„Der Bau von Windkraftanlagen ist immer weniger attraktiv“

Der spanische Klimaforscher und Physiker Antonio Turiel ("The Oil Crash") warnt schon lange vor weltweiter Ressourcenknappheit. Den geplanten Ausbau von erneuerbaren Energien bisheriger Art hält er dennoch für falsch. Dass der Energiekonsum sinke, sei unausweichlich. Ebenso das Ende der Globalisierung.

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Windräder auf den Kanarischen Inseln

Spaniens Energiesparplan tritt diesen Mittwoch in Kraft. Innenräume sollen im Sommer nur noch auf 27 Grad gekühlt und im Winter auf 19 Grad geheizt werden, zudem soll die Stadtbeleuchtung drastisch heruntergefahren werden. Für Antonio Turiel, Forscher am Institut für Meereswissenschaften in Barcelona und Mitglied des spanischen nationalen Forschungsrats (CSIC), reicht das nicht. Er warnte vor mehr als einem Jahr in einer fast schon legendären Rede im spanischen Senat vor weltweiter Materialknappheit und einer Energiekrise. Damals gab es noch keine Embargos gegen Russland. In seinen öffentlichen Interventionen wie in seinem Blog „The Oil Crash“ und dem Buch „Petrocalípsis“ entwirft der Physiker seit Jahren ein kompliziertes Szenario für die Weltwirtschaft: Fossile Brennstoffe haben ihren Niedergang begonnen oder stehen kurz davor, und erneuerbare Energien können sie nicht ersetzen, auch wenn das niemand zugeben wolle.

Stefanie Claudia Müller: Sie haben den Zusammenbruch, den wir jetzt erleben, vorausgesehen. Alle denken, es liegt am Krieg in der Ukraine. Stimmt das?

Antonio Turiel: In der Tat ist nicht alles, was passiert, auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Er hat jedoch alles beschleunigt. Bereits Ende letzten Jahres verteuerten sich Erdgas, aber auch Strom und erdölbasierte Kraftstoffe. Das grundlegende Problem, das auch nach Kriegsende bestehen bleiben wird, ist, dass wir an die Grenze fossiler Brennstoffe stoßen. Alle nicht erneuerbaren Energierohstoffe (einschließlich Uran) haben ihre maximale Förderung erreicht oder stehen kurz davor, diesen Punkt zu erreichen, was bedeutet, dass die Verfügbarkeit abnimmt.

Ist die grüne Energiewende am Ende oder erst am Anfang?

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Der Bau von Windkraftanlagen ist aufgrund steigender Rohstoffpreise immer weniger attraktiv. Diese Räder sind wirtschaftlich, energetisch und materiell nicht tragbar. Außerdem gibt es Probleme, diese neuen Parks in ein wie in Deutschland der Fall bereits überlastetes Stromnetz zu integrieren. Wir sollten anfangen, über ein anderes Übergangsmodell zu sprechen. Der Konsum muss sinken, da geht nichts dran vorbei. Haben Sie schon von nicht-elektrischen erneuerbaren Energiesystemen gehört? Es wird nur sehr wenig darüber gesprochen, aber sie waren die dominierenden Systeme zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wir müssen sie wieder ausgraben und mit der aktuellen Technologie aktualisieren.

Spanien scheint der Gewinner dieser Energiekrise zu sein. Stimmt das?

Spanien befindet sich derzeit in einer besseren Energiesituation in Bezug auf Erdgas, von dem derzeit alle besessen sind, da Spanien 38 Prozent der LNG-Kapazitäten in Europa konzentriert und dadurch Zugang zu einem großen Teil des Gases hat, das aus den USA kommt. Es muss gesagt werden, dass Spanien aufgrund der Immobilienblase und darauffolgenden Finanzkrise über so viel Regasifizierungskapazität verfügt: Einige Bauunternehmen haben sich durch diese Terminale damals gerettet. Sie wurden von dem staatlichen Gasinfrastruktur-Betreiber Enagas in Auftrag gegeben. Damals waren sechs davon für ein Land wie Spanien ein Wahnsinn. Jetzt können wir natürlich froh sein, dass wir sie haben. Vorübergehend haben wir auch beim Diesel einen Vorteil. Spanien hat praktisch alle Raffinerien auf seinem Territorium erhalten, während in Europa viele geschlossen wurden. Wir importieren Rohöl, bereiten es auf und exportieren derzeit auch eine gewisse Menge an Benzin und Diesel.

Wie sind Ihre Prognosen für diesen Winter?

Für ganz Europa sehr ungünstig. Laut den ENTSOG-Studien (European Network of Transmission System Operators for Gas), wird geschätzt, dass bei einer Reduzierung des Gasverbrauchs um 15 Prozent unsere Lagerbestände bis März nächsten Jahres dauern könnten. Es ist aber auch so, dass die Szenarien von einem gemäßigten Winter ausgehen. Sollte das nicht der Fall sein, schaffen wir es nicht. Trotz der Tatsache, dass die Auswirkungen auf Deutschland erheblich sein können, ist Frankreich das Land, das am stärksten betroffen sein wird. Da mehr als die Hälfte seiner Kernkraftwerke aufgrund von technischen Revisionen auf unbestimmte Zeit abgeschaltet sind, ist Frankreich in kritischer Weise abhängig von importiertem Strom und Gas. Die Regierung dort wird sehr harte Maßnahmen ergreifen müssen, um diesen Winter zu überstehen.

Was ist mit grünem Wasserstoff? Ist er die Lösung, um fossilen Kraftstoff zu ersetzen?

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Heute gibt es 1,4 Milliarden Brennstoff-Autos auf der Erde. Diese mit Elektroautos zu ersetzen, wird nicht möglich sein. Dafür gibt es nicht genug Materialien, wie Professor Alicia Valero, Leiterin der Gruppe für industrielle Ökologie an der Universität Zaragoza, zeigt. Es wird auch nie ein grünes Wasserstoffauto geben. Die auf den Verkehr angewendete grüne Wasserstofftechnologie erfordert genauso viele oder mehr Materialien als das Elektroauto. Zudem kommt es zu enormen Energieverlusten bei der Umwandlung von grünem Strom in Wasserstoff. Der jüngste Bericht der Gruppe III des IPCC (Weltklimarat), der im AR6 enthalten ist und im vergangenen April veröffentlicht wurde, besagt, dass die Wasserstofftechnologie nicht reif für eine massive Umsetzung ist. Das Auto im großen Stil hat keine Zukunft mehr. So einfach ist das. Seien wir ehrlich. Es muss geteilt oder gemietet werden, und nur die ganz Reichen werden ein Auto besitzen.

Zeigt die aktuelle Situation, dass wir auf ein Ende der Globalisierung zusteuern?

Langfristig ist es unvermeidlich. Mit den steigenden Kosten für Transport und Rohstoffgewinnung wird es unmöglich sein, aus der Ferne zu importieren. Es wird wettbewerbsfähiger und billiger sein, Dinge vor Ort zu erledigen. Es wird eine Zeit kommen, in der es der einzige Weg sein wird. Billiges und reichlich vorhandenes Öl machte die Globalisierung möglich, knapper und teurer Kraftstoff führt nun zu einem Umdenken.

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Kommentare ( 58 )

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Hubbel
1 Jahr her

Thema ist nicht dass fossilen Ressourcen auf einmal weg wären, sondern es wird ein zunehmender Bedarf auf eine Förderung treffen, die zunehmend stgnieren wird, was den Preis treibt. Die Förderung wird auch unabhängig vom steigenden Bedarf tendenziell teurer, da die günstig anzuzapfenden Quellen natürlich zuerst erschlossen werden und damit auch als erste wegfallen. Darüber ob das in 20, 50 oder 70 Jahren soweit ist lässt sich trefflich streiten, kaum aber darüber dass der Punkt irgendwann erreicht sein wird. Fossile Ressourcen sind eben endlich. Es lohnt daher bei Verbrauchern auf fossiler Basis Einsparpotential zu heben, solange dies wirtschaftlich sinnvoll ist. Anders… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her

„Alle nicht erneuerbaren Energierohstoffe (einschließlich Uran) haben ihre maximale Förderung erreicht oder stehen kurz davor“
Diese Leier höre ich nun schon seit über 40 Jahren! Ginge es nach den „gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ der 70er Jahre, stünde die Welt schon seit mindestens 15 Jahren ohne Erdöl da, „Peak of Oil – schon bald erteicht!“ so die Warnung damals.
Und die Panik war in den prognostizierten Folgen noch viel schlimmer als heute, denn „Eine neue Eiszeit steht bevor – große Teile Deutschlands unter einem bis zu 10m dicken Eispanzer!“, so tönte es aus allen Kanälen.

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Michael Palusch

Vor 40 Jahren hatten wir auch Angst vor dem Weltuntergang durch das „Ozonloch“.
Seitdem wurden immer wieder neue Gefahren konstruiert, um die Menschen in Angst zu halten.

November Man
1 Jahr her

In Deutschland wird Energie ohne Not künstlich verknappt, teilweise sogar dummerweise abgeschaltet um die schädliche grüne Ideologie-Energiewende durchzupressen und damit die Preise in die Höhe zu treiben. Energiesicherheit wird aber weiterhin benötigt. Nur mit einigen nutzlosen Windräder kann man kein Land, schon gar kein Industrieland sicher mit Energie versorgen. Was wir brauchen ist ausreichend viel günstiges Gas, Öl, Kohle und andere Rohstoffe aus Russland. Einfach weil wir selbst nicht genügend Energie und Rohstoffe haben. Deshalb sind wir vom Ausland abhängig. Und wir brauchen große leistungsstarke Atomkraftwerke, Dual-Fluid-Reaktoren, BN-800-1200 Atom-Restmüll-Reaktoren und Thorium-Reaktoren. Die können wir selber bauen, so ist wenigstens ausreichend… Mehr

H. Hoffmeister
1 Jahr her

Allein die bekannten fossilen Lagerstätten unseres Globus wären für viele hundert Jahre hinreichend zur Deckung des Energiebedarfs. Aber vor allem sind Kernbrennstoffe für zehntausende von Jahren in der Erdkruste vorrätig. Diese energetischen Endzeitszenarien sind Unfug und die Verknappung lediglich ideologisch bedingt.

Wilhelm Rommel
1 Jahr her

Antonio Turiel: „Haben Sie schon von nicht-elektrischen erneuerbaren Energiesystemen gehört? Es wird nur sehr wenig darüber gesprochen, aber sie waren die dominierenden Systeme zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wir müssen sie wieder ausgraben und mit der aktuellen Technologie aktualisieren.“ Was mag der Herr bloß meinen? Etwa die frühindustriellen Dampfmaschinen – angetrieben mit was? Wie sagte schon Tucholsky: „Hier sägt eine Lokomobile Holz, mit dem sie geheizt wird…“.

Jo Walter
1 Jahr her

Kollateralschaden der Windkraft scheint ja die Trockenheit zu sein. Das bedeutet, dass der Schaden größer ist als der Nutzen und mit Zubau noch größer wird. Wollen wir das?

Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Jo Walter

Die Grünen würden das „akzeptieren“, um noch ihre Propaganda noch brutaler durchzudrücken.

Aegnor
1 Jahr her
Antworten an  Jo Walter

Mag sein, dass die WKA, insbesondere die großen Offshore-Windparks in der Nordsee die ja direkt in der Einflugschneise der meisten Tiefs die zu uns kommen liegen, da einen spürbaren Anteil an der Trockenheit haben. Das hilft aber nichts, denn dies zu beweisen ist schwer. Und die Klimajünger schieben natürlich die Trockenheit wieder auf den (menschengemachten) Klimawandel und triumphieren: „Seht her, wir haben Recht“. Was sie natürlich nicht beweisen müssen. Das ist ähnlich wie bei Corona. Erst das Gesundheitssystem an die Wand fahren und dann behaupten strengste Freiheitseinschränkungen müssten sein, weil das Gesundheitssystem wegen Corona (und nicht ihrer Unfähigkeit) vorm Kollaps… Mehr

November Man
1 Jahr her
Antworten an  Aegnor

 Wake-Effekt. Die Verwirbelung hinter den Windrädern selbst wird als Nachlauf oder wie im Englischen als Wake-Effekt bezeichnet. Je nach Ausbaustufe der Windenergie in einer Region oder einem Land sorgt die Rotation der Turbinen für Niederschlagsverluste und vergleichsweise höhere Temperaturen. Dazu liefern mehrere neue Studien einschlägige Daten und Fakten, die geeignet sind, erhebliches Aufsehen zu erregen. Tatsächlich aber werden sämtliche Forschungsergebnisse zum Dürre-Effekt der Windenergie seit Jahren ignoriert, da der politische Wille in eine andere Richtung zielt. Unterdessen sind die metereologischen Auswirkungen der Windparks hierzulande nicht nur deutlich merk-, sondern auch messbar. Offshore-Windturbinen quetschen Regen bringende Tiefdruckgebiete regelrecht aus, sagt die… Mehr

Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Aegnor

ich denke das müsste machbar sein, die Klimamodelle mit diesen „Windbremsen“ zu füttern und dann mal sehen, was die ausspucken.
Vermutlich haben so einige dieser „Klimaforscher“ vor dem Zorn ihrer grünen Gönner Angst ….

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Mit Prognosen zum künftigen Energieverbrauch und den noch vorhandenen Ressourcen hat schon der Club of Rome ziemlich weit daneben gelegen. Was haben wir schon von Experten in den letzten Jahren alles an Prognosen und Bewertungen gehört. Es ist für den Durchschnittsbürger halt oft schwer einzuschätzen, welche Expertise jemand tatsächlich besitzt, welche er sich nur anmaßt und wie politisch eingefärbt die Expertenmeinung in Wirklichkeit ist. Als mahnendes Beispiel kann unser Dr. Seltsam als Bundesgesundheitsminister gelten. Der Herr hat ja nach eigenem Bekunden großartige Expertise was Erkältungsviren und ihre angeblich so verheerende Auswirkung auf die Volksgesundheit angeht. Expertenwissen ist natürlich wichtig zur… Mehr

Fulbert
1 Jahr her

Nun haben Mangellagen in der Geschichte zwar immer wieder zu Krisen geführt, zugleich aber die Kreativität der Menschen enorm angespornt.In einigen Jahrzehnten mag es vielleicht Formen der Energiegewinnung geben, die heute nur Experten erahnen. Auch scheinen in der Gewinnung von Rohstoffen aus Abfällen noch enorme Potenziale zu schlummern. Der Forscher mag richtig liegen, wenn man den derzeitigen Stand der Technik einfach in die Zukunft projiziert, aber eine derartige Betrachtung verkennt den technischen Fortschritt.

Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Fulbert

Krisen wecken den Drang der Menschen nach Veränderung und neue Ideen werden umgesetzt.
Jetzt dürfen Sie mal raten, warum die Politiker Angst vor der „Wut“ der Menschen haben.

Lucius de Geer
1 Jahr her

Wieder einmal ein Staatsangestellter, der von der Dynamik technologischer Innovation keine Vorstellung hat, sondern nur aktuelle Gegebenheiten auf die Zukunft hochrechnet. Knapper werdende konventionelle Rohstoffe sorgen für zunehmende Preissignale, die auf Nutzer wie Erfinder Anreize zu Innovationen ausüben, welche naturgemäß nicht vorhersehbar sind. Als die ersten Autos aufkamen, waren sie so teuer, dass nur Superreiche sie sich leisten konnten. Damals hätte jeder dieser Theoretiker „prognostiziert“, dass es unmöglich sei, bezahlbare Autos für jedermann herzustellen. Wir wissen heute, dass es ganz anders gekommen ist, ohne dass ein verfetteter Staat und seine Kostgänger irgendetwas dazu beigetragen hätten (was nebenbei für so gut… Mehr

Biskaborn
1 Jahr her

Hochinteressant! Aber leider auch sehr einseitig weil dieser Mann vom Klima her die Sache beleuchtet. Erstens gibt es noch für einige Jahrzehnte fossile Rohstoffe. Dann gibt es vollkommen neue Technologien der Kernbrennstoffnutzung Beides wird im Interview seltsamerweise komplett ausgeblendet aber auch nicht nachgefragt, daher erinnert das Interview ein wenig an den Mainstreamjournalismus. Auch durften die Thema Einschränkungen und möglichst keine Autos mehr nicht fehlen, auch daran wird deutlich aus welche Ecke dieser Experte kommt.