Wie mag das Illner-Thema nächste Woche lauten? „Alles umsonst. Jetzt gehen die USA unter.“ Oder: „Hillary und Angela – Zwei Frauen retten die Welt.“ Diese Woche gab sie noch mal alles für Hillary, lud aber trotzdem drei interessante Gäste ein.
Es mag den Leser erstaunen, aber einer der Hauptgründe diese Illner-Sendung zu schauen, war Claus Kleber, den ich nur von der Sekunde vorm Wegschalten kannte, wenn das heute-Journal begann. Dann war der Mann doch tatsächlich mal als Chefredakteur beim SPIEGEL im Gespräch. Welch‘ schöne Gelegenheit, festzustellen, ob ich zu Recht auf öffentlich-rechtliche Nachrichtenverpackungen verzichte.
Ehrlich? Ja. Mei, er ist ein nettes TV-Gesicht, so wie es in den US-Regionalsendern hunderte gibt, die alle mit einem flotten Spruch zum Wetter überleiten, nachdem sie den Hillbillys die große weite Welt erklärt haben. Für Zuseher mit Verstand ist „Claus“, wie Maybrit ihn nannte, einfach zu vorhersehbar, ohne jeden originellen Gedanken. Obwohl er als Korrespondent in den USA war, dort studiert hat und regelmäßig in den Urlaub dahin fährt, versteht er vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten nur, was ihm vorher die New York Times erklärt. (Die hatte eine Doppelseite mit Trump-Sprüchen veröffentlicht und ihrem Fact-Checking unterzogen – das fand Claus toll.)
Nein, der Claus ist bestimmt super als Mietsprecher bei Firmenfesten in Wuppertal-Süd oder Hamburg-Harburg, bei Illner gab es tatsächlich interessantere Anmerkungen zum US-Wahlkampf.
Etwa von der 18-jährigen Schülerin Paulina Unfried aus Berlin. Die hübsche junge Dame hatte auch nur das Clebersche USA-Bild im Kopf, bis sie für ein Jahr als Austauschschülerin eine andere Realität kennenlernte. In Minnesota (wo übrigens die außergewöhnliche TV-Serie „Fargo“ spielt). In Minnesota gibt es hauptsächlich Landschaft. Ganz viel Landschaft. Und kleine Städtchen und Dörfer.
In Minnesota gelernt
Gleich zu Beginn wurde in ihrer Kleinstadt-Schulklasse die Frage gestellt: Welcher amerikanische Präsident ist am ehesten mit Adolf Hitler zu vergleichen? Antwort: Obama. Heiko hilf! Zunächst wollte Paulina ihren Mitschülern noch eine Zeitlang die Weltsicht näherbringen, die man ihr vorher in Berlin eingetrichtert hatte, aber da sie ihr Schuljahr nicht als isolierter Alien verbringen wollte, unterließ sie die Belehrungen à la „Frankfurter Schule“.
Stattdessen verbrachte sie ihre Zeit mit Jagen (als Vegetarierin schoss sie natürlich daneben), Kirchgang und was die Jugend da sonst so macht. Zwar war sie froh, wieder im bunten Berlin zu sein, aber erstaunlicherweise haben die Erfahrungen ihr Leben bereichert.
Die zweite Frau, die den TV-Abend ganz erfreulich werden ließ, war Deborah Feldman, die ebenfalls erfrischend anders ist als die üblichen TV-Schlaftabletten. Deborah war als junge Frau einem Psycho-Gulag orthodoxer Juden entkommen, hatte einen Weltbestseller („Unorthodox“) über diese Zeit geschrieben und sich nach Berlin aufgemacht, wo sie, demnächst als deutsche Staatsbürgerin, zu bleiben gedenkt.
Eigenes Urteil
Illner hielt Deborah Feldman wohl für eine Art sichere Hillary-Clinton-Bank, die sich zur Belehrung des Publikums verwenden ließ – aber leider, leider, spielte Frau Feldman in einer Über-Illner-Liga. Sie erwähnte sogleich, dass Hillarys Gatte Bill einst den Glass-Steagall-Act aufhob, der Geschäftsbanken das Casino-Treiben einer Investment-Bank verboten hatte. In der Folge kam es zu Krise von 2008 mit dem Beinahe-Zusammenbruch unseres Wirtschaftssystems. Zudem sei Hillary trotz Links-Sprech mitnichten links, sondern eine waschechte Neoliberale. Hillary sein kein bisschen besser als Trump, nur raffinierter.
Ein netter junger Mann, der in Essen ein Restaurant betreibt, war als bekennender Trump-Wähler eingeladen. Nicholas Smith hat das bereits per Briefwahl erledigt, weil „Trump auf der Seite der einfachen Leute ist“. Gegen Korruption, Lobbyismus. Er habe als Klein-Unternehmer zudem eine andere Sicht auf Dinge wie Steuern und Regulierungen – anders als hochbezahlte Politiker und ZDF-Matadore, fügen wir mal hinzu. Dann sagte er etwas, was echten US-Kennern, die auf Hillary setzen, das Blut in den Adern gefrieren lassen sollte: Donald Trump steht für Hoffnung.
Ein echter Ami
Der moralisch und überhaupt überlegen auftretenden Illner schrieb der junge Herr Smith ins Vokabelheft: Ihr Europäer habt von Amerika keine Ahnung.
Mit dem Deborah-Feldman-Satz – Den Menschen geht es seit Jahren schlechter mit der Globalisierung, aber die Politiker tun ja nichts dagegen – können wir kurz noch Alexander Graf Lambsdorff reinbringen, der darauf entgegnete: „Das tut natürlich weh. Wir tun ja unser Bestes.“ Der war nicht schlecht.
Auch einen Gag vom cleveren Claus wollen wir nicht unterschlagen: „Jetzt ist nicht die Zeit für Berufsanfänger“, meinte er in Richtung Trump, und das Klever-Publikum war begeistert.
Aus Höflichkeit zählen wir auch noch den Polit-Berater Andrew D. Denison mit auf, auf dessen Rat Trump wohl verzichten dürfte, auch wenn Andrew aus dem konservativen Wyoming stammt.
Am Ende blieb der Runde sogar das verächtliche Lächeln über Nicholas Smith im Halse stecken, der bemerkte: „Ihr habt hier freie Bildung, weil wir eure Verteidigung bezahlen.“ So kam die Runde zu dem Schluss, dass – egal, ob Hillary oder Donald – es in Zukunft deutlich teurer wird für Europa.
Und die Klügste in der Runde, Deborah Feldman, soll bei uns das Schlusswort haben. Was ist, wenn Donald Trump gewinnt? „Neoliberalismus hatten wir schon, Populismus kennen wir noch nicht.“
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