Wehe, wenn die Insolvenzwelle bricht

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten wollen Deutschland den nächsten harten Lockdown verordnen. Ihre planlosen November-Einschränkungen haben offensichtlich nichts gebracht. Im Bundestag gibt es plötzlich warnende Stimmen aus den Reihen der Union

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die deutsche Volkswirtschaft konnte den ersten Lockdown im Frühjahr trotz mancher Kollateralschäden insgesamt mit Ach und Krach noch einigermaßen verkraften. Doch die nächsten harten Schließungen des gesellschaftlichen Lebens bringen den Wirtschaftsstandort Deutschland nun endgültig in größte Gefahr.

Zumindest wird diese verhängnisvolle Entwicklung Teilen der Bundespolitik bewusster.

CDU-Haushaltspolitiker Axel Fischer redet diesen Freitag in der Bundestagsdebatte vor weitgehend schweigendem Auditorium außergewöhnlichen Klartext. Immerhin gehört der Bundestagsabgeordnete aus Karlsruhe-Land dem Unionsfraktionsvorstand an. Seine ehrliche Rede zum Bundeshaushalt 2021 dürfte die Bundesregierung nicht gerade erfreuen. Schließlich kommt die kritische Sicht der Wirtschaftslage aus den eigenen Reihen.

Fischer stellt unmissverständlich klar: „Nach einem Jahrzehnt des wirtschaftlichen Aufschwungs sind Wirtschaft und Gesellschaft mit Corona in schweres Fahrwasser geraten.“ Als Haushaltspolitiker kommt er gleich auf den kritischen Punkt: „Nach ersten Erholungszeichen im Sommer verschärft sich mit dem von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder verhängten ‚Lockdown‘ die wirtschaftliche Situation seit Anfang November zusehends.“

Unser soziales Leben sei erheblich eingeschränkt. Wirtschaftlich laufe es am Ausbildungs- und am Arbeitsmarkt ganz und gar nicht gut. Die kurzfristige wirtschaftliche Erholung über den Sommer wurde unterbrochen. Mehr noch: „Die aktuelle Verlängerung der ‚Coronaeinschränkungen‘ bis ins neue Jahr verschlechtert den Ausblick weiter. Es scheint fast so, als drohe unsere Gesellschaft auseinander zu driften.“

Haushaltspolitiker Fischer zeigt sich über die Haushaltszahlen im Plenum besorgt: „Die im ersten Regierungsentwurf geplanten Ausgaben, die bereits um 21 Milliarden Euro über den vor einem Jahr geplanten Ausgaben lagen, wurden für das laufende Jahr 2020 nochmals um knapp eine Milliarde Euro auf rund 165 Milliarden Euro allein im Bereich Arbeit und Soziales ausgeweitet.“ Damit versuche der Bund, den entstandenen und weiter entstehenden Schaden für die Betroffenen möglichst klein zu halten.

Selbst bei Hartz IV mussten noch einmal 300 Millionen Euro „draufgepackt“ und der Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit (BA) um 250 Millionen Euro angehoben werden. Die Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme sowie den Zuschuss an die BA summierten sich damit auf 48,8 Milliarden Euro.
Noch zeige sich der Arbeitsmarkt trotz teilweise erheblicher wirtschaftlicher Einbrüche relativ stabil. Zwar liege die Zahl der Arbeitslosen um rund eine halbe Million über der des Vorjahres, doch auch die Zahl der Kurzarbeiter dürfte derzeit deutlich höher liegen als noch mit 2,2 Millionen im September, mahnt Fischer.
Dagegen hatte sich die Nachfrage nach Arbeitskräften von April bis zum erneuten „Lockdown“ Anfang November merklich erholt.

Doch was kommt jetzt?

„Welche Folgen sich angesichts der neuen Beschränkungen für die Beschäftigung in den ohnehin besonders betroffenen Sektoren wie Hotels, Gaststätten, Ausbildung und Kultur bzw. dem Dienstleistungssektor insgesamt und auch im kränkelnden verarbeitenden Gewerbe ergeben, ist derzeit nicht absehbar,“ warnt der CDU-Haushaltspolitiker. Offenkundig seien jedoch – nach den Meldungen über Entlassungen und Konkurse im industriellen Bereich und ersten Insolvenzen größerer Dienstleister insbesondere im Automobilbereich – Berichte über umfassende Produktionsverlagerungen ins Ausland.

Deutsche Angst vor Chinas Wirtschaftsmacht

Fischer zitiert in dem Zusammenhang die Regierungschefin: „Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat bereits mehrfach von einer Verschiebung der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse aufgrund der ‚Coronakrise‘ zu Lasten Europas und zu Gunsten Chinas und Südostasiens gesprochen.“

Export-Weltmeister Deutschland schwebt also in höchster Gefahr. Was Fischer nicht sagen kann: Passiert ist im Berliner Kanzleramt dazu fast nichts. Zu groß scheint in Merkels Hallen die Angst vor der trotz Coronakrise aufstrebenden Wirtschaftsmacht China.

Während die westliche Welt voll in die Wirtschaftskrise fährt, brummt im Ursprungsland des Covid-19-Virus die Konjunktur. Chinas Wirtschaft geht sogar gestärkt aus der Coronakrise hervor – in diesem Jahr mit einem Wachstum von rund zwei und 2021 mit über acht Prozent. Haushaltspolitiker Fischer stellt im Bundestag jedenfalls die Frage, „ob wir die Corona-Krise ebenso durchstehen können wie die Finanzkrise 2009?“

Kurzarbeitergeld kann kein Dauerzustand sein

Im Plenum erklärt der CDU-Haushaltsexperte den Ernst der Lage. Mit dem Kurzarbeitergeld sei es zwar bislang gelungen, in einigen Bereichen die schlimmsten Folgen abzufedern. „Aber Kurzarbeitergeld ist kein Geschäftsmodell. Und dauerhaft finanzierbar ist es aus leeren öffentlichen Kassen bei erheblicher staatlicher Neuverschuldung schon gar nicht“, sagt Fischer. Mehr noch: „Wohlstand wird von leistungsfähigen Arbeitskräften an produktiven Arbeitsplätzen erwirtschaftet – nicht durch die Auszahlung von Lohnersatzleistungen.“

Hauspolitiker Fischer mahnt: „Angesichts der erheblichen derzeitigen Bedrohung und Aushöhlung großer Teile der wirtschaftlichen Basis unseres Gemeinwesens muss unser Hauptaugenmerk daher insbesondere auch auf die Sicherung von Ausbildungsplätzen gerichtet sein.“ Es wäre fatal, wenn nach dem noch gut verlaufenden aktuellen Ausbildungsjahr 2020 im kommenden Jahr 2021 junge Menschen aufgrund der aus wirtschaftlichen Gründen notwendigen Zurückhaltung von Unternehmen keine Ausbildung antreten könnten.

„Die aktuell gestiegene Zahl an Jugendarbeitslosen ist ein deutliches Warnsignal,“ warnt Fischer. „Wir müssen unbedingt vermeiden, dass eine junge ‚Generation Corona‘ jetzt durch Unterrichtsausfall, vermeidbare emotional-soziale Belastungen oder fehlende Arbeits- oder Ausbildungsplätze geschädigt und um Lebenschancen gebracht, und so zu einer zusätzlichen erheblichen Belastung für unser Gemeinwesen gemacht wird.“

Ein politisch erzeugtes Tief bringt 2021 den Insolvenzsturm

Wie zum Beweis zeigen sich die Kreditversicherer über die wahre dramatische Wirtschaftslage höchst besorgt. Sie erwarten ab 2021 eine gewaltige Insolvenzwelle.
„Die Wirtschaft schiebt eine Welle an drohenden Insolvenzen vor sich her“, warnt Thomas Langen, Chef der Kommission Kreditversicherung im Versichererverband GDV. „Es ist klar, dass die Welle bald brechen wird.“ Vor allem wenn die Insolvenzantragspflicht zum Jahreswechsel wieder in Kraft trete. „Die Risiken steigen und sind schwieriger zu kalkulieren. Wir sind an dem Punkt, an dem die staatlichen Hilfen mehr Schaden anrichten als nützen.“ (Siehe Grafik)

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Kommentare ( 97 )

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Protestwaehler
3 Jahre her

Merkel ist Honeckers Rache am kapitalistischen Klassenfeind, das will einfach niemand begreifen. Warum wohl kommt deren größter Applaus stets von der SED, und warum wohl reagiert die SED stets am aggressivsten wenn deren Honecker-Ersatz von der AfD im Bundestag kritisiert wird.
Und sind wir doch ehrlich, diese Unionsclaquere würden auch unter Honecker persönlich dienen, solange nur der gut honorierte Posten dabei erhalten bleibt.

peer stevens
3 Jahre her

Richard28:
…Die Antwort auf Ihre Fragen finden Sie in dem Beitrag von Cethegus

Martin Muehl
3 Jahre her

Terrain ein für allemal verloren
Den wirtschaftlichen Schaden, den De und die EU zur Zeit produzieren, den nutzen andere Staaten, vor allem in Süd-Ost-Asien, um den Vorsprung auszubauen. De wird das verlorene Terrain nicht mehr zurückgewinnen, insbesondere wenn man die Qualität und Mentalität unserer Schulabgänger mit einbezieht.

Cethegus
3 Jahre her

Wer ein neues System sozialistischer Planwirtschaft etablieren will muß eben vorher das alte System zerschlagen!
Wenn man das so betrachtet macht das alles was hier momentan abgeht durchaus Sinn!

H. Hoffmeister
3 Jahre her

Dummerweise leiden vor allem die wenigen verbliebenen tatsächlichen Wertschöpfer. Der Öffentliche Dienst mit den homeofficenden Bürokraten (oft grün wählend), der ÖRR mit seinen sich der Politik anbiedernden „Journalisten“ oder die mit Abermilliarden Steuergeld geretteten höchstverdienenden Lufthansa-piloten werden nicht leiden. Und die FFF kids sind Ausgeburt grünroter Politik, die von ihren Eltern betrieben wird. Wenn die Mehrheit der Bürger nicht von Transfers der wenigen echten Leistungsträger so üppig leben könnte, wäre so vieles anders verlaufen.

binweitweg
3 Jahre her
Antworten an  H. Hoffmeister

Ihr Verweis auf die tatsächlichen Wertschöpfer ist mehr als notwendig. Für die Arbeitslosen, die Rentner, die Angestellten im ÖD, die Beamten ist es schnurzpiepe, ob,wie oft und wie lange ein Lockdown angeordnet wird- deren Einnahmen laufen ungekürzt weiter.Auf der anderen Seite arbeiten sich vor allem die im Gesundheitswesen und im Einzelhandel(Waren tägl. Bedarfs)einen Wolf zum Teil zwar mit Lohnerhöhungen, Sonderprämien und versprochenen aber meist noch nicht gezahlten Einmalzahlungen.Ich kann mich täuschen- aber ein Generalstreik würde wohl beide Vorgenannten Gruppierungen (zumindest denen,die noch in Zusammenhängen denken können)in wesentlichen Teilen zusammenführen. Es hat auch nichts mit Moral oder Rücksichtsnahme ggü- dem vermeintlich… Mehr

Richard28
3 Jahre her

Wenig wid zur Entscheidungsgrundlage dieser Lockdown geredet.
Der PCR – Test !
Dieser Test soll laut Wissenschaft keine Infektion feststellen können.
Unsere Regierung ignoriert dies bewusst.
Warum ? Was ist das Ziel ?

Protestwaehler
3 Jahre her
Antworten an  Richard28

Ein FPÖ’ler hat in Österreich während seiner Rede im Bundestag einen PCR-Schnelltest an seinem Glas Cola gemacht, natürlich positiv.
Und a.H. diesem Schwachsinn ruiniert man die europäische Wirtschaft.

Horst Hauptmann
3 Jahre her

Das Kurzarbeitergeld ist sicherlich richtig, um die größten Härten abzufedern. Müssen es aber 90% sein? Bei der Bevölkerung entsteht dadurch eine Sorglosigkeit, die zu einer Fehleinschätzung der Zukunftserwartungen führt. Wenn die Bevölkerung die Bedrohung nicht SPÜRT, dann führt das zu der allgemein zu beobachtenden Unterschätzung der Auswirkungen des Virus. Die Politik müsste dringend von Fachleuten für Massenpsychologie begleitet werden. Entscheidend ist, dass die Bürger die wirtschaftliche Bedrohung erkennen und danach handeln, also durch persönliche Einschränkungen das Virus soweit im Zaum halten, dass es zu keinem wirtschaftlichen Kollaps kommt. Bisher hat die Politik zu diesem Gebiet nichts beigetragen sondern nur die… Mehr

Dorothe
3 Jahre her
Antworten an  Horst Hauptmann

Ich bin ziemlich sicher, dass die Regierung von Fachleuten für Massenpsychologie begleitet wird. Ob diese Fachleute das Wohl der Bürger im Auge hab en, wage ich stark zu bezweifeln. Viele gutgläubig-naive, zu vertrauensselige und schlicht desinteressierte Medienopfer/ Bürger werden sanft ( wie der Frosch im heissen Wasser ) manipuliert durch eine Mischung aus Sedierung und Panikmache. Alle Anderen sind sowieso Nazis und werden zu Abschuss freigegeben.
Merkel schafft den Wohlstand und die Wirtschaft ab.

Meykel
3 Jahre her

Am Ende des Tages sitzen die Leute, vielleicht bei bester Gesundheit und mit sauberer Luft, oder auch nicht, die durch „Wertschöpfung“ den „Mehrwert“ in Deutschland erschaffen, auf den Ruinen ihrer Existenz und sind vernichtet.

Und der Teil der Bevölkerung der nur Verwerter dieses „Mehrwertes“ ist, wird sich dann auch wundern, weil keiner mehr da ist, der ihre Diäten, Besoldungen und Pensionen bezahlt.

Das wird noch richtig interessant werden!

EndemitdemWahnsinn
3 Jahre her

Sehe ich genauso. Das ist fast schon die einzige Hoffnung, dass es diese unsägliche Regierung jetzt so maßlos übertreibt, auch wenn es auf begrenzte Zeit hart ist, dass dieses ganze System doch zum Kippen kommt und immer mehr Leute aufwachen und immer mehr, die das ganze für gut halten, die Folgen am eigenen Leib zu spüren bekommen.

friedrich - wilhelm
3 Jahre her

…..ein kollege aus der wissenschaft hat meiner frau ein papier zugänglich gemacht, in dem namhafte wissenschaftler das cormann – drosten papier analaysieren und in grund und boden stampfen! das papier hat sich auch die who zu eigen gemachtund auf grund desssen wird getestet und falsche ergebnisse in die welt gebracht! ich mag mir garnicht ausdenken, wie zivil- und strafrechtliche verfahren ausgehen werden, wenn diese tatbestandsmerkmale einmal vor nationalen und internationalen gerichten landen werden. in deutschland mögen diese gerichtsverfahren ja noch glimpflich ablaufen. doch sehe ich für schadensersatzprozesse in den usa zum beispiel ziemlich schwarz, was die höhe der schadenersatzsummen angeht!… Mehr