Das Börsen-Revival der Rüstungskonzerne

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit der Ankündigung, 100 Milliarden Euro „Sondervermögen“ zur Modernisierung der Bundeswehr aufzubauen, mitten in der allgemeinen Baisse einen Boom von Rüstungsaktien ausgelöst. Bisher größter Profiteuer ist Rheinmetall. 

IMAGO / Norbert Schmidt
Konzernzentrale des Stahl- und Rüstungskonzerns Rheinmetall in Düsseldorf

Am Montag, dem 28. Februar 2022, ging die Aktienkurve bei Rheinmetall gleich zu Handelsbeginn steil nach oben: vom Schlusskurs am Freitag bei 107,00 Euro schlagartig auf 160,00 Euro. Nach kurzem Rückgang im Tagesverlauf war sie auch am Dienstag zum Handelsschluss wieder fast 160 Euro wert. Rheinmetall ist mit knapp vier Milliarden Euro Umsatz im Verteidigungssegment der größte deutsche Rüstungskonzern. 

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Aktionäre von Rheinmetall und anderen Rüstungsunternehmen gehören an der Börse in diesen Tagen zu den wenigen Gewinnern. Vor wenigen Tagen noch sah das anderes aus. Mitte Februar 2022 hatte die EU mit ihrer Sozialen Taxonomie die Wirtschaft mit Nachhaltigkeitsregeln herausgefordert. Das Ziel: Private Investitionen sollen in den grünen Umbau der Wirtschaft fließen. Demnach sollte mittels einer „Plattform für Nachhaltige Finanzierung“ untersucht werden, ob die europäische Wirtschaft den gesellschaftlichen Nutzen mehre oder nicht eher Schaden stifte. Unter dem Gesichtspunkt: Schaden stiften befand sich auch die Rüstungsindustrie. Die Soziale Taxonomie dagegen sollte Anlegern signalisieren, welche Geldanlagen sich für soziale Standards eignen, darunter selbstredend die „grünen Varianten“. Grüne Aktien allerdings gerieten allerdings schon 2021 zu Flops und hinkten sogar Fluggesellschaften hinterher. 

Vor etwa zwei Wochen war also noch nicht klar, wie die EU-Kommission jene Soziale Taxonomie mit der Absicht einer „Europäischen Verteidigungsunion“ aufeinander abstimmen wollte. Seit der neuen „Zeitenwende“ scheint es nun auch hier eine 180-Grad-Wende zu geben oder geben zu müssen. 

Auch in anderen Ländern steigen seit Russlands Überfall auf die Ukraine die Rüstungsaktien nach oben. Platzhirsch Nummer eins im Westen ist Lockheed Martin Corp., USA. Es ist der größte Waffenkonzern der Welt und steht seit Jahren an der Spitze der weltweiten Rüstungsindustrie. Das Unternehmen macht 89 Prozent seines Umsatzes mit Rüstungsgeschäften. Der Konzern ist laut dem Handelsblatt vor allem in der Raum- und Luftfahrtindustrie aktiv und macht einen Großteil seines Umsatzes durch Großaufträge des US-Militärs. Lockheed Martin verbuchte in den letzten fünf Tagen ein Plus von etwa 12 Prozent. 

Nummer zwei kommt ebenfalls aus den USA. Es ist der Flugzeugbauer Boeing. Das Unternehmen war im Jahr 2020 der zweitgrößte Hersteller von Luft- und Raumfahrttechnik. Zu den Produkten des Unternehmens zählen unter anderem zivile und militärische Flugzeuge, Hubschrauber, Raumschiffe und Satelliten sowie Trägerraketen und Raketenwaffen. Bei Boeing bewegt sich im Chart allerdings nicht viel. Die Aktie stand Anfang Februar bei etwas über 184 Euro, am 01.03.2022 bei knapp 183 Euro. 

Auf den Plätzen drei, vier und fünf der weltweit größten Waffenhersteller befinden sich ebenfalls Konzerne aus den USA: Northrop Grumman Corp. legte in den vergangenen fünf Tagen um 14 Prozent zu, Raytheon um 11 Prozent sowie General Dynamics Corp. um 10 Prozent. 

Das britische Unternehmen BAE Systems, auf Platz 7, verzeichnete in den letzten fünf Tagen ein Plus von knapp 23 Prozent, L3Harris Technologies aus den USA (Platz 10) 17 Prozent. 

Schauen wir nach Europa, zu Leonardo S.p.A. in Italien: Leonardo mit Sitz in Rom ist ein italienischer Luft- und Raumfahrt- sowie Rüstungskonzern, der 2020 rund 50.000 Mitarbeiter beschäftigte, davon die Mehrheit in Italien. In den letzten fünf Tagen ein Plus von 26 Prozent. 

Die Airbus Group macht 14 Prozent des Umsatzes mit Rüstungsgeschäften. Die Aktie verlor in den vergangenen fünf Tagen etwa fünf Prozent. Börse online bescheinigt der Aktie Kurspotential: „Das Papier dürfte allerdings in der kommenden Zeit von dem aufgestockten Rüstungsbudget der Bundesregierung profitieren. Einen ersten Auftrag hat die Konzern-Tochter Airbus Defence and Space bereits erhalten.“ Der deutsche Staat besaß Ende Januar 2022 knapp 11 Prozent der Aktien der Airbus Group. Außerdem besitzen Frankreich und Spanien Anteile des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns Airbus. 74 Prozent der Aktien befinden sich im Streubesitz.

Thales aus Frankreich ist das drittgrößte Rüstungsunternehmen der EU. Größter Thales-Aktionär ist der französische Staat, der 26 Prozent der Aktien hält. Die Thales Group mit Sitz in Paris ist ein Rüstungskonzern mit Aktivitäten in Militärtechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Sicherheit und Transport. Die Aktie bekommt deutlichen Aufwind: knapp 30 Prozent in den letzten fünf Tagen. 

Gute Aussichten auch beim deutschen Handwaffenhersteller Heckler & Koch: Ein Großauftrag der Bundeswehr steht an. „Die Bundeswehr soll 120.000 neue Sturmgewehre bekommen. Eine entsprechende Ausschreibung des Bundes läuft schon seit Jahren. … Ein Patentstreit am Rande dieser Ausschreibung ist nun beigelegt“, berichtete n-tv Ende Februar. H&K-Aktien notierten zuletzt mit 90 Euro/Aktie und einem Plus von 4,65 Prozent. Sollte am Mittwoch der Rechtsstreit mit dem Mitbewerber C.G.Haenel vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf beigelegt werden, sind Kurssprünge absehbar. 

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Kommentare ( 4 )

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Grumpler
2 Jahre her

Unabhängig davon, wie gut sich Rüstungsunternahmen an den Wertpapierbörsen handeln lassen, ist es sinnvoll sie ins Portfolio zu nehmen. Aktien sind Anteilsscheine! Wer sie besitzt, besitzt einen Anteil des Unternehmens. Es ist besser, die Rüstungsindustrie ist unserer (westliche bzw. deutsche Anleger) Hand als irgendwelchen Regimen, die über Umwege an den Massnahmen gegen sie mitverdienen.
Das gilt auch für Unternehmen aus dem Zivilbereich. Hätten die Otto Normalmichels mehr Aktien an Daimler-Benz als Durchschnitts-Saudi-Scheich, hinkte Benz bei der Verkehrswende vom Verbrenner weg hin zum Elektrovehikulum vielleicht nicht so hinterher.

Last edited 2 Jahre her by Grumpler
bfwied
2 Jahre her

Die alten Träume von einer friedlichen Welt, in der alle wohlmeinende Freunde sind und alle nicht nur die gleichen Chancen haben, etwas aus sich zu machen, sondern tatsächlich alle gleich sind. Das ist doch ausgeträumt, seitdem der Mensch als eine der vielen Menschenarten, die sich entwickelten, abwechselten, ausstarben, besiegt wurden, angesehen werden kann. Der Traum von einer solchen Welt ist doch absurd, wie man bis heute jeden Tag rund um die Welt sehen kann. Putin und seine Blase sind nicht friedlich, sie haben eine vermeintliche Chance für sich gesehen, die 20.000 bekanntgewordenen Messerattacken in D. in 2020 sind auch nicht… Mehr

Endstadium0815
2 Jahre her

Was ist jetzt daran so schlimm? Klar verdienen die Rüstungsunternehmen jetzt, da unter Merkel dieses Land wehrunfähig und zerstört wurde. Bald werden auch Bauunternehmen viel verdienen, wenn diese Regierung merkt, dass die Infrastruktur im Eimer ist. Bald werden wahrscheinlich auch viele Firmen daran verdienen, wenn wieder Kernkraftwerke gebaut werden müssen. Das einzige was mich stört, ist, dass die verantwortlichen Nullnummern keinen Cent dafür zahlen müssen. Und Milliarden werden an Sozialschnorrern und an unnütze NGO´s gezahlt. Eine gute ausgebildete und ausgerüstete Bundeswehr sollte im Interesse aller sein, besonders in der aktuellen Situation.

Last edited 2 Jahre her by Endstadium0815
T. Ruebsal
2 Jahre her

War Rheinmetall nicht schon von 1936 bis 1945 der große Gewinner bei den Nazis? Wiederholt sich hier die Geschichte oder wird sie nur fortgeschrieben? Jetzt müsste nur noch Reemtsma dafür sorgen, dass die Ukrainer genug zu paffen haben …