US-Börsen mit Schwung ins Wochenende

Sektorrotation setzt sich fort, die Favoriten der Analysten aus der Medienanalyse, nur Freihandelsabkommen kann Brexit mildern, US-Börsen mit Schwung ins Wochenende.

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Die US-Börsen knüpften am Freitag an ihre Vortagesgewinne an. Stützend wirkten ein robuster Arbeitsmarktbericht sowie ein vorerst abgewendeter Stillstand der Regierungsgeschäfte („Government Shutdown“). Am Vorabend war ein Gesetzestext verabschiedet worden, der den Bundeshaushalt erst einmal bis zum 22. Dezember mit ausreichend Geld versorgt. Der Dow Jones Industrial schloss nahe seines Tageshochs um 0,49 Prozent höher bei 24.329 Punkten. Im Vergleich zur Vorwoche hat er damit nach schwankendem Verlauf ein Plus von etwa 0,4 Prozent eingefahren. Die vom US-Senat abgenickte Steuerreform hatte den Leitindex am Montag zunächst zu einem weiteren Rekord bei 24.534,04 Punkten verholfen. Viele Anleger nutzten das hohe Niveau dann aber, um Kasse zu machen. Für den breit gefassten S&P 500 ging es am Freitag um 0,55 Prozent auf 2.652 Punkte nach oben. auch der NASDAQ 100 setzte seinen jüngsten Erholungskurs fort. Der Auswahlindex der Technologiewerte stieg um 0,45 Prozent auf 6.345 Punkte.

Insbesondere für Techanleger waren die vergangenen Tage höchst spannend — und schmerzhaft zugleich. Eine Studie der US-Bank Morgan Stanley kam zu dem Schluss, dass bei Speicherchips das Preishoch erreicht sein könnte und die Gewinne der Unternehmen ebenfalls bald gipfeln würden. Die Folge war ein herber Rückschlag bei den US-Technologieaktien. Laut „Wall Street Journal“ verzeichnete die Nasdaq bis Anfang der Woche den schlechtesten Fünftageverlauf im Vergleich zum breiten US-Index S & P 500 seit dem Krisenjahr 2009. Die Analysten der Credit Suisse berichteten, dass die Dreimonatskorrelation der Sektoren im S & P 500 soeben nahe zum historischen Tiefststand gefallen ist. Sprich: Aktien verschiedener Branchen entwickeln sich sehr unterschiedlich, Verlusten bei den Techs stehen Gewinne bei Energiewerten und Finanzdienstleistern gegenüber. Investoren sind nach der Techrally, welche die Bewertungen hier massiv in die Höhe trieb, auf der Suche nach einer günstigeren Alternative — eine Sektorrotation hat eingesetzt. Das ist nichts Ungewöhnliches in einer Seitwärtsphase. Die Techs sollte man dennoch nicht abschreiben, bei vielen Firmen laufen die Geschäfte dafür zu gut. ​

Ob es mit der Sektorrotation so weitergeht, hängt auch davon ab, wie sich die großen Investoren positionieren. Und die wiederum folgen häufig den Analysten. Die Bewertung des Meinungsklimas von Analysten in internationalen Finanzmedien durch das Schweizer Institut Media Tenor International, wofür 38.552 Aussagen in Analystenzitaten ausgewertet wurden, zeigt, welche Einschätzungen bei den Profis vorherrschen: „Rohstoffe, Öl- und Gas- sowie Technologietitel wurden in den letzten acht Wochen besonders positiv kommentiert“, so Matthias Vollbracht, Leiter Unternehmensanalyse. „Bei Banken, Telekommunikationswerten und Nahrungsmittelproduzenten dominierten dagegen die negativen Einschätzungen.“ Viele Analysten scheinen von einer weiteren Erholung der Weltwirtschaft auszugehen, die sich vor allem im Rohstoff- und Energieverbrauch niederschlüge. Zudem seien im Rohstoffsektor erhebliche Auswirkungen des Trends zur Elektromobilität zu sehen. Hinter der positiven Wertung der Technologietitel wie Google/Alphabet, Apple und Nvidia steht maßgeblich der digitale Wandel, der für 2018 weiterhin als wichtiger Trendfaktor eingeschätzt wird. Die Skepsis gegenüber den Banken ist weniger stark ausgeprägt als im Jahr 2016, aber Anzeichen für eine echte Aufholjagd gibt es trotz niedriger Kurs-Buchwert-Verhältnisse nicht. Bei den Telekommunikationswerten werden hohe Investitionskosten als Profitkiller erwartet. „Bei den Nahrungsmittelherstellern sehen manche Analysten Probleme, den sich schnell ändernden Verbrauchergeschmack zu treffen, vor allem im Bereich nachhaltige Ernährung“, so Vollbracht.

Die EU und Großbritannien sind bei ihren Verhandlungen über den geplanten Brexit zwar ein großes Stück vorangekommen. „Wir haben den Durchbruch erzielt, den wir brauchten“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitag. Klar ist aber auch, dass der Brexit durch wachsende Handelskosten (Zölle und Bürokratiekosten) sowohl in Großbritannien als auch in den anderen 27 EU-Ländern erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichten wird. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Forschungsnetzwerks Econpol, das am Ifo-Institut entstanden ist. Danach übersteigt dieser Schaden in Großbritannien bei Weitem die Einsparungen durch den entfallenden Nettobeitrag zum EU-Haushalt. Wenn der Handel künftig auf Basis von WTO-Regeln erfolgt, würden diese Summen für Großbritannien auch bei Wegfall jeglicher Beiträge zum EU-Haushalt immer noch 16 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Für die EU summieren sich die Verluste durch den Wegfall des britischen Nettobeitrags und wachsende Handelskosten auf rund 44 Milliarden Euro pro Jahr. „Der Brexit kennt nur Verlierer“, meint daher Ifo-Präsident Clemens Fuest. Sollte am Ende ein Freihandelsabkommen stehen, könnte die Bilanz deutlich besser ausfallen. Die Gesamtverluste für die EU würden demnach auf 27 Milliarden Euro sinken, für Großbritannien würde der entfallende Nettobeitrag zum EU-Haushalt die wachsenden Handelskosten dann ungefähr ausgleichen.​


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