Jetzt ist es amtlich: Deutschlands Wirtschaft schrumpft

Im Gegensatz zu allen anderen Industrieländern ging das Bruttoinlandsprodukt 2023 zurück. Zwei Gründe sprechen dafür, dass dieses Jahr sogar noch schlechter ausfällt.

IMAGO Bildnummer: 0385953969 6925x4669 Pixel IMAGO / Arnulf Hettrich

Die Daten des Statistischen Bundesamtes machen es offiziell: Im Jahr 2023 schrumpfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt preisbereinigt um 0,3 Prozent, verglichen zum Vorjahr. Damit entwickelte sich die Bundesrepublik schlechter als alle anderen Industrieländer weltweit. Vor allem die USA enteilten Deutschland 2023 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent.

Damit erledigt sich die von Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck bemühte Erzählung endgültig, die deutsche Wirtschaft habe nur vorübergehende Probleme wegen des Kriegs in der Ukraine, dem Wegfall der günstigen russischen Gaslieferungen und den gestiegenen Zinsen, befinde sich aber auch schon wieder auf dem Weg zur Besserung. Mit den genannten Problemen mussten auch andere europäische Länder umgehen, die sich dann trotzdem besser als Deutschland entwickelten.

Besonders alarmierend wirkt der Einbruch im produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) von insgesamt 2 Prozent. Vor allem in den energieintensiven Branchen wie der Chemie- und Metallindustrie sackte die Wertschöpfung deutlich ab. Das sind niederdrückende Zahlen für eine Volkswirtschaft, die sich früher vor allem wegen ihrer Industrie robust zeigte. Die schlechte Stimmung im Verein mit steigenden Zinsen bremste auch den privaten Konsum 2023 deutlich: Er nahm preisbereinigt um 0,8 Prozent zum Vorjahr ab.

Zwei Gründe lassen auch wenig Hoffnung für eine Trendwende 2024. Zum einen stammten die wenigen positiven, wenn auch schon relativ schwachen Impulse des vergangenen Jahres aus dem Fahrzeugbau und der Zulieferindustrie. Nur: Gerade hier beginnt der Abbau von Jobs erst. Der Reifenhersteller Michelin plant die Schließung von vier deutschen Werken, das Ford-Werk in Saarlouis stellt bis 2025 seine Produktion ein, in der Autozulieferer-Sparte von Bosch, wo 80 Prozent der 27.000 Arbeitsplätze am Verbrenner hängen, beginnt das große Schrumpfen. Ausgerechnet der Wirtschaftsbereich also, der sich 2023 noch einigermaßen hielt, dürfte 2024 und im nächsten Jahr vor allem eins liefern: schlechte Schlagzeilen.

Zum zweiten fand 2023 dem Statistischen Bundesamt zufolge der relativ bescheidene Aufbau neuer Jobs fast ausschließlich im Dienstleistungsbereich statt. Aber gerade in einer der wichtigsten Servicebranchen, der Gastronomie, sorgt der Staat mit seiner Mehrwertsteuererhöhung von 7 auf 19 Prozent seit Jahresbeginn für höhere Preise, die in einem schwachen Konsumumfeld automatisch Umsatz und Gewinn schmälern. Die von der Ampel geplante Anhebung der Ticketsteuer dürfte auch nicht folgenlos für den Tourismus bleiben. Schon 2023 ging die Bruttowertschöpfung in Handel, Verkehr und Gastgewerbe zusammengenommen um 1 Prozent zurück, während sie in anderen Dienstleistungsfeldern wie Kommunikation noch leicht stieg. In diesem Jahr könnte das weitere Absacken der Gastronomie den gesamten Dienstleistungssektor nach unten ziehen.

Die Hoffnung der Bundesregierung, in diesem Jahr könnte das Land wieder ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent erreichen, steht deshalb auf äußert wackligen Beinen. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln rechnet dagegen mit einem weiteren Rückgang um 0,5 Prozent für 2024. Das wäre dann das zweite Rezessionsjahr in Folge.

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Kommentare ( 16 )

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AlexR
3 Monate her

Deutschland war 2023 in Europa das einzigste Land mit einer Rezession. Wen wundert das? Mich nicht. Der Bundeskinderbuchautor Robert hat hervorragend gearbeitet.

Alf
3 Monate her

Wir Kleingeister, die wir von der Ampel „regiert“ werden, verstehen es einfach nicht. Die Wirtschaft braucht mehr Beamte. Ampel hat 11 500 Stellen geschaffenBeamten-Explosion in der RegierungBei der Ampel herrscht Hochkonjunktur!Die Regierung hat die Zahl der Beamtenstellen in der Bundesverwaltung und insbesondere in den Ministerien deutlich ausgeweitet. Gegenüber dem letzten Haushaltsjahr der Großen Koalition unter Kanzlerin Merkel 2021 ist die Zahl der Beamtenstellen bis zum aktuellen Haushalt 2024 um 11 507 gewachsen – ein Plus von 6,3 Prozent.https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/ampel-hat-11500-stellen-geschaffen-beamten-explosion-in-der-regierung-86868910.bild.html Und das Land braucht Kraftwerke, so wie es Habeck im August gesagt hat Für den Bau der neuen Kraftwerke sind laut Ministerium Ausschreibungen geplant,… Mehr

Burnetatswiese
3 Monate her

Ich arbeite als Ingenieur im deutschen Ableger eines weltweit agierenden Großkonzerns (Automobil, Stahl, Elektrotechnik etc.). Wir haben einen Auftragsrückgang von etwa 30 % und unsere deutschen Kunden in etwa auch. Europäische Kunden etwas besser, aber auch absolut unzufriedend. Man schimpft auf Deutschland. Die USA boomen, wir arbeiten mittlerweile für unsere US-Kollegen zu. Vor Jahren war es noch anders. Die im Artikel genannten 2 % würden uns Freudentränen entlocken. Aber warten wir es ab. 2008 war ich auch Frühwarner für unsere Nachbarschaft. Hinterher gab man mir Recht.

Rob Roy
3 Monate her

Die neuste Erklärung aus Habecks Märchenminsterium, ist dass es Wirtschaft schlecht geht, wegen der Frührentner, die sich mit 63 dem Arbeitsmarkt entziehen würden.
Dabei sind dies vor allem Menschen, die 45 Jahre lang gearbeitet und eingezahlt, sowie das Land aufgebaut haben, und das damals unter ganz anderen Bedingungen wie einer 50-Stunden-Woche und weniger Urlaubstagen.
Bestimmt werden bald Rufe laut, diese Menschen aus dem Ruhestand in die Arbeit zurück zu zwingen.

November Man
3 Monate her

Lindner sprach in seiner Not und Verzweiflung in letzter Zeit des öfteren von einer in Deutschland prosperierenden Wirtschaft. Der grüne Habeck meinte: „Es besteht das Risiko einer anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase“, heißt es in einem Entwurf. Gründe seien der beschleunigte demografische Wandel, vernachlässigte Standortfaktoren sowie geopolitische Gefahren und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Die Herausforderungen sprächen „für ein Szenario mit auf absehbare Zeit niedrigem Wirtschaftswachstum“.
Ich sehe die Gründe bei den Grünen und deren für unser Land getroffenen, verheerenden und wirtschaftsfeindlichen Entscheidungen, wie das Gas- und Öl-Embargo gegen Russland, den unnützen Co2-Preis, die grüne Preistreiberei und viele andere Deutschland schädigende Fehlentscheidungen.

puke_on_IM-ERIKA
3 Monate her

Diese Vorstände tuten opportunistisch ins Mainstream Horn, weil sie nach 5 Jahren eh mit einer fetten Abfindung ausscheiden. Die werden einen Teufel tun und die Regierung kritisieren, weil sie dann von den eigenen Aktionären gegrillt werden.
Von denen ist keine Hilfe zu erwarten.

Last edited 3 Monate her by puke_on_IM-ERIKA
Luegen Spiegel
3 Monate her

„Wir wollen Europa gemeinsam verenden“ war einer der vielen Sprachausrutscher von Baerbock im letzten Jahr. Im Falle Deutschland sind sie schon kräftig dabei.

Nez
3 Monate her

Eigentlich müßte man eher das BIP pro Kopf betrachten. Denn wenn eine Volkswirtschaft nicht mal das Einkommen des Vorjahres erzielt, gleichzeitig aber die Zahl der Bewohner größer ist… Dann muss bildlich gesprochen der gleich große Kuchen auf mehr Münder verteilt werden.

Fabian S.
3 Monate her

Das ist doch jetzt dieses Wirtschaftswunder von dem Scholz und die Grünen gesprochen haben!?

giesemann
3 Monate her

Aber die Bevölkerung wächst, 1,3% p.a. – immerhin. Einwohnerzahl84.358.845 (31. Dezember 2022)[2]Bevölkerungsdichte236 (41.) Einwohner pro km²Bevölkerungs­entwicklung  +1,3 % (2022)[2] pro Jahr
Zum Vergleich: Einwohnerzahl172,1 Mio. (8.) (2023)[3]Bevölkerungsdichte1240 Einwohner pro km²Bevölkerungs­entwicklung+ 1,0 % (Schätzung für das Jahr 2021). https://de.wikipedia.org/wiki/Bangladesch und wiki/Deutschland.