Bevölkerungsschutzgesetz: Wie Fraktionen und Einzelabgeordnete abgestimmt haben

Das Abstimmungsverhalten zum Bevölkerungsschutzgesetz offenbart, dass die Grünen implizit längst Teil der Regierungskoalition sind. Sogar in Merkels eigener Partei gab es mehr Gegenstimmen.

imago images / Political-Moments
Angela Merkel und Britta Hasselmann (B90/Grüne) bei der Abstimmung im Bundestag

Wir haben das Abstimmungsverhalten der Fraktionen und einzelner Abgeordneter bei der Verabschiedung des „Bevölkerungsschutzgesetzes“ vom 18. November 2020 näher angeschaut.

(Die nachfolgenden Zahlen sind die offiziellen des Bundestages; die in der Presse berichteten Zahlen weichen geringfügig davon ab. Dass die Gesamtsumme hier 708 ergibt und damit nicht exakt der Zahl an 709 Sitzen entspricht, hat damit zu tun, dass eine CDU/CSU-Abgeordnete im Mutterschutz ist.)

Wie verteiltt sich das Abstimmungsverhalten auf die Fraktionen?

Fraktion Zustimmung Ablehnung Enthaltung Keine Stimmabgabe
CDU/CSU 215 8 5 18
SPD 133 1 2 15
AfD 83 6
FDP 79 1
Linke 58 11
Grüne 65 1 1
Fraktionslose 5 1
SUMME 413 235 8 52

Was fällt auf?

1. Die Grünen sind implizit längst Teil der Regierungskoalition. Die grüne Fraktion hat noch geschlossener für das Gesetz gestimmt als die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Die Grünen waren also besonders fügsam, und zwar mit einem Anteil von 97 Prozent aktiven Pro-Stimmen ihrer Abgeordneten. Bei der CDU/CSU waren es immerhin „nur“ 87 und bei der SPD 88 Prozent aktiver Zustimmung. Bekanntermaßen wollten die Grünen sogar noch schärfere Regelungen. Weitere Schritte müssten folgen, heißt es dort. (Siehe hier)

2. Die Grünen haben zudem großen Einfluss im Bundesrat, der das Gesetz ja mit großer Mehrheit (49 von 69 Stimmen) passieren ließ. Dort sitzen die Grünen mit am Tisch, weil sie in 11 der 16 deutschen Länder in der jeweiligen Regierung sitzen. Allein von daher war nicht zu erwarten, dass sich der Bundesrat bei diesem Gesetz querlegt. 

3. Die 8 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen in der CDU/CSU-Fraktion kommen überproportional von Abgeordneten aus den neuen Ländern: 7 mal Nein bzw. Enthaltung von 13 Nicht-Ja-Stimmen. Es sollen nachfolgend auch die Namen aller 16 Koalitionsabgeordneten aufgelistet werden, die sich dem Gesetz mit einem Nein oder wenigstens mit einer Enthaltung verweigerten.

Name Abstimmungsverhalten Fraktion Bundesland
Axel Fischer Nein  CDU/CSU BaWü
Hans-Jürgen Irmer Nein  CDU/CSU Hessen
Jens Koeppen Nein  CDU/CSU Brandenburg
Andreas Lämmel Nein  CDU/CSU Sachsen
Nikolaus Löbel Nein  CDU/CSU BaWü
Andreas Mattfeldt Nein  CDU/CSU Niedersachsen
Jana Schinke Nein  CDU/CSU Brandenburg
Arnold Vaatz Nein  CDU/CSU Sachsen
Manfred Behrens Enthaltung CDU/CSU Sachsen-Anhalt
Saskia Ludwig Enthaltung CDU/CSU Brandenburg
Sylvia Prantel Enthaltung CDU/CSU NRW
Dietling Tiemann Enthaltung CDU/CSU Brandenburg
Ingo Wellenreuther Enthaltung CDU/CSU BaWü
Marcus Held Nein SPD RhPf
Nezahat Baradari Enthaltung SPD NRW
Thomas Jurk Enthaltung SPD Sachsen

4. Nicht näher beleuchten können wir die Zahl der nicht abgegebenen Stimmen. In der Koalition sind es in der Summe 33. Die Gründe für eine Nicht-Stimmabgabe können unterschiedlich sein: Krankheit oder bewusste Nicht-Abstimmung.

5. Aufgefallen ist auch, dass es in der CSU-Landesgruppe keinen einzigen, auch keinen „halben“ Abweichler gab. Vier der 46 CSU-MdB haben keine Stimme abgegeben. Markus Söder hat seine Mannschaft offenbar bestens im Griff.

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Kommentare ( 75 )

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HF
3 Jahre her

Wir reden wohl auch von den Volksvertretern, welche gelegentlich zu den Bürgern, die sie legitimieren und finanzieren sagen: „Wenn euch dass was wir tun nicht passt, könnt ihr ja ausreisen!“ oder „Wenn euch dass nicht gefällt was ich tue, dann seid ihr nicht mehr mein Volk!“

RenaC.
3 Jahre her

Man erlebt immer wieder, dass das Gros der Volksvertreter gar kein Interesse hat, das Gros des Volksinteresses zu eruieren und zu vertreten. Es wird nur noch der Sitzplatz verteidigt.
Die Angst vor aufgebrachten, sich hintergangen fühlenden Bürgern wächst jedoch, gemessen an den verschärften Reaktionen.
Gewaltakte von linksextremistischer und radikalmigrantischer Seite werden hingegen gelassen behandelt, da sie offenbar keine unmittelbare Bedrohung von Volksvertretern und Regierung darstellen, solange die gepeinigten Bürger nicht auch gegen diese und weitere Mißstände massiv aufbegehren. Der Anfang ist immerhin gemacht. Weiter so! Von nichts kommt nichts.

Gisela Fimiani
3 Jahre her

Wieviele Mitglieder der CDU Werteunion sitzen im Bundestag? Sollten diese nicht sämtlich mit „Nein“ gestimmt haben? Kann jemand meine Frage beantworten?

RA.Dobke
3 Jahre her

Danke für diesen sehr informativen Bericht, der mir jedenfalls hilft, ein wenig Hoffnung zu bewahren. Ich setze nicht nur auf den erkennbaren Kreis von Opposition, ich setze auch auf das Korrektiv durch Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte, das BVerfG letzlich aber auch die LVerfGH der Bundesländer! Bei der Namensabstimmung besteht für uns alle die Möglichkeit, unseren Dank, aber auch unsere Mißbilligung gegenüber den Abgeordneten auszusprechen! Besonders denke ich da an die Abgeordneten unserer Wahlbezirke!!! Wenn die durch ihre Parteien kujoniert und bevormundet werden, wohl letztlich auch über ihre Fraktionen, dann halte ich es für legitim, durch persönliche Äusserung an die Abgeordneten, die… Mehr

Endstadium0815
3 Jahre her

Dummheit und Ideologie zusammen ist Grün. Hier wurde Abgestimmt um nach der BTW weiter gut alimentiert zu werden. Persönliche wirtschaftliche Sicherheit wird vor den Bürgern und dem Land gestellt. Alles Landes- und Bürgerverräter.

Ralf Poehling
3 Jahre her

Wundert mich alles überhaupt nicht. Die Grünen waren damals die 5. Kolonne der Sowjetunion und sie sind es noch heute, obwohl die Sowjetunion schon lange nicht mehr existiert. Die Programmierung der ’68er Studenten und der „Friedensbewegung“ hat offenkundig wunderbar funktioniert und wirkt bis heute nach. In der SPD hat das, zumindest damals, nicht so ganz funktioniert, denn Guillaume ist aufgeflogen und auf Brandt, dessen Ostpolitik wahrscheinlich durch Guillaume maßgeblich beeinflusst worden war, folgte der konservative Schmidt, der der DDR Terrortruppe namens RAF dann den Marsch geblasen hat. Aber das ist Geschichte, weshalb die SPD auch leider nicht mehr das ist,… Mehr

ioeides
3 Jahre her

Die Hardliner könnten sich böse verrechnet haben.
Im neuen § 28a, Absatz 2, Infektionsschutzgesetz steht nämlich, dass Maßnahmen nur zulässig sind,wenn es Infektionen gibt. Laut §2 Ziffer 2 des gleichen Gesetzes liegt eine Infektion erst dann vor, wenn ein Krankheitserreger vom Organiismus aufgenommen wurde und sich dort entwickelt oder vermehrt. Und genau das kann, nach international übereinstimmender Auffassung, der PCR-Test nicht ermitteln. Das bedeutet aber: seit Inkrafttreten am heutigen 19.11.20 sind alle Maßnahmen allein auf Basis eines PCR-Testergebnisses ILLEGAL und die ausführenden Personen GESETZESBRECHER. Erste Klagen laufen wohl schon.

Libertardistani
3 Jahre her

In den letzten Wochen sind erfreulich viele neue Kommentatoren hinzugestoßen. – Wie ich lese, wird darum Lärm gemacht, dass ein AfDler etlichen Leuten Einlass in den Reichstag verschaffte (Und ein anderer ist draussen von der Polizei rüde behandelt worden). Wie haben sie sich wirklich verhalten? Rebecca Sommer soll unter ihnen gewesen sein, die ich als Person der Zeitgeschichte einstufe. Und wieviele Leute haben einige, die jetzt schreien, schon eingelassen? Haben die je Ärger bekommen? Und wer war früher, als man noch problemlos in die Glaskuppel konnte, drin, obgleich wir ihn oder sie lieber sonstwo gesehen hätten? Wir wissen das nicht,… Mehr

szenaria
3 Jahre her

Und draußen vor der Festung die Gegenstimmen tausender Nein-Stimmen des Souveräns. Aber die zählen leider nicht. Wie nennt man so etwas?

RA.Dobke
3 Jahre her
Antworten an  szenaria

. . . ignorant !

drnikon
3 Jahre her

Dokumentation der Entwicklung zu einem Unrechtsstaat. Niemand hat die Absicht ein Ermächtigungsgesetz zu beschließen. Es ist ein Gesetz zum Schutz der Bevölkerung und der Demokratie. Merkel lebe hoch, Unsere Mutti lebe hoch.
Wir hätten noch eine Mutti zu vergeben, wer will sie?