Es fehlen Heizungsbauer für die Rettungsidee der Grünen

Deutschland ist nicht in einer Krise. Es erlebt viele Krisen gleichzeitig, die sich gegenseitig fördern und bedingen. Zum Beispiel den Fachkräftemangel.

IMAGO / U. J. Alexander

Das Jahr 2030 ist wie das Gelobte Land. Bis dahin soll alles geschafft sein: Häuser sind wärmegedämmt, Heizungen ausgetauscht, Windräder gebaut und Solaranlagen installiert. Soweit das Heilsversprechen. Die profane Realität sieht anders aus. In ihr fehlen unter anderem die Fachkräfte, die das alles leisten sollen. Etwa Sanitär- und Heizungsbauer. Sie werden gebraucht, um Wärmepumpen zu installieren. Mit ihnen will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über den gasfreien Winter kommen. Nur gibt es von diesen Sanitär- und Heizungsbauern viel zu wenige.

303.000 Sanitär- und Heizungsbauern hat Deutschland vor zehn Jahren noch gezählt. Heute sind es 275.000 Fachkräfte, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Das entspricht einem Rückgang von 9,4 Prozent. Während im gleichen Zeitraum die Zahl aller Erwerbstätigen zugenommen habe. Allein der Öffentliche Dienst hat im vergangenen Jahr 125.000 neue Stellen geschaffen – und so die Mangelware Arbeitskraft vom Markt genommen.

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Doch das ist nur die halbe Misere: „Mehr als jede fünfte erwerbstätige Person in Sanitär- und Heizungsbauberufen ist zwischen 55 und 64 Jahre alt“, teilt das Statistische Bundesamt mit. Da es sich um einen körperlich anstrengenden Beruf handelt, in den die Menschen zumindest früher bereits im Teenager-Alter eingestiegen sind, greift hier die „Rente mit 63“, sodass mit einem weiteren Verlust von mehreren tausend Fachkräften zu rechnen ist.

Hoffnung weckt die Zahl der Auszubildenden. Sie war Anfang des zurückliegenden Jahrzehnts rückläufig, ist aber von 2015 auf 2021 gestiegen: von 32.300 Auszubildenden auf 37.600 Auszubildende. Doch vor zu viel Hoffnung sei gewarnt: „35,2 Prozent der Azubis brechen ihre Handwerksausbildung vorzeitig ab“, teilt die Fachseite Heizungsjournal.de mit und bezieht sich dabei auf Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung. Als Gründe für einen vorzeitigen Abbruch nennt das Heizungsjournal: mangelhafte Berufsorientierung, hohe Fehlzeiten, viele Verspätungen, Überforderung und mangelnde Sozialfähigkeit.

Deutschland hat eben halt nicht nur eine Krise, sondern viele Krisen, die einander bedingen und fördern. Die fehlende Lebenstüchtigkeit, mit der junge Menschen Schulen verlassen, gehört dazu. Die Auszubildenden wiederum klagen laut Heizungsjournal darüber, dass die Urlaubsregelungen ungünstig seien oder es Konflikte mit Chef und Kollegen gebe. Auch würden Azubis oft gesundheitliche Probleme anmelden.

Die Verbraucher bekommen den Mangel zu spüren. Wenn der Handwerker überhaupt mal kommt, wird es teuer: „Für Dienstleistungen im Sanitärbereich mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher im Juni dieses Jahres 14,4 Prozent mehr zahlen als im Vorjahresmonat“, teilt das Statistische Bundesamt mit. Die Preise für Dienstleistungen im Heizungs- und Klimabereich verteuerten sich um 13,5 Prozent. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise gingen im gleichen Zeitraum „nur“ um 7,6 Prozent nach oben. Deutschland erlebt halt nicht nur eine Krise.

Vielleicht haben die erhöhten Umsätze einen Gründerboom ausgelöst. Jedenfalls gibt es mittlerweile 3700 Betriebe im Bereich Gas, Wasser, Heizung und Lüftung. Knapp 40 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum von 2,7 auf 4,6 Milliarden Euro. Der Frauenanteil in der Branche liegt bei 1,5 Prozent. Bei den Auszubildenden sind es 34,8 Prozent.

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Kommentare ( 142 )

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Demokratius
1 Jahr her

Wärmepumpen brauchen Strom, und das nicht wenig. Dazu kommt noch ein höherer Stromverbrauch durch die staatlich geförderte E-Mobilität und die Digitalisierung. Deutschland wird seinen Strombedarf zukünftig nicht decken können und aus Frankreich Atomstrom und aus Polen Kohlestrom teuer importieren müssen. Egal was es kostet – Hauptsache, in die Luft über Deutschland wird weniger CO2 emittiert und die deutschen AKW können nicht durch Tsunamis beschädigt werden. .

Contra Merkl
1 Jahr her

Selbst auf eine neue Gasheizung muss man schon mehrere Monate warten, bei einer Wärmepumpe sind es derzeit 8 Monate. Die Zeiten sind vorbei, wo einfach ins Blaue produziert und dann für teuer Geld auf Lager gelegt wird. Die gestiegenen Einkaufskosten und teure Energie gehen an den Herstellern auch nicht vorbei. Aus der SHK Branche sagte ein Vertreter das Habecks Gasheizungscheck mal locker 2 Jahre dauert. Beim hydraulischen Abgleich müssen sämtliche Heizungskörper, Rohrlängen und Durchmesser erfasst werden und dann wird das ganze System neu gerechnet. Sicher gibt es dafür Computerprogramme, trotzdem muss man erstmal jedes Rohr und jeden Rohrbogen aufnehmen. Ich… Mehr

Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her
Antworten an  Contra Merkl

Die Installateure werden sich das fürstlich honorieren lassen, weil es ansonsten bestimmt Zwangsgelder hagelt.

moorwald
1 Jahr her

Habeck tappt hilflos herum. Von einem Gebiet, von dem er keine Ahnung hat, zum nächsten.
Er ist völlig den sog. Beratern, also der Lobby, die Morgenluft wittert, ausgeliefert.
In Abwandlung eines bekannen Zweizeilers von W.Busch:
„Minister werden ist nicht schwer,
Minister sein dagegen sehr.“

mari
1 Jahr her

Welche Partei hat eigentlich das Wohl der werktätigen Facharbeiter im Sinn ?
Wer vertritt die Installateure, Elektriker, Mechatroniker und viele andere qualifizierte Handwerksberufe ?
Wer ?

Michael Palusch
1 Jahr her

Meinen Sie die Ukrainer, die hier mit den dicken PKW’s anreisen, oder die, welche sich bereits in Polen geweigert haben, für den dort üblichen Mindestlohn zu arbeiten?
Und bevor das „Argument“ kommt, die wären halt schon in der Ukraine fleissig gewesen, sollte man vielleicht wissen, der Mindestlohn in UA beträgt 1,21€/h, der Durchschnittslohn ~300€/mtl. und mit 500€ im Monat gehört man dort bereits zum Spitzenverdiener.

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her

Fachkräfte werden überwertet. Laut einer Studie des Thinktanks „ZETT“ kann man z.B. in 10 Minuten lernen eine Innendämmung einzubauen, die sagenhafte 70 Prozent der Heizkosten spart.

Britsch
1 Jahr her

Komisch nur 70% werden da propagiert
110% würden doch sicher alle „Grünen“ „Visionäre“ eher ansprechen.
Wir brauchen aber keine „Visionäre“ und Ideologen
Sondern Fachleute mir realistischem Praxisfachwissen und Kenntnissen

Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her
Antworten an  Britsch

Wenn Sie am Wochenende mal herzlich lachen wollen, lesen Sie bitte diese Studie. Die stellt wirklich alles in den Schatten, was ich zum Thema je gelesen habe.
Besonders gelungen sind die Ausführungen zur Innendämmung ab Seite 47:

„• Die Innendämmung kann als Baumarktsystem selbst eingebaut werden und spart laut Baumarkt-Informationen 70% der Heizkosten ein.
• Hierzu ist nur ein 10-minütiger Onlinekurs im Baumarkt notwendig, der auch von qualifizierten Handwerker*innen organisiert werden kann.“

Also legen Sie los, dass kann wirklich jeder. Wichtig scheint mir aber, dass der Onlinekurs im Baumarkt absolviert wird.

Last edited 1 Jahr her by Thorben-Friedrich Dohms
Demokratius
1 Jahr her

Ohne Sachkunde angebrachte Dämmungen sind die beste Garantie für einen späteren Schimmelbefall!

Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her
Antworten an  Demokratius

Macht nichts! Da gibt es sicher auch einen 10-minütigen Onlinekurs im Baumarkt. Sie sollten wirklich einen Blick in diese Studie werfen. Viel Spaß!

Thorben-Friedrich Dohms
1 Jahr her

Jetzt werden erst mal alle Heizungen zwangsgewartet und der segenbringende hydraulische Abgleich wird ebenfalls staatlich angeordnet. So will es Robert Habeck und deshalb wird es sicher auch so kommen. Gerade der hydraulische Abgleich ist für die Branche ein echter Segen. Da muss man sich kaum die Finger schmutzig machen. Zudem muss man keine Preisverhandlungen fürchten, weil die Kunden nicht frei entscheiden können und wegen sehr wahrscheinlich drohender Zwangsgelder dankbar sind, wenn sie einen Termin bekommen.

GP
1 Jahr her

Dass nicht nur die Fachkräfte fehlen sondern auch die benötigte Kraftwerksleistung zum Betrieb der Wärmepumpen lässt sich schnell nachrechnen – wenn man denn Rechnen kann. Da aber MINT-Kompetenzen zum Rüstzeug der „Rechten“ gehören gilt es zu glauben was die Ampel-Männchen via GEZ Medien verkündet. Wer selbst rechnet macht sich nur verdächtig….

elly
1 Jahr her

der Grüne Habeck löst das ganz einfach: „Hunderte Euro jährlichGaskunden müssen ab Herbst Extra-Umlage zahlenUm Uniper und Co. zu retten, sollen ab Oktober alle Endkunden eine Umlage zahlen. Der DIW-Präsident erwartet eine Verdreifachung der Heizkosten, Verbraucherschützer fordern weitere Entlastungen.“ https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/gas-kunden-muessen-ab-herbst-extra-umlage-zahlen-hunderte-euro-jaehrlich-a-ede8222d-20ad-4c67-97d7-15687a0e6da7 So einfach ist die Welt für Verbraucherschützer: einfach umverteilen. Wer arbeitet ist selbst schuld. und weil die EU die Strompreise an die Gaspreise gekoppelt hat, zahlen alle die Umlage. „Die EU-Energieregulierungsbehörde Acer hat sich gegen eine tiefgreifende Reform der europäische Strommärkte ausgesprochen.   „Die derzeitige Energiekrise ist im Wesentlichen ein Gaspreis-Schock, der sich auch auf die Strompreise auswirkt.“ Acer rät den EU-Staaten, das… Mehr

Deutscher
1 Jahr her

Es fehlen nicht nur die Fachkräfte, es fehlen auch die Firmen, die diese beschäftigen. Denn: Nicht jeder mittelständische Betrieb kann sich einfach so mal schnell verdoppeln, mit dem Risiko, dass er sich nach dem großen Boom einfach wieder halbiert und sich dabei vielleicht den Hals bricht. Deswegen ist dem Argument „Wir schaffen Arbeitsplätze“ stets mit Vorsicht zu begegnen – vor allem, wenn Grüne, die ja traditionell von Industrie, Handwerk und Wirtschaft nicht den blassesten Schimmer haben, damit für ihre phantastischen Ideen werben. Wobei – so ehrlich muß man schon sein – letzteres heutzutage bei Politikern, von Ausnahmen vielleicht abgesehen, ganz… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Britsch
1 Jahr her
Antworten an  Deutscher

Ich kenne etliche selbständige Handwerker, welche „die Schnauze voll haben“.
Hauptsächlich von den vielen Vorschriften die Schnauze voll haben.
Vorschriften von Leuten gemacht, die zumindest von der Praxis keinerlei Ahnung haben und dazu dann noch immer mehr Verwaltungsvorschriften / Papierkrieg.
Etliche haben ihre Belegschaft abgebaut und arbeiten nur noch alleine, machen nur noch das was sie wollen, bevor sie die Firma ganz schließen.

mari
1 Jahr her
Antworten an  Deutscher

Es ist auch noch eine menschliche Komponente mit einzubeziehen. Nämlich wenn nach dem Boom Angestellte entlassen werden müssen. Diese Gespräche sind für alle Beteiligten eine große Belastung. Schließlich sind die Handerksbetriebe überschaubar mit persönlichem Kontakt zu den Leuten. Die sind nicht nur eine Kostenstelle in der Anonymität.