Die Windkraft kann sich lohnen – vor allem für Politiker

Die frühere rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke von den Grünen hat sich 2011-16 vehement für den Ausbau der Windenergie eingesetzt. Es hat sich für sie gelohnt: Sie sitzt seit 2017 im Aufsichtsrat einer Windenergie-Firma.

IMAGO / Thomas Frey
Eveline Lemke am 20.06.2015 beim Landesparteitag von Bündnis 90/ Die Grünen in Bingen

Seitenwechsel von der Politik in die Wirtschaft werden oft skandalisiert – manchmal auch nicht, je nach politischer Couleur. Angesichts der jüngsten Vorhaben der neuen Regierungskoalition in Rheinland-Pfalz zum Ausbau der Windenergie könnte man an eine grüne Ministerin erinnern, für die sich diese auch persönlich schließlich gelohnt haben.

Für viel Wirbel sorgte einst Eveline Lemke in Rheinland-Pfalz. Sie war die erste grüne Wirtschaftsministerin und zugleich verantwortlich für Energie, Klimaschutz und Landesplanung. Von 2011 bis 2016 sorgte sie als stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz sowie als Staatsministerin für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung mit dafür, dass der einst idyllische Hunsrück heute fast so voller Windkraftanlagen ist wie die Küstengebiete. 

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Sie schwärmte seinerzeit von ‚Schönen Windrädern als Aussichtspunkte‘ und antwortete auf die Reporterfrage der Frankfurter Rundschau, wie sie die Bürger von der Notwendigkeit von Windrädern in ihrer Nachbarschaft und von Rapsfeldern bis zum Horizont überzeugen wolle: »Sie müssen selbst daran mitverdienen. Das Geld darf nicht abfliessen. Das alte Modell ist doch überholt: ‚Ein Investor kommt, knallt seine Anlagen hin, verdient viel Geld und fährt wieder weg.«

Sie saß allerdings nur für eine Legislaturperiode als Ministerin in Mainz. Die Grünen kamen bei der Landtagswahl 2017 mit 5,3 Prozent Stimmenanteil gerade so ins Parlament, das grüne Aushängeschild Lemke musste auf Druck ihrer Parteifreunde gehen.

Es gelang ihr jedoch auf verschlungenen Wegen, Präsidentin der Karlshochschule International University in Karlsruhe zu werden – allerdings ohne einen Hochschulabschluss zu haben. Kein Problem: Der Senat der privaten Hochschule bekundete, dass Studien- und Lebensleistung Lemkes so viel wert wie ein Abschluss seien. Der FDP Baden-Württemberg kam das seinerzeit merkwürdig vor, sie fragte beim grünen Wissenschaftsministerium in Stuttgart nach. Antwort: Man sei in das Wahlverfahren nicht eingebunden und wolle es nicht bewerten. Die Zuschüsse an die private Hochschule flossen jedenfalls weiter.

Doch das ursprünglich für acht Jahre vorgesehene Karlsruher Gastspiel blieb nur von kurzer Dauer. »Unterschiedliche Ansichten über das Führungskonzept und langfristige Positionierung der Hochschule« hieß es nach einem halben Jahr beim Abschied aus Karlsruhe verbrämt, als Lemke nach »intensiver Zusammenarbeit« wieder ging. Gründe wurden nicht öffentlich bekannt. »Meine Güte! Das ist doch kein ABSTURZ«, protestierte Lemke damals mit einem Facebook-Eintrag gegen das Medienecho auf ihren »Blitzabsturz«, da gebe es ungleich schlimmere Schicksale. 

»Die private Hochschule vermittelt in Studiengängen wie ‚Interkulturelles Management und Kommunikation‘ Qualifikationen, die bei ABO Wind benötigt werden«, betonte dann der Wiesbadener Windwahnprofiteurs Abo Wind AG, als dessen Aufsichtsrat die Kurzzeitpräsidentin Lemke 2017 in den Aufsichtsrat wählte. Sie soll eine jährliche Vergütung von rund 10 000 Euro im Jahr bekommen, »Spesen und Fahrtkosten inbegriffen«, wie ein Sprecher seinerzeit mitteilte. 

Die Abo Wind AG, die gerade den Odenwald mit Windrädern bestücken darf, ist neben der umstrittenen Juwi-Windfirma in Rheinland-Pfalz wohlbekannt: Rund 20 Windanlagen baute Abo Wind in Hunsrück, Rheinhessen und Westerwald, während Lemke als Ministerin waltete. Grund genug, sich mit einem Platz im Aufsichtsrat zu bedanken.

Windindustrie und grüne Politik arbeiten Hand in Hand, grüne »Karrieren« wechseln nahtlos über die Grenzen von Politik und Wirtschaft. Einst galten die Grünen als Kritiker des Wechsels von Politikern auf lukrative Wirtschaftsposten – bei anderen.

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Es wundert nicht sehr, dass sich jetzt Unternehmer in Rheinland-Pfalz vor allzu grüner Politik sorgen. So plädiert Gerhard Braun, Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände, für »realistische Ziele beim Ausbau erneuerbarer Energien«. Rheinland-Pfalz habe nicht genug Sonne und Wind, um zum Produzenten grünen Wasserstoffs zu werden. Er erinnert sich an die Jahre unter Lemke, die »keine gute Zeit gewesen« seien. Er mahnt mehr Brücken, leisere Güterzüge im lauten Rheintal und vor allem einen Ausbau des Rheins als Schifffahrtsstraße an und weniger Windräder.

Immer wieder verblüfft, welche »Fachleute« sich für eine Energiewende einsetzen und vom »Umbau« einer in 120 Jahren mit Versuch und Irrtum gewachsenen funktionierenden Energieversorgung eines Industrielandes schwärmen.

Zwar gab Lemke im Gegensatz zu Ihrer Parteifreundin und -chefin nicht vor, »vom Völkerrecht« zu kommen. Aber auf ihrer privaten Internetseite fand sich die Formulierung »Abschlussprüfung in BWL«, die einen Abschluss nahelegte. Doch es war nur eine Teilprüfung. Den Eintrag löschte sie, als der Vorgang bekannt wurde.

Nachträglich hat sie immerhin an der Leibniz-Universität Hannover eine Bachelor-Arbeit verfasst. Titel: »Zur Bedeutung des Upgrading von Elektroalt- und Gebrauchtgeräten in Deutschland«. Das schreibt jedenfalls jemand in Wikipedia.

In München übrigens sitzt Jens Mühlhaus als Vorstandsvorsitzender bei Green City AG. Das ist jene Firma, die gerade in Münchens Osten den Ebersberger Forst mit Windrädern zershreddern will. Mühlhaus war einst ehrenamtliches Stadtratsmitglied in München und verkehrs- und energiepolitischer Sprecher von Bündnis90/Die Grünen.

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Kommentare ( 26 )

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26 Comments
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Katzenfreund
2 Jahre her

Ich beteilige mich gerade am Anhörungsverfahren zur Aufstellung von Windrädern im Reinhardswald (dem deutschen Märchenwald) in Nordhessen. Bei der Erwiderung der Antragstellerin (Windkraftanlagenbauer) wird lapidar auf Gutachten verwiesen, die alle Eingriffe in die Natur für unbedenklich erklären. Während jeder Bauer, der mit dem Trecker seinen Acker befährt, dafür gerügt wird, dass er den Boden verdichtet, ist es überhaupt kein Problem, wenn tonnenschwere Baufahrzeuge tagelang über den Waldboden fahren. Ich werde den Eindruck nicht los, dass sich hier eine regelrechte Industrie aus Anlagenbauern und als Gutachter tätigen „Umweltinstituten“ o.Ä. mit weitreichenden Verbindungen in Politik und Verwaltung gebildet hat, die bereits kriminelle… Mehr

Deutscher
2 Jahre her

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

Jerry
2 Jahre her
Antworten an  Deutscher

So sieht jemand aus der über den Dingen schwebt. Die Tichy Redaktion hat ohnehin ein gutes Händchen bei der Auswahl der Bilder.

Klaus D
2 Jahre her

„Wir brauchen mehr Verbote für den Klimaschutz“ Hannes Jaenicke Schauspieler und Millionär

Reiner07
2 Jahre her

Das Grüne Klientel ist nicht nur vergesslich, es muss auch maßlos dumm sein! Wie kann man sich sonst erklären, dass man die Dümmste zur Kanzlerkandidatin macht, die lediglich durch saublöde Aussagen auffällt und ständigen Verbalmüll absondert?
Es ist die Partei der eingebildet Intellektuellen, denen es offensichtlich massiv an Intelligenz fehlt, da sie ansonsten noch zum Denken und Erkennen fähig wären.
Der Glaube hat die Intelligenz verdrängt, jetzt glauben sie nur noch, sie wären intelligent.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Typisch „Grüne“.

AHamburg
2 Jahre her

die grünen haben sich über die Jahrzehnte eine eigene Industrie aus Wind,Solar, NGOs aufgebaut . Alles Versorgungsapparate auf Steuerzahlerkosten für die eigene Klientel. „Eine Krähe hackt einer anderen keine Auge aus“. Von der NGO ins Staatsministerium und wieder zurück, so funktioniert die grüne Berufswelt.

Teide
2 Jahre her

Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer. Eine wahre Geschichte. Bekannte von mir, junges Ehepaar, wollen bauen. Doppelverdiener, Grundstück ist vorhanden, Eigenkapital auch. Die beiden bekommen kein Finanzierungsangebot, von keiner Kasse, noch nicht einmal ein Angebot. Warum? Das Grundstück liegt in einem Dorf in der Nähe von Paderborn. Da sieht es so aus. Die Häuser sind wertlos (gemacht worden).

https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Paderborn/Paderborn/3655910-Anwalt-erlaeutert-Windkraft-Entscheidung-des-OVG-Einige-Stellen-im-Urteil-sind-kritikwuerdig

https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Paderborn/Paderborn/4335202-Verwaltung-und-Ratsmehrheit-in-Paderborn-sehen-rechtssichere-Planung-nur-mit-mehr-Potentialflaechen-Zahl-der-Windraeder-koennte-noch-deutlich-steigen

Morioon
2 Jahre her
Antworten an  Teide

Es wird noch schlimmer: In ihrem „Investitions-Beschleunigungs-Gesetz“ hat Merkels SED, bestehend aus CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP und Linken, den Bürgern jede Möglichkeit genommen, sich gegen den Windmühlenwahn und die quasi-Enteignung zu wehren. In der Praxis sieht das so aus: Nach der Genehmigung eines gut geschmierten Stadt-oder Gemeinderats darf der Windmühlenbaron sofort seine Bagger und Betonpumpen anrollen lassen. Wegen eines Einspruchs betroffener Bürger muß das Projekt nicht gestoppt werden. Somit kann der Windmühlenbaron ohne Rücksicht auf die Anwohner vollendete Tatsachen schaffen. Klagen gegen die Zerstörung der Umwelt durch Windparks können nicht mehr beim Amtsgericht eingereicht werden, sondern müssen vor das Oberlandesgericht.… Mehr

Amerikaner
2 Jahre her

Das Land ist in die Hände eines ökologisch-industriellen Komplexes gefallen, der seinen politischen Arm mittlerweile in allen Parteien hat.

mmn
2 Jahre her

Wir wissen schon lange, woher bei solchen Vorgängen der Wind weht. Politiker/innen bestätigen bei diesen Gelegenheiten oft viele der (meist allzu berechtigten) Vorurteile, die sich aufgeklärte Bürger/innen im Laufe der Jahre und Jahrzehnte über diese Leute gebildet haben. Es kommen nur leider viel zu viele derartige Politiker/innen nach (vgl. etwa Baerbock). Woran das wohl liegt? Vielleicht zieht der Poltitikbetrieb bestimmte Personentypen einfach besonders an.

peer stevens
2 Jahre her
Antworten an  mmn

…richtig erkannt und ist mit der Parteienherrschaft (und den Zweitstimmen) auch so im System angelegt! ..intelektuell minderbemittelte, politische einfaeltige und/oder auch skrupellose Parteisoldaten stabilisieren den Politikbetrieb und versorgen diesen seit ueber 70 Jahren mit Kandidaten, wie oben beschrieben, die denen ganz oben dann nicht im Wege stehen …die „Kanzlerin der Herzen“ hat dieses Rekrutierungssystem des BRD-Betriebs schnell erkannt und seit 16 Jahren in allen ihr zugaenglichen Bereichen in Parlament, Adminstration und Justiz umfaenglich umgesetzt …und sie wird versuchen, es mit der Kobold*in an der Spitze im Herbst 21 fuer die Zukunft fortzuschreiben, auch wenn dann unser Land „vor die Hunde… Mehr

Ruhrler
2 Jahre her

Grüner Lobbyismus, da unterscheiden sich die Grünen nicht ein Jota von anderen Parteien. Aber wenigstens hat Fr. Lemke wirklich eine Arbeit vorgelegt, natürlich an einem Institut das sich voll und ganz der „großen Transformation widmet (wo auch sonst).
https://www.iuw.uni-hannover.de/de/lehre/abschlussarbeiten/abgeschlossene-bachelorarbeiten/