Schlechte Rahmenbedingungen: Start-ups im Stimmungstief

Deutsche Start-ups stehen stark unter Druck. Die Stimmung bei jungen Unternehmen ist zuletzt auf den niedrigsten Stand seit der Corona-Pandemie gefallen. Vor allem Bürokratie und der rückläufige Kapitalzufluss belasten deutsche Firmen.

picture alliance / SZ Photo | Robert Haas
Verena Pausder, Startup-Verband Deutschland

Die Stimmung unter deutschen Start-ups ist im Keller. Der vom Startup-Verband ermittelte Geschäftsklimaindex ist von 39 Punkten im Jahr 2024 auf nunmehr 31,7 Zähler eingebrochen. Damit liegt der Wert auf einem ähnlich niedrigen Stand wie im Pandemiejahr 2020.

Nur etwa 50 Prozent der befragten Gründer stufen ihre gegenwärtige Situation als „befriedigend“ ein. 15 Prozent bezeichnen die Lage sogar als „schlecht“. Besonders bedrückend: Nur knapp die Hälfte der Start-ups geht davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen zeitnah verbessern werden.

Bürokratie bremst Start-ups aus

Die Ursachen für die angespannte Stimmung unter deutschen Start-ups sind vielfältig. Einer der Hauptgründe ist die ausufernde Bürokratie, die die jungen Innovatoren sowohl im laufenden Betrieb als auch bei ihrer Expansion behindert.

Laut aktuellen Erhebungen des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung – wenden junge Unternehmen in der Bundesrepublik im Durchschnitt rund neun Stunden pro Woche für administrative Aufgaben und bürokratische Pflichten auf. Das ist Zeit, die ihnen für Forschung, Entwicklung und Innovation fehlt. Über 40 Prozent der befragten Gründer geben an, dass sie aufgrund bürokratischer Hürden deutlich weniger Kapazitäten für kreative und zukunftsgerichtete Arbeit haben.

Die Daten sprechen eine klare Sprache: Mit ihren rigiden Regulierungen erstickt die deutsche Politik Innovation und Fortschritt im eigenen Land. Angesichts der zahlreichen wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen, die Berlin in den vergangenen Jahren getroffen hat, dürfte das allerdings niemanden mehr überraschen.

Doch nicht nur auf Bundesebene sehen sich Start-ups in ihrer Entfaltung eingeschränkt, auch die Regulierungsflut aus Brüssel, setzt den Firmen erheblich zu. Gesetze wie die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) oder die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verursachen zusätzlichen Aufwand.

Anfang September trat zusätzlich der sogenannte EU-Data-Act in Kraft. Ziel dieser Verordnung ist es, die Datennutzung innerhalb Europas zu verbessern. Für Unternehmen bedeutet das jedoch vor allem eines: mehr Aufwand. Künftig müssen deutlich mehr Daten mit anderen Marktteilnehmern und Behörden geteilt werden. Kritiker warnen, dass insbesondere junge Firmen mit begrenzten Ressourcen von den neuen komplexen Verpflichtungen überfordert sein könnten.

Bei Verstößen greift die EU-Kommission erwartungsgemäß hart durch: Es drohen Geldstrafen, die sich auf mehrere Millionen Euro belaufen können. Für Start-ups kann die Begleichung solcher Strafzahlungen existenzbedrohend werden.

Besonders bizarr: Erst kürzlich kündigte die EU-Kommission im Rahmen der Omnibus-Verordnung an, die bürokratische Belastung für Unternehmen bis zum Ende der Legislaturperiode (2029) um 25 Prozent senken zu wollen. Doch dieses Ziel entpuppt sich als Lippenbekenntnis. Denn mit dem EU-Data-Act wächst der Bürokratieberg weiter. Den EU-Bürokraten ist an größtmöglicher Kontrolle und Überwachung gelegen. Wenn das bedeutet, dass dadurch die Wirtschaftsleistung der Mitgliedsstaaten einbricht und Innovation und Fortschritt belastet werden, wird dies in Kauf genommen.

Zufluss von Wagniskapital ist rückläufig

Auch der stockende Zufluss von Wagniskapital macht deutschen Start-ups zu schaffen. Der vorab, ebenfalls vom Startup-Verband veröffentlichte „Startup-Monitor 2025“ zeigt: Im laufenden Jahr werden Risikokapitalgeber voraussichtlich nur 7,6 Milliarden Euro in deutsche Start-Ups investieren. Zwar ist das ein leichter Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr, doch im globalen Vergleich ist das Niveau dem Verband zufolge ziemlich niedrig. „Damit unser Ökosystem sein Potenzial entfalten kann, braucht es einen besseren Zugang zu Kapital“ , mahnt Verena Pausder, Vorsitzende des Startup-Verbands.

Ein zentraler Grund für die Kapitalflaute liegt im schwachen Zufluss aus dem Ausland. Das ist problematisch, denn der deutsche VC-Markt ist in hohem Maße auf internationale Investments angewiesen.

Die Zahl der ausländischen Direktinvestitionsprojekte in Deutschland ist zuletzt übergreifend eingebrochen. 2024 sanken die Investitionen um 17  Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist der niedrigste Wert seit 2011, wie eine Analyse von Ernst & Young zeigt. Verglichen mit dem Rekordjahr 2017 ist die Zahl sogar um ganze 46  Prozent zurückgegangen.

Weshalb immer weniger Kapital nach Deutschland fließt, liegt auf der Hand: Der Standort bröckelt. Seit mittlerweile drei Jahren steckt die Wirtschaft in einer anhaltenden Rezession – und auch die Jahre zuvor war das Wachstum bereits schwach und fragil. Internationale Investoren schrecken vor den Standortbedingungen zurück: Energiekosten, Bürokratie, eine erdrückende Steuer- und Abgabenlast sowie hohe Arbeitskosten durch vergleichsweise teure Löhne.

Diese Faktoren führen dazu, dass Unternehmen in Deutschland mit erheblichen Betriebskosten belastet sind. Ihre Wettbewerbsfähigkeit leidet entsprechend. Kurz gesagt: Die Rahmenbedingungen sind denkbar ungeeignet für Investitionen. Internationale Kapitalgeber haben das längst erkannt.

„Grüne Start-ups“ und die damit verbundene Problematik

Trotz der widrigen Rahmenbedingungen ist ein überraschender Trend erkennbar: Die Zahl neu gegründeter Start-ups steigt kontinuierlich. Im ersten Halbjahr 2025 wurden in Deutschland rund 1.500 neue Start-ups ins Leben gerufen. Das entspricht einem Zuwachs von 9 Prozent im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2024.

Ein großer Teil dieser jungen, innovativen Unternehmen verfügt jedoch über kein tragfähiges, langfristig ausgerichtetes Geschäftsmodell. Viele der Neugründungen setzen auf das politisch geförderte Thema Nachhaltigkeit. Zahlreiche Start-ups entwickeln Technologien zur CO2-Reduktion oder setzen auf erneuerbare Energien, bzw. Kreislaufwirtschaft. Massive politische Unterstützung sowie gezielte staatliche Förderungen befeuern diesen Trend. Ein zentrales Programm ist etwa die „Green-Startup-Förderung“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Start-ups bis zu 125.000 Euro als nicht rückzahlbaren Zuschuss gewährt.

Ohne Subventionen kann ein Großteil dieser Firmen jedoch nicht auf dem Markt bestehen. Fallen die Förderungen weg, droht der Zusammenbruch des künstlich erzeugten Scheinmarktes.

Sie führen zudem dazu, dass sich viele neue Gründer gezielt im Nachhaltigkeitssektor ansiedeln, nicht selten mit dem primären Ziel, öffentliche Mittel abzugreifen. In essenziellen Bereichen wie dem Maschinenbau, der Metall- und Elektroindustrie, oder der Informationstechnologie bleiben Neugründungen hingegen weitgehend aus.

Anstatt international wettbewerbsfähige Unternehmen in wirklich wichtigen Branchen zu fördern, pumpt Berlin Gelder in grüne Nischenprojekte – häufig ohne wirtschaftliche Tragweite oder internationale Marktperspektive. Langfristiges Wirtschaftswachstum und damit auch steigender Wohlstand scheint in der deutschen Politik keine Rolle mehr zu spielen. Berlin betreibt damit faktisch Wirtschaftspolitik gegen die eigenen Unternehmen – und in letzter Konsequenz auch gegen die eigenen Bürger.

Die Politik inszeniert sich also lediglich als Innovationsförderer, während deutsche Start-ups unter Belastungen ächzen, die größtenteil auf politisches Handeln zurückgehen. Deutschlands wirtschaftliche Zukunft, Innovation und Fortschritt werden durch eine politische Klasse gefährdet, die nicht in der Lage ist, rational und wirtschaftlich zu denken.

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Kommentare ( 23 )

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23 Comments
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beccon
2 Monate her

Hinzu kommt, daß die meisten Start-Ups – zumindestens hier in Berlin ausländische Gründer haben. Die Wirtschaftsförderung feiert das frenetisch als „Diversity“. Es gibt hier schon Kapital und eine lebendige Szene, in der man sich gern bewegt. Jedoch ergreifen die Gründer spätestens nach dem ersten Steuervorauszahlungsbescheid die Flucht in Gefilde mit freundlicherem Geschäftsklima. Die GITEX wirbt schon am Eingang offen mit „come to Dubai“- im Publikum genau die Klientel, die man auch dort trifft: Indien, Pakistan, Türkei, Afrika. Zielgruppengenaue Werbung nennt man soetwas.

Last edited 2 Monate her by beccon
abel
2 Monate her

Deutschland ist eines der Unternehmerfeindlichsten Länder der Erde welche ich persönlich kenne. Schuld vor allem ist der ausufernde Beamtenstaat der immer mehr Gebühren und Abgaben den Unternehmen abpresst.

abel
2 Monate her

Schon vor ca. 10-Jahren haben einige der StartUps InnovationsPreise entgegengenommen und anschließend nach 2-3 Jahren mußten sie hochverschuldet aufgeben. Seit 2015 sind die Marktbedingungen in Deutschland für neue Unternehmen nicht besser geworden sondern viel schlechter.

Hubbel
2 Monate her

D’accord. Unnötige Vereinigung zweier Begriffe von denen jeder seine Berechtigung hat, die aber unterschiedliche Dinge meinen. Ja, die Birnen sind den Äpfeln sehr ähnlich, aber doch etwas anderes.

Die Situation gebietet es kleinere Brötchen zu backen, Firmengründungen wären durchaus ausreichend, gerne spiessig, dafür solide. Von „Start-Ups“ – jenseits einschlägiger TV-Formate – zu sprechen steht den Deutschen in Summe nicht zu.

VM
2 Monate her

Man bzw. ich frage mich, was ist schlimmer: Deutschland mit ihrer Regierung oder die EU mit ihrer Königin? Die EU ist ein Staat wie die USA mit einer zentralen Regierung, zumindest in vielen Bereichen, wenn es um Klima oder CO2 geht – das betrifft sowohl den unternehmerischen als auch leider den privaten Bereich!!! Da kann unsere deutsche Regierung sich auf den Kopf stellen, an die EU-Vorschriften kommt keiner vorbei! (Wir haben eine kleine Firma, einer unserer Rohstoffe kam bisher aus Russland, diese deutsche Firmenniederlassung musste schließen, jetzt müssen wir den Rohstoff aus China importieren. Auch wenn ich Putin verabscheue, aber… Mehr

Marcel Seiler
2 Monate her

Wenn man für Neugründungen Subventionen anbietet, dann erzieht man die Neugründer dazu, Spezialisten im Abgreifen von Subventionen zu werden. Diese Neugründer kennen bald jede Institution in Deutschland und in Europa, wo es was zu holen gibt, sie wissen, wie man die absurdesten Formulare ausfüllt und mit welchen Worten man sich präsentiert, wo man beschönigen und lügen kann, ohne dass es auffällt, und wo nicht… Ob sie sachlich etwas zu bieten haben, ist dann zweitrangig, selbst wenn sie dafür noch Zeit haben sollten.

Raul Gutmann
2 Monate her

Jetzt mal Tacheles: Wer in dem Deutschland des Jahres 2025, das aus guten wie vielfachen Gründen „La-la-Land“ genannt wird, eine Unternehmensneugründung vornimmt, muß entweder eine Art „Ei des Kolumbus“ gefunden haben oder einen Geisteszustand aufweisen, den in der Öffentlichkeit zu benennen, die Etikette verbietet.

JamesBond
2 Monate her

Start-up sollte man in Start-Stop umbenennen, denn mit 9 Std. pro Woche kommt ja mittlerweile nur noch ein Soloselbstständiger hin oder haben Sie die Klopfer wie Umdatzsteuerprüfung oder allgemeine Steuerprüfung mit eingerechnet, da können Sie den Laden gleich für 6-8 Wochen schließen!

NochNicht2022
2 Monate her

Typische woke Selbstdarstellerin. Verena Pausder hat mit der von ihr mitbegründeten Initiative #stayonboard für die Ermöglichung einer temporären Mandatsniederlegung für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften im Fall von Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit oder der Pflege von Angehörigen eingesetzt. Im Juni 2021 wurden die Forderungen durch eine Gesetzesänderung umgesetzt. – Na ja: Selber Bürokratin 1. Ranges! Solche Sachen können die Betroffenen ohne (sic!) Politik selber abstimmen. Also: Eben lausige Angestellte (sic!). Vollkommen unglaubwürdig: Alles Geschwätz …

Punti
2 Monate her

Mh, also wozu braucht es da zwingend ausländische Direktinvestitionen? Inländische wären doch genauso gut. Und da stehen jedes Jahr theoretisch zw. 250 und 300 Milliarden zur Verfügung. Die sind nur wenig patriotisch suchen sich lieber sichere Häfen. Verständlicherweise, wie ich anmerken will. Und wenn mir noch einer das Dilemma, dass ‚teure Löhne‘ ein Standortnachteil, im Vergleich wozu?, und daher zu senken sind, und der Parole, dass wenn die Löhne nur ordentlich gesenkt werden, dann ein Mehr an Wohlstand für alle zu erwarten sei, auflösen könnte, wäre ich sehr froh. Für das Grosskapital, das wären die 250 bis 300 Miliarden jährlich,… Mehr

Elmar
2 Monate her
Antworten an  Punti

Ausländische Investoren werden gebraucht, weil das Geld der Inländer statt in Investitionen in den Taschen vom Fiskus landet.

beccon
2 Monate her
Antworten an  Elmar

Ja dort und auf Bankkonten – weil das „sicherer ist“. Das gefährdet unseren Standort genauso wie der nimmersatte Staat und das grüne Gagga. Ohne Komplettreform wird das nicht gehen.