Sarrazin-Buchvorstellung in Berlin: Arnold Vaatz rechnet mit Angela Merkel ab

In Berlin stellte Thilo Sarrazin sein neues Buch vor. Dabei: Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Arnold Vaatz. Der fand überraschend deutliche Worte zu Angela Merkel und seiner eigenen Partei.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz, stellte in Berlin am Mittwoch das neue Buch „Wir schaffen das“ von Thilo Sarrazin vor. Das ist schon deshalb brisant, weil Sarrazin – wie es der Titel ja schon andeutet – hier eine Abrechnung mit der Politik der letzten Jahre vorlegt, die maßgeblich von der CDU-Kanzlerin Angela Merkel bestimmt wurde.

Warum der CDU-Politiker Vaatz dennoch dieses Buch vorstellte? Als „gelernter DDR-Bürger“ sei er skeptisch, wenn ein Buch von jemandem als „nicht hilfreich“ bezeichnet werde, obwohl derjenige es nicht einmal gelesen hat. Er bezieht sich auf Merkels entsprechenden Kommentar zu Sarrazins Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ von 2010. Da das neue Buch ähnliche Zuschreibungen auf sich ziehen werde, habe Vaatz die Einladung angenommen.

Nach diesem Anlauf zieht Vaatz eine knallharte Bilanz der Entwicklung der Union der letzten Jahre: „Die Union rückte nach links“. Er spricht über die Unvereinbarkeit des politischen Islam mit den Werten der Gesellschaft, die Entwicklung der EU zur Haftungsunion, die Flüchtlingspolitik und den fragwürdigen Deal mit Erdogan, die Dämonisierung und damit einhergehende systematische Schwächung der Polizei, die Gefährdung des Rechtsstaates und vieles weitere. Immer wieder benennt er dabei eine Schuldige: Angela Merkel. Für die Grünen sei sie ein „Lebenselixier“ gewesen, für Linke das beste, was ihnen passieren konnte.

Die Bundeskanzlerin habe außerdem die „Moralisierung“ der Politik vorangetrieben. Tief blicken lassen seine Worte zur Rolle des Bundesverfassungsgerichts. Das könne nämlich „etwas erleben“, wenn es es wage gegenüber den Regierenden auf den „Elefanten im Raum“, auf die geltenden Gesetze hinzuweisen.

Vaatz lobte Sarrazins Blick auf die Politik und forderte diesen auf, er müsse nochmal zur Feder greifen – nämlich über die Rolle der Medien. Vaatz kritisierte, dass insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk Druck erzeugen würde, um die Politik „in die von ihnen gewünschte Furche“ zu treiben. Die Medien würden zunehmend die Rolle des Beobachters verlassen und stattdessen die des Volkserziehers einnehmen. Zum medialen Umgang der Medien mit Sarrazins Publikationen sagte LMV-Verleger Fleissner, er habe den Eindruck, da werde manchmal nach dem Motto gehandelt: „Wenn wir ihn nicht canceln können, dann müssen wir ihn verschweigen“. 

Sarrazins Buch schildert die Fehler der Politik der letzten Jahre – Sarrazin selbst meint, es hätte keine Kernaussage, da die Politik selbst keine habe. Fleissner meint hingegen, der Kern sei die Frage, wie gutes Regieren möglich sei. Sarrazin bietet dafür Erfahrungen aus 45 Jahren als politischer Beamter und Politiker. Der Titel des Buches sei wohlgemerkt in Anführungszeichen gehalten, um sich von der Aussage zu distanzieren. „Wenn man meint, es würde schon irgendwie alles klappen, wenn man nur erst mal anfängt – damit beginnt ja meistens das politische Unheil der Welt“ so Sarrazin.

Auf die Frage, wie er mit der AfD umgehe, sagte Sarrazin: „Meine Gedanken bilde ich mir in meinem eigenen Kopf“.

Thilo Sarrazin, »Wir schaffen das«. Erläuterungen zum politischen Wunschdenken. LMV, 184 Seiten, 20,- €.


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Kommentare ( 83 )

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GefanzerterAloholiker
2 Jahre her

Nachher will es niemand gewesen sein. Und wieder andere distanzieren sich früher. Dabei waren sie alle dabei. Herrn Sarrazin nehme ich seinen Protest immerhin noch ab. Der spielte sich aber im gut ausgestatteten Rahmen ab. Da hat er schon seinen Schnitt gemacht.

Dieter Kief
3 Jahre her

Arnold Vaatz ist da was entgangen: Thilo Sarrazin hat ein Buch über die Rolle der Medien in der deutschen Öffentlichkeit geschrieben, und zwar ein sehr umfangreiches und sehr gutes. Es heißt Der neue Tugendterror und kann auch bei ihrer dunkelgrünen buchjhändlerin vor Ort bestellt werden – je dunkegrüner die ist, umso verachtungsvoller wird sie Sie anschauen. Aber das Buch wird sie vermutlich bestellen – und – ich verischere Arnold Vaatz nochmal: Es ist ein sehr gutes Buch!

Index
3 Jahre her

Meine Empfehlung
https://www.youtube.com/watch?v=SilOG1uexSQ
„ZDF Interview – Professor Albrecht über Deutschlands Weg in den Überwachungstaat“ (aus 2012! Finde die Konstanten)
Einer der klügsten Kommentare zum tolldreisten Vorgehen unserer Exekutive, die ich kenne, auch wenn es damals um den Terrorismus ging und heute um den Umgang mit Kritikern im Lande.

Udo Kemmerling
3 Jahre her

Herr Sarrazin, Herr Vaatz (und Herr Otte, Herr Mitsch, Frau Lengsfeld, den Rest zähl´ ich jetzt nicht auf, weil das Prinzip klar geworden sein sollte!) sind ein wirklich überraschendes Beispiel dafür, dass etwas, dass sich anhört wie ein Pferd, das riecht wie ein Pferd, in jeder Hinsicht den Verdacht nährt ein Pferd zu sein, nichtsdestowenigertrotz ein ZEBRA ist. Und bitte keine Nachfragen, wer die Pferde sind…

Lucius de Geer
3 Jahre her
Antworten an  Udo Kemmerling

Raffiniert und auf den Punkt, danke!

Imre
3 Jahre her

Gibt es aus Ihrer Sicht berechtigten Grund anzunehmen, dass WIR die Kurve tatsächlich noch kriegen?! (also Deutschland/ Deutsche)
Ungarn, Franzosen, Italiener mit hoher Sicherheit – bei ohnehin besserer Ausgangslage. Aber D doch nicht, bei diesem außergewöhnlichem Grad an gesellschaftlicher Verblödung durch Medien und Politik, Desinteresse, dieser unfähigen politischen Scheinelite und ebenso denkfaulen Wählern!

Der Winzer
3 Jahre her

Kubicki, Vaatz und wie sie alle heißen – so richtig ihre Einsichten ja sind:
Irgendwie erinnern mich die Herrschaften an die Generäle & Feldmarschälle der Wehrmacht, die nach dem verlorenen Krieg in ihren „Erinnerungen“ auch alle die Fehler und Verbrechen des Gröfaz so treffend zu beschreiben wussten.
Bspw. Generalfeldmarschall Erich von Manstein („Verlorene Siege“), der als es darauf ankam, Hitler zu stürzen, dem Widerstandkämpfer von Gersdorff geantwortet haben soll: „Preußische Feldmarschälle meutern nicht.“

W aus der Diaspora
3 Jahre her
Antworten an  Der Winzer

Ja!

Lucius de Geer
3 Jahre her

Weiß jemand, ob der „rebellische“ Vaatz eigentlich irgendetwas Wichtiges für unser Gemeinwesen erreicht hat? Irgendeinen nachvollziehbaren Gegenwert für die mehr als üppige Alimentierung und Spitzenpension, für die die Steuerzahler aufkommen müssen? Vermutlich nicht, deshalb habe ich keine Achtung vor solchen Leuten.

Fui Fujicato
3 Jahre her

Wo waren denn die ganzen Parteistrategen, die quasi immer persönlich den ganzen Merkelkurs abgelehnt haben, 2017 – trotz Wählerverlusten von ca.10% für die CDU & ca.10% für die SPD + vollmundigen Bekundungen der Nichtfortsetzung der GroKo – wieder für eine weitere Fortsetzung der eigentlich eindeutig abgewählten GroKo gestimmt haben ??? Warum hat man sich nicht für eine Kooperation mit der eindeutig durch die Wähler autorisierten zweitstärksten Partei – der AfD – entschlossen, um die noch vorhandenen Reste konservativer Politik zu retten & eine dringend erforderliche Kehrwende der deutschen + europäischen Politik vorzunehmen ??? Persönliche Versorgungsüberlegungen, fehlende Übernahmeangebote nationaler und/oder internationaler… Mehr

Kappes
3 Jahre her
Antworten an  Fui Fujicato

Die AfD war bei der Wahl im September 2017 nicht die zweitstärkste Partei. Sie war mit 12,6% „nur“ die drittstärkste Partei hinter Union (32,9%) und SPD (20,5%). Für eine regierungsfähige Koalition aus Union/AfD hätte es nicht gereicht.

Klaus D
3 Jahre her
Antworten an  Fui Fujicato

weil immer noch sehr viele vom Merkel system profitieren….Merkel hat auch immer die richtige bedient…dumm ist die ja nicht sonst wäre sie nicht schon seit 2005 kanzlerin bzw würde es zu 100% nochmals wenn sie denn antreten würde

Gabriele Kremmel
3 Jahre her

„Es ist nicht hilfreich“ ist Merkels diplomatische Art zu sagen „Fahr mir gefälligst nicht in die Parade“. Merkelsprech kann man nur in der Rückschau richtig verstehen. Ihre autoritäre, ignorante und herrische Ader konnte man allerdings schon früher erkennen. Das Buch von Frau Dr. Gertrud Höhler war vor 9 Jahren im Handel. Sie beschrieb früh, was man 7 bis 8 Jahre später in den alternativen Medien lesen konnte. Man hätte dennoch vorgewarnt sein müssen, denn dass eine gelernte Sozialistin sogar bei bestem Willen Probleme haben könnte, echte Demokratie auszuhalten und überhaupt das Prinzip zu verstehen (Freiheit und Rechte der Bürger wiegen… Mehr

luxlimbus
3 Jahre her
Antworten an  Gabriele Kremmel

Das wirklich Ärgerliche ist doch, dass die überwiegende (weibliche) Wählerschaft dieser Frau, sich bis heute keine bezeichnende Vorstellung von den charakter- und weltanschaulichen Eigenarten dieser Person machen kann, da die After- & Jubelmedien hier ein Vakuum generieren, welches nur all zu gerne von diesen wohlmeinenden Massen mit absonderlichen Gefühlskitsch („Mutti“ ~ „Väterchen Stalin“) vorauseilend gefüllt wird.

nachgefragt
3 Jahre her

Wenn ein Politiker von Politikern anderer Parteien stets Beifall erntet und gelobt wird, dann sollte jedes Parteimitglied dieses Politikers eigentlich sofort wissen, dass da etwas nicht stimmt. Wer dafür 16 Jahre braucht, … naja. Als CDU-Mitglied hätte einem spätestens nach dem Parteitag mit dem Options-Modell-Beschluss zur doppelten Staatsbürgerschaft und Merkels klarer Missachtung ein Licht aufgehen müssen. Wer auch da noch nicht gemerkt hat, hatte noch Gelegenheit bei Merkels Einmischung in Thüringen letztes Jahr. Die Frau ist verfassungsfeindlich und arbeitet mit rechtswidrigen Mitteln. Was ihr Demokratie- und Rechtsstaat-Verständnis betrifft, steht sie in einer Reihe mit Ulbricht und Honecker.