Börsen weiter auf Rekordkurs, Highflyer Intel und Tesla überraschen mit schlechten Nachrichten

An den US-Börsen gingen die Anleger am Freitag letztlich auf Nummer Sicher. Nach erneuten Rekorden und vor dem kommende Woche anstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank Fed erlahmte die Kaufbereitschaft, die sich angesichts enttäuschender Intel-Nachrichten ohnehin in Grenzen hielt.

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Vordergründig klang das alles gut, was Teslas CEO Elon Musk den Investoren am Mittwoch präsentierte. Der Gewinn des US-Elektroautobauers verdoppelte sich im letzten Quartal 2023 im Vorjahresvergleich auf 7,9 Milliarden Dollar. Doch das lag nicht explodierenden Verkaufszahlen, sondern an einem Buchhaltungseffekt. Im vierten Quartal hatte Tesla eine einmalige Steuergutschrift verbucht. Tatsächlich sind Teslas Nachrichten für Investoren derzeit eher zwiespältig: Die Gewinne schmelzen, und selbst der stets optimistische Musk warnte für 2024 vor einem „spürbar langsameren Wachstum“.

Auch die Qualität der Zahlen verschlechtert sich. Lag die Gewinnmarge vor einem Jahr noch bei 16 Prozent – die höchste der Branche –, ist sie nunnur noch rund halb so hoch. Angesichts des steigenden Wettbewerbsdrucks musste Tesla die Verkaufspreise Neufahrzeuge in den USA, China und Europa massiv senken. Vor allem die Chinesen sitzen Tesla im Nacken. Der chinesische Konkurrent BYD hat zum Beispiel gerade die Position als weltgrösster Elektroautohersteller von Tesla erobert. Im vierten Quartal verkaufte der Hersteller aus Shenzhen 526 000 rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge – Tesla dagegen 484 000 Stück.

Die deutlich niedrigere Gewinnmarge wird sich vor diesem Hintergrund nicht schnell beheben lassen. Ein Kernproblem ist, dass die Nachfrage nach Elektroautos sinkt, unter anderem, weil in jüngerer Zeit zahlreiche Länder, darunter Deutschland, ihre Subventionen gekürzt oder ganz gestrichen haben. Falls Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen im November gewinnt, drohen auch dort die steuerlichen Vergünstigungen für Elektroautos wegzufallen.

Probleme in der Lieferkette setzen Tesla zusätzlich zu. In Deutschland, wo in Berlin das Model Y produziert wird, muss der Elektroautohersteller nun zwei Wochen lang fast seine gesamte Produktion herunterfahren, weil Bauteile fehlten. In anderen Ländern wie Schweden setzen die Gewerkschaften den Autobauer mit Streiks unter Druck, die Löhne und Sozialleistungen auszubauen und einen Tarifvertrag zu unterzeichnen. Musk weigert sich bislang. Auch mit seinem Prestigeprojekt, dem Cybertruck, gibt es Probleme. Das futuristisch anmutende Elektroauto aus Edelstahl ist Teslas erstes neues Passagierfahrzeug seit mehr als drei Jahren. Doch es gibt Produktionsprobleme. Vermutlich werde es noch ein Jahr, vielleicht sogar achtzehn Monate dauern, bis der Cybertruck zum Umsatz des Konzerns beitragen könne, teilte Musk mit. Bis dahin nagt die teure Produktion des neuen Fahrzeugs ebenfalls an der Gewinnmarge des Konzerns.
Kein Wunder, dass Tesla-Aktien am Donnerstagmittag um gut zehn Prozent nachgaben.

An den US-Börsen gingen die Anleger am Freitag letztlich auf Nummer Sicher. Nach erneuten Rekorden und vor dem kommende Woche anstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank Fed erlahmte die Kaufbereitschaft, die sich angesichts enttäuschender Intel-Nachrichten ohnehin in Grenzen hielt. Der Leitindex Dow Jones Industrial gab nach einer erneuten Bestmarke seine Gewinne teilweise wieder ab und schloss noch 0,2 Prozent fester bei 38.109 Punkten. Auf Wochensicht schaffte er damit ein Plus von rund 0,6 Prozent. Der marktbreite S&P 500 , der ebenfalls auf einen Rekord geklettert war, drehte ins Minus und verabschiedete sich 0,1 Prozent tiefer mit 4.891 Punkten ins Wochenende.

Der Nasdaq 100 verlor 0,6 Prozent auf 17.421 Zähler. Im Gegensatz zu den beiden anderen Börsenbarometern enthält der von Technologiewerten dominierte Auswahlindex etliche weitere Chiptitel, die vom enttäuschenden Ausblick des Branchenriesen Intel für das laufende Quartal ebenfalls belastet wurden. Denn Intel hatte am Freitag seinen Aufwärtstrend beendet und als größter Verlierer im Dow 11,9 Prozent eingebüßt. Im noch jungen neuen Jahr gehören sie nach diesem Absturz nun zu den schwächsten Indexwerten. Marktexperte Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners sprach von der „nächsten großen Enttäuschung“ der laufenden Berichtssaison. Hinter Intel sackten die Aktien des Branchenkollegen KLA , der selbst eine schwache Prognose abgab, um 6,6 Prozent ab. Die Papiere weiterer Chipunternehmen wie Applied Materials , Micron Technology, Microchip und Qualcomm gaben ebenfalls klar nach.

Aus dem Finanzsektor enttäuschte Visa , was den Aktien ein Minus von 1,7 Prozent einbrockte. Die Quartalserlöse des Kreditkartenanbieters belegten ungeachtet eines kräftigen Anstiegs eine nachlassende Dynamik. In den vergangenen Jahren gehörte Visa allerdings zu den größten Gewinnern im Dow. Erst am Dienstag hatten die Aktien mit knapp 273 Dollar ein Rekordhoch erreicht. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Marktkapitalisierung von Visa fast verdoppelt und liegt derzeit bei gut 552 Milliarden Dollar – damit ist der Kreditkartenanbieter aktuell der wertvollste Finanzkonzern der Welt.

Spitzenreiter im US-Leitindex war vor dem Wochenende Branchenkollege American Express mit einem Kursanstieg um 7,1 Prozent und einem Rekordhoch. Der Finanzdienstleister mit Schwerpunkt Kreditkarten übertraf mit der Gewinnprognose für 2024 die Erwartungen.

Beim Mobilfunkkonzern T-Mobile US stand letztlich ein moderater Kursverlust zu Buche. Die Deutsche-Telekom-Tochter hatte durchwachsene Zahlen für das Schlussquartal 2023 vorgelegt, welche die hohen Erwartungen teilweise verfehlten. Erst vor wenigen Tagen hatten die Anteilscheine ein Rekordhoch erklommen.

Die Aktien der Fluggesellschaft Spirit Airlines sackten um 13,4 Prozent ab. Zuletzt hatte ein Gericht die Übernahme durch den Konkurrenten Jetblue untersagt, wogegen beide Unternehmen Berufung eingelegt hatten. Nun schürte Jetblue Zweifel an den Erfolgschancen eines Zusammengehens und verwies auf einige dafür noch nicht erfüllte Bedingungen, was bei Spirit auf Widerspruch stieß. Die Jetblue-Aktien gewannen 3,6 Prozent.

Der Euro bewegte sich gegenüber dem Vortag unter dem Strich wenig von der Stelle und kostete zuletzt 1,0855 US-Dollar. US-Staatsanleihen drehten nach moderaten Gewinnen im Handelsverlauf ins Minus. Die Rendite für zehnjährige Staatspapiere stieg korrespondierend auf 4,14 Prozent.

Zuvor hatte der Dax den Sprung über sein jüngstes Rekordhoch verpasst. Der deutsche Leitindex näherte sich zwar bis auf 36 Punkte seinem Höchststand, ging letztlich aber nur 0,3 Prozent höher bei 16.961 Punkten aus dem Handel. Das Rekordhoch von Mitte Dezember liegt bei rund 17.003 Punkten. Auf Wochensicht kommt der Dax auf ein Plus von etwa 2,5 Prozent. Der MDax legte vor dem Wochenende um 0,4 Prozent auf 26.175 Zähler zu.

Am Vortag hatte der Dax nach der erwartungsgemäßen Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) seine Verluste aufgeholt und leicht im Plus geschlossen. „EZB-Präsidentin Lagarde weichte den bisherigen Widerstand der Notenbanker gegen frühe Zinssenkungen ein wenig auf“, kommentierte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Wenn die nächsten Inflationszahlen nicht deutlich enttäuschen, sei eine erste Zinssenkung im Juni wahrscheinlich. Zunächst richtet sich der Fokus aber auf den Zinsentscheid der US-Notenbank Fed kommende Woche.

Darüber hinaus sorgte die Berichtssaison der Unternehmen für Impulse. „Der Dax wird weiterhin von den guten Quartaszahlen getragen und die Investoren fokussieren sich klar auf die zyklischen Sektoren“, schrieb Marktbeobachter Andreas Lipkow. Die Erholungshoffnung für die deutsche Konjunktur werde wieder in die Aktienkurse eingepreist. Automobil- und Chemie-Werte gehörten zu den stärksten Titeln im Dax.

Letztere profitierten auch von Sartorius , die Aktien des Laborausrüsters zogen an der Dax-Spitze um 9,9 Prozent an. Jefferies-Analyst James Vane-Tempest lobte den Geschäftsausblick. Sartorius will nach dem schwachen vergangenen Jahr wieder wachsen und die Profitabilität steigern. Das lieferte dem gesamten Sektor Rückenwind: Merck KGaA , die eine eigene Laborzuliefersparte haben, legten um 6 Prozent zu. Im MDax zogen Gerresheimer um 2,5 Prozent an. Der Verpackungsspezialist macht viel Geschäft mit der Pharmaindustrie.

Schwächster Dax-Wert war RWE , die nach vorgelegten Eckdaten ab der Mittagszeit abrutschten und letztlich sechs Prozent verloren. Vor dem Hintergrund der Energiepreise, die in den letzten Wochen deutlich gesunken waren, erwartet RWE für 2024 ein Ergebnis nur an der unteren Bandbreite des zuvor genannten Ergebniskorridors.

Für die Deutsche Telekom ging es wegen schwacher Signale von T-Mobile US um 0,8 Prozent bergab. Die Tochter verfehlte im vierten Quartal die Gewinnerwartungen, was Kursverluste im New Yorker Handel zur Folge hatte. Ein insgesamt durchwachsener Bericht reiche nicht aus, um den jüngsten Aufwärtstrend weiter zu befeuern, sagte ein Händler.

Infineon -Aktien sanken um 0,9 Prozent. Im Chipsektor wurde die Stimmung von einer ernüchternden Prognose des US-Chipkonzerns Intel gedämpft. Zulieferer und Ausrüster wie Siltronic , Aixtron und PVA Tepla gerieten sogar teils noch deutlicher unter Druck. Intel enttäuschte mit seinem Ausblick für das laufende Quartal. Die Aktien des Prozessorherstellers brachen in den USA ein.

Im SDax fielen die GFT-Aktien mit plus 3,7 Prozent positiv auf. Der IT-Dienstleister gab die Übernahme des kolumbianischen Kernbanken-Experten Sophos Solutions bekannt. Analyst Andreas Wolf von Warburg Research sprach von einer Stärkung der internationalen Präsenz des IT-Dienstleisters.

An die Spitze des Nebenwerteindex setzte sich Morphosys , die Aktien des Biotech-Unternehmens schnellten um 13,8 Prozent in die Höhe. Händler verwiesen auf Übernahmespekulationen im Biopharma-Sektor. Starke Kursschwankungen waren bei Morphosys zuletzt ohnehin keine Seltenheit. Bekannte Leerverkäufer sollen im neuen Jahr ihre Wetten auf fallende Notierungen deutlich aufgestockt haben.

Außerdem ging die Kursrally der Papiere von DWS mit einem Plus von zwei Prozent weiter. Neue Ausschüttungsplane der Fondstochter der Deutschen Bank hielten die Anleger bei Laune. DWS plant eine Sonderausschüttung und eine etwas höhere ordentliche Dividende.

Die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen fiel von 2,36 Prozent am Vortag auf 2,25 Prozent.

Die neue Woche steht für den Dax ganz im Zeichen der Geldpolitik. Nachdem die EZB die Zinsen wie erwartet noch nicht gesenkt hat, steht nun die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed im Fokus. Auch die Fed dürfte die Zinsen am Mittwoch wohl noch nicht senken. „Wir erwarten, dass die Wetten auf eine deutlich expansivere Geldpolitik übertrieben sind, da das Wachstum und der Arbeitsmarkt robust bleiben“, kommentierte Birgit Henseler von der DZ Bank. Angesichts der robusten Konjunkturdynamik und der anhaltend hohen Inflationsraten könne sich die Fed mit der Zinswende Zeit lassen. Henseler rechnet mit dem ersten Zinsschritt erst im Juni. Fed-Chef Jerome Powell werde sich allerdings noch nicht auf einen konkreten Zeitpunkt festlegen. Ob die US-Konjunktur tatsächlich robust bleibt, wird auch der Arbeitsmarktbericht am Freitag zeigen. Galina Pozdnyakova, Analystin der Deutschen Bank, erwartet für den Januar einen leichten Anstieg der Arbeitslosenquote, ein geringeres Stellenwachstum und weniger stark steigende Löhne. Ein sich abkühlender Arbeitsmarkt würde den Druck auf die Fed erhöhen. Im Herbst war die US-Wirtschaft allerdings noch überraschend deutlich gewachsen.

Die Konjunktur in Deutschland ist dagegen merklich angeschlagen. Das Ifo-Geschäftsklima hat sich im Januar weiter eingetrübt und zeigt eine Rezession an. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, sprach von einem schlechten Jahresauftakt. Er geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2024 weiter schrumpfen wird. Zudem sollte man „nicht erwarten, dass nach dem rezessiven Winterhalbjahr ein starker Aufschwung einsetzt“. Daten zum Wirtschaftswachstum im vierten Quartal in Deutschland und der Eurozone werden am Dienstag erwartet.

Am Mittwoch werden vorläufige Verbraucherpreisdaten für Januar in Deutschland veröffentlicht. Simon Azarbayjani von Helaba rechnet mit einem Anstieg der Inflation um 0,5 Prozent gegenüber Dezember und um 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Anhebung der CO2-Steuer und die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme zum Jahreswechsel hätten einen inflationären Effekt. Allgemein gehe die Inflation im Trend aber weiter nach unten. Am Donnerstag folgen dann Verbraucherpreisdaten aus der Eurozone.
Für weitere Impulse dürfte die Berichtssaison der Unternehmen sorgen. Aus Deutschland tun sich am kommenden Freitag die Deutsche Bank und Siemens Healthineers hervor. Vor allem in den USA stehen im Wochenverlauf zahlreiche Quartalsberichte von Technologie-Schwergewichten auf der Agenda, darunter Microsoft , Alphabet , Apple und Meta . Der Hype um Künstliche Intelligenz sorgte bei den Tech-Werten jüngst für eine Kursrally, die auch den US-Börsen zu Rekorden verhalf.

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Kommentare ( 2 )

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Querdenker73
3 Monate her

„Der Londoner Hedgefonds Qube wettet eine Milliarde Euro gegen deutsche Aktien. Die Gründer des Fonds kommen aus Frankreich und wirken eher unscheinbar, doch sie haben das Potenzial von Daten erkannt“. Grün/Rote „Politik“ hat es geschafft, aus einen schwergewichtigen Wirtschaftspartner börsenplazierte Ramschware zu machen! Deutschlands wirtschaftlicher Untergang innerhalb eines Jahres als Gegenstand einer Wette! Das Volk gibt sich derweil staatlich inszenierten Protestmärschen hin und erklärt seinen unvoreingenommenen Willen auf Pappschildern! Gewünschte Voraussetzungen für eine staatlich gelenkte Demokratie! Noch Fragen, Kienzle??

fatherted
3 Monate her

tja….das mit Tesla wird sich nun bald erledigt haben….der E-Auto-Boom wird sich als der teuerste Fehler der Autoindustrie herausstellen….getrieben von einer woken Ideologie-Blase…..meine Prognose….in 20 Jahren gibt es kein einziges E-Auto mehr…es sei denn der Umbau zur Öko-Sozialistischen Union gelingt v.d.L. und Co. noch.