Wegen digitaler Überwachung: Signal erwägt Rückzug aus Europa

Unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung plant die EU, tief in die Privatsphäre ihrer Bürger einzudringen. Signal droht mit Rückzug vom Markt, doch Brüssel drängt unbeirrt weiter. Chatkontrolle, digitaler Euro und Identitätswallet könnten die Bausteine für ein europäisches Social-Credit-System nach chinesischem Vorbild werden.

picture alliance / dts-Agentur | -

Die Chefin der Messenger-App Signal droht damit, die Anwendung vom europäischen Markt zurückzuziehen. Hintergrund ist der Plan der EU, unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung eine weitreichende Chatüberwachung einzuführen.

Bereits seit mehreren Jahren berät die Europäische Union über ein Gesetz, mit dem angeblich der Kampf gegen digitale Kriminalität neu geregelt werden soll. Der aktuelle Verordnungsentwurf sieht vor, dass Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Telegram es den EU-Behörden künftig ermöglichen sollen, Inhalte bereits vor ihrer Verschlüsselung zu überprüfen.

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Für den US-Messengerdienst Signal ist das inakzeptabel. „Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung und unsere Datenschutzgarantien zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir leider die Entscheidung treffen, den Markt zu verlassen“, erklärte Signal-CEO Meredith Whittaker der Nachrichtenagentur dpa. Whittaker betonte weiter, dass Signal niemals die Integrität seiner Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufgeben werde: „Sie garantiert die Privatsphäre von Millionen und Abermillionen von Menschen auf der ganzen Welt. Oft auch in lebensbedrohlichen Situationen.“

Kriminalitätsbekämpfung oder Startschuss für totale Überwachung?

Die Europäische Union begründet die geplante, übergriffige Chatüberwachung vor allem mit dem Kampf gegen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs. Auch wenn dieses Argument nachvollziehbar und von höchster Bedeutung ist, dieser Form von Kriminalität entgegenzutreten, stellt sich die Frage, ob dies die flächendeckende Überwachung der privaten Kommunikation aller EU-Bürger rechtfertigt.

Eine solche Maßnahme könnte Tür und Tor für einen digitalen Überwachungsstaat öffnen – mit potenziell gravierenden Folgen für Andersdenkende, Regierungskritiker und letztlich für die Meinungsfreiheit selbst. In der Theorie könnten Hausdurchsuchungen vollzogen, aber auch Geld- und Haftstrafen verhängt werden, etwa weil regierungskritische Inhalte in einem Chatverlauf geäußert wurden.

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Abwegig ist das Ganze nicht, wenn man betrachtet, wie in Deutschland – aber auch
europaweit – mit abweichenden Meinungen in den sozialen Medien umgegangen wird. Regierungskritik wird häufig pauschal als „Hatespeech“ oder „Volksverhetzung“ eingestuft. Erinnert sei an den Fall „Schwachkopf“, bei dem der Rentner Stefan Niehoff auf der Plattform X (ehemals Twitter) ein Meme teilte, das den Ex-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Anspielung auf die Haarkosmetik-Marke „Schwarzkopf“ als „Schwachkopf“ bezeichnete. Im November 2024 ordnete das Amtsgericht Bamberg auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung bei Niehoff an. Dabei wurde unter anderem sein Tablet beschlagnahmt. Der Durchsuchungsbeschluss stützte sich offiziell auf den Verdacht der „Volksverhetzung“.

Chatüberwachung reiht sich ein in digitale Agenda der EU

Auch wenn die Chatüberwachung bislang nur ein Konzept ist und noch nicht sicher feststeht, ob sie tatsächlich umgesetzt wird – vor allem, da im EU-Parlament teils deutlicher Gegenwind herrscht –, ist dennoch damit zu rechnen, dass sie früher oder später umgesetzt wird.

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Denn die Maßnahme fügt sich nahtlos in die digitale Überwachungs-Agenda ein, die von der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit vorangetrieben wird. Aktuell wird auf EU-Ebene zudem die Einführung des digitalen Euros sowie einer digitalen ID vorbereitet. Die Einführung des digitalen Euros befindet sich bereits in der finalen Phase. Nach der ersten Pilotphase, die Ende 2023 startete, hat die EZB nun für das Jahr 2026 eine zweite Testphase eingeleitet.

Gemeinsam mit Finanzinstituten, soll erprobt werden, wie der digitale Euro in bestehende Zahlungssysteme eingebunden werden kann. Spätestens bis Ende des Jahrzehnts wird der digitale Euro wohl an den Start gehen.

Zwar soll er offiziell freiwillig sein und lediglich als Ergänzung zum Bargeld dienen – doch das ist anzuzweifeln. Denn während die digitale Währung vorbereitet wird, läuft der Kampf gegen das Bargeld zeitgleich auf Hochtouren: Bankautomaten und Filialen werden geschlossen, weniger Euromünzen geprägt und auch Bargeldtransaktionen eingeschränkt. Ab 2027 sind europaweit Barzahlungen über 10.000 Euro verboten.

Städte dafür, Land dagegen
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Nachdem in der Schweiz per Volksentscheid die Einführung einer digitalen ID beschlossen wurde und in Großbritannien die Regierungspartei Labour ebenfalls die Einführung angekündigt hat, steht auch auf EU-Ebene die Implementierung eines elektronischen Identitätsnachweises unmittelbar bevor. Die sogenannte EU Digital Identity Wallet (EUDI) soll als mobile App bereitgestellt werden, mit der sich Bürger sowohl online als auch offline ausweisen „können‟. Wie beim digitalen Euro wird auch hier betont, dass die Nutzung freiwillig sei.

Ein Blick hinter die Kulissen offenbart jedoch ein anderes Bild. So wird etwa im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU die verpflichtende Einführung einer digitalen Identität ausdrücklich genannt. Dort heißt es, dass jeder Bürger verbindlich ein Bürgerkonto und eine digitale Identität erhalten soll, um den Zugang zu digitalen Verwaltungsleistungen und staatlichen Services zu vereinfachen und zu beschleunigen.

China als Vorbild: Wird in Europa der Überwachungsstaat errichtet?

Verkauft wird den Bürgern die Digitalisierung von Ausweis und Währung als Fortschritt und als Vereinfachung alltäglicher Abläufe. Beide Entwicklungen laufen jedoch letztlich auf dasselbe hinaus wie die Chatüberwachung: vollständige Kontrolle. Der Bürger wird gläsern gemacht. Besonders gefährlich: Die Kombination aus digitalem Euro und digitaler ID öffnet die Tür für den Übergang in ein Social-Credit-Systems nach chinesischem Vorbild.

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Die digitale Identität kommt – Wie Deutschland den gläsernen Bürger erschafft
Grundsätzlich wird die digitale ID wohl eine Vielzahl personenbezogener Daten bündeln: darunter etwa Gesundheits- und Versicherungsdaten, Lebenslauf, Zugriff auf Bankkonten, soziale Medien, elektronische Kommunikationsdaten wie E-Mail-Adresse und Telefonnummer sowie zahlreiche weitere sensible Informationen, darunter auch biometrische Daten.

Das ermöglicht weitreichende Einschränkungen gegenüber Bürgern, die sich nicht konform verhalten. Ein potenzielles Szenario: Wer regierungskritisch auffällt, nicht klimakonform handelt – etwa zu häufig Auto fährt, regelmäßig Fleisch konsumiert oder zu oft Urlaubsflüge bucht –, wer sich öffentlich zu der Auffassung bekennt, dass es nur zwei Geschlechter gibt oder die offenen Grenzen und zunehmende Kriminalität kritisiert, könnte mit Sanktionen belegt werden.

Der Bürger könnte etwa von der Gesundheitsversorgung abgeschnitten, aus dem öffentlichen Nahverkehr ausgeschlossen oder finanziell eingeschränkt werden. So könnten Bankkonten eingefroren, Gehaltszahlungen verweigert, Abbuchungen automatisiert, oder das eigene Bankguthaben mit einem Ablaufdatum versehen werden.

Ermöglicht werden könnte all dies durch die programmierbare Natur des digitalen Euros. Anders als gewöhnliches Bankgeld basiert der digitale Euro auf Blockchain-Technologie und sogenannten Smart Contracts – also programmierbaren digitalen Verträgen. Das eröffnet Regierung und Zentralbank in der Theorie zahlreiche Möglichkeiten, um Bürger ihrer finanziellen Freiheit zu berauben.

Europa plant den gläsernen Bürger

Unter dem Vorwand der Sicherheit, wird der nächste Schritt hin zu einer nie dagewesenen Überwachung eingeleitet. Unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung wird eine digitale Infrastruktur aufgebaut, die tief in die Privatsphäre eingreift und Bürger gläsern macht.

Die Kombination aus Chatüberwachung, digitalem Euro und digitaler ID ist kein Fortschritt, sondern ein gefährlicher Umbau des freiheitlichen Europas in Richtung eines Social-Credit-Systems. Während Brüssel von „Freiwilligkeit“ verspricht, scheint es so, als würde im Hintergrund längst der Zwang vorbereitet werden – zum Schaden von Meinungsfreiheit, finanzieller Selbstbestimmung und demokratischer Kultur.

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Kommentare ( 15 )

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Sebastian Tuss
2 Monate her

Ich appelliere an die kritischen Medien, diese Themen auch technisch zu begleiten. Was also steht dem entgegen sich bei einem Messenger Dienst auf den Kayman Islands oder sonstwo auf der Welt anzumelden. Und wenn es richtig hart kommt, dann hat eben jeder einen VPN so wie GEZ. Auf diese technischen Aspekte sollten ebenso wie die Ausführungen von den Herren Reinecke und Haferburg zur Energiepolitik, kompetente Fachleute eingehen.

Last edited 2 Monate her by Sebastian Tuss
what be must must be
2 Monate her

Dritte Frage: kommentiert hier gar keiner mehr . . .?

what be must must be
2 Monate her

A propos Bargeld: ist es dann eine Straftat, amerikanische Dollars bei sich zu haben und ggf. sogar damit zu zahlen?

Juergen Schmidt
2 Monate her

»Europa plant den gläsernen Bürger«, »Social credit system« – das ist leider alles etwas untertrieben und verharmlosend formuliert.
Auf uncutnews.ch ist ein sehr passendes Video zu sehen mit der für uns geplanten, zu erwartenden Zukunft, wenn es nach »denen« läuft:
https://t.me/uncut_news/83975
Diese Leute die da gerade aus dem Hintergrund heraus unsere zukünftige »Schöne Neue Welt« für uns aufbauen, wollen uns zu einer Art Viehherde machen. Sie sind durch und durch bösartig, gierig, größenwahnsinnig und sie handeln in einem monströsen Ausmaß menschenverachtend.
Also Appelle, Aufrufe, Mahnungen und Warnungen reichen da sicher nicht mehr aus.

Last edited 2 Monate her by Juergen Schmidt
Haba Orwell
2 Monate her

> Wer regierungskritisch auffällt, nicht klimakonform handelt – etwa zu häufig Auto fährt, regelmäßig Fleisch konsumiert oder zu oft Urlaubsflüge bucht –, wer sich öffentlich zu der Auffassung bekennt, dass es nur zwei Geschlechter gibt oder die offenen Grenzen und zunehmende Kriminalität kritisiert, könnte mit Sanktionen belegt werden.

Müsste man sich nicht wünschen, dass die Globale Kabale besser fällt? https://uncutnews.ch/dugin-der-krieg-liegt-vor-uns/ Wenn es dabei heftig zugehen sollte, dann hoffentlich weit weg.

what be must must be
2 Monate her

Laienfrage: auch wenn Signal „Europa verläßt“, könnte ich ja statt nun Telegram später Signal nehmen?

Karl Renschu
2 Monate her

Zum Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung könnte man auch gewisse Kader gewisser politischer Organisationen mit (auch ehemaliger) Regierungsverantwortung inhaftierten, meinte letztens ein mit der Materie bestens vertrauter Freund, sagte mir mein Schwager sein Nachbar.

abel
2 Monate her

Ich hoffe nicht daß der Tag kommen wird wo Amerika heimlich (bei Nacht und Nebel) Waffen nach Europa liefern muß, wenn es um die Demokratie geht. „Unsere Demokratie“ ist auf jedenfall nicht was ich unter „Demokratie“ verstehe.

abel
2 Monate her

Ich kann nur auf einen DEXIT hoffen. Europa_Brüssel ist eine Krake. Keine Frage, dahinter stehen auch unsere Altparteien auch wenn sie sich dagegen winden wie ein Aal.

Michael Palusch
2 Monate her

Habe davon wirklich keine Ahnung, aber ginge es denn nicht, die eigentliche Messenger App, also das, was mit der Datenübertragung zu tun hat, vom Editor, also dem was der Eingabe, Verwaltung und Verschlüsselung dient, zu trennen?