Standort am Abgrund: Insolvenzwelle rollt ungebremst durch Deutschland

Deutschland rutscht tiefer in die Pleitewelle. Traditionsbetriebe schließen und tausende Arbeitsplätze verschwinden: Es ist das Resultat explodierender Energiepreise und wuchernder Bürokratie. Die Politik sabotiert und zerstört, was in Generationen aufgebaut worden war.

picture alliance/dpa | Katharina Kausche

Die deutsche Wirtschaft befindet sich seit Jahren in einem beispiellosen Verfall. Die Zahl der Firmenpleiten wächst kontinuierlich. Auch im September ist diese Entwicklung zu beobachten. Verantwortlich für die Insolvenzkrise sind vor allem die schlechten Rahmenbedingungen des Standorts Deutschland sowie eine Politik, die sich weigert, überfällige Reformen zur Entlastung der Wirtschaft anzugehen.

Das Insolvenzbeben, das derzeit über den Wirtschaftsstandort Deutschland hereinbricht, scheint kein Ende zu finden. Nachdem im Juli ein Anstieg der Firmeninsolvenzen um 19,2 Prozent verzeichnet wurde – der höchste Zuwachs seit Oktober 2024 – setzt sich der Negativtrend fort. Im August lag die Zahl der neu eröffneten Insolvenzverfahren um 11,6 Prozent höher als im gleichen Monat des Vorjahres.

Auch für den September ist davon auszugehen, dass die Zahl der Unternehmenspleiten weiter zunehmen wird: In den ersten beiden Wochen des Monats mussten bereits zahlreiche deutsche Firmen den Weg zum Insolvenzgericht antreten.

Diese Unternehmen haben seit Monatsbeginn Insolvenz angemeldet

Besonders schmerzlich ist die Insolvenz der Casimir Kast Verpackung und Display GmbH. Das Traditionsunternehmen aus Gernsbach in Baden-Württemberg meldete am 3. September Insolvenz an. Gegründet im Jahr 1550, blickt das Unternehmen auf über 475 Jahre Firmengeschichte zurück. Zwar sind die Löhne der Mitarbeiter bis November über das Insolvenzgeld gesichert, doch danach stehen bis zu 160 Arbeitsplätze auf der Kippe. Jahrhunderte deutscher Wirtschaftsgeschichte drohen ausgelöscht zu werden.

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Nur wenige Tage später folgte der nächste Rückschlag für die Branche: Der Verpackungshersteller Treofan aus Neunkirchen im Saarland stellte ebenfalls einen Insolvenzantrag. Das Unternehmen hatte laut eigenen Angaben bereits seit dem Geschäftsjahr 2023/24 dauerhaft Verluste geschrieben. Rund 500 Beschäftigte sind nun von einem möglichen Stellenabbau betroffen.

Auch die Autozulieferindustrie bleibt nicht verschont. Die MVI Group aus Wolfsburg musste ebenfalls Anfang des Monats Insolvenz anmelden – für etwa 300 Mitarbeiter steht die berufliche Zukunft auf dem Spiel. Ebenso betroffen ist die AE-Group, ein wichtiger Zulieferer von ZF Friedrichshafen. Mit Standorten in Thüringen, Hessen und Polen sind dort sogar rund 700 Arbeitsplätze gefährdet.

Am 13. September wurde dann bekannt, dass auch die DMB Metallverarbeitung GmbH aus Grünhain-Beierfeld Insolvenz angemeldet hat. Das Unternehmen beschäftigte zuletzt rund 70 Mitarbeiter. Auch sie blicken nun in eine ungewisse Zukunft.

Die Liste lässt sich nahezu endlos fortsetzen: Betroffen sind unter anderem auch der Stahlhändler ASS, die Fachmarktkette Brüder Schlau, die Möbelfabrik Röhr-Bush sowie der traditionsreiche Fahrradhersteller Möve Mobility GmbH.

Energiekosten-Anstieg: Die grüne Agenda sorgt für Probleme

Es zeigt sich deutlich: Die Insolvenzflut ist kein branchenspezifisches Phänomen, sondern ein flächendeckender wirtschaftlicher Verfall.

Dafür sind maßgeblich die hohen Energiepreise in Deutschland mitverantwortlich. Sie sind vor allem das Ergebnis einer übergriffigen Klima-Agenda. Bis zum Jahr 2045 soll die Bundesrepublik klimaneutral werden. Ein ambitioniertes Ziel, das bedeutet, dass die gesamte Energieversorgung bis dahin ausschließlich auf erneuerbaren Energien basieren muss. Schon jetzt wird die Umrüstung des Energiesektors mit Nachdruck vorangetrieben.

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Aktuell beruht bereits ein großer Teil des Strommixes auf erneuerbaren Energien. Kernkaftwerke wurden schon 2023 vollständig aus der Energieerzeugung verbannt und auch Kohle als Energieträger steht vor dem Aus. Die letzten Kohlekraftwerke sollen 2038 vom Netz gehen.

Doch der wachsende Anteil dieser Energieträger bringt auch erhebliche Probleme mit sich. Da Wind- und Solarkraft stark wetterabhängig sind, kommt es in Phasen schlechten Wetters zu massiven Produktionsengpässen. Die Folge sind drastisch steigende Energiepreise. Es entstehen extreme Preisspitzen, die für viele Unternehmen, insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe ohne große Rücklagen schnell zur existenziellen Bedrohung werden.

So schoss beispielsweise während einer sogenannten „Dunkelflaute“ – also einer Wetterlage mit kaum Wind und wenig Sonnenschein – am 20. Januar der Strompreis in die Höhe: Eine Megawattstunde kostete an diesem Tag knapp 590 Euro. Das ist das Siebenfache des durchschnittlichen Preises des Jahres 2024.

Gerade in einem Land wie Deutschland, in dem weder durchgängiger Sonnenschein noch stetiger Wind garantiert sind, vor allem in Zeiten stabiler Hochdrucklagen oder typischer Dunkelflauten im Frühjahr, Herbst und Winter, ist es geradezu fahrlässig, die Versorgungssicherheit der Energiebranche allein auf erneuerbare Energien zu stützen.

Den Entscheidungsträgern in Berlin scheint diese Realität jedoch nicht einzuleuchten, oder sie ignorieren sie bewusst. Statt notwendige Kurskorrekturen an dem Klimakurs vorzunehmen, wird die deutsche Wirtschaft lieber geopfert.

Negativfolgen der überbordenden Bürokratie

Auch die enorme Bürokratielast, die auf der deutschen Wirtschaft lastet, ist längst nicht mehr zu leugnen. Spätestens nach der Veröffentlichung einer Ifo-Studie im Dezember letzten Jahres, die hohe Wellen geschlagen hat und aufzeigte, dass der Bundesrepublik aufgrund der Bürokratievorgaben jährlich 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung entgehen.

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Besonders auffällig ist die Entwicklung der letzten Jahre: Die Bürokratie hat stark zugenommen. Im Jahr 2010 gab es in Deutschland 1.082 Einzelgesetze mit insgesamt etwa 24.775 Normseiten. Bis Ende 2024 ist diese Zahl auf 1.306 Einzelgesetze mit rund 39.536 Normseiten angestiegen – ein Zuwachs von etwa 60 Prozent innerhalb von nur 14 Jahren. EU-Vorgaben sind in dieser Bilanz noch gar nicht berücksichtigt.

Zwar wurde im Koalitionsvertrag ein Bürokratieabbau als Ziel formuliert, doch faktisch geht der Trend in die entgegengesetzte Richtung. So hat die neue Koalition etwa ein neues Ministerium aus dem Boden gestampft: das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS). Dieses soll unter anderem dazu beitragen, die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 16 Milliarden Euro zu senken. Dass aber gerade die Schaffung eines neuen Ministeriums kaum der richtige Weg ist, um den Verwaltungsapparat zu verschlanken, scheint für die schwarz-rote Koalition nicht verständlich zu sein.

Ein weiteres Ministerium bedeutet mehr Verwaltung, mehr Personal, mehr Prozesse. In der Konsequenz entsteht meist mehr, statt weniger Bürokratie. Es besteht zudem die Gefahr, dass durch die neue Behörde vor allem symbolische Gesetzesinitiativen vorangetrieben werden, die lediglich den Anschein erwecken, Bürokratie abzubauen, um den Ruf nach Bürokratieabbau zu besänftigen, ohne dabei die tatsächliche Komplexität der Regulierungssysteme zu verändern.

Berlin betreibt Sabotage am eigenen Standort

Die politischen Entscheidungsträger in Berlin zeigen sich unfähig, die wirtschaftlichen Fundamente dieses Landes zu bewahren. Und das schon seit Jahren. Statt die Unternehmenslandschaft zu stärken, wird die Wirtschaft mit ideologischen Energiezielen und ausufernder Bürokratie stranguliert. Obwohl sich Insolvenzen und Stellenabbau häufen, und der Wirtschaftsstandort zerfällt, hält die Bundesregierung nahezu unverändert an ihrem destruktiven Wirtschaftskurs fest.

Es ist ein politisches Trauerspiel. Wer heute ein Unternehmen führt, kämpft nicht gegen die Konkurrenz auf dem Markt, sondern gegen einen Staat, der sich längst zum größten Geschäftsrisiko entwickelt hat. Es bedarf Veränderungen – und die beginnen mit dem Gang zur Wahlurne eines jeden Einzelnen.

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Kommentare ( 26 )

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26 Comments
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Or
2 Monate her

„Es bedarf Veränderungen – und die beginnen mit dem Gang zur Wahlurne eines jeden Einzelnen.“

Exakt so ist es. Und ohne all zu lang in meine Glaskugel zu schauen, begriffen dies viele der nun Entlassenen, auch am Tag der Entlassung nicht.

AnSi
2 Monate her

Wir hatten letzte Woche wieder eine Info-Veranstaltung von unserem Firmenchef und laut diesem ist alles gut und wird gerade wieder besser. Zwar ist die Firma schon seit Anfang des Jahres in Kurzarbeit und ein Fachbereich musste geschlossen werden (70 Entlassungen), aber hey, das ist ja kein Ding! Hauptsache es haben alle „richtig“ gewählt! Er ist sich nie zu schade, darauf auch immer hinzuweisen! Ich persönlich habe in meiner Außenstelle im Ausland einen Logenplatz und kann den Niedergang beobachten. Fast keine neuen Aufträge in den letzten 3 Wochen. Zu wenig, um unsere kleine Nebenfirma zu finanzieren. Bin gespannt, wann da die… Mehr

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
2 Monate her

Nun ja, Robert Habeck würde jetzt sagen, man muss die Produktion eben „angebotsorientiert“ organisieren. Die Belegschaft hat sich ständig in Bereitschaft zu halten, so dass an windreichen, sonnigen Tagen per WhatsApp zum sofortigen Arbeitsantritt aufgerufen werden kann. Oder das Unternemehmen kauft einfach ein paar Hundert Elektrokarren, die bei Sonne und Wind aufgeladen und bei Bewölkung und Windflaute angezapft werden. Und schon wäre Deutschland wieder Weltspitze!

WGreuer
2 Monate her

„Die politischen Entscheidungsträger in Berlin zeigen sich unfähig, die wirtschaftlichen Fundamente dieses Landes zu bewahren.“ Natürlich wissen zumindest die Führungsspitzen der Parteien, was sie da anrichten. Sie sind zwar ebenfalls nicht unbedingt die hellsten Kerzen auf der Torte, aber sie kapieren, dass die Resultate katastrophal sind. Warum machen sie es dennoch? Warum wird die aktuelle, katastrophale Politik weiter geführt? Erstens: weil das die Vorgaben der Globalisten sind. Die hinter dieser katastrophalen Politik stehenden Globalisten brauchen das entstehende Chaos für ihre menschenfeindliche Agenda. Zweitens: der interne Druck durch die ideoogisierten Medien und „unteren Chargen“ der Politik und der NGOs. Deren eigene… Mehr

Gernoht
2 Monate her

An der bereitwilligen Opferbereitschaft für das Klima muß die autochtone Bevölkerung noch etwas an sich arbeiten, fürchte ich.

Michael Palusch
2 Monate her

Es bedarf Veränderungen – und die beginnen mit dem Gang zur Wahlurne eines jeden Einzelnen.

An welche Partei mag Herr Märtin dabei wohl denken?
An die Union? An die FDP?
Oder dämmert es so langsam dem einen oder anderen der TE Autoren, freilich noch nicht so sehr, dass er auch das Unaussprechliche endlich auszusprechen wagt?

RandolfderZweite
2 Monate her

Noch in diesem Jahr wird die Zahl der Bürgergeldempfänger auf 6 Millionen klettern….mit 12monatiger Verspätung, was auch logisch ist, da man nach 12 Monaten aus ALG 1 „fliegt“, wachsen die Bezieher an! Die Effekte am Arbeitsmarkt sollten Grund genug für Reformen sein, stattdessen verschälft man es und lässt weiterhin „Fachkräfte“ ohne Ende einwandern!

Dellson
2 Monate her

Keine Rohstoffe, keine Schlüsseltechnologien, Deindustrialisierung, ein desolates Energienetz, usw. Dazu ein zusammengewürfeltes Volk, mit dem man nicht wirklich etwas anfangen kann. Und zu alldem zeigt die Regierung keinen erkennbaren Änderungswillen. Was ist da los? Wer hat so viel Macht, stur ohne Skrupel eisern diesen Weg entgegen jeglicher Vernunft und Logik weiterzutreiben? Unser Parlament, die Regierung können niemals die Entscheider dabei sein. Sie sind nur Mitmarschierer, Vorturner. In einer Demokratie muss es auch zu einer Abwahl kommen können. Und das wird definitiv von anderen verhindert. Bei der NRW Kommunalwahl trat die AfD nur in 86 von insgesamt 373 kreisangehörigen Gemeinden an.… Mehr

Peter P.
2 Monate her
Antworten an  Dellson

„Wer hat so viel Macht“
Es ist nicht nur BlackRock Merz. Viele wie Lars Klingbeil aus der SPD, welche in Führungspositionen sind. Und besonders auch die Grünen sind in den USA teilweise ausgebildet worden.
Vielleicht gibt diese Interview Antworten.
https://www.youtube.com/watch?v=HhqJ8sX5U9Y
Ich habe den Kanal abonniert. Dieser ist äußerst empfehlenswert.

Wolfgang Schuckmann
2 Monate her
Antworten an  Peter P.

Eine brillante Erklärung für die unerklärbare Haltung jener Kräfte in Deutschland und anderswo in den höheren Machtzirkeln des westlichen Establishments. Am Beispiel Guerots wurde von der Autorin sehr deutlich veranschaulicht, was mit ausbrechenden Mitgliedern dieser konzentrierten Gesellschaft geschieht. Guerots Vorstellung von der Organisation des Kontinents war es nicht. Aber der Overhead in der Mitte als der harte Kern des bezogenen Thinktanknetzes und seiner Trabanten, kann es nicht hinnehmen, wenn einer aus dem Verein aus der Reihe tanzt. Der Ordnungsruf kommt unweigerlich und rückt die Dinge wieder gerade. Das musste Guerot erfahren, Auch ein Jäger , Uni Bonn, und andere werden… Mehr

Mausi
2 Monate her

Und es sind eben nicht die Großen. Die haben genug Erfahrung, Rechtsabteilgungen und steuerliche Unterstützung, die eine Verlagerung ins Ausland möglich machen. Es ist der Mittelstand, der pleite geht.
Ich erinnere mich an die Finanzkrise. AM und Herr Steinbrück haben stolz vorgetragen, dass der hohe Anteil an Industrie dazu beitrage, dass D diese Krise so gut überstehe.
Ich habe leider keine Übersicht gefunden, die die Entwicklung von Dienstleistung und Industrie im Rahmen des BIP zeigt. Vor allem müsste ja die Dienstleistung noch geteilt werden in staatlichen Anteil am BIP und Anteil der freien Wirtschaft.

Turnvater
2 Monate her

Die Politik sabotiert und zerstört, was in Generationen aufgebaut worden war.“

Das kann sie nur, weil der Wähler in Westdeutschland es zuläßt. Ich arbeite für eine Firma unter anderem mit einem Standort in Münster und durfte mir vom stellvertretenden Standortleiter anhören wie toll er es fände, wenn der Kandidat der Grünen die Stichwahl gewänne.

Abgesehen davon die Schlagworte Trump, Putin, AfD. Wenn es die alle nicht mehr gäbe, wäre alles gut.

Soviel dazu.