Ausschreitungen zum AfD-Parteitag

Die Demonstranten verbal Schützenhilfe von politischen Entscheidern, direkte Unterstützung von Gewerkschaften und unzähligen Organisationen, wie man längst weiß, teilweise hoch finanziert vom Bundesfamilienministerium.

© Tobias Scharz/AFP/Getty Images
Bald Verbot für Wasserwerfer, wenn linke Demonstranten im Winter betroffen sind?

Die Linkspartei aus Niedersachsen empört sich postwendend per Twitter: „Einsatz von Wasserwerfern bei etwa 0 Grad gegen friedliche Demonstranten ist unverhältnismäßig und mit hohem Risiko von Erkrankungen verbunden“.

Erstes Highlight der Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag in Hannover: Nur bei sommerlichen Temperaturen genießt man solche Einsätze als willkommene Erfrischung. Eine ritualisierte Veranstaltung also mit in Hannover leider einem störrischen Player, der Polizei. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Vertreter jener Organisationen, die mit zur Demonstration aufriefen, sind auch jene, die in den letzten beiden Jahren vehement mehr Polizei forderten als Allheilmittel und dessen herbeigerufene Straßenkämpfer nun dafür sorgen, dass die Polizei Hannover via Twitter Genesungswünsche für die ersten verletzten Beamten entgegen nimmt.

„No border, no peace, f*** the police“ oder „Solidarität statt rechter Hetze“ oder „Rassisten und Nazis entgegentreten – Refugees welcome“ – jeder wie er mag oder eben im Kanon vorgetragen. Am Vormittag setzte die Polizei Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray ein.

Kurz vor 13 Uhr vermeldet die Polizei via Twitter: „Der Demonstrationszug hat sich soeben mit ca. 4.200 Teilnehmern in Bewegung gesetzt.“ Nun hat TE in den letzten Tagen mehrfach bei polizeilichen Stellen und Staatsanwaltschaften nachgefragt, ob ein Aufruf zu Blockaden, wie ihn beispielsweise die taz online formuliert hatte, nicht eigentlich strafbar sei. Die Antworten gingen alle in die gleiche Richtung: Es kommt darauf an, wie sich diese Blockaden entwickeln. Generell akzeptiert man offensichtlich solche Aktionen, wenn nichts Schlimmes passiert.

Blockade
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Klar, Sitzblockaden haben in Deutschland eine linke Tradition. Ohne veritable Sitzblockaden sinkt der Fun-Faktor entscheidend. Aber Wasserwerfer bitte nur im Sommer und auch nur dann, wenn ausreichend Regenzeug vorgehalten wurde. Da muss man sich halt vernünftig vorher absprechen. Notfalls dann Demonstranten einzeln wegtragen. Selbst der ehemalige Innenminister Otto Schily kann sich eine Wegtragen-Kerbe in seinen Erinnerungsknüppel aus der Zeit als Wendehals-Law-and-Ordner-Minister schnitzen. Auch Schily wurde in seiner Sturm-und-Drang-Zeit bespritzt und von Beamten aus Blockaden entfernt.

Nun könnte man denken, Demonstrationen gegen Verfassungsfeinde seien Bürgerpflicht. Dachten sich zumindest Politiker wie SPD-Vize Ralf Stegner und der Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, als sie gegenüber dem Handelsblatt eine Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz forderten. Und weil nun viele gewillt sind, diesem Ruf zu folgen, vermeldete die Polizei, dass man schon vor dem Parteitag mit Straßenblockaden und Krawallen von AfD-Gegnern rechnet.

Die Rechtslage ist dabei nicht einmal entscheidend. Denn wenn es auch nur einem einzigen Delegierten der AfD nicht gelingt oder nur erschwert gelingt, den Tagungsort zu erreichen, würde die verursachende Blockade theoretisch justiziabel. Nun kann man schon Wetten abschließen, dass beispielsweise der Aufruf der taz online zu solchen Blockaden, also die Aufforderung eine Straftat zu begehen, nicht geahndet werden wird. Ebenso wenig, wie die Blockierer mit Strafen werden rechnen müssen. Die von der Polizei erwarteten Gewaltausbrüche werden diese Straftaten sowieso zu Lappalien werden lassen.

Kontraproduktiv
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Und wie beim G-20 Gipfel steht diesem drögen Hannover noch die Nacht bevor. Hannover steht endlich mal im Rampenlicht. Denn Morgen geht der Parteitag der AfD weiter. Die hören heute nicht auf. Die 600 Delegierten im Congress Centrum werden derweil mit Nato-Stacheldraht gegen ein mögliches Vordringen von AfD-Gegnern geschützt und später dann zu ihren Schlafplätzen eskortiert werden müssen. Die Demonstranten wiederum bekommen verbal Schützenhilfe von politischen Entscheidern und zusätzlich direkte Unterstützung von Gewerkschaften und unzähligen Organisationen aus dem linken Spektrum, die unbedingt dabei sein wollen. Wie man längst weiß, teilweise hochfinanziert vom Bundesfamilienministerium. Und in maximaler Penetration aufgefordert zu marschieren von der Bundeswerbeagentur Scholz & Friends, die im Auftrag der Regierung seit Wochen fast jede deutsche Litfasssäule und Plakatwand auf Steuerzahlerkosten beklebt mit dem heimlichen neuen Masterslogan der Blockierer: „Wer, wenn nicht wir!“

Ach so, Alexander Gauland verzichtete heute auf dem Parteitag auf eine Kandidatur zum Parteivorsitzenden. Könnte man interesssiert zur Kennntnis nehmen und überlegen, was sich daraus für die politische Ausrichtung jener Bundestagsfraktion ergibt, die von über sechs Millionen Stimmenberechtigten gewählt wurde. Aber die Medien haben genug mit Berichten über die Ausschreitungen zu tun. Das Konzept der Blockierer ist also aufgegangen. Derweil werden dann ein paar Hinterbänkler-Journalisten die Reden des AfD-Parteitages auf verdächtige Sätze scannen, die man dann für Maischberger und Co. für zukünftige Sendungen für den Zitate-Kasten vorhalten wird.

Und die Demonstranten inszenieren ihren Kampf gegen Demokratie als sommerliches Räuber- und Gendarm-Spiel, bei dem sie leider mit den Jahreszeiten durcheinander gekommen sind. Aber dafür ist auch die Polizei verantwortlich.

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