23 von 30 CDU-Abgeordneten reichen zur Ablehnung der Gebührenerhöhung

Wie der letzte Akt der Magdeburger Haupt- und Staatsaktion auch ausgehen wird, klar ist nur, dass die Abstimmung im Landtag nicht den letzten, sondern den vorletzten Akt des Dramas bildet. Der letzte Akt spielt am 6. Juni 2021, am Tag der Landtagswahl.

picture alliance/dpa
Markus Kurze (3.v.l, CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Medien" der CDU-Landtagsfraktion, unterhält sich im Plenarsaal des Landtages mit Fraktionskollegen.

Oft wurde die Politik mit dem Theater verglichen, was in dem schönen Wort von den Haupt- und Staatsaktionen zum Ausdruck kommt. Karl Marx erinnerte in „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ an G.W.F. Hegel, der im Dritten Teil der „Vorlesungen zur Philosophie der Weltgeschichte“ ausführte, dass alle historischen Ereignisse sich zweimal ereignen, denn „durch die Wiederholung wird das, was im Anfang nur als zufällig und möglich erschien, zu einem Wirklichen und Bestätigten“, und fügte feuilletonistisch hinzu, dass Hegel vergessen habe zu erwähnen, dass eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.

Wie die Magdeburger Haupt- und Staatsaktion enden wird, als Drama, als Tragödie, als Farce, weiß zur Stunde niemand. Fest steht nur, dass Sachsen-Anhalts Innenminister und Chef der Landes-CDU, Holger Stahlknecht, der Volksstimme ein Interview gab, das dazu führte, dass er kurz danach kein Innenminister mehr war. Und ab Dienstag auch nicht mehr Vorsitzender der CDU Sachsen-Anhalts sein wird.

Der neue Mann der CDU
Was Ralph Brinkhaus schon einmal konnte, kann er auch ein weiteres Mal
Stahlknecht hätte wissen müssen, was er auslöst, wenn er für den Landesvorstand und für die Fraktion des Landtages bekräftigte, dass die CDU dem Rundfunkstaatsvertrag nicht zustimmen werde, auch um den Preis des Zerbrechens der Koalition nicht, womit Grüne und SPD drohen. Er konnte gelassen darauf verweisen, dass die CDU ein halbes Jahr bis zur regulären Landtagswahl im Juni 2021 als Minderheitsregierung durchstehen würde. Da er sich damit gegen den Ministerpräsidenten stellte, konnte ihn die Entlassung als Innenminister nicht überraschen. Erstaunlich ist jedoch der Rückzug vom Parteivorsitz.

Mit einer heftigen Reaktion auf sein Interview musste er rechnen, denn er stellte nicht nur die Kenia-Koalition in Frage, sondern wagte es, sich aus der Umklammerung der Roten und der Grünen zu befreien. Hatte er sich nur ungenügend im Landesvorstand abgesichert? Hat man dort die Konsequenzen nicht bedacht? Wusste der Landesvorstand nichts von dem Interview? Wie auch immer es zur Ankündigung des Rücktritts gekommen ist, die Tatsache selbst lässt auf handwerkliche Fehler schließen.

Die Sache selbst ist mit Stahlknechts Demission und Rücktritt jedoch nicht entschieden. Die CDU-Fraktion wird, so oder so, die Frage zu beantworten haben, ob sie dem Rundfunkstaatsvertrag zustimmen wird oder nicht. Die Fraktion der CDU kann gegen die Gebührenerhöhung stimmen oder dafür, entweder in der Form eines Kompromisses zur Gesichtswahrung, der nur die schöne, zeitverzögerte Zustimmung darstellen würde, oder eben gleich für den Vertrag votieren.

Doch eigentlich geht es längst nicht mehr um die 86 Cent, es geht um die CDU in Sachsen-Anhalt, um das Selbstverständnis, mit dem sie in das kommende Wahljahr gehen wird. Die große Fraktion der CDU wird jetzt unter Beweis stellen müssen, ob sie nach der Pfeife der kleinen Fraktionen der SPD und der Grünen tanzt. Es kann sein, dass 23 von 30 Abgeordneten der CDU genügen werden, um die Gebührenerhöhung für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer Zeit abzulehnen, in der ein Bundesfinanzminister die Auszahlung der Novemberhilfe auf den Januar verschieben muss.

Wie der letzte Akt der Magdeburger Haupt- und Staatsaktion ausgehen wird, bleibt der Spekulation vorbehalten, klar ist nur, dass die Abstimmung im Landtag nicht den letzten, sondern den vorletzten Akt des Dramas bildet. Der letzte Akt spielt am 6. Juni 2021, am Tag der Landtagswahl.

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Kommentare ( 22 )

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Odysseus JMB
3 Jahre her

Der Glaube an „Bauernopfer“ muss bei Haseloff schon reichlich irrational sein, wenn, wie es heißt, die Zustimmung zum Rundfunkstaatsvertrag bereits im Koalitionsvertrag ausgeschlossen worden war. Den eigenen Parteifreund dafür abzustrafen, dass die Koalitionspartner ein unwürdiges Staatstheater veranstalten oder einfach nur nicht des Lesens mächtig sind, kann selbst beim geneigten CDU-Wähler nur Irritationen hervorrufen. Aber was geht das schon den Wähler an? Die bizarre Entlassungsaktion richtet sich ganz nach thüringischem Geschmäckle gegen den Staatsfeind Nummer eins, die gewählten Abgeordneten der AfD. Ob Merkel bei der Überzeugungsarbeit mit Haseloff auch mit einem „Dammbruch“ argumentiert hat, wie die vertragsbrüchigen Rotgrünen? Die CDU wird… Mehr

Karsten Maltinger
3 Jahre her

Stahlknecht würde übrigens der AfD gut zu Gesicht stehen. Diese liegt gegen alle behaupteten Abwärtstrends bei 23 Prozent in Sachsen-Anahlt. Der zweithöchste Umfragewert für Blau in Magdeburg überhaupt !

Karsten Maltinger
3 Jahre her

Es ist zu hoffen, daß Schwarz nicht wieder einknickt und sich zusammen mit Blau den dreisten GEZ-Begehrlichkeiten entgegenstellt !

Regenpfeifer
3 Jahre her

Holger Stahlknecht hatte doppelt Recht: Zum einen, weil er auf den bestehenden Koalitionsvertrag gepocht hat, der ausdrücklich eine Erhöhung der GEZ-Gebühr ablehnt. Und zum anderen, weil er damit geschickt den Wahlkampf zur Differenzierung gegen linksgrün eröffnet hat. Dass er dafür abgesägt wurde, offenbart nur eines: Die CDU in Sachsen-Anhalt glaubt selber nicht an einen Wahlsieg und will lieber in der Kenia-Koalition weiter vor sich hindümpeln. Dafür muss man halt auch mal seine Wahlversprechen und den Koalitionsvertrag opfern.. Zur „Belohnung“ wäre gut, wenn die CDU in 2021 krachend untergeht und Sachsen dafür rotknallrotgrün regiert wird: Es muss erst mal so richtig… Mehr

blaubeerbaum
3 Jahre her

Die Hoffnung mag zuletzt sterben. Aber die Weichen sind doch längst gestellt. Der Innenminister gefeuert. Für mich die klare Kursnadel, in welche Richtung es geht. Es gibt für uns in diesem Land nichts mehr zu hoffen. Der Keks ist gelutscht!!!

IDa1
3 Jahre her

Die CDU Abgeordneten werden nicht gegen die Gebühren Erhöhung stimmen. Die 23 erforderlichen Abweichler werden nicht zustande kommen. Die potentiellen Abweichler werden bereits im Vorfeld durch das System Merkel mit ihrem Adlatus Hasselhoff massiv „bearbeitet“ werden. Das System wird keine „der Abgeordnete ist seinem Wähler verpflichtete“ Entscheidung zulassen. Abweichler werden mit massiven Konsequenzen zu rechnen haben, sicher auch bis hin zu sehr persönlichen. Diese Demokratie ist seit 16 Jahren auf dem Weg zur Abnickgesellschaft. Das wird sich im Wahlergebnis 2021 wieder bestätigen. Die von Merkel favorisierten Kader (GRÜN-LINKS-spd) werden wieder gewählt. Ach ja, die CDU Kader fehlen, die schlage ich… Mehr

Sonny
3 Jahre her

Die CDU macht sich anscheinend immer noch nicht klar, dass sie gerade dabei ist, ihre Glaubwürdigkeit zu 100% beim wählenden Volk zu verlieren, wenn sie jetzt umfällt und klein beigibt. Bleibt die CDU standhaft und verhindert die immer weitere Erhöhung des ÖRR, kann sie bei den kommenden Landtagswahlen nur gewinnen. Der Zuspruch an Wählern wird enorm sein – dazu müssen aber die Lakaien von merkels Gnaden weg und nicht Diejenigen, die Tacheles reden. Alleine, dass sich einige in dieser Partei überhaupt noch wehren gegen diese linksgrüne Unterjochung, inklusive ihres trojanischen Pferdes an der Spitze der Partei, ist schon bemerkenswert. Aber… Mehr

Sagen was ist
3 Jahre her

Eine Farce ist ohne Frage das Urteil des BVerfG zur Umstellung der GEZ

Empfangsgerät/Zwangsabgabe auf die Zwangsabgabe bei Wohnungsbesitz.

Das Gutachten zur Umstellung auf die Wohnungszwangsabgabe für

das ZDF erstellte ein Prof K. zum entsprechenden Honorar.

Als Mitglied (wenn nicht Vorsitzender) des zuständigen BVerfG Senats

agierte ein Bruder von Prof K.

Befangenheitsbedenken?

§ 129 StGB ? – Objektiver Tatbestand könnte mal angeprüft werden

Nicht in diesem Parteienclanstaat.

Finis Germaniae

imapact
3 Jahre her

Es geht längst um mehr als um Sachsen-Anhalt oder die leidige Erhöhung der Zwangsgebühren. Es geht vielmehr darum, daß in Deutschland offenbar keine Politik mehr gegen den Willen der Grünen und Linken gemacht werden kann. Denn dazu sind i.d.R. die Stimmen auch der AfD nötig. Nun jedoch haben Linke und Grüne, im Verbund mit Merkel und ihren Vasallen in den Medien die Vorstellung durchgesetzt, es sei „unverzeihlich“, wenn eine politische Entscheidung nur mit Hilfe der Stimmen der AfD herbeigeführt werden kann. (Nebenbei bemerkt: es ist eben nicht so, wie häufig herbeiphantasiert, daß die AfD rot-grüne Projekte verhindern könnte, wenn sie… Mehr

Imre
3 Jahre her
Antworten an  imapact

„..wenn die merkelhörigen Kräfte in der Union..“
Das halte ich für unsubstantiiertes Wunschdenken, die Union ist doch bis auf die Knochen zermerkelt. Da hilft nur noch die letzte Ölung (Verbot wg. Wählerverrat) bei dieser Postenjägertruppe. Eigentlich nur noch blanke Zeitschinderei um noch dieses und jenes Monatssalär abzufassen, dabei verschlechtert sich Deutschlands Zustand täglich. Weg mit diesen Hasardeuren und Mauschlern….

Lotus
3 Jahre her

Stahlknecht hat ja mittlerweile eine Erklärung abgegeben: „Er wolle damit Schaden von seiner Partei, der Funktion, seiner Familie und sich abwenden.“ (Quelle: Deutschlandfunk). „Schaden von seiner Partei, der Funktion abwenden“ – so weit, so klar. Aber „Schaden von seiner Familie und sich abwenden?“ Steht Familie Stahlknecht schon unter Polizeischutz? Im Fall Kemmerich wurden von „anständigen“ Deutschen sofort nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses massivste Drohungen gegen ihn und seine Familie ausgestoßen. Wurde medial natürlich nicht groß transportiert, das passt nicht ins Narrativ. Auch gegen Stahlknecht dürfte bereits ein Shitstorm toben. Sachsen-Anhalt zeigt gerade, was die von der Verfassung garantierte Unabhängigkeit und Gewissensfreiheit… Mehr

imapact
3 Jahre her
Antworten an  Lotus

Die Frage nach den Folgen für Stahlknechts Familie ist in der Tat sehr interessant. Und, ebenso richtig, das erinnert an den Fall Kemmerich. In Deutschland ist die Sippenhaft(ung) zwar abgeschafft, aber dies besorgen ja auch keine offiziellen Regierungsorgane. Dafür gibt es in Deutschland die Antifa, die quasi „ehrenamtlich“ (wenn man von ein paar „Subventionen“ im Rahmen des „Kampfes gegen Rechts“ absieht…) solche Probleme wie Kemmerich und Stahlknecht regelt.