Vor dem anstehenden Krisengipfel mit der Stahlbranche veröffentlicht die SPD-Bundesfraktion ihren Krisenfahrplan. Scheitern Subventionen und Protektionismus wird der Sektor verstaatlicht. So einfach ist das.
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Der deutschen Stahlbranche geht es nicht gut. Sie ist die ideale Parabel für den erbarmungswürdigen Zustand der deutschen Industrie im Allgemeinen. Ihr Niedergang während der letzten acht Jahre ist nahezu beispiellos im wirtschaftshistorischen Kontext. Um über 30 Prozent brach die Produktion seither ein, wobei das erste Halbjahr des laufenden Jahres mit einem Produktionsrückgang von 12 Prozent im Vorjahresvergleich eine dramatische Beschleunigung des Kollapses erlebte.
In absoluten Zahlen: Die Rohstahlproduktion sank von ihrem Spitzenwert 2018 von 42,4 Millionen Tonnen auf in diesem Jahr wahrscheinlich nur noch 29 Millionen Tonnen. Es ist ganz einfach. Produktion in Deutschland lohnt sich nicht mehr. Also wird das Kapital an profitablere Standorte abgezogen. China, nun auch wieder die USA – hier wird Business gemacht.
Standort ist unprofitabel
Der Kapitalabzug bei ThyssenKrupp, Salzgitter und anderen ehemaligen Marktriesen zeitigt unbestreitbare soziale Konsequenzen: Etwa 30.000 der einstmals 120.000 Jobs wurden in den Betrieben dieser für das ökonomische Gefüge fundamentalen Grundstoffindustrie gestrichen.
Die Kapitalflucht aus Deutschland setzt sich ungebremst über alle Industriesektoren hinweg fort. Wen wundert es da, dass die besonders teure und anspruchsvolle Produktion von grünem Stahl – der CO₂-freie, moralische Goldstandard – genauso kollabiert wie die klassische Fertigung.
Auf politischer Ebene mag das Irritationen auslösen. Doch intellektuell weicht man keinen Millimeter und begegnet dem, aus Funktionärssicht schnell diagnostiziertem Marktversagen, schlicht mit neuen Subventionen. Sowohl die Europäische Kommission als auch die Bundesregierung haben bereits frische Milliardensummen über den Anleihenmarkt bereitgestellt, um die ausgetrockneten Kanäle dieser grünen Kunstwirtschaft wieder zu fluten.
Bemerkenswert, wie die deutsche Politik Situationen kognitiver Dissonanz in immer neuen Subventionsströmen auflöst. Das hat mit Realpolitik, dem Setzen von Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, nichts mehr zu tun. Das ist die Exekution einer kultisch anmutenden grünen
Maximalposition.
Kaffeekränzchen-Modus
Diesen offenkundigen Disconnect mit der wirtschaftlichen Realität versucht die Politik in diesen Tagen durch immer neu angesetzte Wirtschaftsgipfel zu zerstreuen. Sie kommen gar nicht mehr heraus aus diesem Kaffeekränzchen-Modus, der unterm Strich nichts anderes liefert als ein Weiter-So im aufgeputzten Decorum.
Nun soll also ein Stahlgipfel auf den Autogipfel folgen.
Die nächste Plauderrunde steht an, in der die Wirtschaft einen subventionierten Industriestrompreis fordert, die Gewerkschaften Beschäftigungsgarantien und zur Not Kurzarbeitergeld verlangen und die Politik gelobt, Bürokratiekosten zu senken – eine politische Hohlphrase, die was angesichts der tatsächlichen Regulierungstätigkeit nur noch grotesk wirkt. Selbstverständlich dienen diese Plauderrunden ausschließlich der Verteidigung des Status quo: Reformsimulation, die dem Publikum Handlungsstärke und politisches Problembewusstsein vorgaukeln soll.
Der Industrie-Kollaps am Standort Deutschland erzwingt kein Reformwerk. Er sollte zu einem grundsätzlich neuen Verständnis der Rolle der Politik in der Gesellschaft führen. Es muss deutlich werden: Nur ein Minimalstaat, der die klaren Regeln einer freien Marktwirtschaft setzt, kann seinen Beitrag leisten, drängenden Probleme zu lösen, vor denen die Gesellschaft heute steht. Sein größter Beitrag wäre die vollständige Unsichtbarkeit in der Wirtschaft.
SPD hat verstanden
Das Datum des Stahlgipfels steht noch nicht fest, doch angesichts der katastrophalen Zahlen der Branche dürfte er kurzfristig auf die Agenda rücken. In Nordrhein-Westfalen, einst das Land von Kohle und Stahl und ehemalige Hochburg der Sozialdemokraten, hat man sich bei der SPD im Vorfeld dieses Medienspiels bereits einen frischen medialen Anstrich verpasst.
Unter dem Arbeitstitel »Wir haben verstanden« simulieren SPD-Funktionäre Nordrhein-Westfalens in den ehemaligen Industriehochburgen Bürgernähe und Verständnis für die Sorgen und Nöte der Menschen, die sich politisch längst von der Partei abgewandt haben.
Man wolle sich wieder den realen Problemen der Menschen zuwenden und um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Das ist rhetorisch klassische Sozialromantik, ganz im Stil der Sozialdemokraten der Vergangenheit. Fast hat es den Anschein, als sei einem der Fraktionsreferenten eine alte Rede des ehemaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau in die Finger geraten.
Sozialismus in kleinen Schritten
Doch wohin die Reise wirklich geht, machte in diesen Tagen die SPD- Bundestagsfraktion in einem Positionspapier deutlich. In diesem Pamphlet heißt es unmissverständlich: Der Staat solle in begründeten Ausnahmefällen in die betroffenen Unternehmen einsteigen. Und die Krise dürfte diese Ausnahmefälle zur Regel werden lassen.
Es handele sich lediglich um die Ultima Ratio, so die Autoren, die die deutsche Stahlbranche als Opfer von Dumping-Stahl aus China sehen und selbstverständlich, bevor es zu Staatsbeteiligungen komme, den gesamten Subventionsinstrumentenkasten sowie protektionistische Maßnahmen wie Zölle zum Einsatz bringen werden, um doch noch die Wende herbeizuführen.
Ganz der Logik verschrieben: Wenn eine Intervention nicht hilft, wird der doppelte Einsatz des Staates ganz sicher das gewünschte Ergebnis bringen. Wir sehen: Ohne die vollständige Abwicklung des ökosozialistischen Alptraums kann es für die deutsche Wirtschaft keine Wende mehr geben.
Und auch die Unionsfraktion wird sich wieder dem SPD-Diktat fügen. Man wird zarte Kritik am Kurs üben, die üblichen medialen Zerstreuungsmanöver vorführen. Doch ist man sich im Wesentlichen einig: Es darf nicht sein, dass der Traum der grünen Transformation in einem ökonomischen Feuer in Rauch aufgeht.
Folglich wird der ökosozialistische Kurs Brüssels unter allen Umständen verteidigt, gegen jede ökonomische Vernunft. Wir erleben den schrittweisen Aufbau eines neuen, real existierenden Sozialismus – diesmal im grünen Gewand. Eine Katastrophe bahnt sich an, die sich bereits am Wirtschaftsstandort vollzieht.
Ursachen sind bekannt
Es ist müßig, an dieser Stelle erneut auf die Ursachen der dramatischen Krise der deutschen Industrie zu verweisen. Es dürfte jedem klar sein, der nicht in der ökosozialistischen Traumblase vegetiert, dass die selbst entzündete Energiekrise sowie der manisch betriebene CO2-Kult, der wie ein Krebsgeschwür metastasenartig Politik und Wirtschaft der Europäischen Union befallen hat, Ökonomie und Gesellschaft schwer beschädigt haben.
Dass aber der Glaube an den Erfolg des ökosozialistischen Modells, und es handelt sich um eine Form von Religiosität, die regierungstragenden Parteien bis in die Gliederungen durchtränkt hat, ist bedenklich. Zu tief ist die Klimapropaganda in den Köpfen der Bevölkerung verankert, als dass eine schnelle Rückkehr zu einer rationalen Politik im amerikanischen Stil möglich wäre. Die Parteien spüren keinen Druck von der Basis, ihre krankhafte ideologische Fixierung aufzugeben.
Die komplette Rückabwicklung des Klimakomplexes, der gezielt herbeigeführte Kollaps der gigantischen Günstlingswirtschaft, das Ende von CO2-Steuer und das Roden des undurchdringlichen Regulierungsdschungels werden Aufgaben einer kommenden Generation sein, die ihr ökonomisches Schaffen der Aufräumarbeit dieses gesellschaftspolitischen Desasters widmen muss.
Das sind keine erfreulichen Zukunftsperspektiven. Doch mit dem Ziel einer prosperierenden bürgerlichen Gesellschaft vor Augen, wird die Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Prinzipien und einem Minimalstaat als Garant innerer und äußerer Sicherheit, ohne ideologisch-edukativen Anspruch zu erheben, die notwendigen Kräfte freisetzen.

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Vermutlich werden diese Phantasten erst auf den Trichter kommen, wenn der Geldautomat Staat kein Geld mehr ausspuckt, weil keines mehr eingeliefert wird und man mit dem Drucken bei der EZB nicht mehr nachkommt. Die Wind- und PV-Barone haben sich dann schon längst davongemacht mit den nachgeschmissenen Steuermilliarden, die ausgelutschten Pv-Module und Windradskelette haben unsere Landschaften in Industrieruinen verwandelt und werden von niemandem mehr daraus entfernt. Die wertschöpfende Industrie wurde dagegen schon längst außer Landes verjagt. Ich bin sehr pessimistisch, dass da noch was zu retten ist, auch wenn die Einsicht mal gekommen ist, oder auch nicht. Selbst wenn die Schwefelpartei… Mehr
Wir alle haben inzwischen von der SED (Die Linke) gelernt, dass das in der DDR „gar nicht der richtige Sozialismus“ war. Ich finde, man muss ihnen nochmal eine Chance geben. Im siebzehnten Anlauf kann es klappen.
Klingbeil wird mit ruhiger Hand dem Sozialismus zum Sieg verhelfen können, wenn Merz und Söder diesmal nur brav mitmachen und ihm nicht immer dazwischenquatschen.
Denn den Sozialismus in seinem Lauf halten weder der Friedrich noch der Markus auf.
Warum wurde die Autossektor nicht auch verstaatlicht?
Abwarten. Das kommt noch.
Ludwig Erhard würde sich wohl im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was die CDU von heute so macht. In seinem Buch „Wohlstand für alle“ plädiert er für: Der Staat muss sich aus Konsum und Produktion heraushalten. Angebot und Nachfrage regulieren die Produktion. Im Wettbewerb verwirklicht sich die Freiheit und sorgt für Aufschwung, Effizienz und Demokratie. Er warnt vor dem Pakt der Politik mit Teilen der Wirtschaft, die keinen Wettbewerb, sondern Sonderrechte wollen … weil sie darauf setzen, dass sich in einer Subventionswirtschaft vielleicht nur geringere, dafür aber sichere Gewinne erzielen lassen als im lästigen Wettbewerb. Wer sich fragt, warum die… Mehr
Nichts gegen den Staat an sich; aber Sozialisten sollte man nun wirklich nichts glauben und sie nicht die Geschicke eines Landes lenken lassen. Das müsste eigentlich allen klar sein, hat sich allerdings leider noch nicht herumgesprochen.
Jetzt zeigt Klingbeil auch schon die Raute, noch nicht so formvollendet wie Merkel, aber noch ein bisschen üben, dann klappt das. Da kommt wieder so ein dummer Gedanke auf, ist die Raute etwa ein Erkennungszeichen irgendeiner zerstörerisch wirkenden Sekte?
So langsam habe ich das Gefühl, dass sich die Kleiko-Vetreter in der Sackgasse gegenseitig bedrängen, um ja als erste am Ende derselben an die Wand zu laufen und sich den Schädel blutig zu schlagen. Von hinten schieben die NGos wie Fridays for future (Beispiel HH gestern). Das endet in nichts Gutem, wird aber anchhaltig sein (so wie in der DDR 1989/1990). Der Deutsche lernt nur über den Schmerz…
STAHL, ACH WIRKLICH? Die Sozen befassen sich mit so etwas profanem? Da sollten sie aber gewarnt sein. Denn es könnte sein, dass sie da mit Arbeitern zu tun bekommen, meist männliche Machotypen, die kein Radar für LGBTQ sowie schmutzige Finger haben und sich Nackedei-Fotos über die Werkbank hängen. Noch dazu von gut gebauten Frauen – Sexismus Alarm! Und die Feminismus-Fraktion von der ÄSPEEDEE kommt bei denen auch nicht so dolle an. Die haben nach einer 8-Stunden Schicht Knochenarbeit keinen Bock, sich zu Hause von einer Hassemanze den Kopf volljammern zu lassen. Mit solchen „deplorables“ (wie sie von der ersten linken… Mehr
Nach 1945 gab es den Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder und Erfolge bis 1990. 45 Jahre der anwachsenden Erfolge.
Wieviele verstaatlichte Stahlkonzerne gab es in dieser Zeit ? Ich wüsste da nicht soviele. Thyssen Krupp Rheinstahl Klöckner. Keiner davon war staatlich. Wirtschaftlicher Erfolg funktionierte ohne staatliche Beteiligung. Ausnahme war VW.
Der Staat hat die Aufgabe, gute Rahmenbedingungen für freies Wirtschaften zu schaffen.
Dabei versagt er schon seit Beginn der Energiewende ins Nichts 1998 ganz und gar. Das ändert sich auch nicht durch Verstaatlichung und Subventionen.
„Ausnahme war VW.“ Das KdF-Werk wird immer eine Ausnahme bleiben.
Ich denke die Sozialwohnungen wurden quer durch die Republik privatisiert, dafür die Wirtschaft wird verstaatlicht oder mindestens subventioniert. Das bedeutet dass die Steuer müssen dann wohl noch höher sein, oder?
Das bedeutet aber auch, dass wir die Kunden der Stahlwerke subventionieren, egal wo sie sind. Das ist das Hauptproblem mit der Subventionen, sie kommen kaum den Leuten zu gute, für die man sie angeblich macht.