„Beweise“ für Zusammenarbeit zwischen NGOs und Schleppern?

Der Oberste Ankläger im sizilianischen Catania geht Informationen nach, die von der Finanzierung bestimmter - vor allem auch deutscher - relativ neuer NGOs durch Menschenschmuggler in Libyen wissen wollen.

© Andreas Solaro/AFP/Getty Images

Vor allem deutsche Aktivisten waren Behörden und einigen Medien schon 2015/16 durch Aktionen in „Flüchtlingslagern“ auf griechischen Inseln aufgefallen. Nun hat Oberstaatsanwalt Carmelo Zuccaro in Sizilien Ermittlungen zu den mutmaßlichen Verbindungen zwischen Helfern und Schleppern eingeleitet. „Flüchtlingsboote“ würden unter anderem durch Lichtsignale in Richtung der Retter gelotst, über Telefongespräche zwischen Schleppern und Aktivisten gäbe es Erkenntnisse.

Ca. 36.000 Migranten sind 2017 übers Mittelmeer gekommen, 44 Prozent mehr als 2016; mindestens 1.000 sind dabei ums Leben gekommen (the International Organization for Migration, IOM). Zuccaro sagt, dass bis zu 250.000 Migranten an Italiens Küsten ankommen könnten, wenn es in diesem Jahr so weitergeht. Die EU-Grenzagentur Frontex spricht von einem Taxi-Service von Schleppern und bestimmten NGOs. Die italienischen Tageszeitung La Stampa berichtet, es gebe „direkte Kontakte zwischen einigen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenhändlern in Libyen“. Italienische Oppositionspolitiker verlangen Auskunft über die Finanzquelle solcher NGOs. Italiens Premier Paolo Gentiloni lobte die Arbeit von NGOs, bekräftigte aber, dass die Behörden genau hinschauen müssten.

Zuccaro hat keine klassische Hilfsorganisationen im Auge wie „Ärzte ohne Grenzen“, sondern neue kleine und kleinste Gruppen. Der Oberste Ankläger in Catania geht Informationen nach, die von der Finanzierung dieser Gruppen durch Menschenschmuggler in Libyen wissen wollen. Wenigstens zehn NGOs sind in diesem Zusammenhang im Mittelmeer vor Libyen, „darunter Jugend Rettet, Sea Watch, Sea-Eye, LifeBoat, SOS Méditerranée und Mission Lifeline aus Deutschland.“

Zuccaro wirft bestimmten NGOs nicht zum ersten Mal gemeinsame Sache mit Schleppern vor. In einem Fernsehinterview hatte er in Zweifel gezogen, dass die Organisationen Schiffe und Ausstattung aus Spendenmitteln finanzieren könnten. In Italien muss spätestens bis Mai 2018 gewählt werden. Das Geschäft mit dem Menschenschmuggel im Mittelmeer ist jetzt schon Wahlkampfthema.

Der italienische Premierminister Paolo warnte davor, NGOs zu kriminalisieren und sprach davon, dass diese Leben retten und man ihnen danken sollte („save lives and should be thanked“). Die betreffenden NGOs reagieren teils mit Empörung auf die Anschuldigungen oder sehen sich zu Unrecht in der Kritik, ein Vertreter der spanischen NGO Proactiva Open Arms äußerte, dass die Vorwürfe lediglich dem Ziel dienen, die öffentliche Meinung negativ zu beeinflussen.

„Wir haben Beweise dafür, dass es direkte Kontakte zwischen einigen Nichtregierungsorganisationen und Schleppern in Libyen gibt“, sagte Carmelo Zuccaro La Stampa. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz wies darauf hin, dass es ihm genau darum bei einer Aussage ging, für die er kritisiert wude.

Dazu Sebastian Kurz auf Facebook:

„Vor einigen Wochen bin ich für meine Aussagen noch kritisiert worden, einige haben mich bewusst falsch verstanden. Darum ist es mir gegangen:“ Italiens Behörden: NGOs kooperieren mit Schleppern Ein italienischer Staatsanwalt hat mehreren Hilfsorganisationen eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleppern bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer vorgeworfen. „Wir haben Beweise dafür, dass es direkte Kontakte…

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Kommentare ( 57 )

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hasenfurz
6 Jahre her

„wenn der konkrete Verdacht der Begehung von bzw. Beteiligung an Straftaten besteht, muss ermittelt werden“

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6 Jahre her

Mit Söder als Kanzler und Kurz als Aussenminister….

Veronika Hack
6 Jahre her

2000€ abgelehnt in Hessen von einer Partei.

Veronika Hack
6 Jahre her

Habe ihnen einen Hinweis geschrieben der nicht durchging. Es ging um den WEI.Ri.

Poco100
6 Jahre her

Also das enttäuscht mich jetzt maßlo (nicht maaslos). Sie als Jurist…. Vermutlich streiten Sie ab, daß es in Deutschland überhaupt Mafia irgendeiner Art gibt… Man könnte 20 oder mehr Länder aufführen, als Adjektiv u. dann Mafia hinzufügen, alles in Deutschland..u. die gibt es schon teilweise sehr, sehr lange….. By the way, ich hatte früher auch mit dem ein oder anderen Kriminalbeamten aus größeren Dt. Städte (100.000 aufwärts) Kontakt, privater Natur…was ich damals schon so zu hören bekam, 90er Jahre oder vorher.,.. Und Mafiastrukturen in Dt. Behörden ? Müllfmafia ?Ärztemafia ? Und vermutlich überall im Sozialen Bereich, wo Knete zu generieren… Mehr

MarHel
6 Jahre her
Antworten an  Poco100

Nicht alles was Sie (oder irgendwelche Zeitungsschreiberlinge) als „Mafia“ bezeichnen, ist auch eine solche. Fragen Sie dazu mal die Süditaliener, wo die ganze Gesellschaft von diesem Griff der „Familie“ durchzogen ist…

Falk Kuebler
6 Jahre her

„Falls Sie nicht aus Bayern kommen:
Hier gilt ‚Refugees welcome‘, da eine Auslieferung an Merkel, Göring-Eckardt und Claudia Roth unmenschlich ist“

Danke. Als Rheinländer könnte ich darauf mal angewiesen sein… 😉

Falk Kuebler
6 Jahre her

Dass die FPÖ jemanden wie Kurz hochspült und ermutigt, das ist keine Frage. Insofern brauchen wir auf jeden Fall eine starke AfD (ceterum censeo: AfD esse eligendam) Aber Kurz ist unabhängig davon ein sehr respektabler Politiker, und auch um fähigen Menschen ausserhalb der AfD das Leben und Gedeihen leichter zu machen, brauchen wir eine starke AfD. Das hilft indirekt dann eben Leuten wie beispielsweise Kurz in Österreich oder Sarrazin in Deutschland. Mal etwas konzeptionell ausgedrückt: Die Wiedereinführung von Pluralismus, das könnte die Anwesenheit einer starken AfD indirekt erzwingen. Man sieht’s ganz praktisch nicht nur in Österreich, sondern auch in den… Mehr

Falk Kuebler
6 Jahre her

Doch, können Sie! Weil ich genauso empfinde!

Falk Kuebler
6 Jahre her

„Die gescheiterten Staaten des ehem. Norddeutschen Bundes bleiben bitte für sich!“

Sie haben Recht! Falls ich Einfluss darauf nehmen könnte, würde ich das so berücksichtigen 😉

Michel Rieke
6 Jahre her

Sollte es tatsächlich Verbindungen zwischen NGO und Schleppern geben, lassen diese sich extrem schwer nachweisen und noch schwerer wird es sein, daraus einen strafrechtlich relevanten Tatbestand herzuleiten. Die Retter agieren nach Presseberichten oft nahe der 12-Meilen-Zone vor der libyschen Küste. Ein etwas größerer Kutter ist von der Küste aus bei entsprechender Sichthöhe aus dieser Distanz durchaus erkennbar. Da kann sich sehr schnell eine stille Übereinkunft entwickeln. Ich denke aber eher, dass die Schlepper sich einfach darauf verlassen, dass ein großer Teil ihrer zahlenden Kunden gerettet werden. So oder so, es ist ein dreckiges Geschäft, bei dem man ganz schnell unverschuldet… Mehr

Poco100
6 Jahre her
Antworten an  Michel Rieke

Man will es politisch scheinbar auch nicht (nachweisen etc.), grotesk, es wird sich bitter rächen…

Michel Rieke
6 Jahre her
Antworten an  Poco100

Es bedarf doch überhaupt keiner direkten Zusammenarbeit, wenn man sich eindeutig genug verhält. Schauen Sie sich einmal die Bewegungen der Rettungsschiffe vor der libyschen Küste in den letzten drei Tagen an:

https://www.marinetraffic.com/

Besonders interessant ist der Bereich zwischen Zuwarah und Tripolis. Schiff anwählen und dann „Tracking“ klicken.