Berlin: Sinnlose Millionen für Diesel-Nachrüstung

Der Bundesverkehrsminister wirft 333 Millionen für Diesel-Nachrüstung von Lieferautos raus. Die ist nach dem jüngsten Skandal-Urteil des EuGH sinnlos. Auch nachgerüstete Diesel können nach diesem EuGH-Urteil aus den Städten gesperrt werden. Die Millionen für die Nachrüstung - rausgeworfenes Geld.

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Ab dem 1. Januar des kommenden Jahres gibt es 333 Millionen Euro für Hardware-Nachrüstungen bei Diesel-Fahrzeugen von Handwerkern und Lieferanten. Diese Summe hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zur Verfügung gestellt: »Es muss auch das Jahr der Vertrauensnachrüstung für die deutschen Hersteller sein.«

Scheuer sagte, Handwerker- und Lieferfahrzeuge seien tagtäglich in den Innenstädten unterwegs. »Hier können wir mit einer Hardware-Nachrüstung viel für die Luftqualität erreichen.« Mit diesen Millionen-Steuergeldern soll angeblich der Schadstoff-Ausstoß in den Städten gesenkt werden. Die Luft in den Städten ist jedoch sauber geworden, Überschreitungen gibt es nur noch selten. Das zeigt ein Blick in Daten des Umweltbundesamtes. Die Probleme lösen sich mit dem normalen Verschwinden älterer Dieselfahrzeuge von selbst.

Bei leichten Handwerkerfahrzeugen kosten Nachrüstungen 4000 bis zu 8000 Euro pro Wagen. Bis Ende des Jahres 2020 sollen die Zuschüsse bezahlt werden. Auf dem Hamburger Parteitag hatte sich die CDU für Nachrüstungen ausgesprochen, »soweit dies technisch realisierbar« sei. Jedes neu in ein Auto eingebaute Teil muß aufwendig geprüft und zugelassen werden – bis hin zu Crash-Tests. Denn man will wissen, wie sich die schweren Teile im Auspuffstrang bei einem Crash verhalten, ob sie möglicherweise eine Gefahr für die Insassen darstellen.

Die Frage ist, wer die Garantieleistung für die Nachrüstung übernimmt. Die Autohersteller lehnen ab. Verständlicherweise, sie können nicht wissen, was eingebaut wird und wie sich die neuen Teile auf das Verhalten des Motors auswirken.
Eine Nachrüstung ist nicht so unproblematisch, wie das immer beschrieben wird. Die Nachrüst-Katalysatoren müssen in die Motorsteuerung eingreifen und selbst wiederum Daten für die Steuerung der AdBlue Einspritzung erhalten. Die AdBlue Flüssigkeit wird in der Hitze der Abgase in Ammoniak zerlegt, das wiederum die Stickoxide im SCR-Katalysator unschädlich macht. Doch diese Reaktion beginnt erst bei Temperaturen ab 220 Grad. Zu kalt darf es dem Kat nicht sein. Der muß – vereinfacht gesagt – durch eine veränderte Verbrennung beziehungsweise mit »Heizdecken« auf Temperaturen gebracht werden.

Es darf auf keinen Fall zu viel Harnstoff eingespritzt werden. Sonst könnte giftiges Ammoniak aus dem Auspuff kommen.

Ein komplizierter Prozeß, der auch aufwendig getestet werden muß, ob er in allen Betriebszuständen des Motors und zu allen Jahreszeiten einwandfrei funktioniert. Ebenso muß dabei geprüft werden, wie sich das zusätzliche Hindernis im Abgasstrang auf den Motor auswirkt. Denn damit wird gleichzeitig ein Gegendruck zum Abgasstrom aufgebaut, der wiederum das Motorverhalten beeinflußt.

Zudem friert AdBlue bei tiefen Temperaturen ein, eine Pumpe muß beim Ausschalten die AdBlue Flüssigkeit wieder zurück in den Tank pumpen, damit die Flüssigkeit in den Leitungen nicht einfriert. Der Tank wiederum muß beheizt werden. Es ist also nicht damit getan, ein weiteres Rohr in den Auspuffstrang zu schrauben, sondern es muß eine aufwendige Technik nachträglich eingebaut und dazu auch der Unterboden mit seinem Rostschutz durchbohrt werden.

Die Kosten sind hoch, der Nutzen ist mehr als fraglich.

Noch heftiger: Trotz der teuren Nachrüstung dürfen die nachgerüsteten Diesel dennoch nicht in die Innenstädte fahren. Denn ab 2020 dürfen nach dem jüngsten Skandalurteil des EuGH keine Dieselfahrzeuge mehr in die Innenstädte fahren, die mehr als 80 mg/km NOx ausstoßen. Das betrifft sogar Fahrzeuge nach der neuen Euro-6d-temp-Norm, also auch die nachträglich mit SCR-Kats ausgerüsteten Diesel. Die erreichen trotz Nachrüstung nicht die 6d-temp Werte.

Im Klartext: Die Nachrüstung ist sinnlos. Auch nachgerüstete Diesel können nach diesem EuGH-Urteil aus den Städten gesperrt werden. Sie halten die Normen nicht ein. Die Millionen für die Nachrüstung – rausgeworfenes Geld.

Sie wissen wirklich nicht mehr, was sie tun.

Nur die Hersteller von Nachrüstbausätzen können sich, so scheint es, freuen. Ihnen winken fette Aufträge. Es scheint, als hätten sich ihre früheren Spenden an den umstrittenen Abmahnverein »Deutschen Umwelthilfe e.V.« doch gelohnt.


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Kommentare ( 46 )

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46 Comments
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Wolfgang M
5 Jahre her

Manche BMWs können mit Original BMW-Ersatzteilen nachgerüstet werden, weil sie in den USA mit SRC-Kat ausgeliefert wurden, in Deutschland aber ohne. Die Ersatzteile sind vorhanden, der Bauraum ist vorhanden, die SW ist vorhanden. BMW will sie nicht einbauen, weil das Verkehrsministerium angeblich keine Genehmigung erteilt hat. Es ist schon interessant, wie hier der schwarze Peter hin und her geschoben wird.
https://www.autoservicepraxis.de/mit-originalteilen-moeglich-2243704.html

Imre
5 Jahre her

Sorry, Hr. Douglas, ohne mich akribisch in Ihre Argumente und Vorschläge eingearbeitet und soweit möglich geprüft zu haben, werde ich den Eindruck nicht loss, dass Sie hier der Autoindustrie das Wort reden. Nachdem die sogenannte Softwarelösung mit pushen durch die Industrie die versprochene Besserung nicht annähernd bringen konnte, soll nun nach Ihren Ansichten die Hardwarelösung auch versagen. Sollte dem tatsächlich so sein, dann bleiben immer noch gangbare und gerechte (Verursacherbestrafung!) Verfahrensweisen übrig. Eine wäre der Rückkauf aller Diesel zum Zeitwert plus einer Wiedergutmachungsprämie, der erzielte Erlös kann auch bei konkurrietrenden Herstellern- ohne Lügenhistorie – in neue PKW investiert werden! Flankierend… Mehr

Wolfgang M
5 Jahre her

Werter Hr. Douglas, leider muss ich feststellen, dass Sie weiterhin die abwehrenden Autobosse zitieren und immer noch nicht die Zulieferer besucht haben, um sich dort zu informieren. Ihr Ausführungen zu Nachrüstkatalysatoren enthalten sachliche Fehler, die Sie seit Monaten wiederholen. Wahrscheinlich stehen sie auch in Ihrem Buch. Die Autoindustrie hat uns 10 Jahre lang belogen und betrogen. Sie glauben denen immer noch? Wäre nicht mal eine vertiefte Recherche angemessen? „Tichys Einblick“ ist eine Wohltat unter den Medien. In der Zeitung steht nicht das, was man sonst hört und liest. Das würde ich mir auch bei Ihnen wünschen. Hr. Diess erzählt viel… Mehr

Britsch
5 Jahre her

Theorie ist meistens simpel wenn man die Tatsachen nicht richtig beachtet. Wann wird der Strom so billig ins Ausland verscherbelt? Wenn zuviel im Netz ist, weil gerade viel Wind und Sonne ist. Deswegen sollen ja auch Elektroautos her, weil simple Theoretiker errechnet haben wie viel Strom man in den Batterien der Autos speichern könnte, und auch wiederr entnehmen und so den „Flatterstrom“ zu einem großen Teil ausgleichen. Nur ist es eben so, daß jedes mit seinem Auto, auch Elektroauto fahren will, wenner es braucht möchte und nicht nur wenn gerade Überstrom Seine Batrteri geladen hat und danach keine Flaute kam… Mehr

Lizzard04
5 Jahre her

Diese Verbrecher von der DUH stehen sicher schon parat, um auch hier Klage zu führen. Meine einzige Hoffnung besteht also darin, dass dem Resch und seinen Konsorten vorher der Geldhahn abgedreht wird und auf diesem Wege der Sinnlosigkeit des persönlichen Feldzuges einiger Weniger gegen den Verbrennungsmotor endlich Einhalt geboten wird!

jansobieski
5 Jahre her
Antworten an  Lizzard04

Die „Verbrecher“ sitzen in der EU Kommission. In Berlin und bei der DUH sitzen nur Vasallen. Es besteht fortgesetzte Politik gegen die Mehrheit durch Umdeutung, Verkehrung der Tatsachen und fortgesetztes Belügen, unterstützt durch willfährigie Medien. Die Annahme, dass ein Zerstörungsprogramm gegen den Verbrennungsmotor im Allgemeinen und die deutsche Industrie im Besonderen, läuft ist durchaus belegbar und keine Verschwörungstheorie.

Britsch
5 Jahre her
Antworten an  jansobieski

Zur Verschwörungstheorie wird etwas von Denen erklärt, Denen es nicht in den eigenen Kram / Theorie paßt und eventuell auch noch „Hand und Fuß“ hat.
Die DUH wurde Jahrelang mit Geld unterstütz und nun kommt durch deren Tun bezüglich Durchsetzung vorgegebener Gesetze, heraus wie „realistich“ die Vorgaben der Politiker tatsächlich sind.

Franzl
5 Jahre her

Die Partei des Herrn Verkehrsminister Scheuer hat die Gesetze mitzuverantworten, deren Folgen Herr Scheuer nun mit Steuergeldern zu kompensieren versucht. Das ist Schildbürgertum in höchster Vollendung oder einfach nur mit Idiotie zu bezeichnen.
Diese Partei bekommt von mir keine Stimme bei Wahlen mehr. Schluss, aus, fertig.

Chris01277
5 Jahre her

Ich fahre seit 1984 aus Überzeugung Diesel (wegen des höheren thermischen Wirkungsgrades) und werde es auch weiter tun. Mein vier Jahre alten Turbo Diesel war zum Zeitpunkt des Kaufes gesetzeskonform und muss es auch innerhalb des normativen Nutzungszeitraums bleiben. Alles andere ist kalte Enteignung gegen die ich – hoffentlich mit anderen – vehement vorgehen werde.

Alf
5 Jahre her

Wer einen kranken Wald mit der Nagelschere pflegt, der rüstet auch Diesel nach.

In Österreich regiert noch der gesunde Menschenverstand
„Das Niveau der Stickoxid-Belastung ist bei uns deutlich geringer. Selbst direkt an österreichischen Stationen, die derzeit zu hohe Belastungen messen, ist absehbar, dass die Grenzwerte in naher Zukunft durch den natürlichen Austausch des Kfz-Bestandes eingehalten werden“.
https://extrajournal.net/2018/09/27/diesel-umruestung-kostet-deutsche-67-mrd-euro-oeamtc-beruhigt/

In Deutschland die DUH und vergleichbare Expertise.

Aber was will man in unserem Land noch erwarten.

Chris01277
5 Jahre her

Nein, man muß halt Vulkanausbruch verbieten…

Peter G.
5 Jahre her

Ich frage mich vielmehr, warum nicht gegen den wahrlich ausgeuferten Flugverkehr, und hier insbesondere den Frachtverkehr von Verbrauchsgütern mit Flugzeugen, vorgegangen wird. Die hohen Schadstoffemissionen der Fracht- und Kreuzschiffahrt sind ebenfalls bekannt. Ebenso muss dem Staat, aber auch den Ländern vorgeworfen werden, dass sie sehenden Auges die Entwicklungen des Verkehrs ignoriert haben. Anders die Schweiz, die nach finanzplan- und termingerechter Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels sich bereits dem nächsten Großprojekt mit dem sprechenden Namen „Cargo Sous Terrain“ (Name der Aktiengesellschaft) zugewendet hat.

Lothar Finger
5 Jahre her
Antworten an  Peter G.

…genau – warum haben wir noch kein Flugverbot über unseren Städten?

Man sollte den Grünen einen Tip geben: Alle Grenzwerte auf Null!

Und zwar von allen Apparaten!
Wer kann dagegen wohl etwas sagen?