Alle Jahre wieder – die Ramadan-Beklatscher

Die Öffentlichkeit überschlägt sich geradezu in Enthusiasmus für die muslimische Fastenzeit: mit Straßenbeleuchtungen, Solidaritätsbekundungen und Glückwünschen – während die dieses Jahr etwa zeitgleich stattfindende christliche Fastenzeit keinerlei Interesse in Medien oder Politik hervorruft.

IMAGO / greatif
Alle Jahre wieder geistert der Ramadan durch eine deutsche Öffentlichkeit, die sich zunehmend geradezu darin überschlägt, ihren Enthusiasmus zu bekunden. Während die 2024 in etwa zeitgleich stattfindende christliche Fastenzeit keinerlei Interesse in Medien oder Politik hervorruft, und man vielmehr damit rechnen muss, die üblichen Diskussionen um so spannende Fragen ertragen zu müssen wie „Ist das Tanzverbot an Karfreitag in unserer säkularen Gesellschaft noch zeitgemäß?“, „Hat Jesus wirklich gelebt?“, „Ist der Osterhase heidnischen Ursprungs?“, „Darf man trotz Pädophilieskandal in die Kirche gehen?“, „Ist Ostern antisemitisch?“ oder „Dürfen AfD-Wähler überhaupt zur Kommunion zugelassen werden?“, findet ein wirklicher Wettbewerb statt, den Ramadan ganz toll zu finden. Eine kleine Auswahl gefällig?

Von der Außenministerin über Ricarda Lang bis zu Katrin Göring-Eckardt äußert sich jeder, der in der deutschen Politik Rang und Namen hat, in den unterwürfigsten Tönen zur muslimischen Fastenzeit. Hat man Ähnliches für die christliche Fastenzeit gesehen?

— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) March 10, 2024

Auf Tiktok zeigt die Seite „Deutsch verstehen“ (immerhin 290.000 Abos), wie eine ganze Schulklasse sich aus Solidarität dem Fasten einer muslimischen Mitschülerin anschließt. Haben ähnliche Solidaritätsbekundungen Aschermittwoch das Netz geflutet?

In Frankfurt, Köln und weiteren Städten werden sogar ganze Straßen mit Ramadan-Beleuchtungen ausgestattet (Zitat der Kölner Organisation „The Ramadan Project“ im typischen politkorrekten Neusprech: „Die spektakuläre Lichtinszenierung soll als Symbol der Vielfalt der Gesellschaft Bewusstsein und Teilhabe schaffen.“) – wo wird im öffentlichen Raum an den Kreuzweg, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi erinnert?

Auch die öffentlich-rechtlichen Medien dürfen nicht fehlen: Der WDR etwa wirft „den Deutschen“ (die es doch eigentlich gar nicht gibt?) vor, sie würden sich nicht genügend für den Ramadan interessieren, und fordert sie auf, ihn vielmehr „mitzugestalten“ – hat man ähnliche Aufrufe an muslimische Deutsche gesehen, die Vorbereitung auf die Karwoche und das Osterfest „mitzugestalten“ und ein „muslimisches Ostern“ zu prägen?

Und die Liste ließe sich seitenlang fortsetzen – auch zu den Reaktionen der Menschen, die immer weniger enthusiastisch ausfallen. Die Kölner Beleuchtung etwa hat im Netz so viele feindliche Reaktionen hervorgerufen, dass sich der „Focus“ über „Hass“ und „Hetze“ in der ansonsten doch so „toleranten“ Stadt echauffierte.

Auch die Abonnenten des Twitter-Accounts des Auswärtigen Amtes waren vom islamophilen Enthusiasmus der Außenministerin „not amused“, so dass der Betreiber kurzerhand die Kommentarfunktion aussetzte. Und als RTL.de eine Umfrage startete, um die Zuschauermeinung zur Ramadanbeleuchtung in deutschen Innenstädten einzuholen, waren die Journalisten ganz offensichtlich etwas pikiert darüber, dass 92 Prozent der Befragten sich gegen eine solche Illumination aussprachen und nur 6 Prozent dafür – ganz offensichtlich ist der durchschnittliche Deutsche noch nicht reif genug für die multikulturelle Gesellschaft der Zukunft und muss von seinen Politikern besser erzogen werden.

Was ist von dieser ganzen Sachlage nun zu halten? Oft sind Aussagen zu lesen wie: Staaten haben keine kulturelle Identität, sondern sind immer nur die Summe jener Menschen und Traditionen, die sich gerade zufälliger- (oder importierter-)weise auf ihrem Gebiet aufhalten; Politik hat lediglich die Funktion, neutral zwischen diesen verschiedenen Identitäten zu vermitteln und jegliche Form von Ausgrenzung zu verhindern, bis durch das lange „Miteinander“ irgendwann einmal eine Art „aufgeklärter“, suprakultureller und posthistorischer Menschentypus entsteht.

Aber genau dies scheint gegenwärtig gerade nicht der Fall zu sein: Unsere Eliten zeigen ja eben nicht jene unparteische Laizität, die sie von sich selbst beanspruchen, sondern offenbaren eine deutliche Schlagseite – und zwar weg von allem, das auch nur entfernt „einheimisch“ ist. Wieso? Darüber können wir nur spekulieren, und gerade zu Anfang wird der ehrliche Wunsch, durch Gastfreundschaft, Toleranz und Nächstenliebe die Lehren aus der eigenen Geschichte gezogen zu haben, sicherlich eine große Rolle gespielt haben. Aber heute, wo der Import von Menschen aus außereuropäischen Zivilisationen geradezu industrielle Maßstäbe angenommen hat, in vielen europäischen Städten bereits außereuropäische Bevölkerungsmehrheiten bestehen und das Überleben unserer gesamten Zivilisation auf dem Spiel zu stehen scheint, wird man wohl weniger altruistische Gründe in Erwägung ziehen dürfen.

So ist wohl deutlich, dass zum einen auch wahltaktische Überlegungen eine klare Rolle spielen, gehen die meisten Stimmen der Bevölkerung mit migrantischem Hintergrund doch aus Gründen der Sozialversprechungen klar nach linksgrün (während man im einheimischen Kontext natürlich ultrakonservativ für Politiker wie Erdoğan wählt, wie die Wahlstatistiken der Türken nicht nur in Deutschland deutlich belegen), während zum anderen schon seit der Antike bekannt ist, dass eine ethnisch, kulturell oder religiös durchmischte Bevölkerung leichter zu beherrschen ist als eine homogene: divide et impera.

Muss es also das Ziel all jener sein, denen ihre Freiheit und die Wertschätzung ihrer europäischen Zivilisation am Herzen liegt, wieder streng auf jene „Neutralität“ des Staates zu drängen und alle Ausdrücke partikularer Identitäten in die „Privatsphäre“ zu verbannen? Wer hier voreilig zustimmt, darf sich nicht beklagen, wenn dann wie in Frankreich die Krippen aus den Verwaltungen entfernt, die Kreuze von den Schulwänden abgehangen und die Weihnachtsferien in „Jahresendfeste“ umbenannt werden. Laizität mochte einen Sinn haben, als die gesamte europäische Bevölkerung zivilisatorisch relativ homogen war und es im Wesentlichen darum ging, zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen und den Konfessionslosen zu vermitteln; der willentliche Import des Islams aber hat die Sachlage völlig verändert.

Denn wer tatsächlich glaubt, eine solche Neutralität wäre im Sinne der bis zum Abwinken überstrapazierten Ringparabel aus „Nathan der Weise“ die einzige gerechte Lösung, hat offensichtlich nichts von Geschichte verstanden: Jener „Moment Null“, an dem die Bedingungen eines künftigen interreligiösen „Fair Play“ geschaffen werden, ist eine Illusion; schlimmer noch, eine richtiggehende Falle. Das Abendland ist seit nahezu 2000 Jahren grundsätzlich christlich geprägt, und zwar bis in seine spezifische Form des Atheismus hinein; diese Vergangenheit von heute auf morgen freiwillig beiseiteschieben zu wollen, um anderen, bislang weitgehend raumfremden Religionen künstlich dieselben Startmöglichkeiten zu verschaffen, ist in etwa ebenso „gerecht“, wie wenn man einer gesamten Bevölkerung ihr angestammtes Erbe konfiszieren würde, um einer Handvoll von Neuankömmlingen dieselben Startmöglichkeiten zu bieten. Das kann man zwar machen, „Gerechtigkeit“ sieht aber anders aus – sowohl den Lebenden wie den Toten gegenüber.

Denn wir dürfen nicht vergessen, dass keine Gesellschaft sich je selbst am Schopf aus dem Sumpf gezogen hätte: Nicht nur im Bösen, sondern eben auch (und zwar bei weitem überwiegend) im Guten bauen wir auf dem Erbe unserer Vorfahren auf, die individuell wie kollektiv seit Jahrhunderten jene Zivilisation errichtet haben, für die wir heute die Verantwortung tragen, und die wir möglichst unbeschädigt und am besten materiell wie spirituell bereichert und verschönert an unsere Kinder weitergeben sollten. Wer seine eigene Lebenszeit unter Missachtung des Auftrags der Vorfahren zur „Stunde Null“ stilisiert, zerstört damit nicht nur die Kontinuität mit der Vergangenheit, er negiert letztlich auch die gegenüber der Zukunft; und es ist in dieser Hinsicht wohl auch kein Zufall, wenn gerade jene Generation, die am stärksten für diesen Bruch verantwortlich ist, auch erheblich mit schuld ist an der dramatischen demographischen und spirituellen Misere unseres Kontinents.

Anzeige

Unterstützung
oder