Experten schlagen Alarm: Neues Klimaschutzgesetz im Eilverfahren verfassungswidrig?

In einem Brief an die Bundesregierung, der TE vorliegt, warnt das Institut für verfassungsgemäße Strompolitik: Ein unsauber durchgedrücktes Klimagesetz ohne gründlichen Gesetzgebungsprozess wäre verfassungsrechtlich hochproblematisch. Kritische Stimmen seien nicht gehört worden.

IMAGO / Political-Moments

Die Bundesregierung will das neue Klimaschutzgesetz im Eilverfahren durchpeitschen. Die „Chance“ nach dem fragwürdigen Verfassungsgerichtsurteil soll ergriffen werden – was die Union als klimapolitischen „Weckruf“ verkaufen möchte, ist in Wirklichkeit der Versuch zu gestalten, solange man noch kann. Deswegen soll es schnell gehen, sogar noch schneller als es das „Klimaurteil“ verlangt. Während Karlsruhe eine Frist zur Umsetzung bis Ende 2022 gesetzt hat, will das Kabinett quasi sofort alles auf den Kopf stellen. Es droht ein in aller Eile durchgedrücktes, unsauberes Gesetz: Darauf wollen auch die Verfasser eines Briefes aufmerksam machen, die sich unter anderem direkt an die Bundeskanzlerin gewandt haben.

Heft 05-2021
Tichys Einblick 05-2021: Voll vor die Wand
Das Institut für verfassungsgemäße Stromwirtschaft meldet in diesem Brief, der TE exklusiv vorliegt, substanzielle Bedenken an: „Es würden hier die Weichen gestellt für die unmittelbare Beeinflussung der Lebensumstände aller Bundesbürger auf Jahre hinaus, ohne dass das Gesetz mit der sonst üblichen und überaus nötigen Bürgerbeteiligung, und ohne die Anhörung von Gutachtern beschlossen würde“ schreiben der Verwaltungsrechtler Norbert Große Hündfeld und der Physiker und Energieexperte Dr. Björn Peters dort. Das geplante Blitzschnell-Gesetz ist für sie eine Untergrabung des normalen Gesetzgebungsprozesses.

Im Gespräch mit TE schildern die beiden, wie bereits das Verfassungsgericht bei seiner Urteilsfindung nicht die zu erwartenden Maßstäbe angelegt habe: Der Senat habe sich nur auf die Materialien der Klägerseite verlassen. Eine ernsthafte Anhörung sei bewusst vermieden und die Gegenseite nicht gehört worden. Selbst die Basis des ohnehin fraglichen Gerichtsurteils sei so also extrem dünn.

Ihr Brief, der neben Altmaier und Merkel auch diversen anderen Ministern, dem Bundestagspräsidenten und den Fraktionschefs im Bundestag zugestellt wird, soll deshalb umso mehr als Appell verstanden werden: Ein ähnlich unsauber durchgedrücktes Klimagesetz ohne gründlichen Gesetzgebungsprozess sei verfassungsrechtlich hochproblematisch.

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Im Brief heißt es: „Das Bundesverfassungsgericht lässt dem Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2022 Zeit, damit er ausreichend Zeit hat, die Beschlussgründe unter Berücksichtigung von Stimmen aus der Bevölkerung, Wissenschaft und Verfassungsrecht zu würdigen. (…) Wir ersuchen Sie daher, aus dem Gesetzgebungsverfahren den Zeitdruck zu nehmen und es in die zuständigen Ausschüsse zu überweisen (Wirtschaft, Umwelt, Agrar, Recht und Finanzen), um dort bei Expertenanhörungen über Wege nachzudenken, um die notwendigen CO2-Minderungsziele auch tatsächlich zu erreichen, und dafür zu sorgen, dass diese Wege mit den naturwissenschaftlichen, technischen, ökologischen, volkswirtschaftlichen und verfassungsmäßigen Zielen, Einschränkungen und Notwendigkeiten in Einklang stehen.“ Sie warnen: „Es wird auf das Gericht keinen guten Eindruck machen, wenn es sich demnächst mit dem befassen muss, was bei dem ‚Schnellschuss‘, wie er eilfertig in einem Überbietungswettbewerb gezimmert werden soll, herauskommen wird.“

Björn Peters resümiert: „Das Parlament sollte darauf achten, das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht durch Vorpreschen in einer so wichtigen Frage weiter zu unterminieren. Die weiteren Verfassungsklagen wären vorprogrammiert.“

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Kommentare ( 111 )

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Judith Panther
3 Jahre her

„… Es würden hier die Weichen gestellt für die unmittelbare Beeinflussung der Lebensumstände aller Bundesbürger auf Jahre hinaus, ohne daß das Gesetz mit der sonst üblichen und überaus nötigen Bürgerbeteiligung, und ohne die Anhörung von Gutachtern beschlossen würde … eine Untergrabung des normalen Gesetzgebungsprozesses. … Eine ernsthafte Anhörung sei bewußt vermieden und die Gegenseite nicht gehört worden. …“ Witzig: Ich dachte erst, es ginge im Artikel um das Infektionsschutzgesetz (also um die Infektion zu schützen) und um die Bundesnotbremse (also um die Fahrt gegen die Wand noch zu beschleunigen). Und dann dieser rührende Appell an die Verfassung und die Sorge… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Judith Panther
Johann Thiel
3 Jahre her

Das Verfassungsgericht hat sich längst selbst der Lächerlichkeit preisgegeben und ist nur noch ein alberner Erfüllungsgehilfe. Wer benötigt da noch sauber ausgearbeitete Gesetze. Die sollen durchwinken und die Klappe halten, dafür sind sie schließlich dort hingesetzt worden.

anita b.
3 Jahre her

Merkel weiss das alles doch selbst. Merkel ist keine grüne u d die will auch keinen Sozialismus. Warum sollte sie? Es scheint so , dass es ihr einziges Ziel ist, deutschland zu vernichten. Aber auch das macht sie nicht aus Überzeugung. Warum sie es tut, würde ich gerne wissen.

CIVIS
3 Jahre her

Neues Klimaschutzgesetz im Eilverfahren verfassungswidrig?

Und wer bitte sollte in Deutschland anno Merkel 16 die Verfassungswidrigkeit feststellen; …etwa dieses sogenannte „Bundesverfassungsgericht“ ?

Wer noch daran glaubt, der glaubt auch das Zitronenfalter Zitronen falten !

Endstadium0815
3 Jahre her

Das ist so, als würden sie der Mafia sagen, das was sie tun sei illegal.

Bahl Renate
3 Jahre her

Dennoch sehen das ganz Viele nicht so, ist doch alles zum Wohle des Volkes,
ähem, der Buerger. Am Begriff Volk stoeren sich ja die Grünen, das geht natürlich gar nicht, sorry for that.

Bahl Renate
3 Jahre her

Dieser Appell ist sicher richtig und die Argumente nachvollziehbar, selbst für mich Dummerchen. Allerdings wird das ein Sturm im Wasserglas bleiben, da Frau Merkel und ihre Marionetten das überhaupt nicht interessiert. Und mit Herrn Harbarth an der Spitze des BVG hat sie nichts zu befürchten. Und die Nachfolgeregierung wird es auch freuen. Das Einzige was helfen würde wäre die absolute Mehrheit für die AfD oder zumindest 30% in der Opposition, dann müssten die Karten neu gemischt werden. Ist Wunschdenken, ich weiss.

anita b.
3 Jahre her
Antworten an  Bahl Renate

Sehe ich ganz genauso. Einen anderen Weg gibt es nicht. Mit 30% wahlergebnis kann due afd nicht mehr verboten werden .

Old-Man
3 Jahre her

Es ist/wäre nicht das erste mal, das diese „Regierung“ etwas in die Welt entlässt, was sie wenig später wieder einkassieren muss, Stümper bleiben eben Stümper!!.
Das Bild, das diese Regierung in die Welt sendet erzeugt draußen Kopfschütteln und ungläubiges stauen, und das nicht erst jetzt!.
Wollen wir hoffen, das eventuell die Vernunft zurück kehrt, das die „Organe“, die für uns alle zur permanenten Geißel geworden sind zur Ordnung gerufen werden, und dann schnellstmöglich auf den Müllhaufen der Geschichte entsorgt werden.

luther
3 Jahre her

ein Gesetz/Verordnung wird „durchgepeitscht“ drastischer kann man seine Verachtung für die Systemparteien des ehemaligen Bundestages, für Land und Volk nicht formulieren.

Memphrite
3 Jahre her

Wer wirklich glaubt das menschliche Gesetzt irgendeinen langfristzigen Wert haben, sollte sich mal die Geschichtsbücher genau durchlesen.
Die einzigen Gesetze die unumstößlich sind, sind die Naturgesetze.
Das Recht, die Verfassung etc. sind nur auf Papier geschriebene „Gesetzt“ einer entsprechenden Generation/ eines Zeitgeistes etc.
Wenn der Zeitgeist sich ändert, dann werden diese „Gesetzte“ entsprechend anders ausgelegt oder angepasst.
Die Würde des Menschen ist unantastbar? Schön, sehr schön.
Dann werden alle Klimaleugner, Nicht-Geimpfte halt zu „Untermenschen“ erklärt, für die dann eben andere Gesetzt gelten u.a. die erzwungene Einstellung ihrer CO2 Produktion in entsprechenden „Einschläferungs-Einrichtungen“.
Problem gelöst und entspricht dem Zeitgeist.

Last edited 3 Jahre her by Memphrite