Ökonom Mayer: Politiker müssen über Währungsreform nachdenken

Euro funktioniert nur bei gutem Wetter – Deutschland wird Schulden Italiens und Spaniens tragen – Euro-Anleihen reduzieren.

Köln. Nach der Coronakrise wird die EU auch eine Eurokrise durchmachen, die Deutschland zusätzliche Schuldenlasten der Krisenländer Spanien und Italien aufbürden wird. Damit rechnet der Ökonom Prof. Thomas Mayer, ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank und heutiger Direktor des Flossbach von Storch Research Instituts in Köln. Sogar die Bewältigung der Folgen einer Währungsreform schließt der Chef der Denkfabrik nicht mehr aus. Wie schon während der Finanzkrise zeige sich erneut die Fehlkonstruktion des Euro. „Seit der Finanzkrise wissen wir, dass der Euro nur bei schönem Wetter funktioniert“, erklärt Prof. Mayer im Gespräch mit der am Dienstag erscheinenden Ausgabe des Meinungsmagazins Tichys Einblick. „Jetzt herrscht wieder schlechtes Wetter.“ Eine Einheitswährung passe nicht zur Krisenbewältigung so unterschiedlicher Staaten. „Nationalstaaten können die EZB zwingen, sie mit neu geschaffenem Geld zu versorgen, aber die Kosten dieser Aktion in Form von höherer Inflation zu einer späteren Zeit trägt die Gemeinschaft. Diese fehlerhafte Anreizstruktur ist die Achillesferse des Euro.“

Um den Zusammenbruch Italiens oder gar einen Ausstritt aus dem Euro zu verhindern, sei die EZB gezwungen, Italien zu helfen. „Wenn die EZB nicht helfen würde, würden die Zinsen auf italienische Staatsanleihen nach oben schießen und der italienische Aktienmarkt noch tiefer einbrechen. In dieser Situation muss die EZB für Italien mit seiner hohen Staatsverschuldung als Kreditgeber der letzten Instanz da sein, sonst droht der Staatsbankrott.“ Nach Italien werden laut Mayer weitere Länder wie Spanien folgen. „Wenn man sich die Verschuldung Spaniens und die jetzt beschlossenen Hilfsprogramme anschaut, dann wird klar, dass bald auch andere Länder dem Beispiel Italiens folgen werden.“

Deshalb sieht der Ökonom erhebliche Kosten auf Deutschland zukommen, selbst wenn die starken Länder Eurobonds abwehren können. Entsprechend pessimistisch ist Mayers Ausblick. „Anleger sollten ihre Anlagen in Euro auf das Notwendigste verringern, und die Politiker sollten darüber nachdenken, wie wir eine Währungsreform zu geringsten Kosten bewältigen können.“


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Kommentare ( 67 )

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Biskaborn
4 Jahre her

Aber der eine Billion € teure GreenDeal wird natürlich umgesetzt, koste es was es wolle, auch Teil der Fehlkonstruktion EU.

Eberhard
4 Jahre her

Wer Schwachen nur mit Geld helfen will, damit sie genau soviel haben wie der Starke, der baut nur seine Stärke ab und wird selber schwach. Der Schwache jedoch nimmt das Geld und vergeudet es. Denn er hat nie gelernt es sinnvoll zu nutzen. Sinnvolles Helfen bedeutet vorhandenes Wissen, wie man Stark wird, weiter zu vermitteln.

karel
4 Jahre her
Antworten an  Eberhard

Richtig, ein Helmut Kohl wusste darum.
Der Stabilitätspakt, von allen EURO-Ländern unterschrieben,
war die Bedingung für die Aufgabe der DM.
Nun war es ausgerechnet Deutschland, welches diesen Stabilitätspakt
nach der Jahrtausendwende aushebelte, und das nur, um die
angekündigten „blauen Briefe“ aus Brüssel zu unterbinden.
Aber wer weiß das heute noch…..

ugartner
4 Jahre her

Selbst Herr Prof. Meyer scheint noch dem Trugschluss aufzusitzen, Politiker der deutschen Blockparteien seien zu rationalem Denken fähig und insbesondere an Entscheidungen zum Wohle Deutschlands interessiert.

karel
4 Jahre her
Antworten an  ugartner

Sorry, es gab und es gibt hierzulande Parteien, die am Wohle Deutschlands interessiert und zu rationalem Denken fähig sind. Da wären die Unionsparteien unter der Führung Adenauers zu nennen, den Wegbereitern des „Wirtschaftswunders“ und des Wohlstandes. Da wären die Unionsparteien unter Kohl zu nennen, die dem Desaster der Vorgänger-Regierung, nämlich rasant ansteigende Staatsschulden, geplünderte Rentenkassen, Massenarbeitslosigkeit und Unternehmenspleiten wirkungsvoll begegneten, auch die Wiedervereinigung „organisierten“. Da wären die Unionsparteien unter Merkel zu nennen, die ebenso mit dem hinterlassenen Desaster der Vorgänger-Regierung zu kämpfen hatte und immer noch zu kämpfen hat wie dem Bruch des Euro-Stabilitätspaktes 2003, den Folgen des in 2000… Mehr

Riffelblech
4 Jahre her

Ich denke manchmal ,wir sollten Annalena und Herren Habeck befragen und Ulla Jelpke als Trompete der wahren Meinung mit einbeziehen. Dann können wir unsere Lohntüte gleich komplett an der Staatkasse abgeben ,weil Bedürftigere, die weniger gearbeitet haben ,allerdings die gleichen Ansprüche geltend machen gibt es allemal. Und deren oben genannte Sekundanten auch .
Will sagen : Politiker die nachdenken sind so häufig wie fliegende Elefanten !

J. Werner
4 Jahre her

Es wird zweifellos eine Zäsur geben, wenn die „offenen Rechnungen“ bezahlt werden müssen. Währungsreform zu “ geringen“ Kosten? Gab es noch nie, wird es auch dieses Mal nicht geben. Das wahrscheinlichste Szenario wird ein chaotisches Zusammenbrechen der EZB sein, mit der Nachschußpflicht der Mitgliedsstaaten. Nur einige wenige werden dieser noch nachkommen können. In der Folge wird es in vielen Ländern wieder nationale Währungen geben, ein Rest wird zunächst den Euro als Torso beibehalten, aber es wird eine schwindsüchtige Währung sein, bis er offiziell begraben werden wird. Am Tag X gibt es – wie bei der Geburt der D- Mark dann… Mehr

Franz95
4 Jahre her

Die beste Lösung wäre meiner Meinung nach ein Nord- und ein Südeuro.
Der Euro ist zu stark für Griechenland, Italien und Co. und die Grundüberzeugungen von Geld- und Finanzpolitik sind zu verschieden zwischen Nord- und Südeurostaaten.
Die Nordstaaten wollen nicht für faule Schulden der Südstaaten haften und die Südstaaten wollen nicht, dass ihnen jemand in ihre Politik hereinredet, also soll jeder eigenverantwortlich seine Währung und seinen Verbund bekommen.

bfwied
4 Jahre her
Antworten an  Franz95

Am besten dürften eigene Währungen sein und Zusammenarbeit auf allen möglichen Ebenen und in allen Aspekten, der Industrie, Polizei, auch Armee, Kultur etc. Eine Form der EG, einer Struktur, in der alle gut fuhren. Die Zwangskorsett-Währung ist für niemanden gut, auch nicht für Deutschl., oder denkt irgendwer, dass die runde 1 Billion Target 2-Schulden irgendwann beglichen werden?! Die Waren, die die einkauften, haben wir selbst bezahlt, ihnen also geschenkt! Im Falle des – unumgänglichen – Offenbarungseids werden die zu Reparationszahlungen erklärt. Das wollen die doch alle!

karel
4 Jahre her
Antworten an  bfwied

Sorry, die 1-Bio-Target-Schulden resultieren aus Geldern der ausländischen Finanzinvestoren, die aufgrund der Finanzkrise 2007 und aktuell durch die EZB-Ankäufe der „Schrottpapiere“ ihr freiwerdendes Kapital in Billionenhöhe hier anlegten. Im Wesentlichen in Immobilien. Werden diese dann nach den exorbianten „inflationären“ Wertsteigerungen hier mal an den gläubigen Deutschen verkauft, werden die Target- Salden „dahinschmelzen“ wie Butter in der Sonne unter Mitnahme der grandiosen Gewinne. Wenn dagegen z.B. ein Grieche Waren aus Deutschland bezieht, einen Pkw z.B., wird entweder mit Bank-Guthaben oder Bank-Kredit bezahlt. Und genau das hat bis 2007 prächtig funktioniert. Bis die Spekulanten kamen……. Das Zwangskorsett EURO tut Europa gut, wenn… Mehr

Robert Polis
4 Jahre her

Es lohnt, die Zitate genau zu lesen und darüber nachzudenken, wie sie wohl gemeint sind.

Was sollen wir (heißt das vielleicht in Deutschland?) unter „Währungsreform zu geringsten Kosten“ verstehen? Wessen Währungsreform – möglicherweise ist mit „geringsten Kosten“ das Abschreiben der Target – Verpflichtungen im Zuge einer Neuinstallierung der Lateinischen Münzunion vorstellbar? Wie unerfreulich wäre dies für Deutschland, wenn man über unterschiedliche Scenarien nachdenkt?

Ich schätze Herrn Mayer sehr und bin garnicht erstaunt darüber, daß seine Kolumne in der FAZ seit deren Revirement in der Wirtschaftsredaktion nicht mehr willkommen ist.

Besserwisser
4 Jahre her
Antworten an  Robert Polis

Ich auch nicht. Die FAZ war schon immer reaktionär. Ein paar Wissensinseln gibt es da aber noch. Hauptsächlich im Vergleich zu anderen Blättern.

Silverager
4 Jahre her
Antworten an  Besserwisser

Die FAZ war nie reaktionär.
Sie war früher mal eine konservative Zeitung.
Allerdings steckt dahinter seit langem mehr kein kluger Kopf.

M. Stoll
4 Jahre her

Anfang der 90er Jahre hatte der ehemalige Finanz- und Verteidigungsminister Hans Apel (SPD(!)) eine Gastprofessur an der Uni Rostock. In seinen Vorlesungen nahm er den taufrischen Vertrag von Maastricht und die darin enthaltenen Konvergenzkriterien auseinander. Er stand der europäischen Einheitswährung, den Namen „Euro“ gab es damals noch nicht, mehr als kritisch gegenüber und konnte das fachkundig belegen. Alles was er, ca. 10 Jahre vor der Einführung des Euro, prophezeite, hat sich inzwischen bewahrheitet. Seine Vorlesungen sind mir im Gedächtnis geblieben, weil er eine Kompetenz aufwies, die den heutigen Spitzenpolitikern der SPD (und anderer Parteien) vollkommen abhanden gekommen ist. Aber das… Mehr

Besserwisser
4 Jahre her
Antworten an  M. Stoll

Zur Zeit gibt es die nicht mehr, denen sie nachtrauern. Ich wundere mich beispielsweise sehr über den Personalmangel bei den Demokraten der USA.

Gerro Medicus
4 Jahre her
Antworten an  M. Stoll

Die Linken von heute einschliesslich der Grünen sind ein Sammelbecken für die Faulen, die Dummen und diejenigen, die Gefühl schon immer Vorrang vor dem manchmal sogar durchaus vorhandenen Verstand gegeben haben.

Deshalb müssen wir alles tun, um diesen Leuten die Macht, die sie heute haben, zu entreißen, und dafür zu sorgen, dass sie nie wieder an Macht gelangen!

Oneiroi
4 Jahre her

Ich sehe es ähnlich pessimistisch. Meine Derivate in Euro laufen bis zum Ende des Jahres. Neue werden nicht gemacht.Ich traue dem USD deutlich mehr langfristige Stabilität und Erholungspotential, auch nach schweren Einschlägen zu als dem Euro an dem früher oder später wohl zuviele Anker in Form von Zombieländern und Banken hängen werden. Der Bolivar lässt grüßen.
Die chinesische Währung wird sich über kurz oder lang zur zweiten Weltwährung mausern.
Die bittere Konkurrenz China-USA in dieser Angelegenheit muss langfristig gesehen nicht zwingend schlecht für die Währungsstärke und die globale Wirtschaft sein.