Hedgefondsmanager haben es derzeit nicht leicht

Von Euphorie ist an der Deutschen Börse nichts zu spüren. Damit wird die Stimmung in der Industrie sehr gut reflektiert. Der Auftragseingang sank im Dezember überraschend um über zwei Prozent zum Vormonat.

Spencer Platt/Getty Images

Der Druck der Investoren, Geld anzulegen und Rendite zu erzielen, ist enorm. Viele Anleger nutzten deshalb in der vergangenen Woche die kurzfristige Schwäche, welche die Corona-Epidemie an den Märkten ausgelöst hatte, zum Neuengagement in Aktien. Vor allem an der Wall Street ist die Stimmung blendend: Die Nasdaq und der breite US-Index S & P 500 markierten neue Allzeithochs. Vor dem Wochenende nahmen manche Investoren dann allerdings Kursgewinne mit, so dass der Dow Jones Industrial, der am Vortag noch auf ein historisches Hoch gestiegen war, am Freitag 0,9 Prozent auf 29.103 Punkte verlor. Für die Börsenwoche steht dennoch ein Zugewinn von rund drei Prozent zu Buche. „Technologie war in dieser Woche der stärkste Sektor“, sagte Analyst Chris Hussey von Goldman Sachs. Allein die Microsoft-Aktie sei in dieser Woche um rund acht Prozent gestiegen. Starke Quartalszahlen hätten den „Tech-Titanen“ – und damit auch den Börsen – zuletzt Auftrieb verliehen. Am Freitag zählte der IT-Sektor jedoch zu den schwächeren Sektoren. Im Dow büßten Apple und IBM überdurchschnittlich ein. Der marktbreite S&P 500 gab um 0,5 Prozent auf 3.328 Zähler nach. Für den technologielastigen NASDAQ 100 ging es ebenfalls um 0,5 Prozent auf 9.401 Punkte nach unten. Zwischenzeitlich hatte der Index noch ein Rekordhoch erklommen, fiel anschließend aber wieder zurück.

Von Euphorie ist an der Deutschen Börse dagegen noch nichts zu spüren. Damit wird die Stimmung in der Industrie sehr gut reflektiert. Der Auftragseingang sank im Dezember überraschend um über zwei Prozent zum Vormonat. Das deckt sich mit dem Einbruch, den Siemens am Donnerstag für die Automatisierungssparte meldete. Der Lichtblick: Eine der Ursachen hierfür, der Zollkonflikt zwischen den USA und China, wurde entschärft. „Inzwischen wurde ja die erste Phase eines Handelsabkommens geschlossen. Wenn die Erholung kommt, dann wohl genauso schnell wie die Schwäche“, sagte Siemens-Finanzchef Ralf Thomas am Rand der Hauptversammlung zu €uro am Sonntag. Noch aber ist der Ausblick auch hier verhalten. Und globale Investoren, die wegen der Nullzinsen Milliarden unterbringen müssen, greifen offenbar auch wegen des Zolldeals lieber zu US-Werten als zu DAX-Titeln. Die Anziehungskraft der Wall Street nimmt zu. ​

Im Dax, der am Freitag mit einem Minus von 0,5 Prozent bei 13.514 Punkten aus dem Markt ging, setzte sich deshalb nur die jüngste Rally bei der Deutsche Bank fort. Der Aktienkurs eroberte nach mäßigem Start mit einem Anstieg um 2,1 Prozent erneut die Indexspitze. Am Vortag war er schon um fast 13 Prozent nach oben geschnellt, als in einem ohnehin schon starken Sektorumfeld der Einstieg eines Großaktionärs für zusätzlich gute Laune sorgte. Erstmals seit Oktober 2018 wurden die Papiere nun wieder zu mehr als 9,50 Euro gehandelt.

Sonst gehörten noch einige Aktien mit defensivem Charakter wie Vonovia, RWE oder die Deutsche Telekom zu den Gewinnern. Die Papiere der Autohersteller sowie jene der Lufthansa waren dagegen mit Abgaben von bis zu 2,7 Prozent unter den Schlusslichtern zu finden. Im MDax wurde eine Abstufung durch die britische Barclays-Bank für Nemetschek SE mit minus fünfeinhalb Prozent zur größeren Belastung. Analyst Sven Merkt gab nach gutem Lauf und wegen vorerst vermisster Kurstreiber seine bisher optimistische Einschätzung für die Papiere des Bausoftware-Herstellers auf.

Auch rund einen Monat nach Ausbruch der Coronavirus- Epidemie lassen sich die wirtschaftlichen Folgen nicht abschätzen. Denn unklar ist weiterhin, wie stark sich das Virus letztlich ausbreitet und welche Kosten dies verursacht, etwa indem Lieferketten unterbrochen werden. Klar ist aber, dass die materiellen Folgen erheblich sein werden. So ging beim SARS-Virus 2003 das Wachstum des chinesischen Bruttoinlandsprodukts um einen Prozentpunkt zurück. Als Gegenmaßnahme hat die chinesische Zentralbank daher vergangene Woche umgerechnet 156 Milliarden Euro für die heimische Wirtschaft bereitgestellt, um das Bankensystem mit ausreichend Geld zu versorgen. Aber auch hierzulande dürften die Folgen zu spüren sein. Im Fokus steht dabei die Autoindustrie. Bei einer Verschärfung der Krise könnten Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe drohen, rechnete der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer vor. Demnach müssten deutsche Hersteller und Zulieferer pro Tag Stillstand statt 60 Millionen Euro Gewinn Verluste in Höhe von 72 Millionen Euro hinnehmen. Sollte über ein Fünftel der Fläche Chinas eine einmonatige Quarantäne verhängt werden, kämen auf die deutsche Autoindustrie ein Umsatzminus von 2,5 Milliarden Euro und Verluste von über 300 Millionen Euro zu, so der Leiter des CAR Center Automotive Research.

Deutschland ist wieder Weltmeister, zumindest was den Überschuss in der Leistungsbilanz betrifft. Dieser ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen und bleibt global die Nummer 1. Das Ifo-Institut rechnet mit 293 Milliarden Dollar, was 7,6 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung entspricht. 2018 waren es 7,3 Prozent. Zum Feiern ist jedoch nicht allen zumute. „Nicht nur Donald Trump kritisiert Deutschland für die hohen Überschüsse, auch der Internationale Währungsfonds und die EU-Kommission machen ihren Unmut über diese Zahlen klar,“ erklärt Achim Stranz, Chefanlagestratege bei AXA Investment Managers. Wichtigster Kritikpunkt: Deutschland baue durch den Überschuss mehr finanzielle Forderungen gegenüber dem Ausland auf als das Ausland gegenüber Deutschland. Unterm Strich stiegen damit die Schulden der anderen Länder. Die USA dürften mit etwa 490 Milliarden US-Dollar wieder das weltweit größte Leistungsbilanz-defizit verzeichnen, was 2,3 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung des Landes entspricht.

Hedgefondsmanager haben es derzeit nicht leicht. Lange Jahre thronten sie dank hervorragender Ergebnisse über Otto Normalanleger. Doch zuletzt ist nicht mehr viel vom Ruhm geblieben, da die Branche im Durchschnitt regelmäßig schlechter abschneidet als der breite Aktienmarkt. Ein weiterer Imageverlust kommt nun mit den verlorenen Short-Wetten auf Tesla hinzu. Besonders hart erwischt hat es Crispin Odey: Der Brite hatte sich mit seinem Hedgefonds stark gegen den E-Auto-Pionier positioniert und musste sich deshalb zuletzt teuer mit Tesla-Aktien eindecken. Ergebnis: elf Prozent Verlust im Januar. Aber auch David Einhorns Greenlight Capital musste wegen seiner Anti-Tesla-Wette mit acht Prozent Minus im Januar viele Federn lassen. Das ist der Fluch der Termingeschäfte: Auch wenn man langfristig mit seiner Einschätzung richtig liegt, kann man viel Geld verlieren, wenn der breite Markt nicht rechtzeitig vor Ablauf des (meist kurzfristigen) Termingeschäfts von der Richtigkeit der eigenen Bewertung überzeugt werden kann.


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Kommentare ( 2 )

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Claudia Meier
4 Jahre her

Was soll am Abgang der deutschen Industrie „überraschend“ sein ? Die GroKo-Politik der Merkelschen Desindustriealisierung Dt.s trägt nun ihre Früchte! Den Rest entsorgt dann die unsägliche EU-Bürokratie, siehe z.B. MDR ab Mai 2020 !!
Das wird eine sich stetig beschleunigende Abwärtsspirale, oder logarithmisch verlaufende Kurve…
Doch selbstverständlich werden wieder andere dafür zum Schuldigen abgestempelt werden. Die üblichen Verdächtigen halt: Trump, China, und, nun neu Corona. Vielleicht wird auch noch Sabine für das Versagen der Merkelaner herhalten dürfen.

Oneiroi
4 Jahre her

Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Wer etwas kann, kann auch am Seitwärtsmarkt oder am absteigenden Markt seine 20% Performance erreichen. Ich bin aus den deutschen Anlagen leider mit überschaubaren Verlusten (Daimler Katastrophe, Übernahme China anstehend) rausund werde auf absehbare Zeit von der Seitenlinie mit pessimistischen Ausblick beobachten. Gewisse Branchen (energie-hysterie) haben allerding eine belndende Zukunft. Da laufen die Optionen heiß. und bescheren ein gutes passiveinkommen.
Trump läuft auch (noch) gut und beschert kräfitg Gewinne.
Langsame Umkapitalisierung auf China ist allerdings angebracht.