Offenbarungseid bei Illner: Gegenmeinungen zu hören, spaltet den Diskurs

Bei Illner fetzen sich Lauterbach und Streeck. Aber Lauterbach wird an diesem Abend von einer Journalistin der Süddeutschen bei weitem übertroffen. Sie erklärt uns, warum es völlig falsch ist, wissenschaftliche Minderheitsmeinungen weiter zu beachten.

Screenshot ZDF: Maybrit Illner

Es ist gerade sehr viel los in Deutschland und es gäbe viel zu diskutieren. Baerbocks Affären, das Attentat in Würzburg – aber Illner redet stumpf weiter über Corona. Muss man jetzt offenbar wirklich jede einzelne Woche darüber sprechen, dass es noch nicht vorbei ist und dass wir uns vorbereiten müssen, nur um dann schon wieder zu dem Schluss zu kommen, dass wir nach anderthalb Jahren jetzt endlich mal Luftfilter in den Schulen brauchen?

Mein Mitleid gilt den Illner-Fans, die rituell jeden Donnerstag den Fernseher anschalten, so wie andere Menschen das Sandmännchen geschaut haben, um dann die gleiche Sülze nochmal zu sehen, ohne sie zu hinterfragen. Es geht nur noch um Angst. Wenn es einem darum ginge, sich zu informieren, dann hätte man den Fernseher gestern Abend aus gelassen. Denn es kommen keine Informationen mehr, die man nicht schon fünf Mal gehört hat, vier Mal allein von Karl Lauterbach.

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Und da bringt auch die ausnahmsweise mal interessante Zusammensetzung der Gäste nichts, denn das Timing ist um ein halbes Jahr mindestens verfehlt. Aber der Reihe nach. Es war, wie schon vorgewarnt, wieder Karl Lauterbach am Start. Nur war tatsächlich interessant, dass ihm Hendrik Streeck zur Seite gesetzt wurde. Das wäre eine interessante Runde gewesen. Jetzt im Sommerloch kann man entweder große Sprüche nachträglich klopfen oder riesige Versprechungen für die Zukunft.

Die Inhalte waren noch ernüchternder. Über Lauterbach kann man sich gar nicht mehr ausreden, den drücken wir jetzt mal in den Skat. Es wird Sie genauso wenig überraschen wie mich, dass er gegen Lockerungen ist. Breaking News, Karl Lauterbach ist sogar für Verschärfungen. Was würden wir bloß ohne Karl Lauterbach tun, der als unser Herr und Retter fordert, dass man in Shisha-Bars ein Impf-Angebot bekommen kann? Denn ohne, dass man uns die volle Ladung Astra bis vor die Disco hinterherträgt, wüssten wir nicht, ob wir uns impfen lassen können und wie man sich darum kümmert. Und außerdem könnten wir ja noch vergessen, dass uns jeden Moment wieder sämtliche Grundrechte genommen werden können, wenn wir nicht brav sind.

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Das wirklich bemerkenswerte an diesem Abend ist aber, dass Karl Lauterbach verglichen mit einem weiteren Gast noch vergleichsweise harmlos erscheint – denn Christina Berndt, Wissenschaftsjournalistin der Süddeutschen Zeitung ist auch da. Man hat bei der Frau von Anfang an ein mulmiges Gefühl, denn sie ist der Typ Dauerlächler, wenn Sie wissen was ich meine. Jedes Mal, wenn sie den Mund zu mehr als nur zum Lächeln oder Grinsen benutzen, sorgen sie dafür, dass allen um sie herum das Lächeln vergeht. Nur ein Dauerlächler wie Frau Berndt ist in der Lage, einen Satz zu sagen, wie gestern bei Illner geschehen: „Es ist oft ein mediales Problem, dass man denkt, man müsste auch die Gegenmeinung hören.“ Das sagt Berndt – mit einem Lächeln auf den Lippen. Und niemand widersprach dieser Frau, die sich „Wissenschaftsjournalistin“ nennt und von „der eigentlichen wissenschaftlichen Meinung“ spricht, als wäre die Wissenschaft ein Wesen, das über unseren Köpfen schwebt und die Wahrheit für sich gepachtet hat. Dabei gibt es keine einzig wahre Wissenschaft – es gibt nur Wissenschaftler, die sich irren können. Und diesen Menschen zu widersprechen, ist keine Gotteslästerung oder Majestätsbeleidigung, sondern Diskurs. Berndt sagt: „Wenn die Wissenschaft eine klare Sprache spricht, ist es nicht richtig, eine Minderheitenmeinung genauso stark zu werten.“ Alles klar.

Aber von Diskurs hat Frau Berndt offenbar noch nichts gehört. Und deshalb wirft sie Streeck auch vor, dass er sich gegen einen neuerlichen Lockdown ausgesprochen hat – nicht etwa, weil es falsch wäre und sie im folgenden begründet warum. Nein: weil das den Diskurs spaltet. Dass Diskurs gespalten sein muss, um Diskurs zu sein, muss ihr noch jemand erklären.

Hendrick Streeck, NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Anna Schneider von der Welt waren auch noch da. An sich die richtigen Gäste, aber nicht in dieser Runde. Streeck streitet mit Lauterbach über dessen vergangene Beleidigungen gegen ihn, Lauterbach windet sich in der „tüpichen“ Art und Weise. Schneider beklagt: „Die Verachtung der Freiheit wurde mit Corona salonfähig!“ Und Laumann verteidigt die neuen Öffnungsschritte in NRW. Ein wenig Hoffnung bleibt also.

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Kommentare ( 130 )

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Schwabenwilli
2 Jahre her

Staatsfernsehen von seiner schönsten Seite 😉

Lizzard04
2 Jahre her

Mein Beileid Frau David, dass Sie sich stellvertretend für uns mit den Abgründen des ÖR befassen müssen. Aber es ist für eine gute Sache, so nämlich bleibt uns dieses Elend erspart. Das Lesen Ihrer wirklich auch sprachlich sehr gelungenen Kritik dieser Volksverdummung war dagegen ein Vergnügen!

Gerro Medicus
2 Jahre her

Wenn man sich das aus der Metaebene anschaut: es sind überwiegend Frauen (eine ganz spezielle Sorte offenbar, nicht alle!) und „Männer“ aus feministisch gepolten Parteien, die solchen Schwachsinn verbreiten. Fast aller Fortschritt, den die menschlichen Gesellschaften erzielt haben, geht auf Mindermeinungen zurück. Immer waren es Menschen, die wegen ihrer Entdeckungen zunächst als Außenseiter gebrandmarkt wurden, bis sich ihre Entdeckung als richtig erwies. Ob es nun der Geologe Wegener mit seiner Kontinentaldrift war, ob Ignaz Semmelweis als Begründer der ärtzlichen Hygienemaßnahmen, ob Albert Einstein mit seiner Relativitätstheorie uvam: stets wurden diese Leute zunächst der „abseitigen Meinungen“ zur herrschenden Lehre und Wissenschaft… Mehr

Andreas aus E.
2 Jahre her
Antworten an  Gerro Medicus

Bei der SZ ist die doch genau richtig. Sie sollte sich über Scheibenerdler lustig machen und behaupten, die seien ja doof, weil die nicht wissen, daß die Erde in Wirklichkeit gurkenförmig sei.
Dann könnte sie womöglich noch Wissenschaftschefredakteurin beim Deutschlandfunk werden.

Sonny
2 Jahre her

W E R guckt so was?

Eichhoernchen60
2 Jahre her

Diese Grinsekatze Berndt, die auch am Sonntag im Presseclub saß, erinnert mich fatal an Dolores Umbridge (Harry Potter Fans wissen Bescheid). Fehlen nur noch das rosa Strickjäckchen und die Katzenbilder…

the ministry of silly walks
2 Jahre her

Das Thema ist nicht neu – es begann mit der unkontrollierten und ungesteuerten Durchsetzung des Asylrechts um jeden Preis im Jahr 2015 – seit damals spaltete es die Gesellschaft sofern und sobald man die Wahrheit sagt, oder auch nur eine eigene Meinung vertritt – insbesondere wenn das von den falschen Leuten gesagt wird. Ergo: lieber ein Unrecht zu dem alle stehen, als ein kritischer Diskurs. Passt mehr zu Nordkorea oder Venezuela, als zu dem Land das einmal mein Land war. …

moorwald
2 Jahre her

Die „klare Sprache der Wissenschaft“ kann ich einfach nicht verstehen. Sollte wohl mal einen Sprachkurs bei Chr. Berndt belegen.
Lauterbach will Besucher von Sisha-Bars impfen (ich weiß nicht mal, was das ist…)
Er kann aber gern mal bei mir vorbeikommen, damit ich ihn achtkantig rausschmeißen kann.

Gerro Medicus
2 Jahre her
Antworten an  moorwald

Zur klaren Sprache der Wissenschaft: echte Wissenschaft stellt all ihre Erkenntnisse unter Vorbehalt. Es gilt nur solange etwas als richtig und wahr, bis ein überzeugendes Gegenbeispiel gefunden wurde. Mit Mehrheitsmeinungen hat das überhaupt nichts zu tun. Als Albert Einstein wegen seiner Relativitätstheorie mit der Behauptung konfrontiert wurde, dass hundert Wissenschaftler diese Theorie für falsch hielten, antwortete er: Warum hundert? Es würde einer reichen, der fundierte Gegenargumente nennen könnte. Wer glaubt, dass er politische Spielarten wie „Demokratie“ in den Wissenschaftsbetrieb einführen könne, ist ein Scharlatan oder ein Krimineller, der die Wissenschaft missbrauchen will. Und glauben Sie mir: diese Impfsöldner würden aus… Mehr

Mausi
2 Jahre her

Mal wieder beim RKI nachsehen. Die Intensivbettenzahl ist gegenüber dem Vorjahr bald um 10.000 Betten verringert worden. 58% der Bevölkerung sind 1x geimpft, knapp 42% zweimal. 10.000 Personen gelten als infiziert. Von über 80 Millionen Menschen in D. Und das RKI mitsamt Regierung verkauft uns das als Ergebnis des tollen Lockdowns? Nicht mehr. Denn es wäre zu offensichtlich, dass das nicht stimmen kann. Lockdown hilft nicht im Herbst/Winter aber dann doch zum Sommer hin? Lasst uns endlich die Angst ablegen! Wenn die Impfung hilft, ist gut, wenn nicht, was soll dann mit dem GrundG und unseren Freiheiten geschehen? Wie lange… Mehr

humerd
2 Jahre her

Die Geschichte wieder holt sich doch. Galileo Galilei musste auch seine Aussage zur Erde zurück nehmen, die vorherrschende Meinung war, die Erde sei eine Scheibe. Die Kleriker waren nie weg, sie wechselten nur das Gewand.

niezeit
2 Jahre her
Antworten an  humerd

Toller letzter Satz!

Peggy
2 Jahre her

Man könnte denken, die Politik und die Mainstreammedien wollen die Menschen unterdrücken und ihrer Freiheiten berauben. Es könnte aber auch anders interpretiert werden: „Mensch Leute, wir führen euch so offensichtlich an der Nase herum, wir übertreiben so dermaßen, dass ihr auf die Barrikaden gehen müsstet, wie weit sollen wir das Spiel noch treiben bis ihr versteht, dass ihr aufstehen sollt. Gegen die Gespenster der Vergangenheit, beweist mal, dass ihr was gelernt habt, dass man den Regierenden nicht in den Allerwertesten kriechen darf weil sonst wieder passiert, was passiert ist, und wählt uns endlich ab damit wir das Spiel, dass sich… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Peggy
Georg J
2 Jahre her
Antworten an  Peggy

Ist ein interessanter Gedanke. Vielleicht gibt es auch innerhalb des Systems Leute, die raus wollen, aber gegenüber dem System ebenfalls hilflos sind und subtile Nachrichten senden. Der ganze offizielle Sch…ist so offensichtlich ein „Fake Narrativ“ , dass jeder, der denken kann und will, dies auch erkennen kann.

Gerro Medicus
2 Jahre her
Antworten an  Peggy

Ja, eine denkenswerte Variante und eine gute, altruistische Idee. Jedoch scheitert dieser Denkansatz meines Erachtens nach daran, dass viele dieser Leute, würden sie abgewählt, große existenzielle Probleme hätten, denn die haben ja nichts anderes gelernt als Politik zu machen, ohne großen Sachverstand, ohne Arbeitsbiografie, aber mit all den Intrigen, Netzwerken etc. Die brauchen unser Steuergeld zum Leben, ohne das sind die nichts! Dieses Risiko werden diese Leute daher nicht eingehen. Und deshalb halte ich diese Variante für unrealistisch. Ich möchte gerne eine andere Theorie zur Diskussion stellen: Die Regierung bekommt immer mehr Angst, je öfter es Demos gegen die Maßnahmen… Mehr