Die Wirtschaft schrumpft weiter – und Minister Habeck frohlockt

Die Wirtschaft schrumpft, die Zahl der Insolvenzen steigt, dafür geht die Zahl der Aufträge zurück. Die wirtschaftliche Lage ist ernst – nur der zuständige Minister Robert Habeck findet die Situation gut.

IMAGO / Chris Emil Janßen
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im Jahresdurchschnitt 2024 um 0,3 Prozent sinken. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose. Und auch im kommenden Jahr 2025 erwartet das Institut keine aufblühende deutsche Wirtschaft: „Die deutsche Konjunktur kann sich nur langsam aus ihrer Schwächephase lösen“, schreibt das IMK.

Die Gründe: Eine „restriktive Fiskalpolitik der Bundesregierung und zunächst weiterhin hohe Zinsen“. Nächstes Jahr soll das BIP demnach um 0,8 Prozent steigen. Auf eine „leichte Rezession“ in diesem und im letzten Jahr soll also ein „schwaches Wachstum“ im kommenden Jahr folgen. Und auch das nur im besten Fall. In letzter Zeit musste das Wirtschaftsministerium Wachstumsprognosen immer wieder nach unten korrigieren.

Die Ökonomen des IMK gehen davon aus, dass sich die geldpolitische Situation verbessern wird: Sie vermuten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ab April den Einlagenzins von vier Prozent auf drei Prozent senken wird, um unter anderem auf die „deutlich gesunkene Inflation“ zu reagieren: Die Teuerungsrate liegt laut IMK-Prognose in diesem Jahr mit durchschnittlich 2,4 Prozent „wieder nahe am Ziel der EZB“ und wird dieses Mitte 2025 mit 2,0 Prozent erreichen. Das IMK würde es begrüßen, wenn die EZB den Einlagezins senkt: Das wäre ein „längst überfälliger“ Beitrag, um die „stagnativen Tendenzen in der Währungsunion“ nicht noch weiter zu verfestigen.

Aber in Sachen Ampel-Politik sieht das IMK düster: „Während eine Lockerung der Geldpolitik in Sicht ist, zeichnet sich eine konjunkturgerechte Umkehr der deutschen Fiskalpolitik bisher nicht ab“, kritisiert das Institut. Ganz und gar nicht, wie Robert Habeck (Grüne) beweist: Der Wirtschaftsminister zeigt sich diese Woche zufrieden: Daten vom Umweltbundesamt zeigten, dass das Klimaschutzziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent zu senken, greifbar sei. Dies unterstreicht, dass die „ergriffenen Maßnahmen Wirkung entfalten“.

Habeck sagt dazu: „Zum ersten Mal überhaupt zeigen die Zahlen: Deutschland ist auf Kurs – erstmals. Wenn wir Kurs halten, erreichen wir unsere Klimaziele 2030. Und das mit einer Wirtschaft, die sich wieder erholt.“ Dem IMK reicht es hingegen nicht aus, dass sich die Wirtschaft ein wenig „erholt“ hat: Mit der „restriktiven Fiskalpolitik“ sorge die Bundesregierung dafür, dass aus der „leichten Erholung“ eben kein Aufschwung wird.

Dass ein solcher Aufschwung ausbleibt, zeigen ernüchternde Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Verglichen mit dem Vorjahresmonat ist die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen im Februar
um fast ein Fünftel gestiegen. Das ist keine Ausnahme: Seit dem letzten Juni sind die Zuwachsraten im Vorjahresvergleich damit durchgängig im zweistelligen Bereich. Bezogen auf 10.000 Unternehmen in Deutschland gab es im vergangenen Jahr insgesamt 52,5 Insolvenzen. Die meisten davon trafen den Bereich „Verkehr und Lagerei“ – mit 106,5 Fällen. Auch das Baugewerbe hat offensichtlich zu kämpfen: Bezogen auf 10.000 Unternehmen meldeten 79,9 aus dieser Branche eine Insolvenz an. Habeck kann sich freuen: Somit gibt es weniger Unternehmen, die Kohlenstoffdioxid ausstoßen – ein Erfolg für seine Klimaziele.

In der Immobilienbranche machen sich die Folgen der wirtschaftlichen Rezession besonders bemerkbar: Im Januar haben die Behörden den Bau von 16.800 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das fast ein Viertel weniger Genehmigungen als im Januar zuvor. Im Vergleich zum Januar 2022 ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen sogar um mehr als 40 Prozent oder 12.900 gesunken. Weniger Baugenehmigungen deuten an, dass weniger gebaut wird und weniger in Gebäude investiert wird – und weniger Kohlenstoffdioxid ausgestoßen wird. Dass solche Investitionen weiterhin „massiv“ sinken werden, bestätigt die IMK-Prognose: „Nach einem Rückgang um 5,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 fallen sie 2025 noch einmal um jahresdurchschnittlich 1,3 Prozent“, schreiben sie in ihrer Pressemitteilung.

Aber nicht nur die Immobilienbranche ist betroffen, wie weitere Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Der „reale Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe“ ist im Januar gegenüber Dezember um rund 1 Prozent gesunken. Im Vergleich zum Januar des letzten Jahres haben diese Unternehmen aus der Industrie sogar rund 5 Prozent weniger Aufträge erhalten.

Als Grund gibt das IMK an: Öffentliche und private Investoren sind sich unsicher, welche Spielräume sich künftig bieten werden und inwiefern Deutschland ihre Kapitalanlagen fördert. Diese Unsicherheiten „bleiben hoch und bremsen“. Das IMK findet es „in der bereits lang andauernden Wirtschaftsflaute“ daher „notwendig“, dass Deutschland mehr in Infrastruktur investiert und die Ampel diese „transformativen Investitionen“ direkt und indirekt fördert, beispielsweise über günstigere Abschreibungsmöglichkeiten. Außerdem müsse die Ampel den Strompreis senken, zum Beispiel indem sie die Netzentgelte aus dem Bundeshaushalt zahle. Die Wissenschaftler vom IMK sehen die Schuldenbremse daher als ein „gravierendes Versäumnis“ der Ampel: „Im vergangenen Jahr begründeten die Energiepreisschocks, die Deutschland besonders stark trafen, das schwache Wachstum in Deutschland. In diesem und im kommenden Jahr ist es die Schuldenbremse, die Deutschland zum wirtschaftlichen Schlusslicht unter den Industrieländern macht.“

Aber nicht nur Deutschland muss handeln. Sondern auch die Europäische Union, wie die Deutsche Handels- und Industriekammer (DIHK) fordert: „Insgesamt muss sich die EU wieder auf ihre eigentlichen Kernaufgaben konzentrieren: die Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit“, fordert DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. „Hier hat die EU-Kommission einige Hausaufgaben zu machen, beispielsweise auch bei den Freihandelsabkommen.” Eine DIHK-Umfrage ergab, dass die EU als Unternehmensstandort für fast zwei Drittel der deutschen Industriebetriebe innerhalb der letzten fünf Jahre an Attraktivität verloren hat.

Wansleben betont daher, an welchen „wichtigsten Baustellen“ die kommende Legislaturperiode arbeiten muss: Eine bessere internationale Verzahnung, mehr Innovation, niedrigere Energiekosten, schnellere Verfahren, mehr Fachkräfte und vor allem weniger Bürokratie. Der „Green Deal“ sorge derzeit dafür, dass Bürokratie auf- und nicht abgebaut wird, kritisiert Wansleben. Auch seine Kollegin vom DIHK Sibylle Thierer meint, das Regulierungsdickicht werde immer größer: „Das kostet Zeit, Geld und bindet Personal.“

Die Folge laut Wansleben: „Europa läuft trotz der grundlegend guten Ausgangslage Gefahr, im internationalen Wettbewerb an Boden zu verlieren.“ Gerade komplexe Zulassungs- und Genehmigungsverfahren sowie kleinteilige Dokumentationspflichten wirken sich besonders negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Wansleben findet daher: „Dieser Trend muss umgehend gestoppt werden.“

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Kommentare ( 40 )

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1 Monat her

Zitat Tichy:

„Dass die Ampel die Macht selbst loslässt, ist nicht zu erwarten.“

Das ist richtig – ohne Frage wird das nie geschehen.

Das implantierte System zur Machterhaltung der Transformer
ist in allen drei Gewalten perfekt und unwiderruflich installiert .

Selbst wenn die Ampel an sich keine Mehrheit mehr bekommen würde,
steht die CDU für eine Koalition mit der Ampel bereit, für diese Mehrheit
zu sorgen.

Insofern besteht für die herrschende Nomenklatura kein Grund zur Panik.

Die Transformation wird gnadenlos exekutiert.

BellaCiao
1 Monat her

Habeck will für Deutschland bis 2030 zu 80 % klimaneutral sein. Aktuell sagt er: „Wir sind auf gutem Weg, dieses Ziel zu erreichen.“ Offenbar sind die Grünen schon jetzt voll im Wahlkampfmodus und versprechen uns das Blaue vom Himmel. In der Realität werden derzeit noch immer 80 % des Primärenergieverbrauches aus fossilen Energieträgern (Öl, Kohle, Gas) erzeugt. Um in 2030 zu 80 % klimaneutral zu sein, dürften dann folglich nur noch 20 % der Energie aus fossilen Energieträgern stammen. Es ist aber völlig utopisch, das in nur gut 5½ Jahren erreichen zu wollen. Bis 2045 soll Deutschland ja zu 100… Mehr

Last edited 1 Monat her by BellaCiao
Martin Buhr
1 Monat her

Die Gnade der Dummheit , so erklaerte mir einst eine innere Instanz , liegt in der Unfaehigkeit ( der Dummheit ) , sich selbst zu entlarven . Wer auch immer ihrer stolz habhaft ist , wird dies auch immer – wenn auch sehr unwahrscheinlich – als Allerletzter begreifen . Das soll aber nicht heissen , dass ich der deutschen Wirtschaft anraten moechte , dem Wirtschaftsminister diese Bedenkzeit in exzessiver Hoffnung , dies koenne ein Irrtum sein , vergoennen zu wollen . Wer nichts weiss , weiss auch naturgemaess nicht , dass er nichts weiss und ist somit den Beteuerungen seiner… Mehr

DerGrinser
1 Monat her

Mich wundert immer wieder, wie sehr sich doch TE-Leser daran klammern, die GRÜNEN würden ja bald abgewählt und dann werde alles besser. Hä? Hier glaubt doch wohl niemand ernsthaft, dass eine UNIONS geführte Regierung, mit wem auch immer, auch nur ein Jota beim Klimawahnsinn zurückdreht, oder? Never! Habeck, Scholz, Baerbock sind nur Handpuppen, die gegen die nächsten ausgetauscht werden um die Demokratiesimulation aufrecht zu erhalten. Solange das Parteienkartell und die Systemmedien, also der Polit-mediale Komplex, die Macht nicht aus der Hand geschlagen bekommen, wird sich hier gar nichts ändern. Punkt.

Deutscher
1 Monat her

Die Grünen sind wie Steinzeitkommunisten, nur noch dümmer. Während erstere wenigstens noch glaubten, dass es, wenn auch keiner freien, so aber doch irgendeiner Form von Wirtschaft bedurfte, ist das Credo der Grünen: „Wirtschaft ist böse, böse, böse! Wirtschaft ist an allem schuld! Wirtschaft ist alt, weiß und männlich! Je weniger Wirtschaft, desto besser!“

Birka von der Oder
1 Monat her

Es ist mir unbegreiflich, dass immer noch von den meisten Leuten bestenfalls angenommen wird, Robert Habeck und die anderen Mitglieder der aktuellen Regierung seien irgendwie bisschen dümmlich, naiv oder ideologisch aufgeladen, nach dem Motto „denn sie wissen nicht was sie tun“. Sie wissen ganz genau, was sie tun! Wie auch alle Regierungen vor davor. Alles ist orchestriert und soll dennoch den Anschein erwecken, es sei es nicht. Sie sind auf diese Posten gehievt worden, weil die Besatzungsmächte, pardon unsere Freunde, es so verfügt haben. Dafür bekommen sie als Entschädigung dafür, dass sie ihre Visagen in die zahlreichen Kameras halten müssen… Mehr

Paprikakartoffel
1 Monat her

Wieso sträuben sich die Grünen eigentlich so gegen die Remigration aller Nichtberechtigter gem Art 16a und gegen die konsequente Rückführung Nicht-mehr-Schutzbedürftiger nach z B Syrien und in die Westukraine? Um jeden Menschen, der hier nicht untergebracht, nicht verköstigt, bekleidet und bespaßt werden muß, mindert sich der CO2-Ausstoß. Kein zusätzlicher Wohnungsbau, keine zusätzliche Mobilität (zumal die Heimaturlaubsfreudigkeit extrem viel CO2 produziert), kein Mehrbedarf an Heizung und Strom im düsteren und kalten Deutschland… Warum die Wirtschaft und damit die Steuereinnahmen für den „Klimaschutz“ an die Wand fahren, wenn man viel einfacher und unter absehbar großer Zustimmung der Ureinwohner den CO2-Ausstoß signifikant und… Mehr

Last edited 1 Monat her by Paprikakartoffel
BK
1 Monat her

Wenn Deutschlands Wirtschaft um 30 % schrumpft und das Angebot dieser Exportnation auf dem Weltmarkt wegfällt, dann stehen 3 Milliarden Inder und Chinesen 10 Minuten früher auf, um den Schaden auszugleichen. Die würden auch weiter arbeiten, wenn es dort zehn Grad wärmer wird.

Jatoh
1 Monat her

Mit welcher industriellen Basis Deutschland in fünf bis acht Jahren autark kriegsfähig werden will, erschließt sich mir nicht.
Denn dann will uns Putin den Verlautbarungen maßgeblicher deutscher Regierungsvertreter nach überfallen.

StefanB
1 Monat her

Möglicherweise muss bzw. kann man es auch so sehen: Bevor der Euro (und infolge die EU) das Zeitliche segnen, muss die Bilanz (= Target II) der beteiligten Länder ausgeglichen werden. Ansonsten stellt sich die Frage, wie die Kohle, mit der zahlreiche Euro-Länder bei Deutschland in der Kreide stehen, wieder reingeholt werden soll. Mittels Krieg – das will wohl niemand? Die Frage stellt sich nicht, wenn diese Positionen zuvor (weitgehend) ausgeglichen werden. Das gelingt natürlich nicht mit einem wirtschaftlich starken, sondern nur mit einem Deutschland, dass den Südländern gleicht. Ist nur so eine Theorie. Wobei ein Krieg trotzdem nicht ausgeschlossen ist,… Mehr