Bei Maischberger in Europa nichts Neues

Von den 74 Minuten Sendezeit (ARD-Angabe) gingen mehr als 60 drauf, um Urteile über Trump abzusondern und gegenseitige über die Anwesenden. Das ging nach dem berühmten Buchtitel aus: im Westen nichts Neues.

Screenshot: ARD/maischberger

Eine der gängigen Formeln, die alle verwenden, ohne je nachgedacht zu haben, lautet, es gibt keine falschen Fragen, nur falsche Antworten. Dem setze ich seit langem die Beobachtung entgegen, dass sehr viele falsche Antworten mit falschen Fragen begonnen haben.

Kommunikationsprofis unterscheiden zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Fragen. Die Frage der Sendung hätte als offene lauten können: Welche Wirkungen haben Trumps ersten 100 Tage auf die bevorstehenden Wahlen in Europa? „Sind die Nationalisten entzaubert?“, ist eine geschlossene Frage. Geschlossene Fragen sind Suggestivfragen, sie sollen die Antworten in die gewünschte Richtung drängen, jedenfalls aber Antworten in ungewünschte Richtungen (weitgehend) ausschließen. Umfrageergebnisse kann daher nur beurteilen, wer die exakten Fragen kennt.

Bei Maischberger spielte beides keine Rolle, weil sie die falsche und geschlossene, weil in eine bestimmte Richtung drängende Frage, ob „die Nationalisten entzaubert“ sind, ihren Gästen gar nicht stellte. Die Sendung begann um 22 Uhr 45, es war kurz vor Mitternacht, als Maischberger schnell noch hören wollte, ob Le Pen das Rennen machen kann.

Die Ausbeute des Sendungsabgesanges: ARD-Rentner Roth will sich das nicht vorstellen. Spiegel-Feldenkirchen hält es für möglich, ob sein Blatt dann Le Pen abbildet, die das französische Nationalsymbol Marianne unter der Guillotine enthauptet, verriet er uns nicht. Frau Kohl glaubt, dass Le Pen verliert, weil die Franzosen den Euro behalten wollen, gewinnt sie, käme es zur Kapitalflucht aus Frankreich. Gysi würde seinen Klassenfeind Macron wählen, um Le Pen zu verhindern. Köppel beobachtet die „Trumpisierung“ der EU-Politiker, die Populistin Merkel an der Spitze. Kornblum rechnet mit keinem Sieg Le Pens, sagt Macron voraus, dass er in Frankreich nichts ändern kann und attestiert der gesamten europäischen Politik, verstopft zu sein.

Von den 74 Minuten Sendezeit (ARD-Angabe) gingen mehr als 60 drauf, um Urteile über Trump abzusondern und gegenseitige über die Anwesenden. Das ging nach dem berühmten Buchtitel aus: im Westen nichts Neues.

Roth wiederholt alle negativen Klischees von Trump. Feldenkirchen rechtfertigt die abgründigen Spiegel-Cover und will in den USA eine demokratische Erneuerung gegen Trump erkennen. Köppel sagt, er sei nicht pro Trump, sondern anti anti-Trump. Ihn beeindrucke, dass Trump gegen die Machtmaschine, die geschlossen für Clinton arbeitete, gewinnen konnte. Er sieht in den USA, wo er gerade war, Optimismus in der Wirtschaft. Damit stößt er auf die Betonmauer aller anderen – Kornblum ausgenommen – , für die jeder, der nicht alles in und um Trump für falsch und böse erklärt, ein Trumpanhänger ist. Kornblum, kein Trump-Anhänger, beobachtet, wie die europäische Weltuntergangsstimmung Europa die wirklich wichtigen Dinge vergessen lässt. Börsen-Kohl erklärt, dass Trumps Steuerpläne bei Verwirklichung eine historische Reform wäre, die großen Steuer-Wettbewerbsdruck nach Europa brächte. Gysi will, dass Europa sich auf Putin zubewegt. Maischberger nennt die ersten 100 Tage ein Desaster.

Der Selbstgerechtigkeit der versammelten Trumpgegner saßen Köppel und Kornblum gegenüber, die über den Tellerrand des Trump-Bashings schauten, wohin ihnen aber die anderen nicht folgen wollten. Kohls Steuerausflug wollten die Antitrumper nicht hören und schoben ihn in die Ecke, würde nur den Reichen (Trump eingeschlossen) nützen.

Kornblum und Köppel gegen den Rest ist die Zusammenfassung des Abends. Beide sagten den anderen, ihr versteht Amerika nicht. Einfach und treffend charakterisierte  Kornblum die Runde und damit 90 Prozent der Medien: Typisch deutsche Reaktion, egal was wir Amerikaner tun, ist es immer falsch, weil wir nicht europäisch sind und denken. Europa fällt immer wieder in die negative Weltuntergangsstimmung, während Amerika zusammen mit anderen auf der Welt außerhalb Europas längst zu neuen Ufern unterwegs ist.

Wie gesagt: bei Maischberger nichts Neues.

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Kommentare ( 11 )

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Sepp Lienbacher
6 Jahre her

In Wahrheit ging es bei dieser Panik-Veranstaltung natürlich um die letzte Mobilmachung gegen Marine Le Pen. Trump ist momentan gar nicht so wichtig. Trotz 2 gegen 5 haben sich Kornblum und Köppel gut geschlagen. Jetzt noch etwas für Franzosen und Europäer: “ In jedem Fall wird eine Frau Frankreich regieren, entweder Marine Le Pen oder Angela von Münchhausen! “ Was nachher wirklich kommt, weiß niemand genau. Die Chance auf eine demokratische bürgernahe Politik ist bei Le Pen jedenfalls ungleich höher. Macron steht so klar für das Diktat von Banken und Konzernen – was auch Merkel unterstützt – das es eigentlich… Mehr

tc
6 Jahre her

Es wurde darüber diskutiert was der amerikanische Präsident Herr Trump, versprochen , gelogen und durchgesetzt hat. Die Anwesenden wussten darüber erstaunlich gut bescheid. Niemand hat sich darüber geäußert, wie lange man schon die Deutsch Deutsche Bevölkerung, belogen und betrogen hat. Wieviele Jahrzehnte hintergehen unsere Politiker das deutsche Volk? Wie lange schon war es egal, ob man sein Wahlkreuz hier oder da macht? Man musste sich zwangsläufig vorher überlegen, welche Partei das kleinere Übel ist, wer uns nicht ganz so über den Tisch zieht. Es gab leider keine Alternative! Die Wahlbeteiligungen sanken von Wahl zu Wahl. Die Parteien die trotz riesiger… Mehr

Wolf Köbele
6 Jahre her

Nein! Das Wahlrecht beschert ihnen, was immer sie wählen, die Groko. Wann wird das endlich begriffen? Ich muß mir immer wieder anhören: „Selber schuld! Warum wählst du die?“

Hergottnochmal – ich wähle die nicht, sie werden mir (und Millionen anderer) aufs Auge gedrückt. Begreift das endlich! Nichts wird sich ändern, wenn nicht begriffen wird, daß dasWahlrecht geändert gehört.

Michael Sander
6 Jahre her

Wieviele tatsächlich so denken, wissen wir nicht. Aber offenbar gibt es zu viele, die glauben, keine wählbare Alternative zu haben.

Peeter gramm
6 Jahre her

dieser Roth ist ein richtiger „dessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing-Journalist“. So etwas geht nur bei der zwangsfinanzierten ARD.

Tesla
6 Jahre her

4 Worte, die alles sagen: „Im Westen nichts neues.“

Rudolf Stein
6 Jahre her

Wahrscheinlich muss es sehr schlimm werden, sehr schlimm. Weitere 5 bis 10 Mio. „Flüchtlinge“, die dieser Staat nicht mehr verkraften könnte, wären „hilfreich“. Das müsste doch zu machen sein?

Randall Flagg
6 Jahre her

Ich habe es mir gestern angesehen und zwar wegen Herrn Köppel. Der ist immer gut und lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen aka den Mund verbieten. Es war deutlich zu sehen, dass Köppel und Kornblum die beiden Gäste waren, die aus wirklichen Demokratien kommen. Das versuchten sie, man muss schon sagen verzweifelt, den anderen zu erklären. Aber was dann auch zu sehen war: Verstockten Ideologen kannst Du nicht beikommen. Mit welcher Vehemenz sich der Rest wehrte, dass Gesagte zu verstehen und auf Augenhöhe zu diskutieren, dass war schon beachtlich. Herr Roth z.B. wollte Konrblum erzählen, was die Amerikaner… Mehr

MUKS
6 Jahre her

Ich sehe diese Polit SHOWS schon lange nicht. Sie sind nicht anders, als SHOWS! In dem Showgeschäft gelten andere Normen als in der Politik hätten gelten MÜSSEN! Shows dürfen nicht GEDANKEN abverlangen, Basieren auf dem AHA-Effekt. Wie in Zirkus. Die Rollen sind schon vorher verteilt, man kennt die Dialoge selbst aufwendig. ARMES DEUTSCHLAND!

kostanix
6 Jahre her

Habe mir gestern nur einen Teil davon antun können. Es war letztendlich nur eine Bestätigung dessen, was ich von solchen Formaten bereits weiß.
Aber allen gemeinsam, ist das die ModeratorenInnen sich gerne kompetent, weltmännisch (oder heißt es weltweibisch) geben wollen. Der Versuch der Moderatorinnen krampfhaft intelligenter als alle andere aussehen zu wollen ist nur peinlich.
Solche Sendungen sind Energieverschwendung pur. Statt Veggieday wäre ich für einen „Tag ohne Dummlall“.

autowelt
6 Jahre her
Antworten an  kostanix

Diese Maischberger-Sendung gestern war
wieder mal ein grandioses „highlight“ „fairer“ Debatte. Alle gegen
einen, das heißt eigentlich gegen ZWEI. Allerdings ließ man Mr. Kornblum
so gut wie nicht zu Wort kommen. Wobei, wie ich finde, ihm der Anfang,
der erste Beitrag zugestanden hätte als Amerikaner. Als Roger Köppel
sich erlaubte auf die einseitige Richtung der Diskussion hinzuweisen
wurde Maischberger schneidend scharf. Die vernünftigesten Beiträge
stammten von Köppel, dem sie unisono stets ins Wort fielen. Störte
allerdings Frau Maischberger nicht.