Politischer Wortschatz: Aktivist(en)

„Werden die Aktivisten jetzt radikaler?“, titelte die Süddeutsche Zeitung (30. Mai 2023) nach einer bundesweiten Razzia gegen die die Klimabewegung „Letzte Generation“. Aber was bedeutet hier das Wort „Aktivist(en)“? Eine kurze Wortgeschichte.

Die Wortbildung „Aktiv-ist“ ist seit Ende des 19. Jahrhunderts belegt mit der Grundbedeutung „aktiver Mensch, zielbewusst und energisch Handelnder“. In den allgemeinen Sprachgebrauch kam „Aktivist“ erst in den 1920er Jahren, allerdings mit einer Politisierung seiner Grundbedeutung: Aktivisten sind nicht in der Freiwilligen Feuerwehr oder der Wasserwacht „aktiv“, sondern „Missionare“ einer – oft neuen – politischen Bewegung. Zum Beispiel des Nationalsozialismus: „die Männer der SA [Sturmabteilung]“ galten für die Parteizeitung Völkischer Beobachter (3. 3. 1937) als „die Aktivisten der [nationalsozialistischen] Idee“.

„Verdienter Aktivist“

In der DDR gehörte „Aktivist“ zum Alltagswortschatz. Weniger in seiner Grundbedeutung als in einer DDR-spezifischen Neubedeutung, die das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (Band I, Ostberlin 1967) so definierte:

Werktätiger, der vorbildliche Leistungen vollbracht hat (und dafür ausgezeichnet
worden ist): „den Titel Verdienter Aktivist verliehen bekommen“.

Dieser „Aktivist“, der 1949 nach russischem Vorbild in der DDR eingeführt wurde und zu Wortbildungen wie „Aktivistenabzeichen, Aktivistenehrung“ führte, hatte – wie viele DDR-spezifische Begriffe – nach der Wiedervereinigung keine Funktion mehr und kam außer Gebrauch.

Bürgerrechts-, Friedens-, Umwelt- und Klimaaktivisten

In der alten Bundesrepublik (1949-1990) gab es den Ehrentitel „Aktivist“ nicht. Das Wort bezeichnete seit den 1980er Jahren (militante) Anhänger von politischen Protestbewegungen, die sich mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen für eine (gute) Sache einsetzten, zum Beispiel Bürgerrechts-, Friedens- und Umweltaktivisten. Die „Klimaaktivisten“ spielen erst seit einigen Jahren eine Rolle, das Wort ist allerdings schon Anfang der 2000er Jahre belegt.

Was tun und wer sind Aktivisten?

Im öffentlichen Sprachgebrauch kombiniert das Subjekt „Aktivisten“ häufig mit Verben wie „besetzen, protestieren, demonstrieren, blockieren“ – also Aktionen, die große Aufmerksamkeit erwecken. Um welche Aktivistengruppe es sich handelt, wird durch ein vorgestelltes Adjektiv ausgedrückt (militante/pro-palästinensische/kurdische Aktivisten) oder durch ein nachgestelltes Genitivattribut: Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace/der Fridays-for-future-Bewegung /der Hamas-Bewegung usw.

Was unterscheidet den „Aktivisten“ einer Bewegung oder Organisation vom bloßen „Mitglied“? Der Aktivist ist „dabei“, das Mitglied kann auch eine „Karteileiche“ sein – dieser sprachliche Unterschied wurde 1945, nach dem Ende des nationalsozialistischen Deutschland, im Zuge der Entnazifizierung durchaus gemacht: „Es müssen Unterschiede gemacht werden“, schrieb damals die neu gegründete Süddeutsche Zeitung (13. 11. 1945), „zwischen den Aktivisten und den kleinen Nazis“ und den Gerichten obliege die Aufgabe, frühere Mitglieder der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) „in Aktivisten und gewöhnliche Mitläufer“ (30. 11. 1945) zu scheiden.

Wortassoziationen

Wirkt das Wort „Aktivist“ sprachlich positiv, neutral oder negativ? Das hängt sehr davon ab, ob es im Singular oder Plural steht. „Der Aktivist“ als einzelne Person wird eher positiv bewertet; denn er engagiert sich auf eigenes Risiko für „höhere“ Ziele: Frieden, Umweltschutz, Rechte von Minderheiten u. Ä. „Die Aktivisten“ als organisierte Gruppe wecken hingegen negative Vorstellungen, weil sie diese Ziele mit Aktionen erreichen wollen, die gewaltaffin sind und sich schnell zu Gewalttaten steigern können: die „Aktivisten“ sind dann „Extremisten“ und werden abgelehnt.

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Kommentare ( 13 )

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NochNicht2022
10 Monate her

Der Begriff „Aktivist“ spielt sich nicht nur auf der Straße ab, sondern auch im weiten Feld insbesondere der Wessi-Medien. So fiel in diesenTagen der zufällige Blick auf einen Beitrag im Feuilleton der SZ vom 10./11. Juni 2023, der Rezension zweier „Ossi-Bücher“. Hier fällt eine (eigentlich vollkommen unbekannte) Anna Rabe, geb. 1986 in Wismar (Dramatikerin usw., SPDlerin), mit einer abwertendem Urteil über Dirk Osmann’s Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung. Wie die Konstruktion des Ostens unsere Gesellschaft spaltet“ auf. Es sei eine „Wutschrift“, der Autor sei „misogyn“ (frauenfeindlich, da muß man im Lexikon nachlesen). Er unterläßt es, die Ossis mit der… Mehr

Waldorf
10 Monate her

In den kommunistischen Diktaturen waren die gefeierten Aktivisten nichts anderes als linientreue Soldaten der Diktatur, kurz: Arschkriecher der Regierung. Das prägt auch unsere zeitgeistigen „Aktivisten“, insbesondere die Klimaaktivisten und Minderheitenaktivisten. Diese sind regelmäßig nichts anders, als links/rot/grüne Parteisoldaten, die für ihre Parteien Werbung/Propaganda/Campaigning etc. machen, mal rechtstreu, mal militant, aber immer im Sinne der entsprechenden Parteien. Und wo diese Parteien regieren, sind ihre Aktivisten mal wieder die üblichen Arschkriecher der Regierung. Von Luisa bis Karla, von zahllosen Journalisten bis angebliche Künstler oder „Comedians“, sie alle eint die kritiklose Unterstützung „korrekter“ Regierungen, also dem üblichen, rotgrünen Zeitgeist entsprechende Regierungen. Seit Schröders… Mehr

Wilhelm Roepke
10 Monate her

Zusammengefasst: ein Aktivist ist ein straffällig werdender brauner, roter oder grüner Sozialist.

November Man
10 Monate her

Aktivisten sind von der rotgrünen Regierung mit eine Milliarde Euro Steuergeld unterstützte Straftäter die im ganzen Bundesgebiet Deutschland ihr Unwesen zum Nachteil der Bevölkerung treiben. Das sind Leute die den Rechtsstaat verachten. Leute die offen zur Gewalt aufrufen. „Wir rufen auf zu Angriffen auf den Staat, seine Repressionsorgane und Institutionen der Justiz.“ „Wir wollen die herrschende Ordnung zerstören!“, heißt es in ihren Aufrufen. Weiterhin heißt es: „Wir lehnen jeden Staat ab.“ und „Wir sind unregierbar.“ Solche Leute laufen in Deutschland frei herum. Das BKA ordnet allein den Klimaschutz-Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ 580 Straftaten zu. „740 Personen sind polizeilich in… Mehr

imapact
10 Monate her

Ganz einfach: wenn ein Linker Autos abfackelt, Läden „entglast“, Feuerwerkskörper auf Polizisten abfeuert, „Räächte“ halb tot prügelt – dann ist er ein „Aktivist“, wenn ein Nicht- Linker das tut ein Extremist. Vgl. auch Haß/Hetze vs. „Satire“.

rainer erich
10 Monate her

Actum : Tat, Handlung. Der Aktivist ist Taeter. Natuerlich fuehrt die richtige Übersetzung „Taeter“ unmittelbar auf die richtige Spur. Und (fast) jeder in Deutschland duerfte bei dem Begriff „Taeter“ in einer bestimmten Kategorie oder Konnotation denken. Und exakt damit landen wir den semantischen Treffer. Es sind Taeter im strafrechtluchen Sinne. Aber selbstredend wissen auch die Transformatoren um die diese Problematik und bevorzugen die lateinisch/ neutralere und damit verschleiernde Form des Begriffes „Aktivist“ . Die positive Interpretation bzw Verschraenkung findet wie immer erst im Hirn des geneigten Hoerers oder Lesers statt. Auf dieses menschlich/ kulturelle Phaenomenbaut die politmediale Orga mit mafiosen… Mehr

H.H.
10 Monate her

„Aktivist“ ist eine infame, heuchlerische Kaschierung der eigenen Meinung von ARD/ZDF. Wie ist das gemeint? –Die Tagesschau/Heute berichtet von einem Beschluss der tags zuvor gemacht wurde. Gefolgt von der Anmerkung: „Umweltaktivisten sehen das anders“. Dieser kurze Zeitabstand erlaubt keinerlei Umfrage-Durchführung/Auswertung (übrigens: wen auch immer hätte man befragen sollen?!!!). Anstatt ehrlich zu sagen „Wir von der Redaktion Tagesschau sehen das anders, bemüht man die anonymen und niemals befragten „Aktivisten“. Man kann dies ständig beobachten. Wann immer die Rede davon ist, was die Menschenrechtsaktivisten oder aber die Klimaaktivisten zu einer vorgetragenen Nachricht meinen und denken, es ist stets die Meinung der Tagesschau/Heute-Redaktion… Mehr

StefanB
10 Monate her

Hierzu: „Dieser „Aktivist“, der 1949 nach russischem Vorbild in der DDR eingeführt wurde…“ –> Gemeint ist wohl nach sowjetischem Vorbild. Allgemein: Der Begriff „Aktivist“ ist aus Sicht des Wortgebrauchs klar durch die kollektivistische, sozialistische / kommunistische Ideologie geprägt. Würde man die Frage „Wirkt das Wort „Aktivist“ sprachlich positiv, neutral oder negativ?“ im Osten Deutschlands stellen, so würde es zumindest bei der älteren Generation genauso negativ empfunden werden, wie der Plural, also „die Aktivisten“. In der DDR 1.0 gab es die im Zuge von SED-Propaganda gekürten „Aktivisten der ersten Stunde“, wie Adolf Hennecke und Frieda Hockauf, die jeder Schüler im Staatsbürgerkundeunterricht… Mehr

Helmut Berschin
10 Monate her
Antworten an  StefanB

„nach russischem Vorbild“, gemeint ist: „sprachlich nach russischem Vorbild“. Um Ihren Hinweis zu berücksichtigen, müsste es heißen: „nach sowjetrussischem Vorbild“. H.B.

hoho
10 Monate her

Lina E. war wohl auch nur ein Aktivist, oder?
Man denkt es weiter dann war Amis Amri auch einer.

Last edited 10 Monate her by hoho
Klaus Kabel
10 Monate her

Aktivisten sind Täter, die im Auftrag einer Diktatur Straftaten verüben die Bevölkerung drangsalierem und einschüchtern und der Ideologie den Boden mitbereiten.