SPD-Taktik: Ein bißchen Neid hilft immer

Die Menschen haben etwas zu vererben. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Gut genug, um sofort die Neidkarte zu ziehen: Was der Mensch erspart hat, gehört dem Staat, nicht den Kindern, findet die SPD.

Die Wirtschaftsforscher haben sich getäuscht. Zwischen 2012 und 2027 werden in Deutschland 400 Milliarden Euro vererbt – Jahr für Jahr. Bisher war das Deutsche Institut für Wirtschaftsforum (DIW) von einem Vererbungsvolumen von jährlich 200 bis 300 Milliarden Euro ausgegangen. Unsere künftigen Toten sind also reicher als gedacht.

Das ist eine rundum positive Nachricht. Denn sie besagt, die Älteren bei uns waren produktiv und sparsam, hinterlassen deshalb ihren Nachkommen noch mehr. Natürlich sind unter den „Erblassern“ auch Menschen, die von ihren Müttern und Vätern schon reichlich bedacht wurden. Doch haben sie in den meisten Fällen das Ererbte nicht verschleudert, sondern vermehrt. Sofern das Erbe aus Betriebsvermögen bestand, haben sie Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen. Alles in allem war das gut für sie – und gut für unsere Volkswirtschaft.

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Nun ist aber Wahlkampf. Weshalb die üblichen Verdächtigen laut aufschreien, die schreiende Ungerechtigkeit in diesem Land beklagen und – was auch sonst – die Erbschaftsteuer kräftig erhöhen wollen. Karl Lauterbach, SPD-MdB, Gesundheitsexperte und beim Thema Umverteilung immer ganz vorn, empörte sich prompt auf Twitter: „2 Klassen-Erben: 10% pro Jahr erben im Schnitt 3 Millionen. 50% nix. Erbschaftsteuer muss hoch.“ Denn da ist sich der Genosse Lauterbach ganz sicher: Ein bißchen Neid schüren kommt immer an.

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Nun stimmt das mit den „50% nix“ gar nicht. Laut DIW liegt das durchschnittliche Erbe „im untersten Fünftel“ bei knapp 68.000 Euro. Gut, das ist weniger als drei Millionen. Aber 68.000 Euro sind auch nicht „nix“. Aber bleiben wir bei der lauterbachschen Umverteilungs-Mathematik. Ginge es den 50%, die angeblich „nix“ erben, besser, wenn auch „die da oben“ nichts erbten? Materiell sicher nicht, Neid-politisch schon. Aber ohne die angeblich schreiende Ungerechtigkeit beim Erben ginge den Umverteilungsrepublik-Aposteln wie Lauterbach ein Thema verloren. Ob der Genosse das bedacht hat?

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Statt „Erbschaftsteuer hoch“ zu rufen, wie Lauterbach das tut, sollten wir lieber über eine vernünftige Reform der Erbschaftsteuer nachdenken. Genau genommen kann nur vererbt werden, was bereits einmal versteuert worden ist. Doch wollen alle Parteien wegen der Einnahmen und aus Gründen der „Gerechtigkeit“ an dieser Doppelbesteuerung festhalten. Die vollzieht sich heute jedoch auf recht einseitige Weise. Vereinfacht gesagt: Wer ein Unternehmen oder Anteile daran erbt, zahlt nur in ganz seltenen Fällen  Erbschaftsteuer, wer dagegen plötzlich Aktien- oder Immobilienbesitzer wird, der wird zur Kasse gebeten. Dafür gibt es steuersystematisch keinen Grund.

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Während SPD, Grüne und Linke mehr oder weniger „Erbschaftsteuer rauf“ rufen und die CDU/CSU sich mit Rücksicht auf schwäbische und sonstige Familienunternehmer zurückhält, hat wenigstens die FDP einen klaren Plan: Eine einheitliche Erbschaftsteuer von 10 Prozent ab einem Freibetrag von einer Million Euro, und zwar auf Geld- wie auf Kapitalvermögen, auf Betriebe, Aktien und Immobilien. Aber auch dann ließe sich nicht vermeiden, dass die einen mehr und die anderen weniger erben. Denn absolute Gleichheit gibt es nicht einmal im Sozialismus. Auch dort schneidet sich die Parteielite immer besonders große Stücke aus dem Kuchen.

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Wahlkampfweisheit zum Tage: Neid ist der Ärger über den Mangel an Gelegenheit zur Schadenfreude.

Hugo Müller-Voggs Countdown zur Wahl erscheint immer dann, wenn sich an der Wahlkampffront Interessantes tut.

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Kommentare ( 12 )

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Hartwig Meier
6 Jahre her

Wenn ich 100000 € verdiene muss ich 45 % Steuern zahlen, Einkommenssteuer von den zusätzlichen nicht zu sprechen. Wenn ich nicht arbeite und 100000 € aus Kapitaleinkünften habe zahle 22 %…
Wenn ich 100000 € verschenke wird Schenkungssteuer fällig…warum also keine entsprechende Erbschaftssteuer?
Der Erbe hat nichts für das Geld geleistet…ebenso wenig wie der Beschenkte.
Manchmal kann man die Gedankengänge der Menschen nicht verstehen…

as140
6 Jahre her

Ich finde das Wort „Neid“ hat in so komplexen politischen Diskussionen keine Daseinsberechtigung. Man mag nichts von Lauterbachs Plänen halten, aber der Mann ist definitiv selbst gut betucht und hat daher andere Motive als „Neid“.

Swengoessouth
6 Jahre her

Es gibt nur eine vernünftige Lösung für die Erbschaftssteuer und dies ist die Abschaffung. Dem Staat werden die Steuereinnahmen niemals reichen es ist immer zu wenig Geld da. Die Steuereinnahmen sind von 2005 sind von 2005 bis 2016 um mehr als 50% angestiegen. Trotzdem verrottet alles im stattlichen Besitz wie Straßen, Bundeswehr oder sonstige Liegenschaften des Staats. Ich hoffe das BVerG wird die Erbschaftssteuer beim nächsten Urteil genauso aussetzen wie die Vermögenssteuer. Der Bürger weiß besser mit dem geld um zugehen als jede statliche Instanz, somit ist das Geld auch dort beser aufgehoben. Gerade wenn man die Steuer- und Abgabengesamtbelastung… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her
Antworten an  Swengoessouth

Sehr liberaler Ansatz.
Weniger Staat, mehr Bürger.

as140
6 Jahre her
Antworten an  Swengoessouth

„Es gibt nur eine vernünftige Lösung für die Erbschaftssteuer und dies ist die Abschaffung.“
Darab ist überhaupt nichts vernünftig. Es sei denn man möchte, dass dem Staat Geld für wichtige Investitionen fehlt.

Ariane Aran
6 Jahre her

Was beim Thema Erbschaftssteuer nicht zur Sprache kommt: Natürlich wird viel vererbt. Da es von Generation zu Generation weniger Nachkommen gibt. Je weniger Nachkommen es gibt, umso mehr kann an den einzelnen Nachkommen vererbt werden. Das ist aber kein Argument dafür, die Erbschaftssteuer zu erhöhen, denn nicht die „Verteilungerechtigkeit“ ist angestiegen, sondern die Geburtenrate ist gesunken.

as140
6 Jahre her
Antworten an  Ariane Aran

„Das ist aber kein Argument dafür, die Erbschaftssteuer zu erhöhen, denn nicht die „Verteilungerechtigkeit“ ist angestiegen, sondern die Geburtenrate ist gesunken.“

Beides ist der Fall. Zwar ist die Geburtenrate gesunken, aber unabhängig davon tut sich schon langsam eine Kluft zwischen Arm und Reich auf.

Jahrgang 68
6 Jahre her

Zum Thema Doppelbesteuerung: Die ist gang und gäbe – und zwar in der Kombination von direkten und indirekten Steuern. Warum soll es Vermögende und deren Erben nicht genau so treffen? Zum Thema Erbschaftssteuern: Es ist allemal besser, leistungslos erworbenes Vemögen (das Erbe) als jenes aus Leistung (Arbeit im weitesten Sinne) erworbene Vermögen zu besteuern. Vermögenssteuer? Nein. Erbschaftssteuer? Ja. Der FDP-Vorschlag erscheint vernünftig. Vernünftig finde ich es auch, statt geerbte Unternehmen in der Substanz zu besteuern, einen angemessenenen Steuer-Aufschlag (z.B. über zehn Jahre) auf Gewinne von geerbten Unternehmen zu erheben. Das wäre ausgesprochen mittelstandsfreundlich. Außerdem lassen sich so wirklich reiche Unternehmenserben… Mehr

Peter Gramm
6 Jahre her

Herr Müller-Vogg, ihre Neiddebatte in allen Ehren, logisch und nachvollziehbar ist sie nicht.Jeder normale Arbeitnehmer der an seiner Arbeitsstelle seine Leistung erbringt und dafür entlohnt wird zahlt darauf eine Abgabe an den Staat. Sei es Lohn- oder Einkommensteuer (ich weiss ein Großteil der Bürger zahlt überhaubt keine Einkommensteuer). Der Arbeitnehmer erbringt für seine Entlohnung eine Leistung. Der Staat partizipiert daran wenn er als Lediger mehr als ca. € 8.800,- p.a. zu versteuerndes Einkommen hat. (Davon kann niemand leben, trotzdem greift der Staat ab. Politiker trifft es in de rRegel ja nicht, die haben zu Lebzeiten schon dafür gesorgt dass sie… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

hat wenigstens die FDP einen klaren Plan:

Den sie in einer Jamaika-Koalition (worst case) weder durchsetzen wird können (noch wie in der Vergangenheit: wollen).

Sie wird wahrscheinlich, wenn ihr das Würstchen der Macht vor die Nase gehalten wird wieder fügsam sein um wieder in den BT einzuziehen. Was da in der FDP an Überzeugung existiert ist m.E. mikroskopisch, kaum wahrnehmbar. Ausserdem lässt sie die dafür notwendige, konsequente und glaubhafte ordnungspolitische Orientierung (früher: marktwirtschaftlich) vermissen.

Über Lauterbach und die Neidmasche der SPD verbietet sich jeglicher (intelligente) Kommentar (was das SPD-Parteivermögen angeht siehe: https://www.tichyseinblick.de/meinungen/die-kriegskassen-der-bundestagsparteien-sind-zum-bersten-gefuellt/ ).

ZurückzurVernunft
6 Jahre her

Noch 80 Tage bis zur Wahl. Da die Altparteien ein Schweigekartell zum wichtigsten Thema „Migrationskrise“ vereinbart haben, müssen Sie halt krampfhaft versuchen, die Wähler mit abgedroschenen Themen abzuspeisen. Dabei ist die Migrationskrise nicht mal ansatzweise gelöst: – Der Zustrom junger Männer hält an – jeden Monat kommt eine Kleinstadt der Größe von 20.000 Einwohnern zu unseren Sozialsystemen hinzu. – Italien schreit um Hilfe. – Im Mittelmeer ertrinken täglich Flüchtlinge – Die Kriminalität und die Terrorgefahr steigt täglich – Die Europäische Umverteilung ist krachend gescheitert – Die nationale Kraftanstrengung bezüglich Rückführung, Rückführung und nochmals Rückführung “ ist krachend gescheitert – Die… Mehr

Nonstop Nonsens
6 Jahre her

„Neid ist der Ärger über den Mangel an Gelegenheit zur Schadenfreude.“ …ist auch gut )))) Wobei ich eher bei dieser Deutung gern bleibe: „Neid ist Anspruchsdenken auf fremdes Eigentum.“