DIHK-Vizepräsident Olbricht fordert Neubau von Kernkraftwerken

Nicht nur den Atom-, sondern auch den Kohleausstieg findet DIHK-Vizepräsident Klaus Olbricht falsch. „Ist eine sichere, bezahlbare Energieversorgung nicht gewährleistet, wird Deutschland als Industrienation bald keine Rolle mehr spielen“, so Olbricht im TE-Interview. Vor allem im Osten erwartet er eine Pleitewelle.

IMAGO/Bihlmeyerfotografie

Frankfurt. Der Deutsche Industrie- und Handelstag rechnet damit, dass die Gaspreise im Winter noch weiter steigen und vor allem in Ostdeutschland eine Pleitewelle droht. Deshalb fordert der DIHK-Vizepräsident Olbricht nicht nur eine Laufzeitverlängerung der vorhandenen Kernkraftwerke, sondern sogar den Neubau von Atomkraftwerken. „Wir sollten in Deutschland nicht nur eine Laufzeitenverlängerung erwägen, sondern uns auch Gedanken machen, ob wir neue Kraftwerke planen, so wie es auch andere Industrienationen praktizieren“, sagte DIHK-Vizepräsident Klaus Olbricht im Gespräch mit dem Magazin Tichys Einblick. Auch den geplanten Kohleausstieg hält er für falsch. „Wir halten trotz der größten Energiekrise und obwohl wir die modernsten Kohlekraftwerke der Welt haben, am Kohleausstieg fest. Aus ideologischen Gründen, wohlgemerkt. Wollen wir unsere Volkswirtschaft nicht an die Wand fahren, brauchen wir jetzt eine sichere und bezahlbare Energieversorgung.“

Während die deutsche Industrie besonders unter den Kostensteigerungen durch den Ukraine-Krieg leide, profitierten im Gegenzug die Konkurrenten China und Indien von günstigen Gaspreisen. „Russland beliefert sie weiter mit billigem Gas. Ihre Produktionen werden dadurch relativ günstiger, ihre Produkte billiger. Das ist ein Hebel, um Märkte in der westlichen Welt zu erobern, die bislang von deutschen und europäischen Firmen besetzt sind. Vor allem für die Strategie Pekings, die Volksrepublik als weltweit dominierende Wirtschaftsmacht zu etablieren, ist der Ukraine­-Konflikt ein Katalysator.“

Olbricht befürchtet, dass Deutschland sogar bleibend zurückfällt. Sei eine günstige Energieversorgung nicht gewährleistet, werde „Deutschland als Industrienation schon bald keine Rolle mehr spielen“, so Olbricht. „Wenn unsere Produkte nicht mehr konkurrenzfähig sind, werden andere Anbieter schneller, als wir es uns jetzt noch vorstellen können, in die Bresche springen und unsere Marktanteile übernehmen. Das zeichnet sich schon ab.“

Druck auf China und Indien könne Deutschland nicht mehr ausüben. „Das ist unmöglich. Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen China und Deutschland sind inzwischen viel zu verzahnt. Würden sie ins Stocken geraten, käme unsere Wirtschaft zusätzlich in Bedrängnis.“ Deshalb müsse Deutschland seine Abhängigkeiten verringern. „Das gilt für die Zulieferindustrie, um Lieferketten sicherzustellen, aber auch für die Rohstoffsicherung – etwa bei den seltenen Erden. Wollen wir in diesem Verteilungskampf nicht unterliegen, müssen die Bundesregierung – und auch die EU­-Kommission – Denkverbote über Bord werfen und längst fällige Reformen anstoßen, damit wir konkurrenzfähig bleiben.“

Vor allem die Unternehmen im Osten stünden vor einer Pleitewelle. Dort seien die „Betriebe auch 30 Jahre nach der deut­schen Einheit immer noch wesentlich kapitalschwächer“ und deshalb von der Energiekrise stärker betroffen als Unternehmen im Westen. „Die hohen Energiepreise und der Fortfall des russischen Marktes treffen sie doppelt.“


Das ganze Interview in Tichys Einblick 09-2022 >>>

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Kommentare ( 70 )

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Sargas
1 Jahr her

1) Bitte genauer! Olbricht „fordert“ nicht (das wäre ja mal eine Ansage gewesen, aber vom Vize-Präsident einer quasi-staatlichen Organisation sicher nicht zu erwarten). Vielmehr meint er, „wir (wer ist ‚wir‘?) sollten (Konjunktiv II) erwägen (eine Merz-würdige Formulierung). Also noch so ein weichgespülter Vertreter unserer weichgespülten Zeit.
2) Und wenn er das wirklich will, dann sollte er die Wirtschaft dazu aufFORDERN, eine liberal-konservative Partei zu gründen, die FDP/CDU sozusagen, die es nicht mehr gibt …

ketzerlehrling
1 Jahr her

Endlich eine vernünftige Forderung.

FerritKappe
1 Jahr her

„Ist eine sichere, bezahlbare Energieversorgung nicht gewährleistet, wird Deutschland als Industrienation bald keine Rolle mehr spielen“

Das hat er ganz richtig verstanden. Was er allerdings wohl nicht versteht: Genau das ist das Ziel der Regierung.

pcn
1 Jahr her

Ungeheuerlich, diese verspätete Kritik! Längst war klar, spätestens seit 2011, dass die Energiewende mit Windmühlen, Solardächer niemals funktionieren wird. Dann der Blödsinn mit dem „Grünen Wasserstoff“. Teuer, weil mit einem miserablen Wirkungsgrad in der Erzeugung. Und diese perverse Wahnvorstellung, wir müssten Vorbild für die Welt in Sachen Kampf gegen den Klimawandel sein. Dieser Schwindel um diesen CO2-Zirkus! Unfassbar, dass es Leute gibt, die diesen Quatsch auch noch für bare Münze nehmen! Und dazu kommt diese Grünen Sekte noch auf die Idee, uns das Essen in den Biogastank zu werfen und somit uns das Essen vom Teller nehmen. Das ist gewollt,… Mehr

GP
1 Jahr her

Ach, auf einmal? Was hat denn der DIHK die letzten 11 Jahre gemacht? Merkels desaströste Politik mit getragen und jede Kritik daran im Keime erstickt. Alle haben mitgemacht und jetzt will keiner dabei gewesen sein. Es ist wie es war, im besten Deutschland aller Zeiten….

Peterson82
1 Jahr her

Der Reaktor stand auch schon vor 10 Jahren kurz vor der Serienreife und ist es in 10 Jahren auch. Wir brauchen die Energie aber jetzt und nicht erst in 10 Jahren. Daher existierende Kraftwerke weiterlaufen lassen und fertig. Neue AKW nach altem Prinzip waren aber schon seit Kalkar in der Bevölkerung ausgeschlossen, weit vor der grünen Ära. Der Ofen ist aus. Und betrachtet man mal endlich die ehrlichen Erzeugerkosten inkl. der Ewigkeitskosten für Endlager, den explodierenden Baukosten dann wäre AKW-Strom völlig abwegig. Greifswald Rückbau ist ein Projekt für jemanden der mit 20 dort im Rückbau anfängt und das bis zur… Mehr

RS
1 Jahr her

„DIHK-Vizepräsident fordert Neubau von Kernkraftwerken.“

Vor allem die Unternehmen im Osten stünden vor einer Pleitewelle.“

Sagt er damit nicht implizit auch etwas über die Leute aus, die z.B. das völlig intakte Philippsburg 2 haben zerstören lassen? Oder die anderen Kernkraftwerke? Oder das modernste Kohlekraftwerk Moorburg? Hätte er das nicht sehr viel klarer, deutlicher, schärfer formulieren sollen? In einfacher Sprache für die einfachen Leute und Politiker? Hätte der DIHK das nicht vor Jahren schon sehr viel deutlicher und hörbarer sagen müssen, wo es doch um die Existenz seiner Mitglieder geht und damals schon ging?

Eberhard
1 Jahr her

Wo waren sie nur die ganzen Jahre seit Merkels Atomausstieg, unsere Industriebosse? Viele haben sogar noch verdient auf unserem Weg in die eingleisige unsichere Flatter Energieversorgung und ihre zusätzliche Teuerung. Solange eine linksgrüne Regierung oder auch nur solcher Regierungseinfluss besteht, ist denen ihr Glaubensbekenntnis wichtiger als die Wirtschaft, das Volk und sozialer Niedergang. Wie eine apokalyptische Sekte werden sie eher den eigenen Untergang in Kauf nehmen, als ihren Glauben zu reformieren. Erst wenn alles runtergewirtschaftet, Andere an uns vorbeigezogen, der Wohlstand für breite Bevölkerungsschichten arg gelitten, die Armen ganz arm und nichts mehr zu verlieren und revoltieren, wird der links… Mehr

TR
1 Jahr her

Ich kenne Klaus Olbricht nicht, seit wann ist er im DIHK? Ich frage mich generell, warum hat das DIHK nicht früher auf die sich anbahnende Katastrophe hingewiesen, seit Angela und Ihren Vasallen in CDU und CSU in einer Nacht und Nebelaktion 2011 die Zukunft der deutschen Energieversorgung zerstörten? Warum hat damals niemand in der Wirtschaft versucht den Wahnsinn aufzuhalten? Kaeser von Siemens hat gejubelt, wie andere Schleimer in der Wirtschaft auch. Letztendlich sind wohl die mafiösen Strukturen zwischen Wirtschaft und Politik schuldig an der Katastrophe die gerade über Deutschland hereinbricht. Die wussten was passieren wird, aber der Futternapf war zu… Mehr

Last edited 1 Jahr her by TR
Manuela
1 Jahr her

Also das „Wall Street Journal“ meldet, dass der Ausstieg vom Ausstieg beschlossen ist und sogar das Parlament darüber „abstimmen“ wird.
Mal wieder noch nix in jeglichen deutschen Medien darüber gelesen.
https://www.wsj.com/articles/germany-to-keep-last-three-nuclear-power-plants-running-in-policy-u-turn-11660661914?st=vm2xoi5yckk1xs2&reflink=article_imessage_share

Last edited 1 Jahr her by Manuela