41 Milliarden Euro will der Bund für Regionen wie die Lausitz, das Ruhrgebiet oder das Saarland – als Entschädigung für den vorgezogenen Ausstieg aus der Kohlekraft. Dazu gibt es jetzt einen Bericht: Ein Dokument der Planwirtschaft.
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Nichts sehnt sich Friedrich Merz (CDU) derzeit so herbei wie gute Nachrichten. Sie sollen dem Kanzler den Aufschwung bringen – in der Stimmung, in den Umfragen, im Wirtschaftswachstum. Das Staatsfernsehen veranstaltet für ihn sogar Themenabende zu guten Nachrichten – mit Jubelpersern in und außerhalb von Zottelkostümen. Das Statistische Bundesamt liefert Merz sogar etwas, das sich als so heiß ersehnte Aufschwungmeldung lesen lässt:
Die Zahl der Exporte ist demnach zwischen Oktober 2024 und Oktober 2025 um 4,2 Prozent gestiegen, auf nun 131,3 Milliarden Euro. Die Außenhandelsbilanz ist mit 16,9 Milliarden Euro im Plus. Also alles gut? Dürfen Schlandi und Anna Planken wieder feiern? Davor warnt die Deutsche Industrie- und Handelskammer: „Das äußerst schwache Exportjahr 2025 macht auch ein Miniwachstum im Oktober nicht besser“, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Kammer.
Treier verweist auf die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft: die hohen Steuern, Arbeitskosten, bürokratischen Hürden. Das führe dazu, dass sich das Land an schlechte Zahlen in der Wirtschaft als „new normal“ gewöhne. Zumal der Export in die USA und nach China rückläufig bleibe. Das ist wiederum die Folge von strukturellen Fehlentscheidungen: die viel leistungsstärkeren Werkbänke in China sowie die Abhängigkeit von Rohstoffen zur Energieerzeugung, in die sich Deutschland gegenüber den USA begeben hat.
Die „Klimaneutralität“, die grüne Kanzler wie Angela Merkel (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Merz angestrebt haben und anstreben, ist der Punkt, auf den jeder immer wieder kommt, der die von der Handelskammer beschriebenen Strukturprobleme analysiert: Die Kosten und Folgen der „Klimaneutralität“ führen zu Kosten, die der Staat aufbringen muss. Wofür die Politik den Staat ausbauen muss, was wiederum zu höheren Kosten führt – ein Teufelskreis.
Wie dieser Teufelskreis funktioniert, zeigt der „Bericht der Bundesregierung zum Umsetzungsstand des Investitionsgesetzes Kohleregionen 2025“. Dieses Gesetz hat der Bund im Jahr 2020 unter Angela Merkel beschlossen, um Regionen wie die Lausitz, das Ruhrgebiet oder das Saarland für den vorgezogenen Ausstieg aus der Kohleförderung zu entschädigen. Immerhin 41 Milliarden Euro hat der Bund bereitgestellt für Projekte, die eine Ersatzwirtschaft für die freiwillig aufgegebene, funktionierende Wirtschaft hervorbringen sollten. 15 Milliarden Euro gibt der Bund in die Hände der entsprechenden Länder, 26 Milliarden Euro verwaltet er in zentral geplanten Projekten selbst.
Der Bericht zeigt nun, wie sich diese Idee zum Stand vom 30. Juni 2024 entwickelt hat. Dass der Bericht anderthalb Jahre hinter der Entwicklung der real existierenden Wirtschaft hinterherhinkt, beweist, wie pomadig eine staatliche Planwirtschaft funktioniert, die versucht, eine freiwillig beerdigte Marktwirtschaft zu ersetzen. Doch nicht nur das Tempo des Berichts führt das vor: 41 Milliarden Euro enthält der Topf. Davon waren bis zum Sommer 2024 Projekte mit Gesamtkosten von 2,6 Milliarden Euro begonnen worden. Nach vier Jahren gerade mal 6,3 Prozent der Arbeit angefangen – angefangen, wohlgemerkt. Nicht beendet. Beendet wurden Projekte mit Kosten in Höhe von 18,5 Millionen Euro. 0,06 Prozent nach vier Jahren.
Sozialdemokraten und Christdemokraten setzen ohnehin nicht mehr auf die Marktwirtschaft. Auch das zeigt der Bericht zur Förderung der ehemaligen Kohlereviere. Die neuen Stellen sollen durch „zusätzliche Arbeitsplätze in Behörden und sonstigen Einrichtungen des Bundes“ geschaffen werden. Knapp 5000 Arbeitsplätze will der Bund so in den Revieren ansiedeln. Etwa durch die Gründung eines „Zentrums für Künstliche Intelligenz in der Public Health-Forschung“ am Robert Koch-Institut. Die USA haben das Silicon Valley mit den Pionieren der digitalen Welt – Deutschland hat staatliche Planstellen in Wildau bei Königs Wusterhausen.
Ein großer Posten der 41 Milliarden Euro sind 7,2 Milliarden Euro für Verkehrsprojekte. Nun verbessern Straßen und Schienen mitunter tatsächlich eine wirtschaftliche Infrastruktur. Nur führen diese Straßen und Schienen halt oft von entsiegelten Wohngebieten in Gewerbegebiete mit leerstehenden Fabriken. Wobei genau die für den Bund das Problem lösen sollen.
Ebenfalls ein Teil ist die Förderung des Tourismus. Der Bund möchte die leerstehenden Fabriken zu Industriedenkmälern veredeln, um Touristen ins Land zu holen. Die Kohle hat für bezahlbare Energie in Deutschland gesorgt. Von ihrer Förderung und Verarbeitung konnten tausende Familien leben. Diesen Wohlstand wollen Christ- und Sozialdemokraten im Bund durch Japaner ersetzen, Italiener und Amerikaner, die ins Saarland oder in die Lausitz fliegen, um leerstehende Fabriken zu fotografieren. Das wird bestimmt klappen – glauben zumindest überzeugte Planwirtschaftler.


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