Das Ende der Epoche der Globalisierung

Russlands Intervention in der Ukraine könnte den Niedergang der US-geführten Wirtschaftsordnung beschleunigen. Von Phil Mullan

Die wirtschaftlichen Folgen des blutigen und verachtenswerten Angriffs auf die Ukraine sind zweifellos eine zweitrangige Angelegenheit gegenüber den unmittelbaren menschlichen und geopolitischen Folgen. Und da die verschiedenen nationalen Reaktionen noch ungewiss sind, ist es noch viel zu früh, um die genauen längerfristigen Folgen des Kriegs zu bestimmen. Dennoch ist es möglich, vorsichtige Andeutungen darüber zu machen, was sich an der internationalen Wirtschaftsfront entwickeln könnte.

Zumindest kurzfristig werden die direkten und indirekten Störungen der Wirtschaftsbeziehungen, die sich aus der Invasion ergeben, mit ziemlicher Sicherheit die Aussichten auf Wirtschaftswachstum beeinträchtigen und die Inflation weit über die kämpfenden Länder hinaus anheizen. Insbesondere die verschärften Sanktionen werden weit über Russland hinaus wirtschaftliche Probleme hervorrufen.

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Während der Krieg geopolitsch von enormer Bedeutung ist, wäre es angesichts der ohnehin bestehenden gewaltigen wirtschaftlichen Probleme dennoch irreführend, seine wirtschaftlichen Folgen über zu bewerten. Die Financial Times behauptete zum Beispiel, dass der Krieg „die Hoffnung auf eine rasche Erholung von der Corona-Pandemie zerstört“ habe. Dahinter steckt die Annahme, dass eine starke wirtschaftliche Erholung zu erwarten gewesen wäre.

Mit oder ohne Krieg werden die hohen Schulden und die schwachen Investitionen vieler westlicher Länder das schwache Wachstum des letzten Jahrzehnts voraussichtlich nur verlängern.

Während der Krieg geopolitisch von großer Bedeutung ist, wäre es jedoch irreführend, seine wirtschaftlichen Auswirkungen angesichts all der anderen bereits bestehenden und enormen wirtschaftlichen Herausforderungen überzubewerten. So behauptet die Financial Times, der Krieg habe „die Hoffnungen auf eine starke Erholung der Weltwirtschaft vom Coronavirus zunichte gemacht“. Dies impliziert jedoch, dass eine starke Erholung bereits absehbar war. Schon lange herrscht eine Selbstgefälligkeit, die die fundamentalen wirtschaftlichen Probleme der meisten Industrieländer einfach ignoriert. Krieg hin oder her, die hohe Verschuldung und die schwachen Investitionen, die viele westliche Volkswirtschaften kennzeichnen, werden wahrscheinlich zu einer Fortsetzung des schleppenden Wachstums des vergangenen Jahrzehnts führen.

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Die Folgen des Krieges werden die bestehenden ökonomischen Trends in Richtung Autarkie und Regionalisierung weiter verstärken. Analysten bei Goldman Sachs, zum Beispiel, meinen, der Krieg werde die Globalisierung bremsen und Antiglobalisierungs-Kräfte stärken. Aber diese Gegenüberstellung von „De-Globalisierung“ und „Globalisierung“ klärt nicht, was wirklich geschieht. Denn der Kapitalismus hat schon immer gleichzeitig national und international operiert. Daher kann die wirtschaftliche Internationalisierung ohne weiteres mit einer verstärkten Ausrichtung auf nationale wirtschaftliche Belange koexistieren.

Trotzdem werden die Wirtschaften künftig verstärkt national ausgerichtet sein. Man wird weiter eine Einschränkung der globalen Versorgungsketten und die Entwicklung eines nationalen Versorgungsmodells fordern, um die nationale Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen.

Die Zunahme der Autarkie

Um die besonderen Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine genauer zu verstehen, ist es wichtig zu beachten, dass der Trend in Richtung Autarkie schon lange vor dem Krieg und sogar vor der Pandemie begann. Eine Analyse der Welthandelsorganisation zeigt, dass zur Zeit der Finanzkrise von 2008 weniger als ein Prozent der Warenimporte durch Maßnahmen der Regierungen der führenden 20 Wirtschaften der Welt begrenzt wurden. Bis 2019, am Vorabend der Pandemie, hatte sich diese Zahl mehr als verzehnfacht und lag bei mehr als 10 Prozent des gesamten Handelsvolumens.

Viele dieser protektionistischen Maßnahmen wurden vor der Pandemie von global orientierten Regierungen eingeführt – also nicht von „isolationistischen“ Politikern wie Donald Trump. Ein Grund, warum dieser Anstieg des Protektionismus bis vor kurzem unter dem Radar blieb, liegt darin, dass sich der moderne Protektionismus im Vergleich zu den Grenzzöllen und Kontingenten der frühen 1930er Jahre in der Regel ausgeklügelter ist und sich durch „nichttarifäre“ oder „hinter der Grenze“ liegende Handelshemmnisse auszeichnet.

Trotzdem ähnelt der verborgene Protektionismus von heute dem der 30er Jahre. Regierungen wollen heute wie damals ihre krisenbedrohten nationalen Wirtschaften schützen. Daher war es die Finanzkrise von 2007-2008 und nicht die Pandemie oder die zunehmenden globalen Spannungen, die den Protektionismus antrieben. Der Crash hat die Grenzen der Verschuldung und der Finanzialisierung als Mittel zur Aufrechterhaltung des Gefühls von anhaltendem Wohlstand aufgezeigt. Obwohl wir also nach wie vor mit Schulden und Finanzialisierung leben, hat ihre relative Erschöpfung zu zunehmender Abhängigkeit von anderen Formen staatlicher Intervention geführt.

Da in den meisten westlichen Ländern nach der Rezession kein normaler Aufschwung einsetzte, nahmen die Regierungen eine zunehmend interventionistische Rolle ein, um ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu mildern. In den letzten zehn Jahren haben sich die staatlichen Maßnahmen zur Unterstützung angeschlagener Volkswirtschaften intensiviert. Diese Maßnahmen beschränken sich nicht nur auf eine ultralockere Geldpolitik wie niedrige Zinssätze und quantitative Lockerung, sondern umfassen auch eine Vielzahl von staatlichen Unterstützungsmechanismen, darunter regulatorische Maßnahmen und Beschaffungsverträge sowie direkte Subventionen und Rettungsaktionen.
Neben den nationalen Problemen wie gestiegener Schulden, Finanzblasen und dem Fortbestand nicht überlebensfähiger Unternehmen, schaffen solche Interventionen auch Spannungen zwischen den Ländern, denn diese Maßnahmen schaden letztlich auch ihnen, selbst wenn das nicht beabsichtigt ist.

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Die Reaktion auf die Pandemie hat also protektionistische Maßnahmen normalisiert und erweitert. Folglich werden wir voraussichtlich nicht mehr den gleichen, eher verborgenen Protektionismus sehen, wie vor der Pandemie. So haben sich die jüngsten Rufe nach größerer nationaler Autarkie und „strategischer Autonomie“ als Reaktion auf die größeren Risiken der globalen Versorgungskette in Folge der Pandemie in protektionistische Vorschläge verwandelt. Die Analyse von Goldman Sachs stellt fest, dass die Ukraine-Krise den Ruf nach lokaler Produktion verstärken wird, selbst wenn das teurer ist, um die „Versorgungssicherheit“ zu stärken.

Die Erosion der internationalen und institutionellen Kooperation

Neben diesen wirtschaftlichen und politischen Trends zu mehr Autarkie ist auch die Erosion der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit festzustellen. Die alte globalistische Vision einer harmonischen Interdependenz stand schon lange vor dem Krieg in der Ukraine im Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten in der Welt.

Während der Jahre von 2000 bis 2020 haben nationale staatliche Maßnahmen bereits begonnen, Vorrang vor der internationalen Kooperation zu nehmen, die in den 80er und 90er Jahren noch bestimmend war. Diese Erosion der internationalen Zusammenarbeit war nicht unbedingt geplant. Vielmehr ergab sie sich aus der Zunahme der nationalen staatlichen Intervention, die die internationale Kooperation zu untergraben neigt.

In den 2000er- und 2010er-Jahren hatten nationalstaatliche Maßnahmen bereits begonnen, den Geist und den Rahmen der internationalen Zusammenarbeit, der die 1980er- und 1990er-Jahre geprägt hatte, zu verdrängen. Die Erosion der wirtschaftlichen Zusammenarbeit war nicht unbedingt geplant. Vielmehr geht der Protektionismus gegen ausländische Konkurrenz meist mit staatlicher Intervention auf nationaler Ebene einher und untergräbt unweigerlich eine zielgerichtete Zusammenarbeit.

Die alten Normen der internationalen Kooperation sind schwächer geworden, weniger aus kalkulierter Feindseligkeit als aufgrund zunehmend drängender nationaler Probleme. Das Ergebnis ist, dass nationale Differenzen zunehmen. Die Erosion der internationalen Kooperation hat die diplomatische Maschinerie des Westens geschwächt, wie man vor dem Beginn der russischen Invasion deutlich erkennen konnte.

Vor dem Krieg in der Ukraine und vor der Pandemie waren nationale Rivalitäten und Uneinigkeit erheblich deutlicher zu erkennen als viele Kommentatoren annahmen. Zwar galt die internationale Kooperation immer noch als eine „gute“ Sache, aber insbesondere seit der Finanzkrise sind positive Ergebnisse immer schwerer zu erkennen. Seit 2008 wurden politische Entscheidungen mit internationalen Konsequenzen fast immer aus nationaler Perspektive getroffen – ob diese nun aus Washington, Peking oder sonstwoher kamen. Echte globale Initiativen gab es kaum, oder gab es sie, so hatten sie wenig praktische Bedeutung.

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So befand eine der ersten formellen Bewertungen der internationalen Reaktionen auf die Pandemie, dass die globalen Maßnahmen, die gegen sie getroffen wurden, überwiegend wirkungslos waren. Das Global Preparedness Monitoring Board (GPMB), unter der Leitung der Weltgesundheitsorganisation und der Weltbank, stellte eine mangelnde Reaktion höchster Ebene fest. Es wies darauf hin, dass, obwohl sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen, der Sicherheitsrat, die Weltgesundheitsorganisation, die Führer der G7 und die der G20 alle getroffen hätten, um die Pandemie zu besprechen, sie „wenig anzubieten hatten, außer Absichtserklärungen, und es gab wenig Hinweise darauf, dass diese Treffen einen relevanten Einfluss auf die Verbreitung der Pandemie hatten.“ Das GPMB beklagte die Dysfunktionalität der globalen Institutionen, die aus „geopolitischen Spaltungen“ und der starken Zunahme nationaler Alleingänge resultiere, vor allem jenen, die von den reicheren westlichen Ländern getroffen wurden.

Schon seit geraumer Zeit sind viele der internationalen Organisationen nicht viel mehr als Quasselbuden. Aber mit der Pandemie wurde der Schwund ihrer Wirksamkeit und Autorität offenkundig. So hat zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation während der Pandemie nicht nur keine klare globale Antwort auf Covid-19 angestoßen, sondern sie wurde sogar zum Schauplatz einer Auseinandersetzung zwischen ihren Mitgliedern. Ihr wurde vorgeworfen nichts zu tun, pro-Chinesisch zu sein oder, laut der Kommunistischen Partei Chinas, sich in die internen Angelegenheiten ihres Landes einzumischen.

Daher waren die Normen der internationalen Beziehungen schon weit vor Beginn des Krieges in der Ukraine erodiert. Die Auswirkungen dieses Konflikts werden daher voraussichtlich die Instabilitäten der Nachkriegsordnung weiter verstärken.
Kurzfristig mag der Krieg dem Westen ein gemeinsames Ziel geben und frühere Spaltungen überdecken. Es ist zu früh, um zu sagen, wie dauerhaft diese neue westliche Einheit ist und wie sie sich entwickeln könnte. Klar ist aber, was auch immer mit Russland geschieht, dass die Spannungen zwischen den beiden Großmächten USA und China den bedeutendsten Einfluss auf die sich wandelnde internationale Ordnung haben werden.

Zunehmende Regionalisierung

Voraussichtlich wird das Ergebnis des Krieges die Regionalisierung der Welt in amerikanische und chinesische Einflusszonen sein. Wo Europa da hinein passt, ob als unabhängige Region oder als Juniorpartner der USA, wird sich noch zeigen. Die Europäische Union kämpft zur Zeit noch mit dem Dilemma, ob und wieviel „strategische Autonomie“ sie entwickeln kann und in welchem Umfang sie weiter von der noch immer beeindruckenden technologischen und militärischen Macht der USA abhängig sein wird. Diese Ungewissheit bezüglich der Rolle Europas in der sich wandelnden Weltordnung ist symptomatisch für den fluiden und sich verschiebenden globalen Rahmen der internationalen Beziehungen.

Aufgrund ihrer militärischen Überlegenheit scheint die aktuelle militärische Auseinandersetzung die amerikanische Führung des alten Westens wieder zu beleben. Doch längerfristig wird sie voraussichtlich den Übergang zu einer post-amerikanischen Welt beschleunigen, wobei China seine eigene Macht und Autorität ausbauen wird. Es sieht in der Tat danach aus, als werde Peking einer der wenigen Gewinner der Ukraine-Krise sein. Einerseits bekundet China seine Unterstützung der ukrainischen Souveränität, anderseits weigert es sich, der provokativen Dämonisierung von Putin und Russland zu folgen. Dadurch hat China seine eigene Interpretation der Krise gefunden. Diese Vorgehensweise wird aller Voraussicht nach geeigneter sein, Verbündete und Einfluss zu gewinnen als die Amerikas, das vor dem Krieg gegen Putin schwadronierte, aber gleichzeitig deutlich machte, dass es keine Absicht hatte, zu kämpfen.

Auch ökonomisch und finanziell könnte der Krieg die Neugewichtung der Weltwirtschaft in Richtung China und Ostasien weiter beschleunigen. Die Bemühungen der USA, China ökonomisch vom Westen abzukoppeln, sind ohnehin bereits durch die Verstärkung der Ausrichtung Chinas auf den Ausbau seiner technologischen, finanziellen und produktiven Kapazitäten fehlgeschlagen. Es könnte sehr gut so sein, dass die westlichen Bemühungen, Russland wirtschaftlich zurückzudrängen, Chinas Position auf der Welt stärken werden.

Jahrelange westliche Machtspiele und Posen gegenüber Moskau und Peking haben China und Russland trotz ihres Mangels an ideologischer Affinität einander nähergebracht. Die zunächst bescheidenen Sanktionen gegen Russland nach der Annexion der Krim im Jahre 2014 und die heute viel schwereren Sanktionen haben Russland gezwungen, sich zunehmend an China als alternativen Markt, Finanzier und Handelspartner zu richten. Kurzfristig mag das für Russland eine finanzielle Rettungslinie sein, aber längerfristig wird es voraussichtlich den chinesischen Einfluss auf Kosten des Westens stärken. Jede mittelfristige Verlagerung der russischen Öl- und Gasströme von Europa nach China wäre für Peking ein weiterer Pluspunkt.

Außerdem könnte die heutige Krise das Ende des Dollar als Weltwährung nach sich ziehen. Ray Dalio, Leiter des größten Hedgefonds der Welt, hat in seinem jüngsten hoch angepriesenem Buch Principlesfor Dealing with the Changing World Order erklärt, dass die Funktion als Hort der globalen Reservewährung eine der größten Vormachtstellungen ist, die ein führendes Land haben kann. Denn sie gibt dem Land enorme Macht, zu leihen und zu kaufen, und ist letztlich der Garant seiner weltpolitischen Macht.

Die Geschichte des Dollar als Reservewährung zeigt, wie zuvor auch die des britischen Pfund, dass dies eines der Assets ist, die ein niedergehender Hegemon am langsamsten verliert. Das kommt daher, dass so viele Länder und Unternehmen den Dollar für ausländische Aktivitäten verwenden, dass er in den internationalen wirtschaftlichen Kreisläufen fest verwurzelt und nicht einfach zu entfernen ist. Trotz aller Probleme der USA, vor allem seiner Rolle als größter Schuldner der Welt, entsprach der Dollar 2019 noch immer etwas über der Hälfte der globalen Zentralbankreserven, gefolgt an zweiter Stelle vom Euro mit 20 Prozent und dem chinesischen Renminbi mit gerade einmal zwei Prozent.

Doch dieser hegemoniale Wert kann auch zu einer Quelle der Instabilität werden. Gerade weil der Dollar eine disproportionale Rolle als Geld der Welt im Verhältnis zur Größe der US-Wirtschaft spielt, ist davon auszugehen, dass andere Länder so hohe Dollarbestände als bedenklich ansehen und in andere Währungen und Gold diversifizieren.

Maßnahmen der US-Regierung, um den Dollar als Waffe zu verwenden, um ihre Autorität zu stärken, könnten ironischerweise auch nach hinten losgehen. Sanktionen, die andere Länder, darunter erst den Iran und jetzt Russland, davon abhalten sollen, den Dollar für internationale Zahlungen zu verwenden, sind auch ein Warnzeichen an andere Länder. Wer ist der nächste, und wessen Dollarvermögen könnten von Washington eingefroren werden?

Die Gefahr besteht darin, dass, je mehr Amerika den Dollar als Waffe verwendet und anderen Ländern finanzielle Sanktionen auferlegt, desto weniger werden Länder, und nicht nur Gegner, geneigt sein, den Dollar zu halten. Das kombinierte Risiko des Einfrierens von Vermögenswerten und Abwertungen könnte Länder davon abhalten, Dollar zu halten, und damit den Niedergang des Dollar als globale Reservewährung beschleunigen.

Außerdem haben Länder, die direkt das Ziel von US-Sanktionen sind, darunter Russland und China, bereits begonnen, alternative nationale und regionale Zahlungssysteme zu entwickeln. Das beschleunigt den Trend zur Regionalisierung.

Man beachte auch die Bemühungen der chinesischen Regierung, schneller als andere eine glaubwürdige digitale Währung zu entwickeln. Dadurch würde China weniger von amerikanischen Finanzsanktionen bedroht und könnte gleichzeitig eine Alternative für andere Länder bieten, die sich aus ihrer Abhängigkeit vom US-Dollar befreien möchten. Die jüngsten Maßnahmen des Westens, Russland die Verwendung seiner Zentralbankreserven einzudämmen, können für Moskau sehr störend sein. Aber sie werden andere Länder motivieren, ernsthafter über den Weg zu einer nicht vom Dollar beherrschten Finanzwelt nachzudenken. Wenn das geschieht, wäre es ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer postamerikanischen Weltordnung.

Zusammenfassung

Es ist davon auszugehen, dass der aktuelle blutige Krieg die längerfristigen Verschiebungen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, die schon seit mehr als einem Jahrzehnt im Gange sind, beschleunigt. Schon nach der Pandemie waren die alten Krücken der amerikanischen Führungsrolle und der globalistischen Institutionen zusehends schwächer geworden. Wie auch immer die russische Invasion ausgeht, diese Erosion der amerikanischen Welt wird voraussichtlich weiter gehen. Daher steht uns jetzt eine gefährliche Zeit des geopolitischen Übergangs bevor. Das wäre eine längere Phase, in der die Welt weder voll im Krieg noch voll im Frieden ist und in der statt ernsthafter Kooperation, Konflikt und Konfrontation zur Norm werden.


Dieser Beitrag ist zuerst auf Englisch beim britischen Politikmagazin Spiked erschienen.

Mehr von Phil Mullan lesen Sie im aktuellen Buch „Die Zombiewirtschaft – Warum die Politik Innovation behindert und die Unternehmen in Deutschland zu Wohlstandsbremsen geworden sind“ von Alexander Horn, Phil Mullan und Michael von Prollius.

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Kommentare ( 13 )

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WandererX
2 Jahre her

Jetzt kommt eine andere Art der Globalisierung, nicht ihr Ende. Die Kontinente werden dabei besser zusammenarbeiten und Zulieferung aus militärisch gegnerischen Feldern nun stärker zu vermeiden versuchen, was aber nicht immer gelingen wird, weil nicht jeder alles herstellen kann.
Die Prioritäten werden nun oft eher in der Sicherheit liegen als im Preis, wenn es um wichtige Komponenetn für Industrie, Grundernährung und Militär geht. Turnschuhe und Damenhandtaschen kann man weiterhin voll globalisieren, weil ggf. verzichtbar, das gilt aber nicht für Getreide oder Speicher- Chips.

Hans Nase
2 Jahre her

Die Sicht aus dem Elfenbeinturm… Ja, daß man international in Dollar rechnet, ist ein wichtiger Faktor der Globalisierung. Aber daraus eine „US dominierte Wirtschaftsordnung“ zu machen, ist schon etwas einseitig. Am Schluss ist der Dollar auch nur eine Verrechnungsgröße… Ich denke, man sollte Zahlen nicht eine so große Bedeutung beimessen, wie das (Volks)wirtschaftler gerne tun. Vor allem strategisch nciht, da es Zahlen nur für Vergangenes gibt… Nehmen wir mal eine ganz konkrete Seite der „Globalisierung“, die Sicht der arbeitenden Bevölkerung: So barg Freihandel früher v.a. Vorteile. Das lag daran, daß früher eigentlich nur Ware gehandelt wurde, die es lokal nicht… Mehr

Janosik
2 Jahre her

China (…) weigert sich, der provokativen Dämonisierung von Putin und Russland zu folgen. (…) Diese Vorgehensweise wird aller Voraussicht nach geeigneter sein, Verbündete und Einfluss zu gewinnen als die Amerikas, das vor dem Krieg gegen Putin schwadronierte, aber gleichzeitig deutlich machte, dass es keine Absicht hatte, zu kämpfen. Dass die Eliten in USA besonders die Demokraten auf eine Russophobie leiden ist schlecht, besonders wenn solche Leute wie Nuland die freie Hand haben. Wenn man dazu nicht nur gleichzeitig provoziert , „schwadroniert“ und „dämonisiert“ aber dann noch keine Lust zu kämpfen demonstriert, dann hat das für die Leute vor Ort also… Mehr

StefanB
2 Jahre her

Ergänzend in diesem Zusammenhang:

10 Anzeichen dafür, dass der Krieg in der Ukraine Teil des Great Reset ist*

Es kann jeder für sich überprüfen, welche Punkte davon eintreffen. Eins ist klar, der aktuelle Schuldenzyklus ist an seinem Ende angekommen. Im Westen mehr als im Osten. Der große Schuldenschnitt muss kommen und zwar so, dass West-Otto-Normalbürger nicht die eigenen „Eliten“ für sein plötzliches Elend verantwortlich macht. Dazu wird das größtmögliche Chaos angerichtet, was man sich denken kann. Dritter Weltkrieg sicher nicht ausgeschlossen.

* https://www.goldseiten.de/artikel/531624–10-Anzeichen-dafuer-dass-der-Krieg-in-der-Ukraine-Teil-des-Great-Reset-ist.html

Annegret Kuempel
2 Jahre her

Amerikanische Oligarchen beherrschen die Welt mit der CIA.
Warum hört man aktuell kaum etwas aus Amerika?
Bin mal gespannt wie es weitergeht.

rainer erich
2 Jahre her

Mit manchen Begriffen ist es so eine Sache. Das gilt auch fuer das, was man Globalisierung nennt und bei dem zu vermuten ist, dass er durchaus unterschiedlich verstanden wird, je nachdem aus welcher Perspektive, aus welchem Land und unter welchem Aspekt er betrachtet wird. Globalisierung ist sicher kein Wert an sich. Sie setzt, sollte sie „funktionieren“ ein bestimmtes Verhalten der Teilnehmer und bestimmte Rahmenbedingungen voraus. Davon kann nicht erst seit heute allenfalls nur ansatzweise die Rede sein. Dass ‚Wirtschaft“ fuer imperiale Regime je nach Ausprägung fuer andere sehr problematisch werden koennen, ist klar. Zur Frage der Intentionen der Regimes kommen… Mehr

Ticinese
2 Jahre her

Einige Punkte contra Chinas globale Hegemonie: Die Gesamtverschuldung Chinas ist genauso hoch wie das amerikanische. Die Demografie ist in China noch katastrophaler wie in Europa. Die soft power Chinas ist gleich Null (Feinde rundrum in der Nachbarschaft). Die lebenslängliche Präsidentschaft von Xi wird wie bei Putin zu massiven Fehlentscheidungen führen.
Wie auch immer: Europas Zukunft sieht viel düsterer aus als der USA. Neue Player wie Indien sind im Anmarsch – von der afrikanischen Invasion des alten Kontinents nicht zu sprechen.
Man könnte fast meinen, der Autor hoffe auf das Verschwinden eines (relativ) liberalen Systems zugunsten eines totalitären.
 
 
 
 

thinkSelf
2 Jahre her

Selbst diese Analyse greift noch zu kurz. Die Wirtschaft im sogenannten Westen wächst real schon seit 30 Jahren nicht mehr. Verschleiert wurde das durch mehrere Effekte. Der erste ist schlicht „kreative Buchführung“, die dazu führt das die wirtschaftlichen Daten aufgehübscht wurden. Das sind zwar keine riesigen Beträge, aber ein um kontinuierlich um 0,5% zu hoch ausgewiesenes Produktivitätswachstum hat schon einen erheblichen Effekt. Eine weitere Manipulation passierte über die Erhöhung der sogenannten „Frauenarbeitsquote“. Hierbei wurden im wesentlichen subsidiäre Tätigkeiten (wie Kinderbetreuung, Altenpflege, Essenszubereitung usw.) einfach in die offizielle Wirtschaft, also das Geldsystem verschoben ohne das deshalb tatsächlich mehr Güter und Dienstleistungen… Mehr

Autour
2 Jahre her
Antworten an  thinkSelf

Ein sehr guter Kommentar zu einem guten Artikel.
Genau wegen diesen Perlen lese ich hier gerne die Kommentare. Danke auch an das Team von Tichyseinblick, dass sie uns die Kommentare erhalten, denn dies ist heute ja leider nicht mehr gang und gebe.

Alexis de Tocqueville
2 Jahre her
Antworten an  thinkSelf

Zum Produktivitätsfortschritt. Warum gibt es eigentlich keinen? Leisten die neuen Maschinen und KI etwa nichts? Doch, das tun sie schon. Sie sind absolut effektiv und effizient, etwa wie ein Rohr, welches 100 Leute in der Eimerkette ersetzt. Wo früher 100 Leute in der Halle standen, steht heute oft nur ein einsamer Tropf zwischen Robotern. Aber dafür gibt es jetzt 99 Leute in irgendeiner Complience Abteilung, die vorher nicht da waren. Auch für jeden Arbeitsplatz im Büro (z.B. in der Complience selbst), den eine clevere Software überflüssig macht, gibt es gleich zwo neue. Transfrauenbeauftragte oder Datenschutzpoeten, ganz egal. Die Politik stößt… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Alexis de Tocqueville
azaziel
2 Jahre her
Antworten an  thinkSelf

Rauchmelder: Sie muessen produziert und eingebaut werden. Arbeitsplaetze, Steuereinnahmen! Die Befolgung von Rauchmelderauflagen muss kontrolliert werden, weitere Arbeitsplaetze und Steuereinnahmen. Die Oma faellt beim Wechseln der Rauchmelderbatterien vom Tisch, Krankenhaus, weitere Arbeitsplaetze und Steuereinnahmen. Das Sozialprodukt steigt, der Wohlstand nicht!

Flavius Rex
2 Jahre her

Die Hypereskalation des Konflikts durch die USA, heute auch wieder mit Waffenlieferungen trotz gut laufender Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, ohne jede Rücksicht auf Menschenleben in Europa bedeuten für mich persönlich, dass die USA für mich gestorben sind. Jeder Tag früher an dem die Hassmacht USA von ihrer Hegemonialstellung verdrängt wird ist ein guter Tag für die Welt.

Lara
2 Jahre her
Antworten an  Flavius Rex

Was erwarten Sie eigentlich, wenn eine andere Macht z.B. China, Indien oder Russland übernimmt? Das die sich alle brav an irgendwelche internationalen Regelungen und die westlichen Menschenrechte halten?
Ich teile durchaus vieles an Kritik an den USA, aber ich erwarte ganz sicher nicht, das es mit China besser werden würde!