommission will künftig die CO2-Rechte verknappen. Das bedeutet, den Hahn für Industrie und Energieerzeugung zuzudrehen. Das ausgeweitete Emissionshandelssystem soll nach Angaben der EU zu 61 Prozent zu jenem 55 Prozent-Ziel beitragen, also einen recht großen Teil übernehmen.

Klar, dass auch Jobs verloren gehen, sagen die gut bezahlten EU-Leute im Umfeld der Kommissionsverkündung, aber es gebe sicher auch neue Jobs. Zum Beispiel wären da welche in der Batteriefertigung. Doch die läuft zum großen Teil vollautomatisch ab. Für die Automobilindustrie sei das sogar sehr gut, behauptet Brüssel.

»Es hilft dem Weltklima nichts, wenn wir die Industrie in Deutschland zerstören und die Produktion in Regionen abwandert, wo das gleiche Ergebnis mit deutlich höherem CO2-Ausstoß erreicht wird«, kritisierte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) die EU-Vorschläge. Sie begrüßt jedoch die Einführung eines Klimaablasshandels auch für Kraftstoffe und Heizungen. Doch: »Mit dem für 2035 vorgesehenen Flottengrenzwert von 0 Gramm schlägt die EU-Kommission faktisch ein Verbot von Verbrennungsmotoren vor – das gilt auch für Hybride und für leichte Nutzfahrzeuge. Das ist innovationsfeindlich und das Gegenteil von technologieoffen. Die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher wird unnötig eingeschränkt. Die dadurch geforderte Beschleunigung der Transformation ist vor allem für viele Zulieferer kaum zu schaffen. Die Auswirkungen für die Arbeitsplätze in diesem Bereich werden erheblich sein.«

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Die FDP im Europaparlament begrüßt ebenfalls die Ausweitung des Emissionshandelssystems als »zentrales Werkzeug für effektive Klimapolitik«, will aber »klimaneutrale Mobilität« nur mit technologischen Innovationen. Nicola Beer, stellvertretende Bundesvorsitzende FDP: »Eine Regulierung, die das Ziel hat, ausschließlich Elektromotoren zuzulassen, lehnen wir Freien Demokraten ab«.
»Das politisch forcierte Aus für Diesel und Benziner wäre für Deutschland eine volkswirtschaftliche Katastrophe«, erklärt der verkehrspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Dr. Dirk Spaniel. Der frühere Maschinenbau-Ingenieur bei Daimler-Benz betont: »Doch die Schlagzeilen ‚Das Aus für Verbrenner!‘ sind eine Mogelpackung. Hier wird das Ende des Verbrennungsmotors nur suggeriert. Tatsächlich fordert die EU Kommission das Ende des Verbrennungsmotors mit fossilen Kraftstoffen. Synthetische Kraftstoffe werden ausdrücklich als CO2-neutral anerkannt. Das ist alles andere als ein Freibrief für Elektromobilität oder Wasserstoffantriebe. Die Bundesregierung und mittlerweile auch die EU-Kommission haben sich damit eine alte AfD-Forderung zu eigen gemacht. Und zwar synthetische Kraftstoffe als CO2-neutrale Alternative zu akzeptieren. Das bekräftigt dann wieder: Der Verbrenner ist nicht totzukriegen! Und das aus gutem Grund: Er ist nämlich die ökologisch und ökonomisch beste Technologie.«

Jetzt liegen offiziell die Vorschläge der Kommission auf dem Tisch. Die Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten im EU-Rat und im EU-Parlament beginnen. Klar dürfte dabei eins sein: Heizen, Autofahren und Fliegen werden im Namen des Klimas teurer. Mehr Geld aus dem Klimaablasshandel wird in die Brüsseler Kassen gespült und gibt damit dem Moloch noch mehr „Bimbes“ in die Hand, weiter nach Gutdünken herumzufuhrwerken – solange ihm jedenfalls niemand in die Parade fährt.

Sogar die östlichen EU-Mitgliedsländer scheinen einverstanden, werden sie doch mit Geldern zugedeckt. 25 Prozent der Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen in einen „Klimasozialfonds“ fließen, der natürlich auch wieder teuer und aufwendig nach Wohlgefallen verteilt werden wird.

Undenkbar scheint zumindest im Augenblick, dass diese Vorschläge im Industrieland Deutschland widerstandslos hingenommen werden, wenn sich die Folgen breit abzeichnen. Zu tiefgreifend werden die Einschnitte sein, wenn große Autostädte wie Sindelfingen, Wolfsburg oder Ingolstadt dichtmachen müssen. Die Verwerfungen dürften nicht mehr beherrschbar sein. Ein Blick nach Detroit lohnt.

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Kommentare ( 144 )

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trafo
2 Jahre her

DEXIT und zwar sofort. Dann fällt der ganze Glaspalast in Brüssel von ganz alleine um. Dem korrupten System eine der größten Volkswirtschaften komplett entziehen. Aus die Maus. Und mit dem gesparten Geld in unsere eigene Infrastruktur, Bildung und Forschung investieren.

Wer jetzt noch nicht geblickt hat, dass die neuen Fürsten uns nur ausziehen wollen, dem ist nicht mehr zu helfen. Den ganze Brüsseler Sauhaufen zum Teufel jagen. Die braucht keiner. Nur sinnlose Bürokratenposten die nichts bewirken und ein Haufen Geld kosten. Unseres!

luther
2 Jahre her

kennt jemand zufällig eine demokratisch legitimierte Einrichtung der EU? Ist das mehr als ein Abklingbecken für Politnieten?

Regina Lange
2 Jahre her
Antworten an  luther

— Abklingbecken für Politnieten — BRILLANT

Kaltverformer
2 Jahre her

Mir kommt das vor, als wenn eine Parallelwelt in unser Universum eingetreten wäre und sich genau auf Brüssel setzte.
Nichts was diesen Komikern wichtig ist, hat mit der Lebensrealität von 80% der deutschen Bürger noch eine gemeinsame Schnittmenge.

Ob es auf der Titanic auch so war?

199 Luftballon
2 Jahre her

Wie viel Schulden Billionen Euro haben nur alleine die „G7“, von den 27 EU Staaten spreche ich erst gar nicht.

199 Luftballon
2 Jahre her

Haha, der Großteil der Deutschen lebt von Hartz 4 und der Tafel und wir Österreicher werden niemals so dumm sein und von den kruden Ideen von der korrupten Ursula von McKinsey mitspielen, so blöde sind nur die Deutschen, ich frage mich wer das alles finanzieren soll zumal alle 27 EU Staaten völlig pleite und überschuldet sind.

Lore Kokos
2 Jahre her
Antworten an  199 Luftballon

Bleibt zu hoffen, dass Ihre Lands*MännerInnen noch rechtzeitig erkennen, was die EU da gerade auf den Weg bringt. 2019 war der CO2-Ausstoß in Österreich höher als 1990. Wenn der Ausstoß bis 2030 auf 45 Prozent reduziert werden muss, wird das nur mit wirklich drastischen Maßnahmen möglich sein. Ich nehme an, die EU wird sich bei der Umsetzung des „Green Deal“ heillos zerstreiten, sobald die Menschen merken, was da auf sie zukommt.

Schlagsahne
2 Jahre her

Es werden ja nicht nur Heizen, Fliegen und Autofahren teurer. Es geht ja auch an die Immobilien und damit die Mieten. Und natürlich haben diese steigenden Kosten Auswirkungen auf alle Produkte, Handwerker und Dienstleistungen – alles wird irre teuer. Gleichzeitig fallen in der Industrie massenhaft gutbezahlte Jobs weg. Das Steueraufkommen, aus dem ja die notwendigen sozialen Ausgleichszahlungen kommen sollen, wird zurückgehen.
Am Ende steht eine dramatische Verarmung weiter Teile der Bevölkerung und eine wirtschaftliche und soziale Krise, die zum Zusammenbruch der EU führen wird.

schwarzseher
2 Jahre her

Typisch von der Leyen: Krankhaft eitel und völlig inkompetent. Das einzige was sie einigermaßen organisieren kann, sind ihre Frisörtermine. Dazu noch ngrenzenloser Opportunismus. Sobald die Medien etwas propagieren springt sie auf den Zug und geriert sich umgehend zur Lokführerin. Allerdings muß ich ihr noch eine Kompetenz zugestehen, nämlich, das Geld anderer Leute in schwindelerregender Höhe zu verschleudern.

Peter Meyer
2 Jahre her

Wer hat eigentlich die EU dazu legimitiert?

moorwald
2 Jahre her
Antworten an  Peter Meyer

Danach dürfen Sie gar nicht mehr fragen: die legitimiert (ermächtigt) sich selbst – schon immer.

Bernhard J.
2 Jahre her

Ideologischer Fanatismus hat in der Politik schon immer in Katastrophen geführt. Wir erleben gerade eine ideologische Kulturrevolution, die zur Beseitigung der bisherigen Rechtsstaatlichkeit führen wird. Der heraufziehende Staatsfeudalismus mit seinen Pseudoeliten wird solange seinen Chimären nachjagen, bis die letzte Substanz gesellschaftlichen Wohlstandes und Zusammenhaltes geschwunden ist. Was dann kommt wird ganz sicher nicht erfreulich sein. Aber irre Fanatiker hat das ja noch nie gestört, siehe Hitler. Offenbar haben sich die westlichen Demokratien schon aufgegeben, sonst wäre dieses staatsstreichartige Vorgehen gar nicht möglich!

Lore Kokos
2 Jahre her

Klimagerechtigkeit ? Wenn ich es richtig sehe, wird als Bezugsgröße der CO-Ausstoss der einzelnen EU-Staaten im Jahr 1990 verwendet. Der Pro-Kopf-Ausstoss spielt dagegen keine Rolle. Wenn das so ist, ergibt sich ein noch groteskeres Bild. Tschechien darf dann 2030 noch 7,094 Tonnen pro Kopf der Bevölkerung ausstossen, Spanien muss mit 2,637 Tonnen auskommen. Wer im Jahr 1990 besonders viel emittierte, bekommt also als Strafe ein höheres Budget im Jahr 2030. Beim Restbudget ist es umgekehrt, denn dieses wird auf Basis des Bevölkerungsanteils Stand 2016 berechnet. Diese Restbudgets werden mit „Fit for 55“ ohnehin nicht eingehalten. Wenn die Menschen begreifen, dass… Mehr

Adorfer
2 Jahre her
Antworten an  Lore Kokos

Keine Bange. Die „Weltrettung“ wird den dummdoofen deutschen Anstalts-Insassen schon per Gehirnwäsche in allen Medien beigebracht. Widerspruch zwecklos oder gleich ganz verboten. Wir schaffen das.

Lore Kokos
2 Jahre her
Antworten an  Adorfer

Die Deutschen werden vorangehen, daran zweifele ich nicht. Es gibt aber einige Länder denen „Fit for 55“ nicht wirklich gefallen wird. Österreich hat zwar einen vorbildlichen Strommix, die CO2-Emissionen aber seit 1990 um rund 15 Prozent gesteigert. Das Ziel der Veringerung um 55 Prozent gegenüber 1990 bedeutet deshalb für Österreich eine Senkung um rund 61 Prozent in den verbleibenden 10 Jahren, von denen 1,5 schon vergangen sind. Spanien muss knapp 60, die Niederlande 54 Prozent schaffen. Wenn die Ziele nicht am CO2-Ausstoss pro Kopf ausgerichtet werden, wird es sicher massiven Widerstand der Länder geben, die seit 1990 einen besonders großen… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Lore Kokos