Kindergrundsicherung – wie Eltern für Eltern bezahlen sollen

Die Zahl der von „Armut“ betroffenen Kinder ist durch Zuwanderung gestiegen. Die Zahl der deutschen Kinder in Hartz IV ist dagegen seit 2015 um ein Drittel gesunken. Der vermeintliche sozialpolitische Skandal steigender „Kinderarmut“ ist tatsächlich ein Ergebnis der Migration in die Sozialsysteme.

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Frühstück des Vereins Brotzeit e.V. in einer Grundschule in Berlin

Die „Reichen“ sind es, nicht überraschend, die „Reichen“, die nach Bundesfamilienministerin Lisa Paus für die Kosten der Kindergrundsicherung aufkommen sollen. Im Deutschlandfunk stellte sie die von der FDP geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags in Frage, um dieses „wichtigste sozialpolitische Projekt“ der Ampelkoalition zu finanzieren. Sie provozierte damit Finanzminister Lindner, der zuvor „Steuererhöhungen“ ausgeschlossen hatte. Für ihn geht es bei der Kindergrundsicherung nicht „zwangsweise“ um mehr Geld, sondern um „Digitalisierung“ und die „Vereinfachung der Förderung“ von Kindern.

Dass ein sozialpolitisches Vorhaben dank „Digitalisierung“ kein Geld kostet, wäre eine Neuheit, geradezu ein Wunder. Realistischer scheint die Kalkulation von Paus, die mit etwa 12 Milliarden Euro Mehrkosten für den Bundeshaushalt rechnet. Ihre Eckpunkte zur Kindergrundsicherung sehen zwei Komponenten vor: Einen vom Einkommen der Eltern unabhängigen „Garantiebetrag“ und einen einkommensabhängigen, gestaffelten Zusatzbetrag. Der Gesamtbetrag muss höher sein als die heutigen Sätze für Kinder im gerade eingeführten „Bürgergeld“ (vormals „Hartz-IV“).

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Wer Leistungen der sozialen Mindestsicherung wie das „Bürgergeld“ bezieht, gilt nach Definition der Sozialpolitiker als arm. Alle Kinder von Zuwanderern, die soziale Mindestsicherungsleistungen beziehen, gelten damit automatisch als arm. Zurecht weist Lindner darauf hin, dass die Zahl der von „Armut“ betroffenen Kinder durch Zuwanderung gestiegen ist. Die Zahl der deutschen Kinder in Hartz IV ist dagegen seit 2015 um ein Drittel gesunken. Der vermeintliche sozialpolitische Skandal steigender „Kinderarmut“ ist also tatsächlich ein Ergebnis der Migration in die Sozialsysteme. Dass mit einer Leistungserhöhung diese Migration weiter zunehmen dürfte, weil sie attraktiver wird, ist absehbar und damit auch das weitere Wachstum der „Kinderarmut“.

Wer die „Reichen“ sind, die für diese „Armut“ bezahlen sollen, deutete Paus im Interview auch schon an. Sie verwies darauf, dass die Steuerentlastung für „Reiche“ durch die Kinderfreibeträge 100 Euro über dem Betrag des Kindergeldes liegen würden. Kein Wort verlor Paus dazu, dass diese vermeintliche Privilegierung darauf zurückzuführen ist, dass Gutverdiener einer scharfen Steuerprogression unterliegen. Auch nicht dazu, dass die verfassungsrechtlich geforderten Freibeträge verhindern sollen, dass der Staat das Existenzminimum für Kinder besteuert. Denn die lebensnotwendigen Aufwendungen vermindern die steuerliche Leistungsfähigkeit von Eltern. Sie müssen steuerlich anders behandelt werden als Ausgaben für Urlaubsreisen oder Luxusgüter, weil sie kein beliebiger Konsum sind, sondern unerlässliche Aufwendungen für Kinder und damit Zukunftssicherung. Es geht hier nicht um Umverteilung zwischen Arm und Reich, sondern um Lastengerechtigkeit zwischen Bürgern mit und ohne Verpflichtungen für Kinder.

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Anhänger der Kindergrundsicherung wie DIW-Chef Marcel Fratzscher wollen die Freibeträge kürzen. Sie spekulieren offenbar darauf, dass das Bundesverfassungsgericht seine frühere Rechtsprechung zu den Kinderfreibeträgen (z. B. das sogenannte Kinderbetreuungsurteil von 1998) über Bord wirft. Dass kindererziehende Eltern vom Bundesverfassungsgericht keine Unterstützung mehr zu erwarten haben, hat 2022 schon das Urteil zur sozialen Pflegeversicherung gezeigt (1 BvL3/18). Hier wurde die Klage von Eltern abgewiesen, die eine Entlastung bei den Sozialbeiträgen im Vergleich zu Kinderlosen verlangten. Im Gegensatz zu den früheren „Familienurteilen“ des Gerichts spielte in dessen Argumentation der konstitutive Beitrag der Kindererziehung für die Sozialsysteme und die notwendige Entlastung von Eltern gegenüber Kinderlosen keine Rolle mehr.

Wenn schon das Verfassungsgericht die Notwendigkeit des Lastenausgleichs zwischen Eltern und Kinderlosen nicht mehr einsieht, ist von der Regierung erst recht kein Verständnis mehr für Familienpolitik zu erwarten. Sie wird mit Sozialpolitik verwechselt. Diese wiederum wird banal als Umverteilung verstanden, zulasten der angeblich „Reichen“. Das sind in diesem Fall Gutverdiener mit Kindern, also Leistungsträger, die mal wieder geschröpft werden sollen. Dass ausgerechnet der Finanzminister ihre Belange verteidigen wird, erscheint nicht sehr wahrscheinlich. Der FDP drohen so weitere Glaubwürdigkeits- und Wählerverluste.

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Gastautor Dr. Stefan Fuchs – Dr. Stefan Fuchs promovierte bei Prof. Dr. Tilman Mayer zu Familienpolitik und Fertilität und veröffentlichte bei Springer-Verlag die Monographie „Gesellschaft ohne Kinder. Woran die neue Familienpolitik scheitert“ (https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-03390-3).

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Kommentare ( 19 )

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klaudia
1 Jahr her

Kinderlose und Alleinstehende sind steuerlich bereits in der höchsten Steuerklasse, profitieren weder von Wohnungsbauförderung noch sonstigen staatlichen Wohltaten und finanzieren Kindergeld, Krankenversicherung für nichtarbeitende Ehefrauen und Kinder sowie deren steuerliche Freibeträge.Es reicht.Fuer die Einwanderung in die Sozialsysteme sollen bitte diejenigen zuschiessen, die das so gewählt haben.

Endlich Frei
1 Jahr her

Es ist eine gezieltte Vernebelung, Harz-IV in „Bürgergeld“ umzubenennen. Mittlerweile beziehen mehr nach Deutschland migrierte Nicht-Bürger das Bürgergeld als Bürger. D. h. unser „Bürgergeld“-Sozialsystem richtet sich heute vornehmend an Ausländer ! Wo sonst gibt es das in der Welt ?

Innere Unruhe
1 Jahr her

„Wer Leistungen der sozialen Mindestsicherung wie das „Bürgergeld“ bezieht, gilt nach Definition der Sozialpolitiker als arm.“
Man sollte Migranten mit Kindern abweisen, weil man niemanden in die Armut einreisen sollte.
Wie verantwortlich ist es, eine Fünfköpfige Familie 2+3 aus Afghanistan direkt in die Armut zu importieren? Nein!
Diese Menschen sollen woanders unterkommen.
Abtesehen davon, warum sollen jene, die nicht arbeiten reich sein?
Soziale Unterstützung ist ja gerade das Minimum. Wer besser leben will, soll einen Job annehmen.

dubium
1 Jahr her

Wenn das verteilte Geld der Gesellschaft nutzen sollte, muss es in Bildung fließen und nicht in die elektronischen Spielzeuge der Bildungsverweigerer.

Paroline
1 Jahr her

ja, prima… die Alleinerziehende (deutsche) Mutter mit einem Kind wird also wieder benachteiligt gegenüber Zugereisten mit 5+ Kindern. Kein VERNÜNFTIGER Mensch schafft sich weitere Kinder an, wenn er arbeitslos ist oder wenig verdient. Mit der Kindergrundsicherung ist das ein Anreiz, sich so viele wie möglich anzuschaffen.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Man muss jetzt nicht „“Reiche“ mit Kindern“ und „“Reiche“ ohne Kinder“ spalten. Geschröpft von Staat werden die beide, wobei „reich“ bekanntlich recht weit unten anfängt. Schließlich muss umverteilt werden, zu denen, die lieber gleich gar nichts verdienen.

Querdenker_Techn
1 Jahr her

Großzügig wie unsere Regierung ist, wird die Kindergrundsicherung sicher wie das Kindergeld in der Vergangenheit auch für im Ausland lebende Kinder gezahlt.
Also noch mehr Anreiz für junge Väter, in dieses Land einzureisen.

Ede Kowalski
1 Jahr her

Von dem legendären US-Ökonomen Milton Friedman stammt das folgende Zitat: „Es gibt nur vier Wege, Geld auszugeben: Man kann sein eigenes Geld für sich selbst ausgeben. Wenn man das tut, passt man wirklich auf, was man tut, und man versucht, das Maximum aus seinem Geld herauszuholen. Man kann sein eigenes Geld für jemand anderen ausgeben, zum Beispiel, wenn ich ein Geburtstagsgeschenk für jemanden kaufe. Dann achte ich weniger auf das Geschenk selbst, aber sehr auf die Kosten. Ich kann das Geld anderer Leute für mich selbst ausgeben. Und wenn ich das tue, werde ich mit Sicherheit gut zu Mittag essen!… Mehr

Timur Andre
1 Jahr her
Antworten an  Ede Kowalski

Normative Kraft des faktischen, Rezession und die Steuereinahmen fallen, Infrastruktur ist in Trümmern und muss saniert werden, endlos Geld drucken und wir haben eine fette Inflation….NirvanaGeld geht zu Ende.
Soziale Unruhen sind vorprogrammiert

feinbein
1 Jahr her

Alles dies ist eine weitere Bezahlung von Migranten und Familien mit Migrationshintergrund, die immer mehr auf unsere Kosten leben. Dies ist „unserer“ Regierung sicher alles bekannt, aber gewollt. Die die schon länger hier leben, sollen einfach ausgeblutet werden!

Andreas aus E.
1 Jahr her

Mal abgesehen davon, daß Einwanderung ins Sozialsystem grundsätzlich nicht mit „Wurfprämie“ belohnt werde sollte: Das ist mal wieder so ein typisches Bürokratiemonstrum. Heerscharen von Bürostuhlbesitzenden werden endlos damit beschäftigt sein auszurechnen, ob jemand „arm“ oder „reich“ ist, im Anschluß Gerichte bemüht werden samt ganzem Rattenschwanz an Anwälten, Dolmetscherhonoraren, Fördervereinen usw. Freuen können sich Formularentwicklungsberater, zudem Verlage und Druckereien, welche den ganzen Mist dann zu Papier pressen können. Vermutlich dann aber in Tschechien, dort ist Gedrucktes billiger herzustellen. Einfacher und unterm Strich sicher günstiger wäre es, die Sätze pauschal zu erhöhen, einerlei, ob Eltern mittellos in selbstgegrabener Höhle hausen oder in… Mehr