Medien-Tenor: Orbán spaltet die EU. Aber wer ist „die EU“?

Macron ist bei den heißen Fragen längst, wo Orbán steht. Für alle anderen Mitgliedsländer der EU mit Ausnahme von Luxemburg war das schon so vor diesem Wahlergebnis in Ungarn.

© ATTILA KISBENEDEK/AFP/Getty Images

Wer einen der Artikel las, kann sich die anderen sparen. So gut wie alle halten sich an die Blaupause. Politiker, Journalisten und EU-Funktionäre befinden sich in der gleichen Schockstarre wie die Opposition in Budapest, die chronisch vergisst, dass Ungarn nicht aus ihren Zirkeln in der Hauptstadt besteht. Eine interessante Parallele für jeden, der nach Berlin, Paris, Rom, Madrid, London, Washington und so weiter schaut.

In Brüssel sollen Juncker, Asselborn und Co. schon auf das Ende von Visegrád angestoßen haben, erzählen Kundige. Ein Orbán, der verliert oder nur knapp an der Macht bleibt, so ihre Rechnung, würde Visegrád unterminieren. Nun, wenn ihre Spekulation stimmte, dann zementiert Orbáns übergroßer Sieg Visegrád. Und nicht nur Visegrád, sondern auch die Koalition, die der Niederlande Premier Mark Rutte in Nordeuropa rund um Deutschland herum diskret und leise anführt.

Orbán soll also die EU spalten, sagen fast alle Medien. Aha. Frage eins: wer ist „die EU“?

„Die EU“ sind ihre Beamten vom Beamten Nummer Eins, Jean-Claude Juncker abwärts. Ob die von Orbán gespalten werden, dürfen wir vernachlässigen. Denn sie bestimmen politisch nichts.

Politisch entscheiden in „der EU“ tut der Ministerrat: also die Versammlung der Regierungen der Mitgliedsländer. In der Wirklichkeit entscheidet auch nicht der Ministerrat, der segnet nur formal ab, was andere vorher entscheiden. Das sind meist der französische Premier und die Regierung in Berlin. Mit wem M und M vorher in anderen Hauptstädten oder sonstwo noch etwas vereinbart haben, dürfen wir auch außer Acht lassen.

Es gilt einer der ersten Sätze, die ich in der Politik gelernt habe, und zwar von Walter Scheel: „Alle wirklich wichtigen Entscheidungen werden ausschließlich von Gremien getroffen, die es nicht gibt.“

Bleiben wir beim kleinsten nicht existierenden Gremium: M und M. Da ist nichts mehr zu spalten. Macron ist bei den heißen Fragen längst, wo Orbán steht. Für alle anderen Mitgliedsländer der EU mit Ausnahme von Luxemburg war das schon so vor diesem Wahlergebnis in Ungarn.

„Die EU“ gibt es nicht, wenn damit der Anspruch von Juncker und Co. gemeint sein soll, dass es eine Europäische Union gibt, die einen (auch nur mehrheitlichen) Willen bilden oder mit einer (auch nur mehrheitlichen) Stimme sprechen kann.

Für alle, die es hören wollen und nicht: Weder Orbán noch sonst jemand spaltet „die EU“. Weil da nichts zu spalten ist, weil sie ist zur Einigkeit nicht fähig ist.

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Kommentare ( 78 )

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pcn
5 Jahre her

Man muss sich klarmachen, dass die EU jedweden Nationalstaat in ein autoritäres System überführen will. Möglichst hinter dem Rücken der Bevölkerungen. Brüssel Will die Souveränität der Staaten auflösen und die in einen Supra-Staat EU möglichst geräuschlos eingliedern. Osteuropa hat das erkannt. Und die Ost-EU Länder bieten diesen Brüsseler Diktaten die Stirn. Genau das müssen wir als Souverän auch tun. Europa hat in diesem Moment fertig, wenn wir der EU-Diktatur Knüppel in die Speichen werfen.
Dieses Europa nach Juncker, deutscher Kartellparteien, nach Asselborn und Co braucht kein Mensch!

zsolt63
6 Jahre her

Die Alternative zu „Spaltung“ ist Gleichschaltung. Wollen wir das? Hatten wir schon mal. Ging nicht gut aus.

Jens Frisch
6 Jahre her

Es sind auch nicht „M und M“!
Edward Bernays, „Propaganda“
“ Wir werden regiert, unser Verstand geformt, unsere Geschmäcker gebildet, unsere Ideen größtenteils von Männern suggeriert, von denen wir nie gehört haben.“

Alf
6 Jahre her

Klingelt man an der Haustür der EU, machen immer die gleichen die Tür auf, zuerst ADM, dann M, dann kommt lange nichts; die EU gibt ein jämmerliches Bild; die anderen Mitgliedsstaaten scheinen nur Deko zu sein

T. Chemnitzer
6 Jahre her

Was soll Orban machen? Gegen 3/4 der Ungarn regieren? Das macht Merkel, weil die Quittung noch als vorläufiger Abschlag eingegangen ist. Die CDU wird erst innerlich, dann vollständig zerrissen. Das ist die ganze Quittung. Sachsen und Thüringen sind bereits d.d. vorh. Koalition unregierbar. Noch ein paar Attacken und das Maß ist (ganz)voll.
Ist denen bewusst, dass das Land verändert wird, sie selbst vollständig von der Macht vertrieben werden. Wollen sie zu Trump ausreissen? Ob der nach den Attacken mitmacht?

Roman Lobinger
6 Jahre her

Der Segen „Gorbi et Orbi“ wird’s richten.

Wilhelm Müller
6 Jahre her

Aus Meeseberg kommt außer Geschwurbel die Botschaft, dass der Schwerpunkt nun auf „Europa“ liegen soll. (Das ist inzwischen etwa so abgedroschen wie „Weltfrieden“.) Gemeint sein wird wahrscheinlich das Gefügigmachen der Widerspenstigen mit Umverteilung von Geldzahlungen. Etwas anderes traue ich AM nicht mehr zu.

Olivia
5 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Müller

„Geschwurbel…“, hat es diesen Begriff eigentlich auch schon vor Merkel gegeben? Wir haben in 4ter Amtszeit eine Kanzlerin die „schwurbelt“….man man man!

Viktor Wallenstein
6 Jahre her

Im kommenden Jahr sind Europawahlen, da schaun wir mal wie sich die Mehrheitsverhältnisse in Brüssel verschieben.

prague
6 Jahre her

Ich frage mich, ob sich diese genannten Journalisten noch in Spiegel anschauen können? Wer die EU spaltet liegt auf der Hand, es sind die jenigen, die auch Deutschland spalten und JEDER weiss, wer das ist. Wie man sieht, halten diese Häuchler nichts von der DEmokratie, Demokratie ist für diese Herrschaften nur das, was sie versuchen und wollen zu duchzusetzen und weh, wenn jemand andere Ansicht vertritt auch wenn diese jemand demokratisch gewählt wurde, dass zählt nicht. Vieleicht sollten sie Nachhilfe bekommen.

T. Chemnitzer
6 Jahre her
Antworten an  prague

Die Sauerei ist, dass die Journos nicht dämlich sind, genau wie wir Düsengang haben…und trotzdem Merkel gefällig argumentieren. Die Herausgeber werden das so wollen…wessen Brot ich ess’…

Stefan
6 Jahre her

Was mich persönlich erschreckt, ist nicht mal das Tam Tam von Junker und Co. Sondern viel mehr, wie viele Otto Normalbürger diese Propaganda glauben oder unbewusst schon verinnerlicht haben.
Nicht das man nicht anderer Meinung sein kann und darf aber fragt man gezielt nach, kommen bis auf Propaganda Fracen, nichts mit Supstanz und oft sogar regelrechte Verschwörungstheorien. Ich muss wiederholt auf Gesetze hinweisen oder Abkommen die nun mal einzuhalten sind. Es regiert die Gesinnungsehtik.
Orban wird zum Popanz gemacht und 8 von 10 glauben dies und nehmen dieses Bild dankend an.

Ketyere
6 Jahre her
Antworten an  Stefan

Vielen Dank für Ihrer klare Haltung Stefan, ich bin Ungarin und es tut mir sehr weh was hier permanent über Ungarn verbreitet wird, ich glaube das hat das ungarischer Volk nicht verdient…Ich habe nur Verachtung für die deutsche Regierung und auch für die MSM… Ich bedanke mich ganz herzlich bei Tichys Einblick für die Aufklärung / auch allgemein/ und bei der vielen Kommentatoren für ihrer Beistand… Ich denke ständig darüber nach, wie die Zukunft für uns Europäern wohl aussehen wird und sehe die noch unsichtbare länderübergreifende Bindung ihrer Heimatliebende Menschen, die hoffentlich irgendwann mutig zusammen kommen um dieser „Seuche“ die… Mehr