Bundesregierung weiß nicht, wieviele »Asyltouristen« sich in Deutschland aufhalten

Die Bundesregierung tut nicht nur wenig gegen die Sekundärmigration von Asylbewerbern aus anderen EU-Ländern. Sie weiß noch nicht einmal wieviele solcher Migranten ohne Asylgrund es in Deutschland überhaupt gibt.

IMAGO / Pacific Press Agency
Abflug von Migranten am Flughafen Athen nach Deutschland im November 2020.

Die Bundesregierung bleibt im Gespräch – in diesem Fall ist es ein Gespräch mit der griechischen Regierung, aber auch mit der EU-Kommission und anderen Mitgliedsstaaten, mit denen man sich anscheinend über Tausende nach Deutschland strömende Migranten unterhält, die anderswo schon Asyl bekamen und in Deutschland noch einmal welches beantragen. Derzeit zieht es vor allem anerkannte oder geduldete Asylbewerber aus Griechenland in die Bundesrepublik. Im Januar und Februar gab es insgesamt 2.100 solcher Fälle einer – allzu erwartbaren – Sekundärmigration (TE berichtete). Ob jene Gespräche mit vielfältigen Partnern wirklich stattfinden und in welcher Intensität, lässt sich kaum bestätigen.

Das ist der Befund nach einer parlamentarischen Anfrage des AfD-Abgeordneten Leif-Erik Holm, der von der Bundesregierung wissen wollte, was sie gegen Sekundärmigration in der EU unternimmt. Heraus kam nicht nur ziemlich wenig, sondern auch, dass niemand im Lande weiß, wer sich im Lande befindet. Ein typischer Groko-Befund. Einmal mehr zeigen sich die Unkenntnis und das Desinteresse der Regierung an den migrationspolitischen Realitäten in Europa.

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Ein weiteres ungelöstes Problem tut sich so am Horizont des Berliner Regierungshandelns auf, oder vielmehr: es bricht in dessen Mitte als haltloses Gefälle auf. Ungelöst ist das Problem freilich schon seit dem für diese Dinge entscheidenden, fatalen Jahr 2015, in dem die Migrationsströme Richtung Mitteleuropa deutlich zunahmen. Sobald Migranten die türkisch-griechische Grenze auf dem Festland oder in der Ägäis überschreiten, ist ihre Bewegungsrichtung klar. Zunächst wurden sie schlicht gar nicht registriert und wanderten weiter. Heute versuchen sie zunächst mit »Freiheits«-Märschen aus den Inselzentren aufs Festland zu gelangen. Sind sie einmal dort, setzen sie ihren Weg nach Möglichkeit in nordwestlicher Richtung fort. Dabei helfen ihnen schon seit Jahren Schleuser der verschiedensten Nationalitäten, wie jüngere Fahndungserfolge der griechischen Behörden belegen.

Allerdings haben sich daneben inzwischen neue, quasi legale Wege ergeben. Denn die griechische Regierung hat die Asylverfahren beschleunigt und will so die Hotspots in der Ägäis entlasten. Dazu trägt im Moment zwar auch ein verbesserter Grenzschutz bei, doch Abschiebungen spielen kaum eine Rolle, obwohl sie in vielen Fällen geboten wären. Viele Asylverfahren enden mit einem irgendwie positiven Bescheid. Einmal anerkannt, erwartet die Asylbewerber in Griechenland allerdings keine soziale Hängematte, sondern das Gegenteil: Arbeits- und Wohnungssuche auf eigene Faust. Da ziehen viele natürlich die Weiterreise in einen der nordeuropäischen Wohlfahrtsstaaten vor.

Einreisende sind meist zum »Kurzaufenthalt« in Deutschland berechtigt

Holm hat nun die Bundesregierung gefragt, was sie gegen die Einreise von in Griechenland registrierten, positiv beschiedenen oder geduldeten Asylbewerbern unternimmt. Die Antwort des Innenministeriums, die TE vorliegt, fiel dürftig aus: Die Bundesregierung unternehme derzeit »zahlreiche Aktivitäten«, um den von Holm genannten Sachverhalten »zu begegnen«, hieß es. Man sei deswegen in »intensivem Kontakt mit Vertretern Griechenlands, der Europäischen Kommission« und anderen Mitgliedsstaaten der EU. »Intensiv« bedeutet ja meist Streit. Doch so uneins scheint man mit Griechenland gar nicht zu sein, denn weiter heißt es in der Antwort der Bundesregierung: Die einreisenden Migranten verfügten »in der Regel über von Griechenland ausgestellte Reiseausweise für Flüchtlinge« und wären damit »zu Einreise und Aufenthalt in Deutschland für einen Kurzaufenthalt berechtigt«.

Zum »Aufenthalt für einen Kurzaufenthalt berechtigt« – das sind schon wieder ministeriale Sprachblüten, die zu denken geben. Müsste man einen solchen »Kurzaufenthalt« nicht irgendwie kontrollieren, also vor allem hinsichtlich seines Endes? Ist es nicht vor allem auch ein deutsches Verwaltungsversagen, wenn man Asylanträge von urlaubenden anerkannten Asylbewerbern einfach so annimmt? Warum gibt es eigentlich keine EU-Kartei, in der man alle registrierten und anerkannten Asylbewerber einsehen und einzelnen Ländern zuweisen kann? Man muss allerdings dazusagen, dass diese Kartei am Ende wohl von begrenztem Nutzen wäre. Denn man kann die Menschen, sobald ihnen einmal ein Bleiberecht in der EU zugestanden wurde, schwerlich festbinden, vor allem solange die gebotenen Finanz-Prämien für die uneingeladenen Gäste noch so unterschiedlich hoch sind. 

Holm fordert von der Bundesregierung, »diesem Asyltourismus« sofort ein Ende zu setzen. Die Einreisen müssten unterbunden werden: »Dass Innenminister Horst Seehofer diesem Treiben seit Monaten tatenlos zuschaut, muss man mittlerweile wohl als Vorsatz bezeichnen.« Es könne nicht sein, dass griechische Behörden Asylsuchenden Papiere ausstellen, nur damit die dann ins nächste Flugzeug nach Deutschland steigen. Migranten in der EU könnten sich kein »Wunsch-Aufnahmeland« aussuchen. Während jeder deutsche Urlauber »unter Generalverdacht gestellt« werde – das ist offenbar auf die mutmaßliche »Corona-Gefahr« durch Urlaubsreisen gemünzt –, reisten »Tag für Tag illegale Migranten per Flugzeug ein«.

Die Moria-Fliehenden kommen noch dazu

Daneben wollte Holm wissen, wieviele Asylsuchende sich derzeit in der Bundesrepublik aufhalten, die bereits einen Schutzstatus eines anderen EU-Landes besitzen. Und hier machte die Bundesregierung ein Geständnis: Man weiß schlicht nicht, wie viele anerkannte Asylbewerber aus anderen EU-Ländern sich derzeit in Deutschland aufhalten.

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Zu seiner Verteidigung gab das Innenministerium die Zahl von 6.600 Asylanträgen, zu denen man Anträge auf Wiederaufnahme in anderen EU-Staaten gestellt hat. Wie man hört, verlaufen diese Rücküberstellungen an Länder, in denen ein Migrant beispielsweise erstmals registriert wurde, schleppend. Diese Anträge betreffen etwa zehn Prozent aller derzeit anhängigen Asylverfahren (laut Bundesinnenministerium waren es Stand 28. Februar insgesamt 66.583).

Und natürlich sind zu allen schon genannten Zahlen noch die 2.380 Migranten hinzuzählen, die seit Januar 2020 durch Direktflüge aus Moria respektive Lesbos nach Deutschland kamen, wie eine weitere AfD-Anfrage ergab. Sie tauchen vermutlich in keiner Asylstatistik auf und sind jetzt auch mal einfach da.

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Kommentare ( 69 )

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JamesBond
3 Jahre her

Vernünftige Sacharbeit der AfD um Mißstände auf zu zeigen – so geht Demokratie!

wydy
3 Jahre her

Die nächste Bankrotterklärung – die wissen noch nicht einmal annähernd , wie viele Migranten, Kurzzeit-Asylanten, die aber dauerhaft hierbleiben bei uns im Land sind. Das müsste doch zumindest über die Sozialämter bzw. ARGE zu ermitteln sein, die zahlen schließlich die Gelder für den Unterhalt aus. Also wenn es gewollt wäre, ist es feststellbar.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  wydy

Die, die Gelder bekommen, sollten tatsächlich aufzulisten sein.
Aber die, die nach „Einreise“ kein Asyl fordern, weil sie irgendwelche abstrusen Ziele verfolgen, kommen bei Bekannten und Verwandten unter, die ihr Gesicht verlieren, wenn sie sie nicht gastlich behandeln.

Deutscher
3 Jahre her

Ich glaub, der Kauder heißt Volker.

Old-Man
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Sie haben Recht, wie kam Ich auf Peter?.

Kassandra
3 Jahre her

Sie werden uns schaffen.
Einer lief mir heute direkt in den Weg – und ich wich nicht aus, wie er wohl erwartet hatte (und wie es ihm seiner Ideologie gemäß zusteht). Eine sehr laute, Aufsehen erregende, andauernde Schimpftirade hinter mir her in einer mir unbekannten Sprache war die Folge.
Ich weiß natürlich um die Fatwa, die ihm sagt, dass ich als Kuffar und zudem als Frau Platz für ihn zu machen habe. Deshalb bitte nur nachmachen, wenn die Situation sicher scheint.

Old-Man
3 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Niemals Platz machen, die müssen lernen wie man sich hier benimmt, oder es muss ihnen beigebracht werden, Notfall mit ihrer eigenen Methode!!.

Was ist das
3 Jahre her

Nach den Genfer Konventionen besteht dieses Recht auch nicht, sondern nur zur Aufnahme im *nächsten* sicheren Land.

Old-Man
3 Jahre her
Antworten an  Was ist das

Stimmt, Da habe Ich mich vertan.

country boy
3 Jahre her

Ohne die AfD könnten unsere Volksvertreter ganz ungehindert ihr Einwanderungsprogramm durchziehen. Ohne die Anfrage von Leif-Erik Holm wären diese Machenschaften doch nie ans Licht gekommen. Ohne die AfD wären wir kein demokratischer Staat mehr, da ja auch die Opportunitätsjournalisten ihrer Kontrollfunktion nicht mehr nachkommen wollen, sondern mit den Politikern gemeinsame Sache bei der Vertuschung unangenehmer Wahrheiten machen.

Marcel Seiler
3 Jahre her

Die Offiziellen wollen diesen Asyltourismus nicht beenden. Entweder wollen sie die damit verbundene Einwanderung am Gesetz vorbei durchsetzen, oder sie haben Angst vor der links-grünen Presse. Deshalb spielen sie lieber die Drei Affen: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

Paul Brusselmans
3 Jahre her

Ich habe keine Probleme mit der Anerkennung von Asylbewerbern in Griechenland. Ich habe auch keine Probleme damit, dass sie sich auf nach Deutschland machen. Ich habe aber wohl Probleme damit, dass nicht jeder in der EU bereits anerkannter Asylant, der nach Deutschland weiterwandert und erneut einen Antrag stellt, nicht sofort wegen versuchter Erschleichung zu einer langen Haftstrafe verurteilt und danach in sein Heimatland abgeschoben wird. Auch jeder in Deutschland auftauchende Asylbewerber gehört sofort ins Heimatland, denn es gab auf der Wanderschaft genügenddurchquerte Länder, in denen man Asyl erhalten konnte, auch Nicht EU Länder und Dublin, geltendes EU-Recht, ist bzgl. der… Mehr

fatherted
3 Jahre her
Antworten an  Paul Brusselmans

Denkfehler…..“ein anerkannter Asylant“ hat in der EU im Prinzip Reise- und Niederlassungsfreiheit….sprich…bis auf Wahlrecht und Pass….EU-Bürgerrechte. Er kann sich überall in der EU niederlassen und dort wo er ist Sozialhilfe oder sonst was beantragen. Dazu muss man auch wissen, dass über 90% der Asylanträge abgelehnt werden. So „viele“ wären das also nicht. Hier geht es aber um „geduldete“ und „Antragsteller“….die haben leider Reiserecht und ja….die nutzen dass um in einem Land mit besserer Versorgung unterzukommen. Das zeigt wieder mal das Total-Versagen unserer Bürokratie und Verwaltung. Würden diese Neu-Anträge auf EU-Ebene sofort abgegelichen würde binnen 24 Stunden der Bescheid kommen….“fahr in… Mehr

Old-Man
3 Jahre her
Antworten an  fatherted

Nach Genfer Konvention : Ja.
Nach unserem Asylrecht : Nein.
99% der hier „ankommenden“ durchlaufen, wenn auch zum aller größten Teil ungerechtfertigt einen Asylantrag nach deutschem Recht, denn damit haben sie die Eintrittskarte für ewige Dauer gelöst.
Die paar, die werbewirksam „abgeschoben“ werden, sind nach ein paar Tagen oder Wochen wieder da, und beantragen erneut Asyl, in einer anderen Stadt, einem anderen Bundesland, die werden wir nie wieder los!!.

gom jabbar
3 Jahre her
Antworten an  Old-Man

Schrittweise Übergang zu Sachleistungen heißt die Zauberformel.

bfwied
3 Jahre her
Antworten an  fatherted

„[…], weil Unfähigkeit am Ruder […].“ Leider nicht einfach das! Die wollen das so, weil sie glauben, das Glück der Welt läge im global geltenden Sozialismus, weil sie denken, jeder Könner und Arbeitssame würde gerne jedes Jahr nicht nur bis in den Juli hinein wie heute, sondern fast das ganze Jahr über für alle anderen arbeiten, weil sie meinen, sie könnten die Leute dazu erziehen, „Helden der Arbeit“ zu werden, ohne der Leistung entsprechende Bezahlung, weil sie glauben, sie, ja jetzt genau sie, könnten das zuwege bringen, was restlos alle sozialistischen Länder nicht fertiggebracht haben. Das ist doch das verlautbarte… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  bfwied

Während die, die da kommen, an Arbeit wohl eher gar nicht denken. Die Welt schreibt von Zügen nach Frankreich – die solche Richtung Schweiz oder Österreich nehmen, erwähnen sie gar nicht. https://www.welt.de/vermischtes/article228970961/Italien-Trotz-Lockdown-Migranten-reisen-bis-zur-Grenze-Frankreichs.html
Bei mir nimmt gerade die Anzahl der Neuen wieder beständig zu – und sie treten auf, als gehöre alles längst ihnen. Auch Kopftuchfrauen nehmen mir mir Kuffar fast nie Blickkontakt auf. Integration wird nicht sein, der Koran will das nicht, wie beispielhaft in Sure 5, Vers 51 auf ewig unveränderbar festgehalten ist.

Kassandra
3 Jahre her

Danke, Herr Nikolaidis, dass Sie uns die Arbeit der Alternativen ein wenig näher bringen.

christin
3 Jahre her

„Die einreisenden Migranten verfügten »in der Regel über von Griechenland ausgestellte Reiseausweise für Flüchtlinge« und wären damit »zu Einreise und Aufenthalt in Deutschland für einen Kurzaufenthalt berechtigt«.“

Ganz im Sinn von Griechenland und voll verständlich. Griechenland will diese Menschen los werden und die deutsche Regierungselite hat mehrfach die Aufnahmefähigkeit signalisiert. Im Ernst, wäre ich Migrant, dann würde ich mir auch das Land aussuchen wo ich die beste Sozialleistung bekomme.