Österreich: Kleine Geschäfte und Baumärkte öffnen

Studie: Vom 1. bis 6. April waren mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit 0,12 bis 0,76 aller in Österreich Lebenden infiziert.

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Heute trat das bekannte Quartett, bestehend aus Kanzler Kurz, Vizekanzler Kogler, Gesundheitsminister Anschober und Innenminister Nehammer erneut vor die Presse und über ORF an die ganze Bevölkerung. Kurz konnte sichtlich erfreut und erleichtert verkünden, dass die vorgesehen Lockerungsmaßnahmen stattfinden können, weil sich die Bürger mit großer Disziplin auch über das Osterwochenende bewegt haben. Die angestrebte Abflachung der Ausbreitung des Virus setzte sich auch in den letzten Tagen fort, wie Anschober in Grafiken zeigen konnte.
Kogler kündigte an, in den komenden Tagen über Lockerungen beim Sport und bei Sportstätten im Detail zu berichten. Nehammer konnte eine Abnahme der Anzeigen und Ordnungsmaßnahmen der Polizei gegen die Nichteinhaltung der Ausgangseinschränkungen melden. Während der Pressekonferenz gingen Meldungen von langen Schlangen vor Baumärkten ein, die an einkaufsstarke Samstage erinnern, aber auch die gute Nachricht vom Einhalten der Abstands- und Gesichtsschutz-Gebote.
Warum Schulen noch nicht öffnen, fragte ein Journalist. Kurz antwortete, die Priorität läge erstens auf dem Wiederbeginnen von Wirtschaft und zweitens wäre die Einhaltung der essentiellen Abstands- und Gesichtsschutzmaßnahmen bei Kindern nicht in dem Ausmaß zu erwarten wie bei Erwachsenen. Ein erneutes Ansteigen der Infektionszahlen wolle die Regierung möglichst klug vermeiden.
Die stufenweise Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen beginnt heute mit der Öffnung kleiner Geschäfte mit weniger als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche und von Bau- und Gartenmärkten unabhängig von ihrer Größe – das sind zusammen um 80 Prozent aller Einzelhändler. Verbunden mit diesem Schritt sind strenge Auflagen: Alle Kunden und Mitarbeiter müssen einen Mundschutz tragen, den Mindestabstand von einem Meter einhalten, die Zahl der Kunden im Verkaufsraum wird begrenzt.
Mundschutz wird in allen öffentlichen Verkehrsmitteln zur Pflicht. Die bisherigen Ausgangsbeschränkungen bleiben bis Ende April in Kraft. Ab 2. Mai sollen alle Geschäfte öffnen dürfen, ab Mitte Mai die Gastronomie. Alle geplanten Schritte hat die Regierung Kurz unter den Vorbehalt gestellt, dass sich die Verlangsamung der Pandemie durch die Disziplin der Bevölkerung fortsetzt.

Wie viele in Österreich mit dem Corona-Virus infiziert sind, dem gingen das Sozialforschungsinstitut Sora mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien in einer „Prävalenzstudie” vom 1. bis 6. April nach. 2.000 Personen sollten getestet werden, 23 Prozent der zufällig Ausgewählten lehnten ab. 1.544 wurden tatsächlich getestet, 0,33 Prozent waren Corona-positiv. Schlussfolgerung: Vom 1. bis 6. April waren mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit 0,12 bis 0,76 aller in Österreich Lebenden infiziert, in absoluten Zahlen 10.200 bis 67.400 (den offiziellen Meldungen nach waren es 10.500 und 12.200).

Die jüngste getestete Person in 250 Gemeinden war noch kein Jahr alt, die älteste 94 Jahre. Weitere Erhebungen werden nun von Statistik Austria durchgeführt, die nächsten Ergebnisse Ende April erwartet.

Nach den Osterfeiertagen werden die Testkapazitäten auf das Coronavirus weiter erhöht mit dem Schwerpunkt Alters- und Pflegeheime, wo Bewohner und Personal auf SARS-CoV-2 untersucht werden. Die Gesamtzahl der Tests an die 150.000 – durchschnittlich 5.000 Tests pro Tag – erreicht aber wegen Materialmangel die Devise „Testen, testen, testen!“ von Kanzler Kurz und die Vorgabe von 15.000 Tests am Tag noch bei weitem nicht.

Die Verantwortlichen in Bund und Ländern finden sich in ihren Beurteilungen bestätigt und erneuerten ihre Appelle an die Bevölkerung, beim eingeschlagenen Weg weiter mitzumachen.

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Kommentare ( 15 )

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Fulbert
4 Jahre her

** Letztlich macht er auch nichts anderes als die anderen Länder in Europa, nur dass felix Austria wohl etwas mehr Glück hatte – was nun als Leistung der Regierung verkauft wird.
Zu Lob für irgendeinen dieser europäischen Politiker könnte ich mich erst dann aufraffen, wenn einer von ihnen von Anfang an eine durchdachte Abwägung von Schaden und Nutzen getroffen hätte, um dann einen Mittelweg zu finden. Das kann ich im Nachbarland aber ebenso wenig erkennen wie anderswo, denn dort fand der gleiche unsinnige Shutdown statt wie überall sonst auch.

Franz95
4 Jahre her

Der Großteil der Infizierten ist nach zwei Wochen genesen. Ich habe mal die absoluten Neuinfektionen in Österreich aus dem Beitrag von Thomas Mayer der letzen zwei Wochen überschlagen und zusammen addiert und komme auf ca 4000 Personen, die derzeit infiziert seien sollten. Die Studie rechnet mit 10.200 bis 67.400 derzeit infizierten. Das entspricht einem Dunkelzifferfaktor von ca. 2.5 bis ca. 18. In der Mitte liegt ungefähr der Faktor 10 und das wundert mich auch nicht, da es sehr viele Fälle ohne Symptome gibt und viele trotz Symptomen nicht getestet werden und einfach eine Woche daheim bleiben. Österreich hat 384 Todesfälle.… Mehr

Thomas Holzer
4 Jahre her
Antworten an  Franz95

Nur die Zählweise ist bei uns in Österreich leider genauso fehlerhaft wie überall sonst! Positiv auf Covid-19 getestet, und egal ob mit, trotz, wegen oder an Covid-19 gestorben, es ist ein Covid-19 Fall
Mehr als unwissenschaftlich! ??

Kaltverformer
4 Jahre her

Zitat:“Vom 1. bis 6. April waren mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit 0,12 bis 0,76 aller in Österreich Lebenden infiziert,..“

Soweit ich das verstanden habe sagen Virologen, dass die Pandemie erst überwunden ist, wenn 65 bis 70% aller Einwohner infiziert wurden.
Erst dann hat sich die Ansteckung praktisch totgelaufen und wir können auf den nächsten Corona-Virusstamm warten.

WGroeer
4 Jahre her
Antworten an  Kaltverformer

Ein schönes Beispiel für die Herdenimmunität ist New York City, wo der erste positive Test am 02.03. festgestellt wurde.
50,3% der Tests sind positiv!
https://covid19tracker.health.ny.gov/views/NYS-COVID19-Tracker/NYSDOHCOVID-19Tracker-TableView?%3Aembed=yes&%3Atoolbar=no&%3Atabs=n
(für Deutschland die Zahlen mit 10 multiplizieren!)

Alf
4 Jahre her

Österreich ist auf dem richtigen Weg. In Deutschland kann kommen was will, der RKI-Präsident wird weiterhin Kritik am Exit-Plan der Leopoldina üben. https://www.merkur.de/welt/coronavirus-deutschland-robert-koch-institut-rki-pressekonferenz-zahlen-infizierte-tote-leopoldina-exit-shutdown-zr-13649989.html Denn die Leopoldina-Studie skizziert einen Weg aus dem Lockdown – und formuliert scharfe Kritik an Merkels Regierung. Die Experten der Studie (eine Gruppe aus 26 der renommiertesten Professoren des Landes!!!!) maßen sich doch tatsächlich an, Kritik an der Regierung zu üben und es gibt klare Empfehlungen (kein Wunder, daß das Corona Kabinett einen Tag später tagen wird). https://www.merkur.de/welt/coronavirus-deutschland-regeln-massnahmen-aktuell-nrw-berlin-tote-zahlen-news-faelle-bayern-infizierte-rki-zr-13642489.html Mittelbar wird auch der Weg der österreichischen Regierung bestätigt, die Beschränkungen schrittweise zu lockern und zur Normalität zurückzukehren. „Zu… Mehr

Der nachdenkliche Paul
4 Jahre her

Die Österreicher sind in ihrer Vorgehensweise und in ihrer Transparenz gegenüber ihren eigenen Bürgern zu bewundern. Ein dickes Lob an Sebastian Kurz und seiner geschlossen auftretenden Regierungsmannschaft. Das ist ein Krisenmanagement wie man es sich kaum besser vorstellen kann.
Im Vergleich dazu ist das Krisenmanagement unserer Bundesregierung ein Jammer. Noch schlimmer finde ich allerdings das Auftreten unserer Mainstream Medien. Sie huldigen unsere Kanzlerin und folgen ihren Entscheidungen nahezu kritiklos. Das erinnert an düstere Zeiten, einfach unfassbar. Über das Auftreten der Kirchenfürsten schweige ich lieber.

Alf
4 Jahre her

Volle Zustimmung. Ein dickes Lob an Sebastian Kurz und seiner geschlossen auftretenden Regierungsmannschaft. Das ist ein Krisenmanagement wie man es sich kaum besser vorstellen kann. In Deutschland ist jeder Gutachter und darf seine Meinung zum Besten geben. Die Regierung (Merkel) sieht keine Veranlassung hier zu moderieren, die Bürger zu informieren. Die Bühne ist frei für die Medien. Diese überschlagen sich stündlich mit divergierenden Meldungen. Die Forscher der nationalen Wissenschafts-Akademie Leopoldina – immerhin eine Gruppe von 26 Professoren, haben klare Empfehlungen ausgesprochen. Doch es gibt auch Epidemiologen, die vor einer schnellen Lockerung der Kontaktsperre-Maßnahmen warnen – das Risiko, die Beschränkungen im… Mehr

Thomas Holzer
4 Jahre her

Mit Verlaub, zuviel des Lobes. Daß verfassungsmäßig garantierte Grundrechte mittels Verordnung, sogar Erlass ausser Kraft gesetzt wurden, ist nur ein kritikwürdiges Beispiel ??

HGV
4 Jahre her

Der entscheidende Mangel ist die weitere Beibehaltung der Schulschließungen. Auch wenn die FFF Kids sich immer den Freitag gegönnt haben – die kamen ja auch aus eher bildungsnahen Familien – wird der Flurschaden in der Bildung nicht zu vernachlässigen sein. Gerade die Bildung aus den bildungsfernen und den übrigen Kindern wird weiter auseinander klaffen. Im Übrigen würde so eine Entscheidung In Deutschland auch gerade die Integration der Migrantenkinder gefährden, die tendenziell jetzt entweder Fernsehen oder „Heimatsprache“ genießen!

Cora
4 Jahre her
Antworten an  HGV

In den Schulen werden die Kinder ohnehin verblödet.

Fulbert
4 Jahre her
Antworten an  HGV

Nicht so schlimm. Mindestens die Hälfte war Zeitverschwendung…

Werner Holt
4 Jahre her

„Wie viele in Österreich mit dem Corona-Virus infiziert sind, dem gingen das Sozialforschungsinstitut Sora mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien in einer „Prävalenzstudie” vom 1. bis 6. April nach. 2.000 Personen sollten getestet werden, 23 Prozent der zufällig Ausgewählten lehnten ab. 1.544 wurden tatsächlich getestet, 0,33 Prozent waren Corona-positiv. Schlussfolgerung: Vom 1. bis 6. April waren mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit 0,12 bis 0,76 aller in Österreich Lebenden infiziert, in absoluten Zahlen 10.200 bis 67.400 (den offiziellen Meldungen nach waren es 10.500 und 12.200).“ Was in dieser Studie fehlte (und vermutlich bewußt weggelassen wurde, weil die Ergebnisse der Regierung… Mehr

norbertb783
4 Jahre her

Da sollten sich unsere Regierungsdarsteller mal ein Beispiel an Österreich nehmen und nicht nur belangloses „Zeug“ von sich geben. Insbesondere mal nachvollziehbar darlegen, warum und wieso die getroffenen und angeordneten freiheitsbeschränkenden Maßnahmen notwendig und erforderlich waren. Dies ist bis heute nicht geschehen.

lemongras
4 Jahre her

So weit so schlecht. Wie lange soll die Kurve der Neuinfektionen abgeflacht werden? Bis in den Herbst/ Winter hinein? Eine schnelle Herdenimmunität ist so nicht zu erreichen.